Ich habe eben nocheinmal im "Handbuch der Historischen Stätten - Mecklenburg/Pommern" nachgelesen. Dort wird unser Thema wie folgt abgehandelt.
"Wollin war in vorchristlicher Zeit eines der großen Fernhandelszentren des Ostseeraums. Als solches hat es zweimal zur Sagenbildung angeregt: Es steht als historischer Kern hinter der Jomsbug der Wikingersage und hinter der Sage von der versunkenen Stadt Vineta ... Nach Adam von Bremen soll 986-87 König Harald Blauzahn verwundet vor vor seinem Sohn Sven Gabelbart nach Wollin ("der slawischen Stadt Jumne") geflohen sein. Von Adam erfahren wir überdies von der Größe der Stadt, angeblich der damals größten Europas, die von weither aufgesucht werde und in der Slawen mit anderen Völkern zusammenwohnten. Die außerordentliche Größe der Stadt, die sich über nahezu 4 km am Ufer der Dievenow entlangzog, haben Ausgrabungen bestätigt, durch die sich auch ein vielfältiges Handwerk nachweisen ließ. Wollin muss damals einer der wichtigsten Handelsplätze des Ostseeraums gewesen sein ... "
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das vielbändige "Lexikon des Mittelalters". Auch dort wird ausgeführt, dass der in der isländischen Knytlingasaga verwendete Name "Jomsburg" mit dem Seehandelsplatz Wolin am Odermündungsarm Dievenow identisch ist. Andere Bezeichnungen lauten: Jumne (nach: Adam von Bremen, um 1070), Julin, Jumneta (Helmold v. Bosau, um 1170). Aus "Jumneta" wurde "Vineta", das seit der Renaissance als Bezeichnung für den legendär gewordenen ursprünglichen Ort Verbreitung fand.
Abschied muss man nehmen von der romantischen Vorstellung einer prächtigen steinernen Stadt in der Art der Lagunenstadt Venedig. Zur gleichen Zeit wie Jumneta-Vineta gab es in Schleswig den bedeutenden Handelsort Haithabu, den man nach vielfältigen Funden als Museumsdorf rekonstruiert hat. Nach heutiger Vorstellung ist es eine etwas primitiv anmutende Ansammlung von Holzhäusern, in denen Fernkaufleute wohnten, ferner holzbelegte schmale Straßen, eine Tempelstätte sowie natürlich der Hafen. Um 1000 n. Chr. muss aber schon dieses Stadtbild auf die umwohnende Landbevölkerung erstaunlich gewirkt haben, sodass im Verlauf mehrerer Jahrhunderte die Sagen um das "prächtige" Vineta entstehen konnten