Bis in das 18. Jahrhundert hinein besaß das Vizekönigtum von Peru das höchste soziale Ansehen, so daß die Versetzung eines Vizekönigs von Mexiko nach Lima als eine Beförderung galt.
Das amerikanische Vizekönigtum, das seit 1535 zur Hauptstütze des spanischen Herrschaftssystems wurde, hatte den feudalen, lokalpatrimonialen Charakter verloren, den Christoph Kolumbus ihm hatte geben wollen, und dafür eine bürokratische Struktur erhalten. Der Vizekönig hatte sein Amt nicht mehr als erblichen Besitz, sondern war ein auf Widerruf und mit befristeter Dienstzeit eingesetzter Beamter geworden. Die ersten Vizekönige von Neuspanien und Peru wurden auf unbestimmte Zeit ernannt, »für die Zeit, die es der Wille des Königs wäre«, wie es in ihrer Er nennungsurkunde heißt. Dann aber wurde die Amtszeit der Vizekönige auf sechs Jahre festgesetzt, die vom Monarchen verlängert werden konnte. So blieben einzelne Vizekönige über zehn Jahre, ja sogar bis zu neunzehn Jahren im Amt. Der Condeduque de Olivares veranlaßte 1629 eine königliche Verfügung, die die Amtstätigkeit der Vizekönige auf drei Jahre verkürzte, obgleich der Indienrat entschieden dagegen protestierte, weil innerhalb von drei Jahren ein Vizekönig kaum mit den vielerlei Aufgaben seines Amtes sich habe vertraut machen können. Fast allgemein ist auch immer wieder die Verlängerung der Amtsdauer bewilligt worden. Einige Vizekönige sind jedoch bereits vor Ablauf ihrer Amtszeit abberufen worden.
Die Vizekönige stammten aus angesehenen Adelsfamilien und waren, abgesehen von den Anfangszeiten, selbst Träger eines Herzogs-, Marquis- oder Grafentitels. Der Indienrat, der häufig ein deutliches, vielfach kleinliches und meist unberechtigtes Mißtrauen gegen die adligen Vizekönige bekundete, schlug 1574 vor, die vizeköniglichen Ämter mit Juristen zu besetzen, aber Philipp II. gab einen ablehnenden Bescheid. Unter der bourbonischen Dynastie und besonders in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlangte eine andere soziale Schicht Zugang zu diesen Ämtern. Vizekönige wurden jetzt Angehörige des niederen Adels oder auch des Bürgertums, die im Militär- und Ver waltungsdienst ihre besondere Tüchtigkeit bewiesen hatten und die Reformideen des aufgeklärten Absolutismus vertraten, wie z.B. Manuel de Amat und Francisco Gil y Taboada in Peru oder der zweite Graf von Revillagigedo in Mexiko. In einzelnen Fällen sind auch hohe geistliche Würdenträger, Bischöfe und Erzbischöfe interimistisch mit der Wahrnehmung des vizeköniglichen Amtes beauftragt worden, und im 18. Jahrhundert hat es auch vollamtliche Vizekönige geistlichen Standes gegeben. Der Indienrat hat entschieden gegen eine solche Vereinigung der obersten politischen und geistlichen Gewalt in einer Person Stellung genommen.
Als unmittelbaren Vertretern der Herrscherperson standen den Vizekönigen in ihren Residenzen höchste Ehrungen zu. Der Einzug eines neuen Vizekönigs erfolgte mit außerordentlichem Prunk. Die Hauptstadt war festlich geschmückt, Triumphbogen wurden erbaut, ein kostbar bekleideter Traghimmel stand bereit, und Behörden und Bevölkerung wetteiferten nach einem genau festgelegten Etikett in Pracht und Farbigkeit ihrer Kleidungen. Ein höfisches Zeremoniell umgab den Vizekönig. Wie die spanischen Monarchen ihre Palastgarde hatten, standen den Vizekönigen von Peru zum Schutz und zur Begleitung eine militärische Leibwache, die Compañías de Gentiles hombres Lanzas y Arcabuces, und dem Vizekönig von Neuspanien die Guardia de Alabarderos zur Verfügung. Ein stattlicher Hofstaat mußte unterhalten werden. Bei der Ausreise aus Spanien pflegten bereits zum Gefolge des Vizekönigs siebzig Bediente und zwanzig Negersklaven sowie zur Bedienung seiner Gemahlin vierundzwanzig Frauen und Mädchen zu gehören.
Das Amt des Vizekönigs vereinigte drei verschiedene Befugnisse, die des Gouverneurs, des Generalkapitäns und des Präsidenten der Audiencia. Als Gouverneur unterstand ihm unmittelbar die Verwaltung der Hauptstadtprovinz, während er über die Verwaltung der übrigen Gouvernements und Generalkapitanate des Vizekönigreiches nur die Oberaufsicht führte. Mit der Ernennung zum Generalkapitän besaß der Vizekönig den militärischen Oberbefehl und die Militärgerichtsbarkeit in der Provinz. Als Präsidenten der Audiencia der Hauptstadt lagen ihm bestimmte Aufgaben in der Organisation und Aufsicht der Gerichtsbarkeit ob, aber in die Rechtsprechung selbst sollte sich der Vizekönig nicht einmischen. In wichtigen Regierungsangelegenheiten war er verpflichtet, die Mitglieder der Audiencia zu einer Sitzung einzuberufen, um ihren Rat zu hören.
Es war Vorschrift, daß der Vizekönig bei Ablauf seiner Amtszeit einen ausführlichen schriftlichen Bericht über die gesamte Lage in seinem Vizekönigreich und die wichtigsten von ihm getroffenen Maßnahmen an seinen Nachfolger übergibt. Diese memorias oder relaciones sind eine wichtige Quelle für die gesamte Geschichte der spanischen Herrschaft in Amerika.
Die Kompetenzen des Vizekönigs waren in mancher Hinsicht eingeengt. Seine Militärgewalt erstreckte sich nicht auf jene Provinzen des Vizekönigreichs, in denen es Generalkapitäne gab, und in der Zivilverwaltung mußte er die Befugnisse der übrigen Provinzialgouverneure respektieren und in bestimmten Fällen die Beratung durch andere königliche Beamte in Anspruch nehmen. Das stärkste Gegengewicht gegen die Machtstellung der Vizekönige bildeten die Kollegialbehörden der Audiencias.