Trojanischer Krieg

Auch das traditionelle Datum scheint damit übereinzustimmen.

Das Problem beim Trojanischen Krieg ist die fehlende zeitliche Übereinstimmung zwischen dem Ende des mykenischen Griechenlands und der Zerstörung Trojas.

Die trojanische Hochkultur findet sich unzweifelhaft in Schicht VI, die von 1700-1300 v. Chr. reichte. In dieser Zeit entstand die mächtige 8 m hohe Stadtmauer mit Befestigungsanlagen und großen Bastionen, zugleich war die Stadt so dicht besiedelt wie nie zuvor. Die Einwohnerzahl betrug nach Korfmann etwa 5000-10 000 Menschen, was für spätbronzezeitliche Verhältnisse hoch war. Dieses Troja VI ging um 1300 v. Chr. durch ein Erdbeben unter, was sich archäologisch anhand eingestürzter Mauern und anderer Hinweise recht eindeutig bestimmen lässt.

Im darauf folgenden Troja VII a reparierten die Bewohner die Schäden, besserten Mauern und Häuser aus und bewohnten die Stadt noch immer in großer Dichte. Dieses Troja fand sein Ende kurz nach 1200 v. Chr., also etwa um 1180, obwohl ich eine derart exakte Datierung kühn finde. Wie dem auch sei: Troja VII a fand sein Ende durch einen offensichtlich verlorenen Krieg, was sich anhand einer Brandschicht, ausgedehnter Zerstörungen und provisorisch verscharrter Toter nachweisen lässt. Dies könnte nun ein Resultat des Ereignisses gewesen sein, wonach alle suchen: der legendäre Trojanische Krieg.

Obwohl zahlreiche Forscher diese Hypothese vertreten, gibt es ein vertracktes Gegenargument: Als Troja VII a durch ein kriegerisches Ereignis ein Ende fand, nämlich um 1200 v. Chr., war nach Meinung der meisten Forscher Mykene und seine Palastkultur bereits durch die Invasion der Seevölker vernichtet. Insofern könnte es also keinen Krieg gegen Troja geführt haben.

Anhänger der Hypothese meinen, Mykene sei eben später vernichtet und Troja ein wenig früher zerstört worden, also vor dem Einbruch der Seevölker. Andere wiederum vertreten die Auffassung, Troja sei bereits in Schicht VI, die durch ein Erdbeben um 1300 v. Chr. ihr Ende fand, nur erobert worden. Das fehlen kriegerischer Einwirkungen erklären sie damit, dass es keine ghroßen Zerstörungen gegeben habe.

Last not least gibt es bis heute keinen unumstrittenen Nachweis für den Trojanischen Krieg. Zwar hat es Kriege um Troja gegeben, aber DER legendäre der Ilias ist uns noch verborgen.
 
Vermutlich waren die Einwohner Trojas Luwier, ein mit den Hethitern verwandtes Volk, das damals im Westen und Süden Kleinasiens siedelte. Belegbar ist die ethnische Identität der Trojaner jedoch nicht.

Lese das aus deiner Feder bereits zum dritten mal. Danke für deinen Beitrag. Allerdings ist und bleibt es eine Vermutung.
 
1)Die kretisch-minoische Kultur beginnt etwa um 2000 v. Chr. und reicht bis ungefähr 1400 v. Chr. Sie formte eine Palastkultur, basierte auf Schriftlichkeit mit eigener Schrift (Linear-A), hatte eine entwickelte Gesellschaft und brachte in der Kunst Werke von hohem Rang hervor. Die Flotte der Minoer beherrschte das östliche Mittelmeer und schützte Kreta, der Handel führte zu Wohlstand. Vhttps://de.wikipedia.org/wiki/Minoische_Kultur.

Somit gilt die minoische Kultur als erste europäische Hochkultur, die nach 1400 v. Chr. von der griechisch-mykenischen Kultur abgelöst wurde.

1)Ich bin nicht dagegen was du sagst. Aber nicht die Minoische selbst, sondern die griechische Kultur ist die erste europäische(mit ihren minoischen Elementen) die, später mit der römischen, die Basis des Westens bildete.


2)Die Bewohner Trojas waren um 1200 v. Chr. gewiss keine Griechen, denn Troja war eine Sradt, die auf altanatolischem Gebiet lag. Erst einige Jahrhunderte später besetzten Griechen die kleinasiatische Ägäisküste, was nicht ausschließt, dass sie Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. Beutezüge über die Ägäis unternahmen. Einem solchen Beutezug könnte Troja zum Opfer gefallen sein - was allerdings nur eine von vielen Hypothesen ist.

Vermutlich waren die Einwohner Trojas Luwier, ein mit den Hethitern verwandtes Volk, das damals im Westen und Süden Kleinasiens siedelte. Belegbar ist die ethnische Identität der Trojaner jedoch nicht.

2) Dem habe ich nichts entgegenzusetzen.

Das ist eine beruhigende Schlussfolgerung. Dann ist "Gott" ja wohl der Prototyp eines "Europäers", da ja die meisten Einwohner europäischer Staaten historisch und aktuell an ihn glauben.

Immerhin glauben heute mehr Leute noch an Gott wie an Zeus, was für Europa und Gott spricht und gegen Zeus. :rofl:

Also: "Mit "Gott" für Europa und das europäische Vaterland." Das wird einige freuen und andere weniger, obwohl die es "sehr mit Gott haben". :grübel:

Und so schliest sich zudem der Kreislauf. "Gott ist Europa und Europa ist für Gott."

Ganz schön "übersinnlich" das Thema in seinen "legendären" oder "mythischen" Bezügen. Aber so ist es wohl, je weniger belastbare Quellen, desto bunter die Phantasie.


Dieter hat korrekt analysiert wie es mit den Trojanern war und welche ihre vermutliche Abstammung war.

Nehmen wir aber mal den-ich betone- literarischen Priamos: es zeigt sich dass er als Nachfahre des Erichthonius , der laut Dionysius aus Halikarnassos, aus Arkadien stammte, also hatte er zumindest, der Legende nach, einen griechischen Vorfahren. So im Phantasiebuch der Ilias. Warum Homer ein gewisses Griechentum den Trojanern in seinem Buch anerkennt- weiss ich nicht ob sich das beantworten lässt.

Ja, alles korrekt was du hineininterpretierst. So nämlich, kommt man zum Entschluss, dass Europäer die Welt regieren sollen, ein Europäer sei Gott, Weisse die besseren Menschen sind usw usw. Genau darauf wollte ich hinaus.
 
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Das Beispiel der Perserkriege zeigt ja schon, dass die Koalition der griechischen Staaten schwierig herzustellen war, im Kampf brüchig war und nach dem Friedensschluss auseinanderbrach.
Auch in den Perserkriegen waren nicht alle griechischen Staaten miteinander verbündet. Makedonien (ob zu dieser Zeit tatsächlich ein griechischer Staat, sei dagingestellt. Erst ab 408 v. Chr ist die Teilnahme von Makedonen an den olympischen Spielen überliefert.) war persischer Vasall, viele Polieis in Thessalien neutral.

Die genaue ethnische Identität der Trojaner bleint Hypothese.
Griechen waren sie mit Sicherheit nicht.
Das sehe ich ähnlich. Nicht mal Homer, der x Generationen nach dem Trojanischen Krieg - so er denn in irgendeiner Form stattfand - lebte, nutzte nicht das Wort Hellene. Die Frage ist für mich, ab wann sahen antike Griechen, dass sie etwas verband und von "Barbaren" unterschied. Die olympischen Spiele ab 776 v. Chr.? Ein vergleichbares "Zusammengehörigkeitsgefühl" bereits etwa 400 Jahre vorher erscheint mir unlogisch. Es wäre genau die Zeit, zu der die Dorer gerade Griechenland erreichten und sich Herrschaftsstrukturen änderten.

Könnte die ganze Troja-Sage nicht auch für die Ionische Kolonisation stehen? Inwiefern man die in einem Zusammenhang mit den Seevölkern sehen kann, steht wieder auf einem anderen Blatt.
 
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Auch in den Perserkriegen waren nicht alle griechischen Staaten miteinander verbündet. Makedonien (ob zu dieser Zeit tatsächlich ein griechischer Staat, sei dagingestellt. Erst ab 408 v. Chr ist die Teilnahme von Makedonen an den olympischen Spielen überliefert.) war persischer Vasall, viele Polieis in Thessalien neutral.

Genau. Die Griechen waren chronisch zerstritten. Und dann sollen sie zehn Jahre lang gegen Troja kämpfen? Man fragt sich manchmal wo die Realität bleibt
:winke:
 
Ich zweifele generell daran, dass man um 1200 v. Chr. (wenn diese Datierung ungefähr stimmt) schon von "Griechen" reden kann.:winke:

Das mykenische Griechisch ist immerhin die früheste Form des Griechischen. Ob es allerdings damals schon eine griechische Identität gab, ist zweifelhaft. Immerhin werden sich die Achäer einer bestimmten Ethnie zugehörig gefühlt haben.
Vermutlich den "Achaiern".;)
 
Ob es allerdings damals schon eine griechische Identität gab, ist zweifelhaft.

Richtig. Ansonsten gibt bisher noch keinen einzigen Thread, in dem Du ansatzweise mal versucht hast, überhaupt diesen Begriff der "Identität", der so gerne und so häufig in letzter Zeit verwendet wird, theoretisch zu klären und anhand empirischer Belege in seiner Entwicklung zu verdeutlichen.
 
Die Entstehung der Hellenen habe ich schon in Post #46 etwas beleuchtet.

@romanus00I:
Wenn ich es richtig im Kopf habe, kam ich nach Korrektur der Rechnung (Das letzte Jahr des Krieges ist z.B. das erste der Reise) auf 1184 oder 1189 v. Chr. für den Fall Trojas. Es weist also in die übliche Zeit, wobei man eine Ungenauigkeit von bis zu 5 Jahren hinnehmen muss, wenn man die Kürzungen im Ablauf der Reise nicht mitmachen will. Da Sagen behaupten, von realem Geschehen zu berichten, kann das kaum verwundern. Wer Kontakt zu Phöniziern hatte, konnte auch markante Sternenkonstellationen einer gewünschten Zeit in Erfahrung bringen, wie sie im Nahen Osten zu Wahrsagezwecken festgehalten wurden.
 
@ Riothamus danke, ich kann nicht schon wieder grün geben.

Ich will es noch einmal überspitzt - lakonisch, ist glaube ich mehr oder weniger dorisch, oder? - ausdrücken: Wäre Griechisch ohne Dorer oder Ionier nicht archaisch?
 
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Äoler und Arkado-Kyprer nicht zu vergessen.

Die Nordwestgriechen bildeten mehrere Völker, u.a. eben die Ethnie der Graeci, von denen die Bezeichnung Griechen stammen soll.

Ob wir da wie einst der Sage mit der Rückkehr der Herakliden folgen oder ein Einsickern vielleicht erst von einer Ethnogenese gefolgt annehmen, 'wanderten' die Dorer erst später 'ein' und die Nordwestgriechen kamen ebenfalls erst dann oder später in den Fokus.

Die Ionier sollen sich erst aufgrund der Kolonisation gebildet haben. (Wenn man von Vermutungen bezüglich Attikas absieht.)

Da mag dann tatsächlich nahezuliegen scheinen, mit Mykene und Theben die beiden vermuteten 'mykenischen' Zentren den Achäern für Mykene und den Äolern für Theben zuzuordnen.

Allerdings steht dem Mykenischen das Akardo-kyprische am nächsten.

Ich denke wir müssen damit leben, dass wir die Umbildung der Mykenischen Welt nicht wirklich verfolgen können, und die Beziehungen dieser historischen Bezeichnung zu älteren weitgehend unklar sind. Die Sagen sind die Art auf die die Betroffenen diese Geschehnisse reflektiert haben und diese Reflektionen kombiniert wurden. Etwas naiv könnte man sagen:

Die Dorer kamen als Verbündete der Herakliden und wanderten nicht als kleine Gruppen ein.

Die Äoler nutzten die Gunst der Stunde, um ebenfalls Mykenische Stätten zu übernehmen, statt immer schon dort zu sitzen oder in kleinen Gruppen einzuwandern.

Die verbliebenen Achäer hielten dem Sturm stand, statt einfach nicht so stark überformt worden zu sein.

Attika nahm die Vertriebenen auf und half ihnen, eine neue Heimat zu finden, statt einfach einen unbedeutenden Stamm mit guten Häfen zu beheimaten.

Wie immer man auch den historischen Kern sieht, ja, Homer blieben nach den Sagen im Prinzip nur die Achäer, um sie nach Troja zu schicken.

Die Rede vom Streit der Griechen untereinander ist für den Trojanischen Krieg auch daher irrelevant: Weder gab es Griechen, noch waren alle 'Griechischen Stämme' beteiligt. (Ganz abgesehen davon, dass auch in der Sage die Troja-Fahrer nur durch den Eid, Helena zu schützen, also durch eine besondere Situation, zusammengehalten werden...)
 
Äoler und Arkado-Kyprer nicht zu vergessen.
Ich denke wir müssen damit leben, dass wir die Umbildung der Mykenischen Welt nicht wirklich verfolgen können, und die Beziehungen dieser historischen Bezeichnung zu älteren weitgehend unklar sind.

Die Frage ist ja auch, woher die Vorfahren der Mykener überhaupt kamen. Ob sie identisch sind mit den Indoeuropäern, die im 3. Jahrtausend v. Chr. auf die Balkanhalbinsel einwanderten, sich dort mit der autochthonen altmediterranen Bevölkerung vermischten und nach diesem Assimilationsprozess die mykenische Kultur hervorbrachten. Das sind Fragen, die seit langem diskutiert, und durchaus unterschiedlich beantwortet werden.

Die Äoler nutzten die Gunst der Stunde, um ebenfalls Mykenische Stätten zu übernehmen, statt immer schon dort zu sitzen oder in kleinen Gruppen einzuwandern.

Aioler und Arkader zählen zu den Bevölkerungsgruppen, die bereits vor Einbruch der Dorer in Griechenland siedelten, d.h. sie gehören wie die Achaier zur altansässigen Bevölkerung des mykenischen Griechenlands. Das ist der Grund, warum das Aiolische und Arkado-Kyprische erheblich größere Ähnlichkeiten zum mykenischen Griechisch aufweisen, als andere griechische Dialekte.

Das Siedlungs- und Sprachgebiet der Aioler in Thessalien und das der Arkader im Zentrum der Peloponnes wurde nicht vom Dorischen überformt.

Die verbliebenen Achäer hielten dem Sturm stand, statt einfach nicht so stark überformt worden zu sein.

Sie hielten zwar stand, wurden aber wie in Sparta als unterworfene Schicht in Abhängigkeit und Sklaverei herabgedrückt. Eine These besagt, dass die Heloten in Lakonien auf die vordorische Bevölkerung zurückzuführen sind, die von den Spartanern in den Dark Ages unterworfen wurde.
 
Das was nach dem "Etwas naiv..." kommt ist eine Gegenüberstellung von dem, was jeweils die Sage berichtet und was nach heutigem Stand vermutet werden kann. Bei den Äolern war ich mir dann doch unsicher, ob sie schon zuvor auch in Böotien ansässig waren.

Für die Achäer sah die Situation uneinheitlich aus. Ich bezog mich natürlich nur auf den Teil, der frei geblieben war. In den Sagen finden sich ja auch Erklärungen für die unterschiedlichen Abhängigkeitsverhältnisse. (Nach anderer Version sind die freien Achäer zusammen mit den Dorern eingewandert, aber ich wollte nicht weiter verkomplizieren.)
 
Die genaue ethnische Identität der Trojaner bleint Hypothese.

Muss sie auch bleiben und für viele andere historische Epochen wird sie es auch bleiben. Was manche natürlich nicht hindert, weiterhin den Begriff so zu verwenden, als wenn sie damit irgendwas erklären können.

Und das ist nicht der Fall!

Hinter dem Konstrukt der sogenannten "ethnischen Identität" verbirgt sich ein sehr variables Konstrukt, das kulturelle Stile thematisiert. Dieses Konstrukt ist stark durch die jeweilige historische Epoche geprägt und somit historisch nicht konstant.

Das beeinträchtigt die Vergleichbarkeit im Längsschnitt und wirft für komparative Querschnittanalysen ebenso theoretische und empirische Probleme auf.

Für die heutige Zeit kann dieses Konstrukt im Rahmen einer Operationalisierung mehrdimensional dargestellt werden. Und die empirischen vorfindbaren Dimensionen durch MDS oder Faktorenanalysen abgebildet und theoretisch zurückgebunden werden.

Und an diesem Punkt trifft die unverbindliche Formulierung auf die harten Bedingungen der Messtheorie. Und meistens verlieren die unverbindlichen Formulierungen, weil sie merken, dass Messvorschriften präziser sein müssen, um hilfreich zu sein.

Diese Analysen ermöglichen ein Verständnis, welche Assoziationen als integraler Bestandteil einer "ethnischen Identität" identifziert werden können.

Im einzelnen schreibt Schnell zu den einzelnen "latenten Variablen" seiner Operationalisierung:

"Die mehr als 80 Indikatoren, die tn der Untersuchung erhoben wurden, lassen sich folgenden Bereichen zuordnen (Variablenkurzel entsprechend dem Datensatz; vgl. die Einleitung).

1. Sprachgebrauch und Sprachbeherrschung: V18-V21, V86, V87, V118-V121, V138,V147-V152,
V289-V291, V313-V322;
2. Religionszugehörigkeit und Religionsausubung: V71, V72, V73, V223-V227;
3. subjektive Zugehörigkeit zu Volksgruppen (z.B. Kurden): V3, V165;
4. Diskriminierungswahrnehmung: V153-V156, V198-V205,
5. Kontakte zu Deutschen und Ausländern: V122-V125, V134, V145;
6. Kontakte zum Herkunftsland: V126-V129;
7. Selbstidentifikation als Deutscher und als Ausländer: V160, V161-;
8. Wunsch nach Zusammenhalt der Ethnie: V170-V172;
9. Wunsch nach segregiertem Wohnen: V245;
10. Gefühle der Heimatlosigkeit: V162-V165; ¨
11. Sympathieskalen fur verschiedene Nationen: V190-V197; ¨
12. Erziehungsziele: V228,V229;
13. Geschlechtsrollenorientierung: V230-V238;
14. Kulturelle Gewohnheiten (Video, Zeitungen, Ernährung): V139 - V140, V239-V241;
15. Beachtung von Nationalfeiertagen: V242"

Und kommt zu folgendem Ergebnis:

"Zusammenfassung
Es konnte gezeigt werden, daß dem in der Regel unklar definierten Konzept ”
Ethnicity“ theoretisch unterschiedliche Dimensionen zugrunde liegen. Die hier vorgeschlagene handlungstheoretische Erklärung der Entstehung ethnischer Identität erfordert die unabhängige Messung der einzelnen Dimensionen. Die theoretisch postulierte Unabhängigkeit der einzelnen Dimensionen
konnte empirisch für einige Dimensionen demonstriert werden.

Der tatsächliche Zusammenhang zwischen verschiedenen Dimensionen muß daher bei empirischen Untersuchungen zur Thematik der ethnischen Identität stets erst gezeigt werden. Eine Unterstellung bestimmter
Zusammenhänge, wie sie sich bei einigen der erwähnten Meßtechniken finden, kann so (bei nicht homogenen Untersuchungspopulationen) zu Artefakten fuhren. Die Ausprägung der verschiedenen Dimensionen hängt unterschiedlich stark von allgemeinen Variablen des Assimilationsprozesses
ab.

Obwohl die empirischen Analysen des Beitrags in Übereinstimmung mit ¨
der allgemeinen Assimilationstheorie von Esser (1980) und der hier vorgeschlagenen Theorie zur Entstehung ethnischer Identität stehen, kann von einem empirisch bestätigten Modell der Entwicklung und Veränderung ethnischer Identität und Identifikation bisher nicht gesprochen werden. "

https://www.uni-due.de/~hq0215/documents/1990/1990_DimensionenEthnischerIdentitaet.pdf
 
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Ich sehe da mehrere Probleme. Das Wichtigste ist, das die Trojaner sich ganz sicher einer Ethnie zugehörig fühlten, wahrscheinlich ohne dies ausreichend zu reflektieren, was aber ihre Selbstwahrnehmung nicht minder wahr macht. Dass wir diese mangels Quellen nicht benennen und analysieren können, ist eine andere Sache.

Dann ist da die Sache mit zu komplizierten Definitionen grundlegender Begriffe. Im allgemeinen gelten sie als Anzeichen eines falschen Ansatzes. In dem Sinne kann ich Deinen Einwürfen zustimmen.

Sobald der Begriff 'Ethnie' betroffen ist, gibt es noch einen Grund, Deine Ausführungen nicht abzulehnen: Es gibt bisher keine allgemein anerkannte Definition jenseits der Minimaldefinition, die eben kaum eine Aussage erlaubt. Sie ist eben inhaltsleer.

Und die Ausstattung mit Inhalten ist hier eigentlich schon der Inhalt von Volkskunde, bzw. Ethnologie. Dies in dem Thread eines Forums füllen zu wollen, wäre zumindest verwegen zu nennen.

Dennoch ist die Frage nach der Ethnizität in jener Zeit weder allgemein noch speziell sinnlos. Immerhin sind einige Begriffe überliefert und bezüglich der "Hellenen" können wir die Prägung des Ethnonyms zu großen Teilen nachvollziehen. Und schon die Zusammenstellung von Begriffen der Bronzezeit, der Sage und der archaischen Zeit ist ebenso interessant wie überlieferte Städtenamen.

Nur muss man die erwartete Erkenntnis zurückschrauben. Nehmen wir an in Mykene würden Tafeln gefunden werden, die eine Selbstbezeichnung als Achaier bezeugen würden. Dann fehlte uns hierzu immer noch der Inhalt. Allerdings könnten wir sagen, dass die Ilias dies korrekt festgehalten hätte. Und vielleicht erlaubte uns so ein Fund Aussagen zu ein oder zwei Aspekten des Inhalts.

Aber uns steht so eine Quelle nicht zur Verfügung. Und damit bleibt lediglich die Auflistung der Möglichkeiten. War Danäer ein Ethnonym oder eine Bezeichnung nach der Geographie wie die Ägyptische Ortsnamensliste vermuten läßt? Wie sind die Ahhijawa der kleinasiatischen Quellen einzuordnen? Irgendeine Verbindung mit den Achaiern kann nicht gut ausgeschlossen werden, doch wie sah sie aus? Können wir die Äioler schon mit dem mykenischen Theben in Verbindung bringen oder entstand dieser "Stamm" erst mit der dialektalen Differenzierung?

Und wie steht es mit der Religion als aus heutiger Sicht nicht ganz so heikles Thema? Die aus Troja geraubte Statue der Athene soll nach Athene gekommen sein. Woanders verehrte man eine der Sage nach aus Asien geraubte Artemis-Statue. Nach Herodot behaupteten einige bei Helena habe es sich ebenfalls um so eine Statue gehandelt, die aus Ägypten wiederbeschafft wurde. Das lässt eher auf eine internationale Religiosität schließen, während die Bezeichnung der Athene als Mädchen/Jungfrau/Herrin von Athen und die Bindung Helenas an Sparta und Aphrodites sowie Zeus an Kreta wieder eher an die Bedeutung für die einzelnen Gemeinwesen denken lassen. Bei aller Unsicherheit ist das doch mehr als nichts. (Wenn wir mal die Schriftquellen, die zu diesem Bereich vergleichsweise zahlreich vorliegen, beiseite lassen, um eine ähnliche Ausgangsbasis zu betrachten.)

Und schließlich bedeuten in der Wissenschaft neue Fragen mehr als neue Antworten.

Ich gehe nicht auf das spezielle analysierte Konstrukt ein, es ist mir zu sehr auf unsere westliche Welt bezogen, wie der Begriff Nation nur im Zusammenhang mit dem Westeuropa des 18. Jahrhunderts Sinn als Kategorie für historische Analysen ergibt.
 
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