Villa Rustica

Repo

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Im Zusammenhang mit der Bevölkerungsdichte ist mir mal wieder eingefallen,

Von was lebten die Besitzer/Bewohner der Villa Rusticis eigentlich,
wie konnte dieser Lebensstandart finanziert werden?

Der Aufwand der getrieben wurde, war ja ganz erheblich
Der Landadel des 16-19. Jahrhunderts lebte doch deutlich bescheidener.
Und alle paar Kilometer war so ein Ding.


Ich habe mal vor Jahren den Schollian in Stein darauf angesprochen, die Überlegung war ihm nicht unbekannt, er meinte man vermute einen größeren Wirtschaftsbetrieb evtl. Steinbruch.

Gibt es hierzu irgendwelche Erkenntnisse?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Wikipedia sagt hierzu:
Hausherr (dominus) der Villa rustica war oft ein aus dem Militärdienst ausgeschiedener Veteran, der innerhalb der provinzialen Infrastruktur Versorgungsaufgaben für die nahe gelegenen Städte und Garnisonen übernahm. Wenn eine Villa im Durchschnitt 50 Personen umfasste, konnte diese bestenfalls für 20 weitere Städter oder Soldaten Nahrung produzieren. Denn sonderlich effizient waren diese Betriebe, gemessen an den heutigen, nicht. Daraus lässt sich aber ableiten, dass rund um eine Großstadt wie Carnuntum mit 40.000 Bewohnern etwa 2.000 Villen für deren Versorgung existiert haben müssen
Also 50 Angestellte. Der dominus - platt gesagt - beutete diese aus. Vielleicht 50% ihrer Arbeitsleistung im Werte (modern) von vielleicht 12.000 Euro/Jahr blieb bei ihm hängen = 300.000 Euro/Jahr... Das ist in der Tat nicht sehr viel - Einkommensmillionär war er nicht.. Dazu kommt allerdings, dass er und seine Familie als Selbstversorger und mit den zusätzlichen Dienstleistungen der 50 Angestellten keine großen Ausgaben hatten. Auch die Instandhaltung der Villa sollte durch die Angestellten erfolgt sein (Schmiede,..).

Der Ausbau einer Villa selbst zog sich über Jahrzehnte hin, so dass auch keine kostspielige Vorfinanzierung notwendig scheint.

Warum ein neuzeitlicher Landjunker bescheidener leben musste, ist in der Tat eine gute Frage....
 
[/B]Der Aufwand der getrieben wurde, war ja ganz erheblich
Der Landadel des 16-19. Jahrhunderts lebte doch deutlich bescheidener.
Und alle paar Kilometer war so ein Ding.

Allerdings heißt es auf der verlinkten Seite, die Ausstattung des Gutshofs in Hechingen-Stein sei außergewöhnlich.
Die meisten villae rusticae lebten von der Landwirtschaft, bei dem von Dir gebrachten Beispiel wird mit gutem Grund eine weitere Einnahmequelle vermutet.
 
Allerdings heißt es auf der verlinkten Seite, die Ausstattung des Gutshofs in Hechingen-Stein sei außergewöhnlich.
Die meisten villae rusticae lebten von der Landwirtschaft, bei dem von Dir gebrachten Beispiel wird mit gutem Grund eine weitere Einnahmequelle vermutet.


Denke ich auch, aber dass ausgerechnet diese, die bis 1973 unbekannt war, solch ein Ding ist.
Unterhalb ist das Gelände stark terrassiert, schon ein Hinweis. Aber was denkt der Unbedarfte? "Da werden sie auch im Mittelalter Wein angebaut haben"
Der Schollian hat über die Jahrzehnte immer wieder an den richtigen Stellen Geld locker gemacht zum weitergraben.

Allein der Tempelbezirk! Eigentlich unglaublich. Dass Mühlen, Schmieden usw. da sind überrascht ja nicht weiter, aber ein mehrere 100 qm großes Gelände mit den verschiedensten Tempelchen!

Die Villa ist im endgültigen Ausbauzustand vergleichbar mit einem der fürstlichen Landschlösser des 18. Jahrhunderts, Lindich z. B. ganz in der Nähe.
Es ist aber wohl nichts gefakt, alles tatsächlicher Befund.
 
Die Villa Hechingen Stein war schon eine Villa Rustika der eher gehobenen Klasse. Es gab jedoch daneben Villen die wesentlich bescheidener waren.
Ich habe mal versucht eine Villa an der Bergstraße (Hessen) im Modell zu rekonstruieren. Das Ergebniss ist natürlich ein wenig spekulativ da dies ausschließlich anhand von geomagnetischen Untersuchungen erfolgte. Hier mal ein paar Bilder vom Modell.
Gruß Jörg
 

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Die Villa Hechingen Stein war schon eine Villa Rustika der eher gehobenen Klasse. Es gab jedoch daneben Villen die wesentlich bescheidener waren.
Ich habe mal versucht eine Villa an der Bergstraße (Hessen) im Modell zu rekonstruieren. Das Ergebniss ist natürlich ein wenig spekulativ da dies ausschließlich anhand von geomagnetischen Untersuchungen erfolgte. Hier mal ein paar Bilder vom Modell.
Gruß Jörg


Wow,
da steckt aber richtig Arbeit drin.
Meinen Respekt!
 
Man hat in der Tat sehr viele große Villae Rusticae gefunden. Die in Hechingen-Stein war sicher besonder luxuriös, aber auch zahlreiche andere übertreffen allein von der Fläche die Höfte mittelalterlicher Niederadliger. Im Band "Limes in Deutschland" des Konrad Theiss Verlages (genauere Daten habe ich leider nicht zur Hand) wurde allerdings darauf hingewiesen, dass durchaus auch kleinere Gehöfte entdeckt wurden, diese aber sehr schlecht erforscht, möglicherweise auch missgedeutet wurden. Ohnehin war ja die Villenforschung sehr lang auf die Ausgrabung der Hauptgebäude konzentriert.
Für mich gibt es noch eine weitere interessante Fragestellung in diesem Zusammenhang: es ist unbestreitbar, dass außer dem Gutsbesitzer noch etliche weitere Personen (Gesinde, vielleicht sogar Handwerker etc.) auf den Villen lebten. Es gibt aber im Limesgebiet seltene rein zivile Dörfer (Nidderau-Heldenbergen, Lahr-Dinglingen etc.), wobei es interessant wäre, die Funktion dieser Dörfer bzw. den sozialen Status zu erkunden.
 
wurde allerdings darauf hingewiesen, dass durchaus auch kleinere Gehöfte entdeckt wurden, diese aber sehr schlecht erforscht, möglicherweise auch missgedeutet wurden. Ohnehin war ja die Villenforschung sehr lang auf die Ausgrabung der Hauptgebäude konzentriert.
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Es wäre doch ein komischer Zufall, wenn ausgerechnet die villa, die wirklich intensiv erforscht wird, tatsächlich etwas ganz besonderes darstellen würde.
Andererseits, nur durch die außergewöhnlichen Funde gab es immer wieder Geld zum weitermachen.

Für mich gibt es noch eine weitere interessante Fragestellung in diesem Zusammenhang: es ist unbestreitbar, dass außer dem Gutsbesitzer noch etliche weitere Personen (Gesinde, vielleicht sogar Handwerker etc.) auf den Villen lebten. Es gibt aber im Limesgebiet seltene rein zivile Dörfer (Nidderau-Heldenbergen, Lahr-Dinglingen etc.), wobei es interessant wäre, die Funktion dieser Dörfer bzw. den sozialen Status zu erkunden

Entlang der Donau haben, nachdem die Kastelle vorverlegt wurden, einige der Lagerdöfer weiterexistiert, man nimmt derzeit (jedenfalls mein Kenntnisstand) an, dass sie als Logistikzentren und eine Art frühe Marktorte anzusehen sind.
 
Es gibt eigentlich keinen Grund, zwische Villae Rusticae und Städten eine Zwischensiedlungsform zu haben (s. weiter oben)

In Baden - wie ich schon öfter bemerkt habe - muss man nur graben und es kommt etwas "Römisches" zum Vorschein. Dann macht man das Loch wieder zu weil, wer soll die Ausgrabung denn bezahlen??
 
In Baden - wie ich schon öfter bemerkt habe - muss man nur graben und es kommt etwas "Römisches" zum Vorschein. Dann macht man das Loch wieder zu weil, wer soll die Ausgrabung denn bezahlen??

Korrekt, in Württemberg nicht viel anders.
Ich kann von meiner Haustür zu Fuss in einer Stunde 3 Stellen (in verschiedenen Richtungen) erreichen, an denen jeweils, nachgewiesen, eine Villa Rustica stand.
Und da stellt sich wieder die Ausgangsfrage, Wie soll denn das alles finanziert worden sein? Bei uns wächst doch nicht viel, im Tal zumindest 730m über NN. Und die Kartoffel kannten die Römer noch nicht.
Könnten natürlich Bohnerz verhüttet haben, (haben die Kelten auch schon gemacht)ist archäologisch schwer nachzuweisen, da mit jedem neuen Verfahren zuerstmal die Abraumhalten der Vergangenheit verhüttet wurden.

Es gibt eigentlich keinen Grund, zwische Villae Rusticae und Städten eine Zwischensiedlungsform zu haben (s. weiter oben)

Ist aber geschehen, rechtsrheinisch nicht mehr, aber linksrheinisch ab Mitte 3. Jahrhunderts war es vorbei mit den Villen, kamen Dörfer und Holzbauten.
 
Bei Zwingenberg. Der Acker ist jetzt zumindest nicht mehr bewirtschaftet, so dass die Reste nicht mehr zerstört werden.
Gruß Jörg
 
Denke ich auch, aber dass ausgerechnet diese, die bis 1973 unbekannt war, solch ein Ding ist.
Unterhalb ist das Gelände stark terrassiert, schon ein Hinweis. Aber was denkt der Unbedarfte? "Da werden sie auch im Mittelalter Wein angebaut haben"
Der Schollian hat über die Jahrzehnte immer wieder an den richtigen Stellen Geld locker gemacht zum weitergraben.

Allein der Tempelbezirk! Eigentlich unglaublich. Dass Mühlen, Schmieden usw. da sind überrascht ja nicht weiter, aber ein mehrere 100 qm großes Gelände mit den verschiedensten Tempelchen!

Die Villa ist im endgültigen Ausbauzustand vergleichbar mit einem der fürstlichen Landschlösser des 18. Jahrhunderts, Lindich z. B. ganz in der Nähe.
Es ist aber wohl nichts gefakt, alles tatsächlicher Befund.

Da ich gerade aufgrund eines gebrochenen Beines etwas Zeit habe, beantworte ich mal ein paar hier aufgekommene Fragen:

Die terrassierte Fläche unterhalb des Gutshofes in Stein wurde schon zur römischer Zeit terrassiert, vielleicht wurde dort auch mal zur römischen Zeit Wein angebaut, aber eher nicht. Das Klima war wohl zu schlecht :)

Auf was war der Gutshof spezialisiert. Nun ja, vieles sind Spekulationen, mit jedem Gebäude das ausgegraben wird wird manches klarer.

In der Nähe (ca. 300m) des Hofes finden sich größere Steinbrüche, an denen übrigens ein kleineres Gebäude (Tempel?) die letzten Jahre mal ausgegraben wurde.

Ob mit diesen Steinbrüchen die nähere Umgebung "versorgt" wurde, sprich andere Villae ist natürlich nicht bekannt.

Als weitere Möglichkeit der Spezialisierung der Villa wäre auch noch eine Straßenstation denkbar, da die Villa sich ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Kastell in Burladingen und Rottenburg befand.
Ein Indiz dafür könnte das zweite (nicht ausgegrabene) Badegebäude der Villa sein.

Ein Ansatzpunkt der Erklärung des Tempelbezirks ist ein lokales Zentrum für mehrere Villae in der Umgebung. Die Lage des Bezirkes außerhalb der Mauern der Villa spricht für diese These.

Die Vielzahl der weitern bekannten (aber nicht ausgegrabenen) Gebäude in den Wäldern um den Hof herum, mit Sicherheit weitere 10-15 Gebäude, spricht auf jeden Fall eine deutliche Sprache:

Eine typische Villa Rustica war das ganz sicher nicht.

Die römische Straße zwischen Burladingen und Rottenburg wurde im Bereich der Villa ja leider auch noch nicht genau lokalisiert.
Die Vermutungen das sie sich im Tal befand ist mittlerweile aufgrund der Geologie des Starzeltales wohl wiederlegt. Die Vermutungen gehen mittlerweile eher auf eine Trassenführung nördlich der Villa. Dann würden auch die großen Speichergebäude nördlich der Hauptmauer einen Sinn ergeben.

Weitere Ausgrabungen werden die nächsten Jahre vielleicht eine Antwort geben.
 
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