hatl
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Ende April 1986 gerät der 1.000MW-Block 4 im Rahmen eines Sicherheitstests außer Kontrolle.
Die Kühlung versagt, eine Wasserstoff-Explosion sprengt den Deckel des Reaktorkessels auf,
das Gebäudedach fliegt weg und eine rauchende Flamme ragt hunderte von Metern hoch in den Himmel.
10 Tage lang werden große Mengen an radioaktiven Substanzen austreten.
Liquidatoren (ein Begriff wie aus einem Science-Fiction) treten auf.
Manche haben einen richtig lebensgefährlichen Job, viele andere dekontaminieren große Gelände.
Ca. 500.000, davon 340.000 Soldaten, kehren Blätter zusammen, tragen radioaktiv verseuchte Böden ab, reinigen Gebäude und versiegeln die Beläge von Straßen und Plätzen. (Rhodes)
https://books.google.de/books?id=co... raked up, all three hundred thousand&f=false
Mehr als 300.000 Menschen werden evakuiert und umgesiedelt, davon 100.000 sofort. Rund 10.000 km^2 werden bleibend für Jahrzehnte kontaminiert. (IAEA)
http://www-pub.iaea.org/MTCD/publications/PDF/Pub1312_web.pdf
Die Zahl der Opfer bleibt ungewiss und kann nur geschätzt werden. Die IAEO geht im Jahre 2006 von ca. 4000 aus, andere Schätzungen sind weit höher.
Gorbatschow ist zum Zeitpunkt der Katastrophe seit 13 Monaten Generalsekretär der KPDSU. Bereits im Jahr seines Amtsantritts (November 1985) kommt es zu einem persönlichen Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Reagan im Rahmen von Abrüstungsverhandlungen. (Geneva-Summit). Hier kündet die sowjetische Seite ein einseitiges Aussetzen künftiger Atomwaffentests an.
Ein halbes Jahr nach der Katastrophe schlägt Gorbatschow beim Gipfeltreffen in Reykjavik überraschend die Abschaffung aller Atomwaffen vor.
Es wäre interessant zu ergründen inwiefern er in seiner Haltung von den Ereignissen in Tschernobyl beeinflusst war.
Dass ein solcher Einfluss bestand kann naheliegend angenommen werden. Zitate Gorbatschows die auf diesen Zusammenhang hinweisen sind nicht wenige zu finden. Z.B.: „Chernobyl ‘mercilessly reminded us’ of what nuclear war would really mean, although in fact there was nothing like it in Soviet memory.” http://academicworks.cuny.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1048&context=cc_etds_theses
Und folgt man der zitierten Quelle weiter, dann trieb die Katastrophe von Tschernobyl Gorbatschow dazu mit bisherigen Vorstellungen zu brechen, 'denn selbst ein begrenzter Konflikt würde soviele Tschernobyls bedeuten, dass man es sich nicht mehr vorstellen kann.'
(„ As Gorbachev put it, “even a limited conflict would mean so many Chernobyls that
you can’t even imagine.”“)
Bereits in seiner Fernsehansprache am 14. Mai 1986 stellt er eine Verbindung zwischen der Reaktorkatastrophe und den Gefahren eines nuklearen Krieges her:
'Der Unfall in Tschernobyl zeigt erneut welch ein Abgrund sich öffnet, wenn ein Nuklearkrieg über die Menschheit hereinbricht. Denn in den angesammelten nuklearen Arsenalen schlummern abertausende von Katastrophen, weit schrecklicher als die von Tschernobyl.'
(„The accident at Chernobyl showed again what an abyss will open if nuclear war befalls mankind. For inherent in the nuclear arsenals stockpiled are thousands upon thousands of disasters far more horrible than the Chernobyl one.“ )
EXCERPTS FROM GORBACHEV'S SPEECH ON CHERNOBYL ACCIDENT - NYTimes.com
Interessant scheint mir in dem Zusammenhang auch, wie hoch die radioaktive Belastung im Vergleich zu anderen „nuklearen Ereignissen“ war.
In einer Publikation der IAEA von 1996 wird folgender Vergleich gezogen: 400 mal mehr radioaktive Substanzen als bei der (kleinen) Hiroshima-Bombe wurden in die Atmosphäre freigesetzt, und ein 1/100 – 1/1000 dessen, was insgesamt bei Atombombentests in den 50ern und 60er freigesetzt wurde.
http://www.iaea.org/inis/collection/NCLCollectionStore/_Public/28/058/28058918.pdf Seite 8.
Tschernobyl zeigte jedenfalls wie sehr der Leistungsfähigkeit eines Landes gefordert ist, wenn auch nur der Fallout bekämpft werden muss, auch ohne dass Druckwellen oder weitflächige Feuerstürme eine weit zerstörerische Gewalt entfalten.
Gorbatschow jedenfalls wird Tschernobyl nicht mehr vergessen und noch heute misst er in Interviews die Folgen eines möglichen nuklearen Schlagabtauschs in „Tschernobyls“.
Und vielleicht war es ja so, dass gerade diese Katastrophe künftige, noch größere, weniger wahrscheinlich machte.
Die Kühlung versagt, eine Wasserstoff-Explosion sprengt den Deckel des Reaktorkessels auf,
das Gebäudedach fliegt weg und eine rauchende Flamme ragt hunderte von Metern hoch in den Himmel.
10 Tage lang werden große Mengen an radioaktiven Substanzen austreten.
Liquidatoren (ein Begriff wie aus einem Science-Fiction) treten auf.
Manche haben einen richtig lebensgefährlichen Job, viele andere dekontaminieren große Gelände.
Ca. 500.000, davon 340.000 Soldaten, kehren Blätter zusammen, tragen radioaktiv verseuchte Böden ab, reinigen Gebäude und versiegeln die Beläge von Straßen und Plätzen. (Rhodes)
https://books.google.de/books?id=co... raked up, all three hundred thousand&f=false
Mehr als 300.000 Menschen werden evakuiert und umgesiedelt, davon 100.000 sofort. Rund 10.000 km^2 werden bleibend für Jahrzehnte kontaminiert. (IAEA)
http://www-pub.iaea.org/MTCD/publications/PDF/Pub1312_web.pdf
Die Zahl der Opfer bleibt ungewiss und kann nur geschätzt werden. Die IAEO geht im Jahre 2006 von ca. 4000 aus, andere Schätzungen sind weit höher.
Gorbatschow ist zum Zeitpunkt der Katastrophe seit 13 Monaten Generalsekretär der KPDSU. Bereits im Jahr seines Amtsantritts (November 1985) kommt es zu einem persönlichen Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Reagan im Rahmen von Abrüstungsverhandlungen. (Geneva-Summit). Hier kündet die sowjetische Seite ein einseitiges Aussetzen künftiger Atomwaffentests an.
Ein halbes Jahr nach der Katastrophe schlägt Gorbatschow beim Gipfeltreffen in Reykjavik überraschend die Abschaffung aller Atomwaffen vor.
Es wäre interessant zu ergründen inwiefern er in seiner Haltung von den Ereignissen in Tschernobyl beeinflusst war.
Dass ein solcher Einfluss bestand kann naheliegend angenommen werden. Zitate Gorbatschows die auf diesen Zusammenhang hinweisen sind nicht wenige zu finden. Z.B.: „Chernobyl ‘mercilessly reminded us’ of what nuclear war would really mean, although in fact there was nothing like it in Soviet memory.” http://academicworks.cuny.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1048&context=cc_etds_theses
Und folgt man der zitierten Quelle weiter, dann trieb die Katastrophe von Tschernobyl Gorbatschow dazu mit bisherigen Vorstellungen zu brechen, 'denn selbst ein begrenzter Konflikt würde soviele Tschernobyls bedeuten, dass man es sich nicht mehr vorstellen kann.'
(„ As Gorbachev put it, “even a limited conflict would mean so many Chernobyls that
you can’t even imagine.”“)
Bereits in seiner Fernsehansprache am 14. Mai 1986 stellt er eine Verbindung zwischen der Reaktorkatastrophe und den Gefahren eines nuklearen Krieges her:
'Der Unfall in Tschernobyl zeigt erneut welch ein Abgrund sich öffnet, wenn ein Nuklearkrieg über die Menschheit hereinbricht. Denn in den angesammelten nuklearen Arsenalen schlummern abertausende von Katastrophen, weit schrecklicher als die von Tschernobyl.'
(„The accident at Chernobyl showed again what an abyss will open if nuclear war befalls mankind. For inherent in the nuclear arsenals stockpiled are thousands upon thousands of disasters far more horrible than the Chernobyl one.“ )
EXCERPTS FROM GORBACHEV'S SPEECH ON CHERNOBYL ACCIDENT - NYTimes.com
Interessant scheint mir in dem Zusammenhang auch, wie hoch die radioaktive Belastung im Vergleich zu anderen „nuklearen Ereignissen“ war.
In einer Publikation der IAEA von 1996 wird folgender Vergleich gezogen: 400 mal mehr radioaktive Substanzen als bei der (kleinen) Hiroshima-Bombe wurden in die Atmosphäre freigesetzt, und ein 1/100 – 1/1000 dessen, was insgesamt bei Atombombentests in den 50ern und 60er freigesetzt wurde.
http://www.iaea.org/inis/collection/NCLCollectionStore/_Public/28/058/28058918.pdf Seite 8.
Tschernobyl zeigte jedenfalls wie sehr der Leistungsfähigkeit eines Landes gefordert ist, wenn auch nur der Fallout bekämpft werden muss, auch ohne dass Druckwellen oder weitflächige Feuerstürme eine weit zerstörerische Gewalt entfalten.
Gorbatschow jedenfalls wird Tschernobyl nicht mehr vergessen und noch heute misst er in Interviews die Folgen eines möglichen nuklearen Schlagabtauschs in „Tschernobyls“.
Und vielleicht war es ja so, dass gerade diese Katastrophe künftige, noch größere, weniger wahrscheinlich machte.