Versetzungen von Militärangehörigen im Römischen Reich

tomcat

Mitglied
Moinsen,
inwieweit gab es eigentlich Versetzungen im Römischen Reich?? Z.B. wurde/konnte ein Centurio von einer Legion zur anderen versetzt werden?? Ob er jetzt Strafversetzt wurde oder Dekradiert und Versetzt oder konnte er zum Tribun erhoben werden und mußte dann versetzt werden, weil bei einer benachbarten Legion gerade ein Platz frei war und bei seiner nicht?
Die Frage soll für alle gelten, der Centurio soll hier nur als Beispiel gelten!

Oder blieb ein Soldat seine Dienstzeit durchgängig bei seiner Legion und wurde nur innerhalb versetzt??

Ich hoffe ich konnte mich verständlich ausdrücken!

Mfg :winke:
 
Es ist gerade ein Kennzeichen der höheren Dienstgrade, daß man bei verschiedenen Legionen quer durchs ganze Reich diente. Viele Miltärdiplome auf Inschriften zeugen davon.
 
zum tribun nicht, das war den rittern und dem adel vorbehalten. viele davon waren aber nur bessere praktikanten, die da mal reinschnupperten bzw. nur einen mehrmonatigen pflichtwehrdienst für den zukünftigen cursus honorum ableisteten. ich glaube nicht, daß man vielen tribunen auch einheiten anvertraute. die eigentlichen offiziere waren wohl eher höhere centurionen. es muss aber wohl auch längerdienende tribunen gegeben haben , aus denen sich die Legaten rekrutierten.

es gab aber ein sehr komplexes aufstiegssystem innerhalb einer legion für centurionen. ein centurio der hastati, principes oder triarii war ein unterschiedlicher rang, ebenso ob pior oder posterior. damit ergeben sich die 6 centurionen einer kohorte. auch nachdem es diese vor-marianischen truppengattungen nicht mehr gab, gab es noch diese ränge. dann gab es noch die centurionen der ersten kohorte mit dem primipilus (man könnte sie stabsfeldwebel nennen), und dann gabs noch diverse präfekten wie den praefectus castrorum. meines wissens konnten centurionen auch präfekten von hilfstruppen werden. von administrativen aufgaben in der provinzverwaltung habsch auch schon gelesen. die titelinflation muss immens gewesen sein.

bisher habsch leider nur verschiedene interpretationen gefunden, wie genau die rangreihenfolge und der aufstieg eines centurio ablief. genaues weiss man wohl nicht, aber es war komplexer als die nur 5 feldwebelränge bei der bundeswehr. einige historiker vermuten, daß so ein centurio bei 60 rängen und mehr im extremfall, quasi laufend befördert wurde. aber eben nur in sehr kleinen schritten. meist war es nur eine andere centurie, aber eben mit höherem rang.

versetzungen gab es wohl schon. in england etwa hat man hunderte von notiz-täfelchen gefunden mit allem möglichen alltagskram drauf. die halbe legion war da wohl grad abkommandiert zu irgendwelchen anderen einheiten oder in urlaub, oder half den statthaltern oder ....
 
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Warum soll ein centurio nicht auch tribun werden können? Ich verweise hier mal beispielshalber auf folgende Inschrift (aus Baalbek:pfeif:)

CIL 03, 14387f2

[L(ucio)] Antonio M(arci) f(ilio) Fab(ia) / Nasoni / [|(centurioni) le]g(ionis) III Cyrenaicae / [|(centurioni) le]g(ionis) XIII Geminae / [honorat]o albata decursione ab Imp(eratore) / [3 c]ivitatis Colaphianorum / [primo] pilo leg(ionis) XIII Geminae trib(uno) leg(ionis) I Italic(ae) / [trib(uno) coh(ortis)] IIII vigilum trib(uno) coh(ortis) XV urb(anae) / [trib(uno) coh(ortis)] XI urban(ae) trib(uno) coh(ortis) IX praet(oriae) / [donato] ab Imperatore [3 co]ron(a) / [valla]ri corona au[rea] vexillis / [duob]us has[tis puris] duobus / [pri]m[ipilo bis le]g(ionis) XIV Gem(inae) / [trib(uno) coh(ortis)] I praet(oriae) et pra[ep]osito supra / [vetera]nos Romae m[o]rantium / [pluriu]m exercituum proc(uratori) Aug(usti) / [Po]nto et B[ithyni]ae / [3 A]urel[ius 3]IA
 
interessant, der mann hatte es wohl zum primipilus und mehr gebracht. bisher ging ich davon aus, daß sie keine der 6 militärtribunen werden konnten aus standesgründen. aber vielleicht wurde der ja in den ritterstand erhoben oder man nennt den praefekten einer abgeordneten kohorte auch tribun, oder das änderte sich im kaiserreich irgendwann?

vielleicht weiss da ja jemand mehr.
 
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Es gibt viele verschiedene Tribunen, der tribunus militum ist etwas anderes als der tribunus cohortis, und wie so vieles anderes auch ändert sich der Bestimmungsbereich solcher Posten in der Kaiserzeit. Du hast Recht, daß die 6 tribunes militum der Legion ursprünglich aus dem Ritterstand kamen.
Im Sinne der Eingangsfrage bleibt aber, auch Centurionen steigen auf und durchlaufen verschiedene Legionen und Befehlsbereiche.
 
Man muss bei den Militärtribunen unterscheiden: In der Republik waren es tatsächlich Nachwuchspolitiker, die damit ihre Laufbahn begannen. Sie wurden teils gewählt, teils ernannt. In der Kaiserzeit gab es dann zwei Arten von Militärtribunen: Der Tribunus Laticlavius (einer pro Legion) entstammte dem Senatorenstand und war ein Nachwuchspolitiker, der damit seinen Cursus Honorum eröffnete. Der Tribunus Angusticlavius (5 pro Legion) hingegen konnte ebenfalls ein Nachwuchspolitiker sein, aber auch ein Centurio, der dazu befördert wurde.
Bei den Vigiles, den Cohortes urbanae und den Prätorianern hingegen wurde jede Kohorte von einem Tribun kommandiert.
Der Lucius Antonius Naso aus obiger Inschrift war also vermutlich so ein Centurio, der zum Tribun aufstieg. Zuerst wurde er Militärtribun der Legio I Italica, dann wechselte er zu den Vigiles, bei denen jede Kohorte von einem Tribun befehligt wurde, dann wechselte er zu den Stadtkohorten und zuletzt zu den Prätorianern, für die jeweils dasselbe galt. (Zumindest interpretiere ich die Inschrift so, der dazu berufenere hjwien möge mich gegebenenfalls korrigieren.)
 
In der Kaiserzeit gab es dann zwei Arten von Militärtribunen: Der Tribunus Laticlavius (einer pro Legion) entstammte dem Senatorenstand und war ein Nachwuchspolitiker, der damit seinen Cursus Honorum eröffnete. Der Tribunus Angusticlavius (5 pro Legion) hingegen konnte ebenfalls ein Nachwuchspolitiker sein, aber auch ein Centurio, der dazu befördert wurde.

danke, daß mit dem Laticlavius war bekannt, aber nicht, daß centurionen zum tribun aufsteigen konnten. macht aber auch sinn. wer führt schon gerne eine legion mit praktikanten und den wenigen erfahrenen tribunen, die bleiben. nur mit erfahrenen unteroffizieren auf ebene centurie oder kohorte ist das schwer vorstellbar.

dann kann man auch davon ausgehen, daß die zahl der "planstellen" nicht auf 6 begrenzt war? bissle wenig, wenn die hälfte davon ggf. lausbuben sind.
 
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Warum? Die Kohorten wurden ohnehin von ihrem jeweils ranghöchsten Centurio kommandiert. Die Militärtribunen wurden eher für administrative Tätigkeiten eingesetzt, teilweise waren sie tatsächlich eher "Praktikanten".
 
Warum? Die Kohorten wurden ohnehin von ihrem jeweils ranghöchsten Centurio kommandiert. Die Militärtribunen wurden eher für administrative Tätigkeiten eingesetzt, teilweise waren sie tatsächlich eher "Praktikanten".

das mit der kohorte ist richtig. aber war die situativ als struktur nicht zu klein? ich stelle mir vor, daß es in einer schlacht durchaus auch größere logische verbände gab. nehmen wir an kohorte 8-10 sollen abwarten und auf befehl rechts flankieren. das würde ich unter ein klares kommando stellen. ebenso die reserve usw.
aber ich denke du hast recht, einige der erfahrenen tribunen oder hochrangige centurionen können sowas übernehmen.
 
Der Lucius Antonius Naso aus obiger Inschrift war also vermutlich so ein Centurio, der zum Tribun aufstieg. Zuerst wurde er Militärtribun der Legio I Italica, dann wechselte er zu den Vigiles, bei denen jede Kohorte von einem Tribun befehligt wurde, dann wechselte er zu den Stadtkohorten und zuletzt zu den Prätorianern, für die jeweils dasselbe galt. (Zumindest interpretiere ich die Inschrift so, der dazu berufenere hjwien möge mich gegebenenfalls korrigieren.)

:rotwerd: So berufen bin ich da auch nicht. Aber ich lese die Inschrift genauso. Vor seinen Tribunenstellen war Naso Centurio in der III Cyrenaica und in der XIII Geminae, wo er schließlich primo pilo wurde.
Es wird übrigens angenommen, daß es sich bei dem Naso um einen Prätorianer unter Nero handelt, der von Galba abgesetzt wurde (Tac. Hist I 20) und von Vespasian wieder rehabilitiert wurde.
Kann jemand aus dem Stehgreif übersetzen, was er da zum Schluß beim Procurator von Pontus und Bythinien gemacht hat (da hänge ich nämlich wieder fest)
 
Ich interpretiere die Inschrift eigentlich so, dass er selbst Procurator in Pontos und Bithynien war.
 
In einem Lehrbuch zur römischen Geschichte hatte ich einmal die Karte gesehen, wie die Karriere eines späteren Kaisers ausgesehen hat. Da gings auch kreuz und quer durchs gesamte Römische Reich. Da ich die Karte nicht mehr habe bzw. das entsprechende Buch nicht finde, stellvertretend die Karriere des Pertinax (aus Wikipedia) - ca-Zahlen:
Um 160 n. Chr.: Präfekt in Syrien
165 n. Chr.: Versetzung nach Britannien
vor 168: Versetzung nach Moesien(?)
168: Procurator in Norditalien
169: Befehlshaber der Rheinflotte
um 170: Prokurator der dakischen Provinzen
nach 171: Legat der Legio I Adiutrix in Oberpannonien
nach 175: Statthalter in Untermoesien, Dakien und Syrien
185 - 187: Statthalter in Britannien
188 - 189: Statthalter in Africa
190: Stadtpräfekt in Rom

Der Mann kam gut herum!
 
Ich interpretiere die Inschrift eigentlich so, dass er selbst Procurator in Pontos und Bithynien war.

Das hatte ich auch gedacht, und das wäre dann eine schöne Karriere. Aber was ist das mit

et praeposito supra veteranos Romae morantium plurium exercituum

Der Erste unter den Veteranen? Ist mit Roma die Stadt oder die Göttin gemeint? Ich kriege das Morantium nicht eingeordnet. Und die "vielen Truppen"? Deshalb dachte ich dann, er wäre irgendetwas bei den Truppen des Procurators.
 
In einem Lehrbuch zur römischen Geschichte hatte ich einmal die Karte gesehen, wie die Karriere eines späteren Kaisers ausgesehen hat. Da gings auch kreuz und quer durchs gesamte Römische Reich. Da ich die Karte nicht mehr habe bzw. das entsprechende Buch nicht finde, stellvertretend die Karriere des Pertinax (aus Wikipedia) - ca-Zahlen:
Um 160 n. Chr.: Präfekt in Syrien
165 n. Chr.: Versetzung nach Britannien
vor 168: Versetzung nach Moesien(?)
168: Procurator in Norditalien
169: Befehlshaber der Rheinflotte
um 170: Prokurator der dakischen Provinzen
nach 171: Legat der Legio I Adiutrix in Oberpannonien
nach 175: Statthalter in Untermoesien, Dakien und Syrien
185 - 187: Statthalter in Britannien
188 - 189: Statthalter in Africa
190: Stadtpräfekt in Rom

Der Mann kam gut herum!

Ein schönes Beispiel. Er war ungefähr 35, als er in Syrien eine Auxiliareinheit befehligte, wobei er als ritterlicher Präfekt von der Befehlshierarchie einem Centurio gleichgestellt gewesen sein dürfte?
 
Das hatte ich auch gedacht, und das wäre dann eine schöne Karriere. Aber was ist das mit

et praeposito supra veteranos Romae morantium plurium exercituum

Der Erste unter den Veteranen? Ist mit Roma die Stadt oder die Göttin gemeint? Ich kriege das Morantium nicht eingeordnet. Und die "vielen Truppen"? Deshalb dachte ich dann, er wäre irgendetwas bei den Truppen des Procurators.
Ich würde das übersetzen als "Aufseher über die Veteranen der recht zahlreichen sich in Rom aufhaltenden Truppen".
"Romae" würde ich daher am ehesten als Lokativ der Stadt Roma interpretieren. Sinn ergibt meine Übersetzung freilich nicht wirklich, denn erstens hielten sich außer den Prätorianern, den Stadtkohorten und den Vigiles in Rom gar keine Truppen auf, zweitens klingt das nicht wie eine offizielle Funktionsbezeichnung wie die anderen aufgelisteten Funktionen. Die Formulierung "praepositus supra veteranos" wäre außerdem ziemlich schlechtes Latein. Aber anders weiß ich mir auch keinen Reim darauf zu machen.
Dass die Truppen zum Procurator gehören, glaube ich nicht, denn Bithynia et Pontus war doch zu der Zeit, in der Naso aktiv war, falls er mit dem aus den Historien identisch ist, eine senatorische Provinz und wurde von einem Proconsul verwaltet. Der Procurator war für die Steuereintreibung zuständig und hatte als solcher wohl keine Truppen, schon gar nicht zahlreiche.
 
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Ich würde mich im großen und ganzen Ravenik anschließen. Eventuell hat das ja etwas mit der Besonderheit des 4 Kaiserjahrs zu tun. In anbetracht der Situation und Kämpfe könnten sich doch eine größere Menge an Veteranen in Rom aufgehalten haben und Naso zu ihren Sprecher gemacht haben? Die "Ehren" und den Rang hatte er sich ja vorher schon erarbeitet wie die Inschrift aufzeigt.
 
Nein, das erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich, ich wüßte nicht, warum sich in Rom während des Vierkaiserjahres übermäßig viele Veteranen aufgehalten haben sollten, und auch nicht, warum diese einen "Sprecher" wählen sollten. Dies wäre auf jeden Fall keine Funktion, die man in einer Ehreninschrift auflistet. Daneben besagt nichts an dieser Inschrift, daß es sich um ein Ereignis 68/69 handeln muß.
Aus dem Bauch heraus würde ich höchstens sagen, daß die kurzfristige Entlassung der Prätorianer durch Vitellius in einem solchen ZUsammenhang gehören könnte, aber auch das ist sehr vage.
Ich würde Ravenik vor allem bei seinem Zweifel beipflichten, der ja auch der meine ist. Da muß man doch nochmal tiefer nachgraben.
 
Den "Praepositus" meinte ich nicht als gewählten Sprecher, sondern als ernannten Aufseher. In diesem Sinne wurde das Wort im Lateinischen durchaus verwendet, bloß ein Praepositus der Veteranen ist mir anderweitig nicht bekannt.
 
es gab ja im inperium romanum große veteranensiedlungen. so war etwa die illyrische küste ein beliebtes "Altersheim" für "Besserverdienende".
könnte das irgendeine funktion in einer solchen siedlung sein?
 
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