Warum hat Preußen den Rest Deutschlands nicht einfach annektiert ?

Warum hat Preußen den Rest Deutschlands nicht einfach annektiert und stattdessen einen Förderaltsaat gegründet ?

1. Weil seine militärischen Kräfte dafür nicht ausgereicht hätten.
2. Weil die anderen europäischen Großmächte eine solche gewaltsame Machtausdehnung niemals akzeptiert hätten.
Weite Teile der französischen Öffentlichkeit waren nicht eimal bereit Preußens Annexionen Hannovers, Kurhessens, Hessen-Naussaus, Frankfurt und Holsteins hinzunehmen, Napoleon III. wer bereit das noch gerade eben so zu akzeptieren, aber schon eine Annexion Sachsens hätte da sehr wahrscheinlich die rote Line überschritten.

Russland wiederrum betrachtete Preußen als seinen Juniorpartner und hatte kein Interesse daran, dass es zu einer gleichrangigen Macht würde, von Österreich nicht zu reden und seitens London war man seit der Annexion Schleswigs und Holsteins auch nicht mehr besonders gut auf Berlin zu sprechen.

Gegen die Gründung eines föderale Gesamtstaates der im Einverständnis mit den Mittelstaaten geschah und ihnen weitgehende selbstständige Rechte beließ, konnten die übrigen europäischen Mächte wenig einwänden ohne sich ungebührlich in die inneren Verhältnisse der Mittelstaaten einnzumischen.

Aber ein gewaltsam vorgetragener preußischer Machtanspruch gegenüber allen anderen deutschen Staaten, hätte eine militärische Reaktion der übrigen Großmächte totsicher heraufbeschworen und der war Preußen nicht gewachsen.

Mal davon abgesehen, dass es auch innenpolitisch kaum gut für Preußen gewesen wäre, gerade im katholischen Süddeutschland wäre eine Zwangsvereinigung mit, bzw. Unterwerfung unter das protestantische Preußen sicherlich nicht gut angekommen und das relativ restriktive preußische Steuer- und Wehrrecht, so wie das reaktionäre Dreiklassenwahlrecht in Preußen wären wenig geeignet gewesen, aus zwangsunterworfenen Sachsen, Bayern, Würtembergern etc. besonders loyale Preußen zu machen.
 
1. Weil seine militärischen Kräfte dafür nicht ausgereicht hätten.

Da wäre ich mir nicht so sicher; 1866 hat man ja das Gegenteil bewiesen. Gut, ob nun Okdenburg un Meckelnburg-Schwerin, Braunschweig, Hamburg, Lübeck und Bremen so ins Gewicht gefallen wären? Die Streitkräfte der Bundesstaaten haben ja nun auch nicht gerade gegen Preußen geglänzt.

Entscheidend waren, und das hast du zutreffend ausgeführt, die anderen europäischen Großmächte.
 
Da wäre ich mir nicht so sicher; 1866 hat man ja das Gegenteil bewiesen. Gut, ob nun Okdenburg un Meckelnburg-Schwerin, Braunschweig, Hamburg, Lübeck und Bremen so ins Gewicht gefallen wären? Die Streitkräfte der Bundesstaaten haben ja nun auch nicht gerade gegen Preußen geglänzt.

An den Streitkräften der Mittelstaaten wäre es sicher nicht gescheitert, aber wenn Preußen die Absicht bekundet hätte ganz Deutschland und ggf. noch Teile Österreichs annnektieren zu wollen, hätte Wien alles daran gesetzt den Krieg forzusetzen und die anderen europäischen Mächte mit heinein zu ziehen, was dann wahrscheinlich ein Leichtes gewesen wäre.

Preußen konnte die Österreicher im grenznahen Böhmen schlagen, hätte es aber auch die Möglichkeit gehabt die Österreicher noch effektiv zu bekämpfen, wenn sich diese in die Weite des Landes zurückgezogen hätten und gleichzeitig französische und russische Intervention gedroht hätte?
 
Wenn die europäischen Großmächte, insbesondere Frankreich und England, tätig geworden wären, wir sagten es schon, sicher nicht. Und die Österreich wären, 1866 hat es ja eigentlich gezeigt, nicht willens sich in die Tiefe des Landes zurückzuziehen. Das wäre für beide Seiten schwierig geworden.
Österreich wurde in kaum 3 Wochen besiegt. Nur bei Trautenau konnte man einen Erfolg erringen. Überall waren die Verluste der Österreich größer als die der Preußen.
Franz-Joseph wollte keine Fortsetzung des Krieges, in dem dann die Volksmassen mobilisiert werden und es dann zu einer Liberalisierung des Kaiserreichs gekommen wäre. In Wien gab es schon Rufe nach der Abdankung von Franz-Joseph. Die Situation war nicht harmlos.
 
Franz-Joseph wollte keine Fortsetzung des Krieges, in dem dann die Volksmassen mobilisiert werden und es dann zu einer Liberalisierung des Kaiserreichs gekommen wäre.

Er wollte sie vor allem nicht, weil der angebotene Frieden für Österreich ja durchaus insofern erträglich war, als dass er mindestens die Perspektive der Aufrechterhaltung österreichischen Einflusses südlich des Mains zuließ, während Österreichs Einfluss im Norden ja ohnehin schon längere Zeit begrenzt war.

Hätten Preußens Forderungen aber gelautet, Preußen bis an ganz an die Grenze der alten Erblande auszudehnen und Wien weder hier weder machtpolitischen Spielraum noch Pufferzone zu lassen oder gar darüber hinaus zu gehen und zu versuchen zur Donaumonarchie gehördende deuschsprachige Gebiete auch noch nach Preußen einzugemeinden, wäre Wiens Bereitschaft den Krieg zu liquidieren vermutlich kleiner gewesen.

Wie gesagt, im grenznahen Böhmen, wo es keine Nachschubprobleme etc. gab, konnten die Preußen die Österreicher schlagen, hätten sich deren verbliebene Truppen allerdings bis irgedwo nach Ungarn zurückgezogen und sich ggf. mit der Südarmee vereinigt und hätte Österreich den Krieg einfach fortgesetzt, halte ich es doch für Fraglich, ob Preußen alleine das auf Dauer erfolgreich hätte betreiben können.
 
Es ging bei den Annektionen von 1866 auch um die Sicherung des preußischen Staatsgebiets und um strategische Überlegungen.

Hannover und Kurhessen wurden annektiert, um die Zweiteilung des preußischen Staatsgebiets aufzuheben.

Mit Schleswig-Holstein und Hannover beherrschte Preußen auch die deutsche Nordseeküste und die westliche Ostsee. Alle wichtigen Hafenstädte waren damit preußisch oder preußisch "kontrollierbar".

Die anderen Territorien wurden dafür einfach "nicht gebraucht". Aufgrund seiner Größe beherrschte Preußen sowieso den Norddeutschen Bund bzw. später das Deutsche Reich. Und man ersparte sich noch mehr Ärger mit unwilligen Bayern, Sachsen und Württembergern (analog zu der welfischen Partei in Hannover). Und mit den anderen Großmächten.

Das es auch anders ging, zeigte Italien, die Vereinigung unter einem Monarchen. Dort bekämpfte man aber in erster Linie fremde Dynastien, Habsburger und Bourbonen, und ein Gutteil war auch eine Bewegung von unten (Garibaldi), im Gegensatz zu Preußen/Deutschland.
 
Das es auch anders ging, zeigte Italien, die Vereinigung unter einem Monarchen. Dort bekämpfte man aber in erster Linie fremde Dynastien, Habsburger und Bourbonen, und ein Gutteil war auch eine Bewegung von unten (Garibaldi), im Gegensatz zu Preußen/Deutschland.

Italien benötigte für die Verwirklichung seiner Träume allerdings externe, außeritalienische, namentlich die militärische französische und preußische, Unterstützung. 1915 trat Rom auf Seiten der Gegner seiner Verbündeten in dem Weltkrieg ein um u.a. die italienische Einigung abzuschließen. Ansonsten wäre es mit der italienischen Einigung Essig gewesen.
 
Es war ja nicht nur die geographische Lage der Örtlichkeit der Entscheidungsschlacht.
Da haben auch noch ein paar andere Aspekte eine Rolle gespielt.

Natürlich haben andere Aspekte eine Rolle gespielt, aber der Erfolg von Moltkes Strategie beruhte doch ganz entschieden auch darauf, dass sich die Truppen einigermaße vernünftig koordinieren und relativ zügig für eine Entscheidungsschlacht sammeln ließen.
Das ging aber nur, so lange sie einigermaßen dicht bei einander operierten und man teilweise auch auf das eigene Bahnsystem zurückgreifen konnte.
Bei Verlagerung der Kämpfe weit nach Österreich oder gar nach Ungarn hinein, hätten sich die preußischen Truppen wesentlich weiträumiger verteile müssen, auch wäre es nötig gewesen den Rückraum zu sichern und Garnisonen zurück zu lassen, was die nummerische Stärke geschwächt hätte.
Eine Belagerung Wiens etwa hätte auch massiv Truppen gebunden, wenn sie nötig geworden wäre, du weiß vor was für Problemen die deutschen Truppen 1870/1871 standen, als sie in der weite des frannzösischen Raums operieren und Paris belagern musste.
Nur war bereits fast die gesamte französsische Armee komplett untergegangen, und in dem Krieg, standen die Süddeutschen Staaten auf preußischer Seite und stellten einen nicht unerheblichen Teil der Truppen.

Die Überlegennheit des Zündnadelgewehrs hing natürlich auch von der Fähigkeit ab, für die schneller zu bedienende Waffe auch genug Munition heran zu schaffen, was bei steigender Entferneung zu den eigenen Grenzen naturgemäß schwieriger gworden wäre.

Das es auch anders ging, zeigte Italien, die Vereinigung unter einem Monarchen. Dort bekämpfte man aber in erster Linie fremde Dynastien, Habsburger und Bourbonen, und ein Gutteil war auch eine Bewegung von unten (Garibaldi), im Gegensatz zu Preußen/Deutschland.

Sagen wir es so:

In Italien fiel es vergleichsweise einfach sich für die Savoyer als Herrscherdynastie und Sardinien-Piemot als Träger der nationalen Einigung zu verständigen, weil der König von Sardinien-Piemont der einzige nicht ausländische Monarch in ganz Italien war (sofern man den Papst außen vor lässt) und Sardinien-Piemont mindestens im Norden das einzige nicht von auswärtigen Mächten direkt verwaltete oder abhängige Gebiet.
Außerdem gab es in Italien anders als in Deutschland keine konfessionelle Spaltung des Landes, die die Frage aufgeworfen hätte, welche Konsequenz eine Einigung des Landes durch Anschluss an einen Vorreiterstaat auf diesem Gebiet haben würde.
 
Preußen hatte ja bereits schon Kurhessen, Kurhannover und die Freie Reichsstadt Frankfurt annektiert. Bei der Reichsgründung 1871 machte Preußen mehr als 2/3 von Deutschland aus. Die Rheinprovinz, Kurhessen und Nassau und Kurhannover gehörten nun zu Preußen, und das waren durchaus Regionen die historisch und kulturell nur noch sehr wenig mit Brandenburg-Preußen zu tun hatten.

Das Paradoxe war, dass in dem Moment, als Preußen sich all diese Landstriche einverleibt hatte, als es vor Kraft kaum noch laufen konnte, im Grunde das "lange Sterben" von Preußen begann. So stark und mächtig Preußen auch war, zuletzt machte es 2/3 des Reichsgebiets aus- aber es konnte nach der Reichseinigung nicht Deutschland in Preußen aufgehen, sondern es musste Preußen in Deutschland aufgehen.

Bismarck war im Grunde kein deutscher Nationalist, sondern ein preußischer Staatsmann. Gott wird wissen, wie lange Preußen bestehen soll, aber leid ist es mir sehr, wenn es aufhört zu bestehen-das weiß Gott." schrieb Bismarck mal in einem Privatbrief.

Bismarck hat in seiner Frühzeit und noch als Ministerpräsident vom deutsch-nationalen Schwindel gesprochen. Er hat ohne Bedenken gegen deutsche Staaten und gegen Österreich geführt. Wenn es um Preußen ging, waren von Bismarck authentische Herzenstöne zu hören.

Dennoch aber hat Bismarck mehr als jeder andere dazu beigetragen, Preußen den Todeskeim einzuimpfen. Er hat das nicht durch politisches Versagen, durch Misserfolge durch politische Fehler getan, sondern paradoxerweise durch übermäßigen Erfolg. Bismarck hat Preußen in eine Höhe geführt, in der es auf Dauer nicht atmen konnte.

Man mag darüber streiten, ob Bismarck mit der Reichsgründung vielleicht Deutschland überfordert hat. Mit der Reichsgründung war Preußen zur deutschen und Deutschland zur europäischen Hegemonialmacht geworden. Vielleicht hat Bismarck Deutschand überfordert, darüber lässt sich streiten, aber Preußen hat er damit ganz sicher überfordert. Am Ende wurde Preußen zum Opfer einer gescheiterten deutschen Weltmachtpolitik. Einer Politik, die Preußen als Preußen nie hätte führen können und wohl auch nicht einmal wollen können.

Neben und in einem geeinigten Deutschland verlor Preußen zwangsläufig seine Identität, seine Selbständigkeit und zuletzt seine Existenz. Es wurde überflüssig, ein anomales Gebilde im Reichsbau, und Der Historiker Walter Bußmann schrieb dazu:

"Wenn sich Bismarck mit der nationalen Idee verbündete, wollte er Preußen helfen, aber in einem objektiven Sinne diente er zugleich auch der Sache eines nationalen Staates, dem Anliegen seiner politischen Gegner."


Die Liaison zwischen Preußen und Deutschland war eine zwischen Feuer und Wasser. Es wirkt, als könnte ein starkes Feuer Wasser in Dampf auflösen, am Ende wird aber das Feuer vom Wasser gelöscht.
Bismarcks Reichsgründung erschien vielen Zeitgenossen als Preußens größter Triumph. Im Ergebnis aber, wurde sie zum Anfang vom Ende Preußens.

In Norddeutschland hat Preußen radikal Schleswig Holstein, Hannover, Kurhessen und Nassau annektiert. Die freie Reichsstadt Frankfurt war als einziges besetztes Gebiet sogar ziemlich brutal misshandelt worden. Man hatte durch Androhung von Plünderung eine fette Kontribution erpresst,, so dass der Bürgermeister den Suizid wählte.

Theodor Fontane war ein Spross einer alten Hugenottenfamilie. In seinem autobiographischen Werk "Meine Kinderjahre" schrieb Fontane dass in der Familie bis zum Debakel von Jena und Auerstedt Französisch gesprochen wurde. Fontane war aber dennoch Preuße mit ganzem Herzen. Manche seiner Werke wie "Vor dem Sturm" lesen sich wie ein Abgesang des alten Preußens. Intuitiv erkannte Fontane in seinen späten Jahren, dass Preußen am Sterben ist.

"Der Adler mit seinem Blitzbündel in den Fängen, er blitzt nicht mehr. Längst Abgestorbenes soll neu erblühen-es tut es nicht."

Selbst Bismarck gehörte in seinen späten Jahren zu denen, die Preußens (und Deutschlands) Zukunft recht pessimistisch beurteilten. Zwangsweise in den Ruhestand verabschiedet prophezeite er grollend:

"Zwanzig Jahre nach dem Tode Friedrichs des Großen war Jena. Zwanzig Jahre nach meinem Abgang wird wieder ein Niederbruch folgen, wenn so weiter regiert wird."
 
Die Reichsgründung im Januar 1871 war eine Leistung, die auch heute nicht unterschätzt werden sollte. Hans Christof Kraus bringt es so zum Ausdruck: "Vielleicht kann man erst in der Gegenwart, nach Erfahrung der deutschen Wiedervereinigung recht ermessen, welche große, bleibende Leistung Bismarck und seine Mitarbeiter in den neuen geschaffenen Reichsbehörden während der ersten Jahre nach der Reichsgründung erbracht wurde."

Robert von Keudell, Bismarcks Mitarbeiter, überliefert uns die Aussage von Bismarck: "Mein höchster Ehrgeiz ist es, die Deutschen zu einer Nation zu machen." Es wird natürlich Zungen geben, die meinen, Keudell sage nicht die Wahrheit. Das ist ja häufiger so, mit Aussagen, die nicht in das eigene Bild passen. Jedenfalls, wir wissen es nicht mit Sicherheit.

1867 führte Bismarck gegenüber den Kronprinzen aus: "Unsere Politik hat das Gesicht der Zukunft zuzuwenden, unter Beseitigung an vergangene Stammesfeindschaft die nationale Einheit zu suchen und zu pflegen. Preußen hat an ganz Deutschland zu vollbringen, was es an sich selbst vollbracht hat. Wie es einst in den von Polen, Frankreich, Sachsen erworbenen Landesteilen die Überwundenen die Überwindung vergessen machte, sie zu den Gefühl der Gemeinschaft und Gleichheit erhoben hat, so hat es jetzt das innerhalb eines Volkes auf die Dauer nicht haltbare Verhältnis zwischen Siegern und Unterworfenen zu verwischen, das besonderen Stammes- und Staatsbewußtsein zu verschmelzen, in freudiger und stolzer Anhänglichkeit an ein deutsches Gemeinwesen, an dessen Spitze der Köngi von Preußen steht."

Für die Annexion der Territorien der Kriegsgegner gab es ja auch Gründe und eine Reichsgründung wäre mit den "territorialen Flickenteppich", den freien Städte, den kleinen und kleinsten Fürstentümer etc..wohl kaum zu realisieren gewesen. Man war ganz zufrieden mit seinen Ministaat, den nicht vorhanden einheitlichen Maßen, Gewichten, Währung, Rechtssprechung, der absoluten Ohnmacht im europäischen Mächtekonzert usw. uws.. Hauptsache der eigene Thron, die eigene Machtvollkommenheit und Souveränität blieben erhalten. Das war auch so von den europäischen Großmächten auch durchaus so gewollt. Schon 1864 bei der Auseinandersetzung um die beiden Herzogtümer hatte der Deutsche Bund gezeigt, wie wenig handlungsfähig er war.

Die Begründung des Deutschen Bundes mit seinen 39 Mitgliedern bedeutete nichts anderes als einen schweren Rückschlag für die Einigungsbestrebungen und machte diese, die Einigung, sehr unwahrscheinlich. Russland, Frankreich und auch England mischten sich gern in die deutschen Angelegenheiten ein. Die Macht des Bundes, der von Metternich domminiert wurde, kam durch die Karlsbader Beschlüsse zum Ausdruck. Der Bundestag hat doch eigentlich kein sonderlich hohes Ansehen bei den Zeitgenossen gehabt.
 
Für die Annexion der Territorien der Kriegsgegner gab es ja auch Gründe und eine Reichsgründung wäre mit den "territorialen Flickenteppich", den freien Städte, den kleinen und kleinsten Fürstentümer etc..wohl kaum zu realisieren gewesen.

Diese Einschätzung würde ich so nicht teilen.
Der Norddeutsche Bund hatte mit der Erfurter Union ja durchaus so etwas wie einen Vorgänger und die scheiterte nicht maßgeblich an den Kleinstaaten, sondern an dem Umstand, das Österreich dagegen mobil machte und Russland für die Rückabwicklung gewann.

Der Erfurter Union verweigerten sich nur 8 Staaten völlig: Österreich, Bayern, Würtemberg, Holstein, Luxemburg, Liechtenstein, Hessen-Homburg und Frankfurt.

Hannover und Sachsen sprangen zwar relativ zügig wieder ab, weil sich die Sache gegen ihre Interessen entwickelte und der Druck Österreichs zunahm, standen aber offensichtlich dem Unionsprojekt nicht vollends ablehnend gegenüber.

Damit waren, zumindest zweitweise abgesehen von Frankfurt und Holstein alle Territorien, die Bismarck im Rahmen des Norddeutschen Bundes zusammenbrachte bereit das mitzutragen, auch Baden und Hessen-Darmstadt, die in Bismarcks norddeutschem Bund ganz oder teilweise außen vor blieben.
Im Hinblick auf die 8 Staaten, die nicht bereit waren, sich an der Erfurter Union zu beteiligen, erreichte auch Bismarck später nur teilweise die Integration in das neu entstehende Reich, namentlich bei Holstein, Bayern und Würtemberg, so wie Frankfurt durch Annexion.
Österreich, Liechtenstein und Luxemburg konnte Bismarck nicht in das Reich integrieren, Hessen-Homburg hatte sich ja zwischenzeitlich durch Aussterben der Herrscherdynastie und damit verbundenen Anfall an Hessen-Darmstadt erledigt.

Auch wenn sie sie zunächst kein Interesse an der Erfurter Union hatten, wären, hätte diese Bestand gehabt, Bayern, Würtemberg und Luxemburg mit dieser mindestens wirtschaftlich auf Basis des Zollvereins eng verbandelt gewesen.

Ich denke, dass man von der Basis der Erfurter Union aus, wäre diese nicht auf Betreiben Österreichs zerschlagen worden, eine weitgehende Einigung Norddeutschlands jedenfalls auch ohne Ausweitung der preußischen Macht durch Annexionen, hätte hinbekommen können, möglicherweise über die sich aus dem Zollverein ergebenden Beziehungen, auch irgendwann einen Beitritt Würtembergs und Bayerns, die sicherlich, wenn sich das Unionsprojekt etabliert hätte auf Dauer weniger skeptisch gewesen wären, als gegenüber einem völlig preußisch dominiteren Reich.

Das Problem waren nicht die Einzelstaaten, dass Problem war das Nebeneinander von Preußen und Österreich.

Die Begründung des Deutschen Bundes mit seinen 39 Mitgliedern bedeutete nichts anderes als einen schweren Rückschlag für die Einigungsbestrebungen und machte diese, die Einigung, sehr unwahrscheinlich.

Sehe ich nicht so. Ich würde sagen, der Deutsche Bund, war grundsätzlich eine solide Plattform für eine weitere engere Vereinigung der beteiligten Staaten, das Problem ist eher, dass Preußen und Österreich dauernd versuchten diese Plattform zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen zu kapern.
 
Die Erfurter Union war doch eher ein Gegenentwurf zur Paulskirche und ähnelte durchaus den Deutschen Bund.
Allein das schon Bayern und Württemberg nicht dabei waren, Hannover und Sachsen sich schnell wieder verabschiedeten, im Mai 1850 nur ganze 12 von 26 Unionsstaaten der Verfassung zustimmten, das Unionsparlament ganze sechs Wochen arbeitete, zeigt doch
das von einem soliden Fundament kaum gesprochen werden kann.
Österreich hatte schon 1849 seine eigenen Pläne veröffentlich und wollte kein Nationalparlament, hatte auch eher Interesse an der Wiederherstellung des Bundes. Und Russland sprang Österreich bei. Der Bund wurde ohne großes Wehklagen zu grabe getragen .Das Negativbild eines Ernst Moritz Arndts über den Deutschen Bund und sein Bedauern, dass sich die auf Preußen gesetzten Hoffnungen der deutschen Nation wegen der Politik Metternichs nicht verwirklichen ließen, fand dann Heinrich von Treitschke und Heinrich von Sybel Eingang in das preußisch-deutsche Geschichtsbild. Es gibt ja auch Bestrebungen den Deutschen Bund vor dem Hintergrund zweier Weltkriege schönzureden. Warum sollte aber ausgerechnet Deutschland die nationale Einheit verwehrt bleiben, die die anderen europäische Großmächte für sich selbstverständlich in Anspruch genommen hatten. Mit dem Deutschen Bund hätte es keinen deutschen Nationalstaat gegeben.

Jedenfalls war die internationale Ausgangssituation 1866 und 1871 doch um einiges günstiger, allein schon deshalb, weil Österreich aus Deutschland zwangsweise verabschiedet worden war. Der Dualismus zwischen Wien und Berlin innerhalb Deutschlands war damit beseitigt. Mit dem Zollverein hatte Preußen auch ein Instrument in der Hand, um ggf. widerspenstige Bundesstaaten gefügig zu machen.

Sehe ich nicht so. Ich würde sagen, der Deutsche Bund, war grundsätzlich eine solide Plattform für eine weitere engere Vereinigung der beteiligten Staaten, das Problem ist eher, dass Preußen und Österreich dauernd versuchten diese Plattform zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen zu kapern.

Die Mittel- und Kleinstaaten hatten es sich bequem unter dem Schutzschirm der beiden Großmächte eingerichtet. Der Deutsche Bund hatte mehr als einmal gezeigt, das er nicht handlungs- und reformfähig war, das die zahlreichen unterschiedlichen Interessen nicht unter einen Hut gebracht werden konnten und auch das 1863 die Reformbemühungen kläglich scheiterten, da Österreich nicht willens war, Preußen als gleichberechtige Großmacht anzuerkennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Erfurter Union war doch eher ein Gegenentwurf zur Paulskirche und ähnelte durchaus den Deutschen Bund.
Allein das schon Bayern und Württemberg nicht dabei waren, Hannover und Sachsen sich schnell wieder verabschiedeten, im Mai 1850 nur ganze 12 von 26 Unionsstaaten der Verfassung zustimmten, das Unionsparlament ganze sechs Wochen arbeitete, zeigt doch
das von einem soliden Fundament kaum gesprochen werden kann.

Inwiefern ist die Nichtteilnahme Bayerns und Würtembergs ein Argument dagegen, dass das durchaus eine Basis für eine weitere Einigung hätte sein können, wenn es Bestand gehabt hätte?
Beide waren in Bismarcks Norddeutschem Bund ebenfalls nicht vertreten, auch Bismarck gelang keine Einigung Deutschlands in einem einzigen Schritt.

Hannnover und Sachsen verabschiedeten sich im Frühjahr 1850 wieder aus der Union, als bereits klar war, dass Wien diesen Zustand auf die Dauer nicht hinnehmen würde und St. Petersburg begann Unterstützung für Wien und eine Wiederherstellung des Bundes von 1815 zu signalisieren.

Wäre dementsprechend die Frage zu stellen, zogen sich Hannover und Sachsen wegen rein inhaltlicher Fragen aus der Union zurück oder hielt das am Ende als Feigenblatt dafür her, dass man dem Druck aus Wien in Richtung Auflösung der Union, lieber nachgeben, wollte, als einen immer wahrscheinlicher werdenden bewaffneten Konflikt zu riskieren, zumal sich Russland in der Sache an Wien annäherte?

Weiß ich nicht.
Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass die Erfurter Union ohne massiven Druck aus Wien und Petersburg durchaus Bestand hätte haben können.

Mit dem Deutschen Bund hätte es keinen deutschen Nationalstaat gegeben.

Was lässt dich dahingehennd so sicher sein?
Es hätte sicherlich keine so schnelle Vereinigung gegeben, aber warum hätte das grundsätzlich nicht möglich sein sollen?
Die Nationalbewegung selbst war ja durchaus virulent vorhanden und mit zunehmedem Gewicht der demokratischen Kräfte, wäre sie dementsprechend mächtiger geworden.

Schon einem Bismarck war in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts klar, dass es auf die Dauer ohne Parlamente und Mehrheiten nicht mehr ging und die mussten angesichts der sich vollziehenden Entwicklungen in the long run stärker werden.
Ich denke fürher oder später wäre die Entwicklung an einen Punkt gekommen, an dem Politik die sich gegen eine Vereinigung stellte nicht mehr möglich gewsen wäre, außer vielleicht in Österreich, wegen den nichtdeutschsprachigen Gebieten, wäre die Vereinigung nicht auf anderem Wege bereits herbeigeführt gewesen.

Bismarck konnte inen Großteil der liberalen Bwegung letztendlich über seine außenpolitischen Erfolge mit dem preußischen Staat versöhnen.
Wie hätten sich die Dinge entwickelt, wenn er das nicht gekonnt hätte?
König Wilhelm dachte ja wohl im Rahmen des preußischen Verfassungskonflikts wohl mehr als einmal an Abdiction.
Wie hätten sich die Dinge entwickelt, wenn es dazu gekommen oder Bismarck politisch gescheitert wäre?



Die Mittel- und Kleinstaaten hatten es sich bequem unter dem Schutzschirm der beiden Großmächte eingerichtet. Der Deutsche Bund hatte mehr als einmal gezeigt, das er nicht handlungs- und reformfähig war, das die zahlreichen unterschiedlichen Interessen nicht unter einen Hut gebracht werden konnten und auch das 1863 die Reformbemühungen kläglich scheiterten, da Österreich nicht willens war, Preußen als gleichberechtige Großmacht anzuerkennen.

Als Werkzeug für die Vereinigung selbst, da würde ich dir Recht geben, war der Bund wenig geeignet. Das ging nur über die Vormächte des Bundes Österreich und Preußen.
Allerdings als Ordnungsrahmen des mitteleuropäischen Raums auf dem sich weitere Prozesse aufbauen ließen, halte ich ihn für besser als seinen Ruf.
 
nwiefern ist die Nichtteilnahme Bayerns und Würtembergs ein Argument dagegen, dass das durchaus eine Basis für eine weitere Einigung hätte sein können, wenn es Bestand gehabt hätte?
Beide waren in Bismarcks Norddeutschem Bund ebenfalls nicht vertreten, auch Bismarck gelang keine Einigung Deutschlands in einem einzigen Schritt.

Ich sprach von einer fehlenden soliden Grundlage aufgrund der von mir in #15 aufgezählten Fakten. Das lässt sich ja nicht wegargumentieren, das eben nur 12 von 26 Bundesstaaten unterzeichnet haben. Nicht einmal die Hälfte der Mitglieder. Jeder hatte und verfolgte seinen eigenen Interessen. Bismarck konnte aufgrund des entschiedenen französischen Widerspruchs die Reichgründung 1866 nicht durchsetzen und der Zeitpunkt, wo man die meisten Staaten gerade auf dem Schlachtfeld besiegt hatte, war dazu auch nicht unbedingt geeignet.
Der Deutsche Bund war nichts weiter als ein loser Staatenbund, in dem Österreich den Vorsitz führte. Der Deutsche Bund bestand aus 35 Bundesstaaten und vier freien Staaten. Schon diese große Anzahl macht deutlich, wie schwer eine Einigung in so einer Frage sein würde. Davon einmal absehen gehörten, das war nicht gerade eine Vereinfachung, auch ausländische Staatsoberhäupter zum Bund. Der König von Dänemark, der Großherzog von Luxemburg und auch der König der Niederlande.

Der Bund verfügte mal gerade über ein einziges Bundesorgan, nämlich die Bundesversammlung. Was hat der Deutsche Bund in der Zeit seines Bestehen über die Karlsbader Beschlüsse hinaus denn groß geleistet?

Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass die Erfurter Union ohne massiven Druck aus Wien und Petersburg durchaus Bestand hätte haben können.

Aber dieser Druck war eben vorhanden. Und alles andere, das ist, das weißt du natürlich auch, ist reine Spekulation. Fakt ist, das der Bund sich nicht als reformfähig und handlungsfähig erwiesen hatte. Der Bund wurde zusehends immer stärker vom Dualismus zwischen Preußen und Österreich geprägt. 1866 wurde dieses Problem gelöst und führte zur kleindeutschen Lösung; eine andere war nicht in Sicht. Ohne Bismarck, der heutzutage gerne stark kritisiert wird, hätten wir möglicherweise noch heute keinen Nationalstaat.
 
Bismarck konnte inen Großteil der liberalen Bwegung letztendlich über seine außenpolitischen Erfolge mit dem preußischen Staat versöhnen.
Wie hätten sich die Dinge entwickelt, wenn er das nicht gekonnt hätte?
König Wilhelm dachte ja wohl im Rahmen des preußischen Verfassungskonflikts wohl mehr als einmal an Abdiction.
Wie hätten sich die Dinge entwickelt, wenn es dazu gekommen oder Bismarck politisch gescheitert wäre?

Alles spekulative Fragestellungen.
 
Ich sprach von einer fehlenden soliden Grundlage aufgrund der von mir in #15 aufgezählten Fakten. Das lässt sich ja nicht wegargumentieren, das eben nur 12 von 26 Bundesstaaten unterzeichnet haben. Nicht einmal die Hälfte der Mitglieder.

Naja, Moment du kannst aber von deiner Seite her nicht einfach wegerklären, das Absprung der meisten Unionsmitglieder erst erfolgte, als klar war, dass das in die Konfrontation mit Österreich führen und Wien auf die Unterstützung Petersburgs rechnen konnte.

Das es einzig an den Einzelinteressen gescheitert wäre dass diverse Staaten, die sich vorher zur Union erklärt hatten, wieder absprangen, ließe sich behaupten, wenn es den Druck aus Wien und Petersburg nicht gegeben hätte.
Der Umstand, dass die betreffenden Staaten dem Projekt ursprünglich durchaus nähergetreten waren, belegt hingegen, dass es unter diesen keine vollständig ablehnende Haltung gab und es wahrscheinlich eine Sache von Verhandlungen gewesen wäre einen Ausgleich in den Sachfragen herbei zu führen, wenn nicht von außen Kräfte auf das ganze Projekt gewirkt hätten, die von vorn herein darauf ausgelegt waren, das zu konterkarrieren.

Der Bund verfügte mal gerade über ein einziges Bundesorgan, nämlich die Bundesversammlung. Was hat der Deutsche Bund in der Zeit seines Bestehen über die Karlsbader Beschlüsse hinaus denn groß geleistet?
Was hätte er leisten können, wenn sich die Verhältnisse in Berlin und Wien geändert hätten und dort die dynastischen Interessen in den Hintergrund gedrängt worden wären?

Alles spekulative Fragestellungen.

Das ist alles im Kern nicht spekulativer, als deine Behauptung, dass wir ohne Bismarck und seine Politik noch heute keinen deutschen Nationalstaat hätten.

Die Abdictions-Gedanken bei Wilhelm etc. sind ja keine in den luftleren Raum hineinprojizierten Phantasiegebilde, dass ist ja historisch genaus so nachvollziehbar, wie die Spaltung der liberalen Bewegung und die Formierung der Nationalliberalen, die Bismarcks Politik goutierten, weil sie eben funktioniert hatte.

Das waren sicherlich potentielle Wendepunkt der deutschen Geschichte und man wird durchaus in Erwägung ziehen dürfen, dass sich hier völlig andere Entwicklungen hätten ergeben können.
 
Was hätte er leisten können, wenn sich die Verhältnisse in Berlin und Wien geändert hätten und dort die dynastischen Interessen in den Hintergrund gedrängt worden wären?

Das war doch nun überhaupt nicht zu erwarten.
Berlin und Wien waren Großmächte und schützen mit ihrer Mitgliedschaft im Bund die Mittel- und Klein- und Kleinststaaten. Die beiden Großmächte hatten naturgemäß etwas andere Interessen als die übrigen Mitglieder, die es sich auf dem Rücken der beiden deutschen Vormächte bequem gemacht hatten. Man beachte "nur das Theater" was die Bundesmitglieder veranstaltet hatten, als Preußen und Österreich in der Auseinandersetzung um die beiden Herzogtümer zur Tat schritten. Vor allem wollte man deren Truppen nicht über das eigene Territorium ziehen lassen. Und das Gezerre über fast jede Frage; aber überall mitreden sollen. Dabei hatte der Bund nicht einmal die Londoner Protokolle unterzeichnet.

Das ist alles im Kern nicht spekulativer, als deine Behauptung, dass wir ohne Bismarck und seine Politik noch heute keinen deutschen Nationalstaat hätten.

Das ist schon korrekt.:) Kannst du auch nur eine einzige realistische Option benennen, wie eine deutsche Einigung ohne Bismarck zustande hätte kommen können? Der Deutsche Bund war hierzu nicht in der Lage und auch gar nicht willens.

Naja, Moment du kannst aber von deiner Seite her nicht einfach wegerklären, das Absprung der meisten Unionsmitglieder erst erfolgte, als klar war, dass das in die Konfrontation mit Österreich führen und Wien auf die Unterstützung Petersburgs rechnen konnte.

Ändert nichts an der Richtigkeit meiner Aussage. Die meisten Mitglieder hatten nicht den Mut, als Österreich und Russland mit dem Säbel rasselten. Ob es tatsächlich zu einem Krieg gekommen wäre, muss zwangsläufig offen bleiben. Es gab ja noch ein paar andere Interessenten.

Der Umstand, dass die betreffenden Staaten dem Projekt ursprünglich durchaus nähergetreten waren, belegt hingegen, dass es unter diesen keine vollständig ablehnende Haltung gab und es wahrscheinlich eine Sache von Verhandlungen gewesen wäre einen Ausgleich in den Sachfragen herbei zu führen, wenn nicht von außen Kräfte auf das ganze Projekt gewirkt hätten, die von vorn herein darauf ausgelegt waren, das zu konterkarrieren.

Keine vollständige Ablehnung ist aber noch keine vollständige Zustimmung. Und es wäre, bald noch wichtiger als die Sachfragen, wohl zum Konflikt eben über die Machtfragen gekommen.
 
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