Beetlebum schrieb:
Vielmehr gilt allgemein, dass ernsthafte Offensiven oder die Abwehr von größeren Angriffen stets die Konzentrierung starker Heeresverbände im betroffenen Gebiet erforderten, während an anderen Grenzteilen die entsprechenden Truppen abgezogen werden mussten. Daher hatte selbst ein gewaltiger Verwaltungs- und Militärapparat wie jener der römischen Kaiserzeit stets einen Zwei- oder Mehrfrontenkrieg als eine Art "worst case"-Szenario zu fürchten.
Da ist schon was wahres dran, aber für gewöhnlich ist dies auch möglich gewesen. Und genau diese Thematik macht das Problem des römischen Untergangs so schwer auf ein Faktum zurück zu führen.
War die Kampfkraft der "neuen" Legionstypen nun so schwach wegen ihrer Barbarisierung?
War die Kampfkraft aufgrund der vielfachen Einfälle so gering?
Lag die Schuld am Verwaltungsapparat, bei der Wirtschaft, Gesundheitssystem?
Oder womöglich eine Motivations / Führungsfrage?
Oder war die Kraft der Einfälle letztlich einfach nur so hoch?
Hätte ein vereintes Reich mehr leisten können oder wäre es dann noch schlimmer geworden?
Wie viel Kraft raubten die Bürgerkriege und wie stark war der Zusammenhalt des Reiches und seiner Verbündeten?
Wer diese und noch hunderte weiterer Frage anstandslos und zweifelsfrei beantworten kann wird vielleicht den Weg der Erleuchtung gehen können.
Unter Marc Aurel etwa sind die Römer so einer Situation knapp entgangen. Der tatsächliche Zustand war indes schon kritisch genug: Der Einfall der Parther nach Armenien und Syrien zwang den Kaiser, sechs Legionen in den Osten zu verlegen. Darauf durchbrachen die Markomannen (und in der Folge auch andere Stämme) die Donaugrenze, womit sich die ersten "gewaltigen Germaneneinbrüche" der Kaiserzeit ereigneten. Erstmals seit den Kimbern 101 v.Chr. fielen wieder "Barbaren" nach Italien ein. (Wenn man dazu noch die damals ausbrechende Pestepidemie in Rechnung stellt, wird man - so hoffe ich - verstehen, warum der langsame Niedergang des römischen Reiches meiner Auffassung nach in der 2. Hälfte des zweiten Jahrhunderts einsetzt.) Wie die Sache ausgegangen wäre, wenn sich Parther- und Markomannenkriege zeitlich überschnitten hätten, kann man nur erahnen. Die Lage hätte dann für die Römer sehr übel ausgesehen.
Marc Aurel als Zeichen beginnenden Niedergangs? Wie du selbst anführst waren die Angriffe auf das Reich und die Grenze plötzlich und heftig, so heftig, wie lange nicht mehr gekannt. Nicht mal die Daker hatten einen derart vehementen Angriff geführt. Und doch gelang es dem Kaiser mit seinen Truppen aus der ungünstigen Ausgangslage das Reich wieder zu konsolidieren, ungeachtet seines Philosophencharakters. Wenn dies etwas ist, dann eher ein Zeichen für die Stärke des Reiches.
Sein Vorgänger, Antoninus Pius hat sogar den Hadrianswall nach Norden verlegen können.
Verus, der Mitkaiser, eroberte die parthische Hauptstadt(!) und trotz der aus Persien mitgeführten Pest und ihrer Folgen hielt man in der Zeit die ersten Germanenangriffe ab.
Septimus Severus schließlich gründete sogar die Provinz Mesopotamia und plünderte erneut die parthische Hauptstadt. Klingt das alles nach Untergang? Zudem wären weit über 250 Jahre Untergang ein extrem langsamer Verfall.
Im gesamten muß ich sagen, verwundert mich die Diskussion hier. Befragt die Quellen, welche Motivation sie den Kaisern unterstellen. Und dann ist es vielleicht möglich darüber zu diskutieren, wie plausibel diese Angabe ist.
Und die Diskussion, ab wann der Senat Roms seinen Einfluß verlor, wäre doch eher in einen Sulla, von mir aus auch Gracchen Thema zu stopfen *G*