Im heutigen Deutschland wird ja gern versucht, die Ereignisse von 1848 als Teilelement für die Begründung einer demokratischen Tradition in Deutschland heranzuziehen. Wenn man sich in diese Jahre einliest, frage ich mich, ob dies überhaupt so zulässig ist.
Es war nach meiner Einschätzung nicht eine Situation, wo der große Anteil der Bevölkerung (vom Kaufmann zum Tagelöhner) unbedingt mehr politische Mitbestimmung haben wollte. Über die Jahre wurde die Situation der einfachen Bevölkerung wirtschaftlich eigentlich immer schlechter. Nach der Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts fanden weite Teile der Landbevölkerung in der Landwirtschaft kein Auskommen. Mit dem Aufkommen der Industrialisierung drängten die Menschen eher aus Verzweiflung in die Städte, um in den ersten Fabriken ein spärliches Auskommen zu finden. Allerdings waren die Städte gerade in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts oft mit dem Andrang überfordert. Es bildeten sich Slums und beklagenswerte Wohnverhältnisse (Zeit des Pauperismus). Obendrauf kamen mehrere Missernten 1846-47. Und seit 1844 Kartoffelfäule. Die sich konstituierenden großen Nationalstaaten mit ihren Verwaltungen waren unfähig, die Ernährungskrise adäquat zu managen und so "knallte es" dann irgendwann, und zwar, nach meiner Theorie, überwiegend aus schierer Verzweiflung! Los ging es ja schon 1847 z.B. in Berlin mit der Kartoffelrevolution.
Und eine im Verhältnis kleine Gruppe revolutionär-freiheitlich-demokratischer Vordenker nutzte das Momentum, und hing sich wie schon 1789 an die Proteste mit ihrer Utopie von Demokratie und Wohlstand für alle und berief in Frankfurt eine Nationalversammlung ein...
Überlegung 1: 1789, 1848, Arabischer Frühling 2010... In wie vielen Fällen wurde Demokratie oft nur als "letzter Ausweg" gesehen, wenn autoritäre Regimes versagen?
Überlegung 2: Kann es sein, dass ein Narrativ vom demokratischen Aufbruch 1848 sowohl den freiheitlichen Revolutionären als auch den Landesherren ganz gelegen kam? Die Revolutionäre konnten für sich in Anspruch nehmen, zumindest versucht zu haben, ihre Ideale umzusetzen. Die Fürsten "mussten" die politische Revolution niederschlagen, weil sie eben politisch und damit staatsgefährdend war. Auf Seiten der Eliten, welche ja die Geschichte meist schreiben, ist es somit sehr elegant, die Geschehnisse auf eine politische Ebene zu ziehen, egal für welche Partei.
Aber was, wenn es hauptsächlich Hungerproteste waren. Ausgemergeltes Fußvolk, was in seiner Verzweiflung nicht wusste, wie es sich und seine Kinder sattbekommen sollte. Geschwächte und kranke Leute in den Slums der Großstädte mit TBC und Typhus, eine hohe Säuglingssterblichkeit. Nach den Missernten fallen nun auch die letzten Armenrationen an Getreide aus. In ihrer Verzweiflung erheben sie sich gegen die Obrigkeit. Und diese lässt die notdürftig bewaffnete ausgemergelte Bevölkerung zusammenschießen. Eine verhältnismäßig kleine Elite demokratisch gesinnter Freidenker versucht daraus Kapital zu schlagen und die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Das ging auch etwa ein Jahr gut, das Parlament tagte in der Paulskirche. Dann wurde Ende 1848 wieder eine gute Ernte eingefahren und den Leuten ging es wieder soweit, dass das Leben ertragbar war. Die Revolution verlief sich und die letzten Querulanten wurden 1849 in Rastatt eliminiert...
Demnach wäre das tatsächliche Geschehen eigentlich sehr plump.
-Landesfürst bekommt Versorgung der Bevölkerung nicht gebacken
-Hungernde Bevölkerung protestiert in ihrer Not
-Landesfürst lässt Proteste a la Assad zusammenschießen
-Ein paar Utopisten versuchen, das Geschehen für die Verwirklichung ihrer Vorstellungen zu nutzen
-Mit der Verbesserung der Ernährungssituation bricht der Widerstand zusammen
Ein Großteil des Geredes über große Entwicklungslinien der deutschen Demokratiegeschichte in Zusammenhang mit 1848 könnte sich später entwickelt haben. Hungernde Menschenmassen, welche protestieren, zusammenzuschießen, ist ein Menschheitsverbrechen. Sie auf ihrer Insel verhungern zu lassen, ebenso (Irland). Die Geschehnisse auf eine politische Ebene zu ziehen, macht es für die Eliten leichter zu ertragen, wird aber den meisten Opfern nicht gerecht.
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Aber war das wirklich so?
Es war nach meiner Einschätzung nicht eine Situation, wo der große Anteil der Bevölkerung (vom Kaufmann zum Tagelöhner) unbedingt mehr politische Mitbestimmung haben wollte. Über die Jahre wurde die Situation der einfachen Bevölkerung wirtschaftlich eigentlich immer schlechter. Nach der Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts fanden weite Teile der Landbevölkerung in der Landwirtschaft kein Auskommen. Mit dem Aufkommen der Industrialisierung drängten die Menschen eher aus Verzweiflung in die Städte, um in den ersten Fabriken ein spärliches Auskommen zu finden. Allerdings waren die Städte gerade in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts oft mit dem Andrang überfordert. Es bildeten sich Slums und beklagenswerte Wohnverhältnisse (Zeit des Pauperismus). Obendrauf kamen mehrere Missernten 1846-47. Und seit 1844 Kartoffelfäule. Die sich konstituierenden großen Nationalstaaten mit ihren Verwaltungen waren unfähig, die Ernährungskrise adäquat zu managen und so "knallte es" dann irgendwann, und zwar, nach meiner Theorie, überwiegend aus schierer Verzweiflung! Los ging es ja schon 1847 z.B. in Berlin mit der Kartoffelrevolution.
Und eine im Verhältnis kleine Gruppe revolutionär-freiheitlich-demokratischer Vordenker nutzte das Momentum, und hing sich wie schon 1789 an die Proteste mit ihrer Utopie von Demokratie und Wohlstand für alle und berief in Frankfurt eine Nationalversammlung ein...
Überlegung 1: 1789, 1848, Arabischer Frühling 2010... In wie vielen Fällen wurde Demokratie oft nur als "letzter Ausweg" gesehen, wenn autoritäre Regimes versagen?
Überlegung 2: Kann es sein, dass ein Narrativ vom demokratischen Aufbruch 1848 sowohl den freiheitlichen Revolutionären als auch den Landesherren ganz gelegen kam? Die Revolutionäre konnten für sich in Anspruch nehmen, zumindest versucht zu haben, ihre Ideale umzusetzen. Die Fürsten "mussten" die politische Revolution niederschlagen, weil sie eben politisch und damit staatsgefährdend war. Auf Seiten der Eliten, welche ja die Geschichte meist schreiben, ist es somit sehr elegant, die Geschehnisse auf eine politische Ebene zu ziehen, egal für welche Partei.
Aber was, wenn es hauptsächlich Hungerproteste waren. Ausgemergeltes Fußvolk, was in seiner Verzweiflung nicht wusste, wie es sich und seine Kinder sattbekommen sollte. Geschwächte und kranke Leute in den Slums der Großstädte mit TBC und Typhus, eine hohe Säuglingssterblichkeit. Nach den Missernten fallen nun auch die letzten Armenrationen an Getreide aus. In ihrer Verzweiflung erheben sie sich gegen die Obrigkeit. Und diese lässt die notdürftig bewaffnete ausgemergelte Bevölkerung zusammenschießen. Eine verhältnismäßig kleine Elite demokratisch gesinnter Freidenker versucht daraus Kapital zu schlagen und die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Das ging auch etwa ein Jahr gut, das Parlament tagte in der Paulskirche. Dann wurde Ende 1848 wieder eine gute Ernte eingefahren und den Leuten ging es wieder soweit, dass das Leben ertragbar war. Die Revolution verlief sich und die letzten Querulanten wurden 1849 in Rastatt eliminiert...
Demnach wäre das tatsächliche Geschehen eigentlich sehr plump.
-Landesfürst bekommt Versorgung der Bevölkerung nicht gebacken
-Hungernde Bevölkerung protestiert in ihrer Not
-Landesfürst lässt Proteste a la Assad zusammenschießen
-Ein paar Utopisten versuchen, das Geschehen für die Verwirklichung ihrer Vorstellungen zu nutzen
-Mit der Verbesserung der Ernährungssituation bricht der Widerstand zusammen
Ein Großteil des Geredes über große Entwicklungslinien der deutschen Demokratiegeschichte in Zusammenhang mit 1848 könnte sich später entwickelt haben. Hungernde Menschenmassen, welche protestieren, zusammenzuschießen, ist ein Menschheitsverbrechen. Sie auf ihrer Insel verhungern zu lassen, ebenso (Irland). Die Geschehnisse auf eine politische Ebene zu ziehen, macht es für die Eliten leichter zu ertragen, wird aber den meisten Opfern nicht gerecht.
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Aber war das wirklich so?