Turmbauten in Rom

Barraca

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Wenn ich die antiken Bauwerke in Rom in Büchern oder real betrachte, vermisse ich eine Bauform: Türme

Es gibt z.B. die Trajanssäule, Obelisken oder die Nero-Statue, die bewußt in die Höhe ragen. Andere Bauwerke sind jedoch höchstens wegen ihrer gesamten Ausmaße hoch (Kolosseum ~50m). Aber echte Türme gibt es nicht. Für einen geltungssüchtigen Kaiser läge es doch sicher nahe, einen von überall sichtbaren Turm mit einer Höhe von über 50m zu bauen.
Leuchttürme in entsprechender Höhe konnten ja durchaus gebaut werden (z.B Herkulesturm, Portugal), an den fachlichen Kenntnissen lag es also nicht.

Gibt es dafür eine Erklärung oder hat man ein entsprechendes Bauwerk nur noch nicht gefunden ?
 
Kaiser haben selten Türme gebaut. Warum sollten die römischen Kaiser eine Ausnahme machen?

Die richtig hohen Türme finden sich meistens im Zusammenhang mit religiösen Bauten: Kirchtürme, Minarette, Pagoden.

Schau Dir mal die Verbotene Stadt in Peking an. Oder das Schloss in Versailles.
 
interessante Frage, die ich nur leider auch nicht beantworten kann.

Außer den von Dir schon genannten Leuchttürmen (allerdins ist der Herkulesturm in Nordspanien, nicht in Portugal) und Türme bei den Stadtoren bzw. Stadtmauern fallen mir jetzt spontan keine Beispiele ein. In der Provinz (Nîmes, Südfrankreich) gibt es den sogenannten Tour Magne, der laut Wikipedia aus vorrömischer Zeit stammen soll (https://de.wikipedia.org/wiki/Tour_Magne).
 
Zumal das goldene Haus auf Hügeln errichtet worden sind. Wenn man von unten darauf guckt ist es beeindruckend.
Zum anderen war Rom als Stadt ja schon von außen beeindruckend. Wenn man in den Straßen unterwegs ist fällt ein viel höheres Haus oder Gebäude nicht auf.
 
Es gibt ja hohe Gebäude. Es erscheint etwas gewagt, aber ich würde den Verzicht auf Turmbauten zum einen in Verbindung bringen mit der Tatsache dass es in Rom bis zum Christentum keinen Monotheismus gab, zum anderen, dass römische Herrscher inhaltlich komplexe Aussagen in Gebäuden realisierten, und dies vor allem in Rundform geschah. Das Pantheon ist über 40 m hoch, und sehr hoch sind in Rumänien das Tropaeum Traiani (> 40 m) und in Gallien das Tropaeum Alpium (ca. 50 m).
Grabbauten vor den Städten waren ja z.T. sehr groß, hohe rechteckige Gebäude waren also keine Seltenheit. Kaiserliche Repräsentation ging aber eher in Bauten die der Allgemeinheit nützlich waren, z.B. Thermen, Foren, Basiliken, Arenen. Und die waren in der Fläche.
Manche Kaiser rühmten sich der Bescheidenheit. In der eng bebauten und zugleich hügeligen Stadt Rom konnte man durch Terrassierung Fläche gewinnen, diese gewonnene Weite und die Freizeitmöglichkeiten im öffentlichen Raum beeindruckten die zuhause eng lebenden Bürger mehr als ein eher nutzloses, einzelnes hohes Gebäude.
 
Es erscheint etwas gewagt, aber ich würde den Verzicht auf Turmbauten zum einen in Verbindung bringen mit der Tatsache dass es in Rom bis zum Christentum keinen Monotheismus gab
Das erscheint mir in der Tat gewagt. Der Monotheismus hat doch kein Monopol auf Türme...

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Die Sakralbauten der Zeit waren stilistisch ohne Türme angelegt. Die öffentlichen Bauten auch. Militärische Anlagen kamen nicht ohne Türme aus. Es waren damit pragmatische Zweckbauten, keine zu Schmuck und Zierde errichtete Bauten. Wir schmücken unsere Städte auch nicht mit den beeindruckenden Kuppeln und Kühlturmformen der Atomkraftwerke und finden den Gigantismus in der Architektur eher abstoßend und unsinnig.
 
In den Gärten des Maecenas gab es einen Turm, von dem aus Nero den Brand Roms beobachtet und besungen haben soll.
Wie man sich diesen Turm vorzustellen hat, scheint leider nicht weiter bekannt zu sein. Eine mutmaßliche Anspielung enthält eine Ode von Horaz (III, 29), in der es heißt, dass er "den Wolken nahe" sei.
 
Leuchttürme wurden in Römischer Zeit auch in Spanien gebaut. Zum Beispiel der Herculesturm bei La Coruna.
Entweder A Coruna oder La Coruña, das eine ist die galicisch-portugiesische, das andere die kastilische Namensform ;)
Es gibt sogar römische Münzen mit Leuchttürmen darauf, aber auch wenn der Threadstarter sich vertan hat, Leuchttürme hat er als existente Bauten im Eingangspost anerkannt.
 
Wenn ich die antiken Bauwerke in Rom in Büchern oder real betrachte, vermisse ich eine Bauform: Türme
In der Antike diente der Turm in erster Linie zur Erweiterung der Sichtweite und der Wehrhaftigkeit und wurde offenbar noch zu wenig als (luxuriöses) Beiwerk verstanden, um als Symbol für Reichtum zu gelten.

Mal abgesehen von phönizischen Münzen, auf denen Türme, häufig zusammen mit Kriegsschiffen dargestellt, die militärische Bereitschaft zeigten, erschienen Türme auf antiken Münzen erst zur späten Kaiserzeit, und zwar in schematischen Darstellungen eines von Türmen flankierten Stadttores.
Die Geläufigkeit dieses Symbols führte im Frühmittelalter zur symbolischen Bewehrung der Westseite von Kirchen, wodurch erstmals auch (schlanke) Türme ohne den ursprünglich realen Nutzen entstanden. Der (eigentlich unnötige und deshalb luxuriöse) Turm als Statussymbol war geboren.
Die Entfremdung des Wehrturmes zur Repräsentation, d.h. zum Schmuck-/Aussichtsturm, erfolgte später auch in der profanen Architektur, wie z.B. an den Palazzi der Renaissance, die vom Vorbild toskanischer Geschlechtertürme beeinflusst, einen Aussichtsturm erhielten.

Die Interpretation des eckigen Turmes als Machtsymbol oder gar als Phallussymbol ist also gar nicht so selbstverständlich, wie wir dies heute sehen. Berechtigter wäre also die Frage: Warum gibt sich der Mensch seit dem MA all die Mühe, so viele Türme zu bauen, deren Nutzen einzig aus Symbolhaftigkeit besteht?
 
Mal abgesehen von phönizischen Münzen, auf denen Türme, häufig zusammen mit Kriegsschiffen dargestellt,...
Ich kenne keine phönizische Münze, die einen Turm darstellt, nur römische (tw. griechisch beschriftet ["Alxandriner"]).

....und zwar in schematischen Darstellungen eines von Türmen flankierten Stadttores.
Die Geläufigkeit dieses Symbols führte im Frühmittelalter zur symbolischen Bewehrung der Westseite von Kirchen, wodurch erstmals auch (schlanke) Türme ohne den ursprünglich realen Nutzen entstanden.
Das klingt vom Duktus her so, als hättest du das aus einem Lehrbuch paraphrasiert. Ich halte diese Herleitung aber doch für ein wenig weit hergeholt.

Warum gibt sich der Mensch seit dem MA all die Mühe, so viele Türme zu bauen, deren Nutzen einzig aus Symbolhaftigkeit besteht?
Besteht der Nutzen denn nur in der Symbolhaftigkeit? Glockenturm? Muazzin? Ruf zum Gebet/Gottesdienst?
Natürlich auch Symbolhaftigkeit: Unser Turm ist höher als eurer - innerstädtisch wie superstädtisch.
 
Ich kenne keine phönizische Münze, die einen Turm darstellt, […]
Bsp.: Münze aus Sidon

Ich halte diese Herleitung aber doch für ein wenig weit hergeholt.
So weit jetzt auch wieder nicht, scheint doch das Symbol Tor mit Türmen verbreitet gewesen zu sein. Vgl. »Doppelturmfassade« @ Wikipedia

Besteht der Nutzen denn nur in der Symbolhaftigkeit? Glockenturm? Muazzin? Ruf zum Gebet/Gottesdienst? […]
Da hast du recht, habe mit »deren Nutzen einzig aus Symbolhaftigkeit besteht« etwas übertrieben. Hätte »hauptsächlich« schreiben sollen…
 

Das sieht aber eher nach einer Stadtmauer mit Türmen aus (und davor liegt ein Schiff). Hier geht es aber um den Turm als alleinstehender Bautyp.

Auch der Kirchturm ist eine mittelalterliche Erfindung. Der Baukörper der Kirche ist die Basilika (eigentlich die Königshalle), ein Bautyp, der bereits schon in der Antike verbreitet war. Nur hatte dieser hatte in der Antike keinen Glockenturm.
 
Ich habe einen interessanten Artikel zum Thema Turmbauten im mittelalterlichen Norditalien gefunden. Damit wird zwar nicht die Abwesenheit der Türme im antiken Rom erklärt, aber zumindest die Anwesenheit dieser im Mittelalter in den Stadtrepubliken des Nordens der italienischen Halbinsel.

Mittelalter: Diese Türme waren Superwaffen - WELT

Zum einen handelt es sich um um Anlagen, von den man aus Feinde bekämpfen konnte. dabei handelte es sich nicht um den äußeren, sondern um den inneren Feind:D, also konkurrierende Familien.
Und natürlich auch um Prestigebauten. Wer den höchsten Turm hat, zeigt damit sein Wohlstand. Das erinnert mich ein wenig an den Wettstreitu den höchsten Wolkenkratzer in New York:).

Mittelalter: Diese Türme waren Superwaffen - WELT
 
Für mich ist auch das freistehende Kalon-Minarett in Buchara ein Beispiel für nicht-sakrale Repräsentation.

Buxoro – Wikipedia

Wobei mich an dem Wikipedia-Artikel die Transkription des Namens stört. Der deutsche Name ist uns geläufig und altbekannt, die kyrillische Schreibweise ist die der russischen Imperialisten die die Stadt 1920 zerstörten und die Einwohner massakrierten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich erlaube mir, von Buchara wieder zur Ausgangsfrage zurückzukommen. Kürzlich hatten wir bei den archäologischen Entdeckungen folgende Nachricht:

In Rom hat man das Theater des Nero entdeckt:

Emperor Nero’s lost theatre found under site of hotel in Rome

Theatre of Nero - Wikipedia .

Das mag der Ort gewesen sein, von wo aus er den Brand Roms beobachtete und dabei auf seiner Lyra spielte. Allerdings sind da die Quellen widersprüchlich (Großer Brand Roms – Wikipedia ).

Im erwähnten Wiki-Link wird tatsächlich ein Turm in Rom erwähnt, der wohl weder Wach- noch Leuchturm war:

Ob Nero tatsächlich zuhause oder auf dem Maecenasturm im Anblick der brennenden Stadt den Untergang Trojas besungen hat, ist nicht mehr zu beweisen. Tacitus kennt das Gerücht, Juvenal spielt darauf an, Sueton und Cassius Dio halten es für hinreichend belegt.[59]

Unabhängig von der Frage, ob Nero dort tatsächlich gesungen hat, gab es zumindest einen Turm in Rom. Man vermutet seinen Standort auf dem höchsten Punkt in den Gärten des Maecenas, aber archäologisch ist er nicht nachgewiesen:

Turris Maecenatiana
 
Es gab natürlich die technische Fähigkeit hohe Türme zu bauen. Nicht nur die Leuchttürme, sondern auch größere Türme z.B. am Limes.
Aber statt Türmen gab es zur Demonstration der Macht Triumphbögen von beeindruckender Größe, und Siegesmonumente oder Tropaia, z.B. in La Turbie mit 50m Höhe:
Tropaeum Alpium – Wikipedia

Der Tour Magne in Nîmes: 36 m hoch:
Tour Magne – Wikipedia
 
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