Verschwinden des Transports auf Rädern in der islamischen Epoche

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PontifexMinimus

Gast
Ist es zutreffend, daß man in der islamischen Epoche den antiken Überlandtransport auf Rädern (Karren, Wagen, Kutschen, etc.) aufgegeben hat und ganz zum Transport mit Packtieren übergegangen ist? Wenn ja, welche Belege existieren dafür und ist das ein Hinweis auf den Zustand des Straßennezues? Und welche Vorteile sollte der Transport mit Packtieren im Nah- und Fernhandel haben?
 
Ist es zutreffend, daß man in der islamischen Epoche den antiken Überlandtransport auf Rädern (Karren, Wagen, Kutschen, etc.) aufgegeben hat und ganz zum Transport mit Packtieren übergegangen ist? Wenn ja, welche Belege existieren dafür und ist das ein Hinweis auf den Zustand des Straßennezues? Und welche Vorteile sollte der Transport mit Packtieren im Nah- und Fernhandel haben?
Auch die Römer haben viel auf Maultieren transportiert. Die Römer kannten zwar selbstverständlich Wagen, sowohl für den Transport von Menschen als auch von Waren, aber das Militär transportierte sehr viel mit Maultieren (Traggewicht ca. 150 kg/Individuum). Die waren einfach geländegängiger. Die römischen Wagen waren auch in der Spurbreite normiert. Für den Transport von Waren vom Land in die Stadt wurden Ochsenkarren verwendet, die eigneten sich nur für "Kurzstrecke".
 
Könnte es sein, dass das Bild von den gradezu archetypischen Kamelkarawanen inspiriert ist? Zumindest in Sandwüsten ist das mit dem Straßenbau schwierig, da die beständig freigehalten werden müssen, um nicht zugeweht zu werden. Da waren "Wüstenschiffe" mWn bis zu Industrialisierung tatsächlich die sinnvollste Methode.
 
Ist es zutreffend, daß man in der islamischen Epoche den antiken Überlandtransport auf Rädern (Karren, Wagen, Kutschen, etc.) aufgegeben hat und ganz zum Transport mit Packtieren übergegangen ist?

Schwer vorstellbar, da wo Karren tatsächlich sinnvoll Vrwendung finden konnten.

Dabei sollte im Kopf behalten werden, dass Landtransporte auch in der römischen Antike schon wesentlich teurer und langsamer waren als Transporte auf Wasserwegen, so dass wann immer das möglich war, im Besonderen, wenn es um längere Distanzen ging die Wasserweg vorgzogen wurden.
von Ochsen oder Pferden gezogene Karren waren vor allem etwas für kurze Distanzen, also für den Transport von Gütern zwischen einem städtischen Zentrum und dem unmittelbaren Umland.

Und natürlich, dass ist schon angespochen worden, waren Karren nur dann eine ernsthafte Alternative, wenn das Gelände das zuließ, auch die Römer wären nicht auf die Idee gekommen mit Ochsenkarren Gebirge überschreiten oder Wüstengebite durchqueren zu wollen.

@El Quijote hat bereits angesprochen, dass die Spurbreite römischer Furwerke normiert war.

Um das etwas ausführlicher zu erklären: Normierung der Sprubreite bedeutete nicht nur, dass da irgendwelche Vorschriften erlassen wurden, sondern Normierung der Spurbreite bedeute dass in die Straße selbst beim Bau entsprechende Spurillen eingemeißelt wurden, aus denen ein Fuhrwerk nicht so ohne weiteres ausbrechen konnte und dass die Karren auf der Straße hielt, wohl je nach straße auch so angelegt waren, dass damit zuverlässig auch Gegenverkehr passieren konnte.

Natürlich waren die römischen Fuhrwerke aber auf römische Wirtschaftsweise und Maße festgelegt, Karren mit einer anderen größe hatten es dementsprechend ohnehin schwieriger (und zwar egal wo) diese Straßen zu passieren, weil die von den Römern eingeschlagenen Spurrillen Fuhrwerken mit der richtigen Größe den Halt auf der Straße zwar erleichterten, mit zu schmalen oder zu breiten Furhwerken aber natürlich nicht kompatibel waren und diesen nicht in gleichem Maße auf der Straße halten konnten, in diesem Fall ggf. eher Hindernise darstellen mussten.
 
Um das etwas ausführlicher zu erklären: Normierung der Sprubreite bedeutete nicht nur, dass da irgendwelche Vorschriften erlassen wurden, sondern Normierung der Spurbreite bedeute dass in die Straße selbst beim Bau entsprechende Spurillen eingemeißelt wurden, aus denen ein Fuhrwerk nicht so ohne weiteres ausbrechen konnte und dass die Karren auf der Straße hielt, wohl je nach Straße auch so angelegt waren, dass damit zuverlässig auch Gegenverkehr passieren konnte.
Wobei das mit den eingemeißelten Spurrillen nicht ganz unumstritten ist. Es gibt da auf römischen Straßen auch oft Spuren nebeneinander und zwar nicht in dem Sinne, dass das Fahrzeuge aneinander passieren konnten. Vor allem aber in den Städten gab es regelmäßig Trittsteine (ähnlich unseren Zebrastreifen, nur eben massiv erhöht) da mussten die Wagen durchpassen.

640px-Pompeii-Street_alago.jpg
 
Könnte es sein, dass das Bild von den gradezu archetypischen Kamelkarawanen inspiriert ist? Zumindest in Sandwüsten ist das mit dem Straßenbau schwierig, da die beständig freigehalten werden müssen, um nicht zugeweht zu werden. Da waren "Wüstenschiffe" mWn bis zu Industrialisierung tatsächlich die sinnvollste Methode.
Ja, das ist auch in römischen Darstellungen zu sehen:

1280px-Palmyra_caravan.jpg

Palmyra/Tadmur

BosraMosaicCamels.png

Bosra/Bostra

IMG_5219.jpg

Petra (leider stark erodiert).
 
Wobei das mit den eingemeißelten Spurrillen nicht ganz unumstritten ist.
Ich finde das Thema auch interessant, weil ich mir es nicht richtig vorstellen kann, eine frühe "Straßenbahn" ohne Ausweichmöglichkeit. Seltsam. Aber oberhalb von Bacharach im Rheintal gibt es heute noch einen Abschnitt einer solchen Straße. Ich bin ja nun kein Experte, aber irgendwie kommt mir das nicht koscher vor: die Rillen wie vor 2000 Jahren perfekt gestylt?
Bacharach.jpg
 
Ich selber habe vor Jahren in Südtirol an der Töll (von Telonium = Zollstelle), jenseits der Etschbrücke, Spurrillen gesehen. Sie sind perfekt im Fels ausgearbeitet, und an der Via Claudia Augusta gibt es mehrere solcher Spurrillen. Ich denke dass sie auch durch das Bremsen der beladenen Wagen tiefer eingegraben wurden.

Und nein, auf dem o.g. Foto, das war nicht der Tourismusverein Bacharach.

Ein anderes Beispiel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Historisch gibt es zwei Gründe für diese Rillen. In dem einen Fall rühren sie vom Wagenverkehr her. Solche Gebrauchsspuren findet man schon kreuz und quer im anstehenden Stein auf Malta, wo sie angeblich tausende von Jahren alt sind.

Der andere Grund ist, daß die Rillen von den Baumeistern eigens als Spurrillen zur Führung der Wagen konzipiert wurden. Das nimmt man etwa für den Diolkos an, wo sie auf steileren, kurvigeren Abschnitten zu sehen sind (oder waren). Da Trieren um 35 t wogen, liegt der Nutzen von Führungsrillen bei dieser Last auf der Hand und da in diesen Abschnitten die Straßenpflasterung auch die typische Wölbung hat, darf man hier eine bauliche Absicht unterstellen.
 
Ja, Kameltransport gab es schon in der spätrömischen Zeit. Auch schon Dromedareinheiten (dromedarii). Ich habe kurz nachgelesen, daß ein Kamel eine normale Höchstlast von 150 kg hat, wohingegen bei römischen Wagen eine gesetzlich vorgeschriebene Höchstlast von 330 kg existiert haben soll. Da ein Wagen aber gewöhnlich von zwei Ochsen gezogen wurde (nehme ich an), war die Höchstlast pro Zugtier die gleiche. Trotzdem wird in der Fachliteratur der Übergang vom Ziehen zum Tragen wahlweise als ausgesprochener Fortschritt angepriesen oder ausgesprochener Rückschritt verdammt. :oops:
 
der Übergang vom Ziehen zum Tragen
Ich halte diesen „Übergang“ für eine Chimäre. Manchmal ließen sich Wagen nicht vermeiden, selbst wenn das Gelände ungeeignet war, manchmal waren sie sicherlich auch wirtschaftlich (Kurzstrecke), aber wenn sie sich vermeiden ließen, und das Gelände ungünstig war, dann war ein geländegängiges Maultier oder ein geländegängiges Dromedar einfach die bessere Wahl, als der stets von Achsbruch bedrohte Wagen; form follows function*.


*bewusst ein wenig zweckentfremdet.
 
Ich selber habe vor Jahren in Südtirol an der Töll (von Telonium = Zollstelle), jenseits der Etschbrücke, Spurrillen gesehen. Sie sind perfekt im Fels ausgearbeitet, und an der Via Claudia Augusta gibt es mehrere solcher Spurrillen. Ich denke dass sie auch durch das Bremsen der beladenen Wagen tiefer eingegraben wurden.

Eine Arte Doku spricht auch von absichtlich in den Stein gehauenen Rillen auf der Via Claudia Augusta:

Minute 4:55
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(Ja, eine Doku ist keine wirklich zitierfähige Quelle. Andereerseits fallen die ARTE Dokus schon mit hoher Informationsdichte und guten Recherchen auf)

Da habe ich mal eine Rückfrage:

Wie ist denn der Wissensstand zu den Pferde/Ochsenkarren der Römer?
Ein beispielsweise gallischer Karren war ja gar nicht auf die römischen "Schienen" ausgelegt - Da müsste es ja regelrechte Verladessysteme von nicht-römischen Karren auf römische Karren gegeben haben.

Kann man auch mit nur einer Karrenseite in den "Schienen" fahren? Dann bräuchte es keine Umladung.

manchmal waren sie sicherlich auch wirtschaftlich (Kurzstrecke), aber wenn sie sich vermeiden ließen, und das Gelände ungünstig war, dann war ein geländegängiges Maultier oder einbgeländegängigef Dromedar einfach die bessere Wahl, als der stets von Achsbruch bedrohte Wagen; form follows function*.
Das finde ich auch einleuchtend: Hufe oder Füße sind immer noch besser an die wilde Natur angepasst, als jedes Rad.

Ich finde das Thema auch interessant, weil ich mir es nicht richtig vorstellen kann, eine frühe "Straßenbahn" ohne Ausweichmöglichkeit.
Gegen die mangelnde Ausweichmöglichkeit gibt es theoretisch ein sehr einfaches System, was ich in irgendeiner Doku gesehen habe:

An unübersichtlichen Stellen gibt man regelmässig laute Geräusche von sich.
Zum Beispiel schlichweg schreien.
So macht man gegenseitig frühzeitig auf sich aufmerksam.
 
Zuletzt bearbeitet:
An unübersichtlichen Stellen gibt man regelmässig laute Geräusche von sich.
Zum Beispiel schlichweg schreien.
So macht man gegenseitig frühzeitig auf sich aufmerksam.
Das Bild von der Via Claudia Augusta ähnelt dem von Bacharach stark, immerhin.
Nun ja, aufmerksam macht man sich heute noch mit Hupen, insofern auch nichts Neues. Aber wenn man sich diese Pfade mal anschaut: gleichzeitig passieren geht nicht. Oder gab es Einbahnstraßen? Oder, wie bei den Schottischen One Way Lanes, Ausweichbuchten?
 
Das Bild von der Via Claudia Augusta ähnelt dem von Bacharach stark, immerhin.
Nun ja, aufmerksam macht man sich heute noch mit Hupen, insofern auch nichts Neues. Aber wenn man sich diese Pfade mal anschaut: gleichzeitig passieren geht nicht. Oder gab es Einbahnstraßen? Oder, wie bei den Schottischen One Way Lanes, Ausweichbuchten?
Passing Places.
In den römischen Verordnungen, die Ulpian gesammelt hat, gibt es auch eine zum Bau von viae publicae. Darin steht verordnet, dass links und rechts einer via publica ein unbebauter Streifen bestehen bleiben müsse. Als ich das gemeinsam mit meinem Vater (der im Gegensatz zu mir Latein vernünftig kann) vor über 25 Jahren mal übersetzte, sagte der nur:
- Aha, Sommerwege.
- ???
- Im Winter fährst du mit der Kutsche auf der gepflasterten Straße, weil der Boden vom Regen zu weich ist, im Sommer fährst du auf dem unbebauten Seitenstreifen, das ist angenehmer, als auf dem harten, unnachgiebigen Pflaster.
Insofern sollte es im Normalfall Ausweichmöglichkeiten gegeben haben.
 
Gleichzeitig passieren wäre etwas zuviel verlangt... Diese Spurrillen sind nur an wirklichen Gefahrenstellen. Sie sollten ein Entgleisen der Fahrzeuge verhindern. Da muss man sich abstimmen.

Es gab aber angeblich getrennte Trassen hoher Steigung für den Verkehr bergauf und Trassen niedriger Steigung bergab.

Da die Anwohner zum Unterhalt herangezogen wurden, eine ständige und teure Wartung der Straßen stattfand (z.B. die Entnahmestellen für Kies an der römischen Straße am heutigen Forggensee sind heute noch sichtbar) ist eine Kontrolle des Verkehrs naheliegend. Auch die Benefiziarierstationen waren im Streitfall zuständig und ganz sicher disziplinierend.
 
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