Warum sind viele Menschen ins Kloster gegangen?

fingalo schrieb:
Beginen waren ebenfalls klosterähnliche Gemeinschaften.

Doch nicht unter den Deckmantel der Kirche, und waren deshalb eine alternative Daseinsform von Frauenleben im Mittelalter.

Es gibt keine einheitlichen Regeln für Beginenkonvente und auch keine zusammenhängende Organisation oder Struktur. Manche Gemeinschaften hatten gar keine festen Regeln, andere arbeiteten genaue Verträge, vor allem für die wirtschaftliche Seite des Zusammenlebens aus - die meisten Beginenkonvente finanzierten sich schließlich aus der Arbeit ihrer Mitglieder.

Außerdem gab es auch noch Damenstifte. Ein Kanonissenstift war eine Gemeinschaft geistlicher Frauen, die der Welt gegenüber offener blieben als die Nonnen im Kloster. Kaiser Ludwig der Fromme gab ihnen auf der Aachener Synode 816 eine reformierte, im Prinzip für alle verbindliche Rahmenregel, die von Ort zu Ort modifiziert wurde. Außer der Abtissin, legte keine der Stiftsdamen ein Gelübde ab.

Sie sind eine Sondererscheinung, auf den Frauenüberschuss auf Grund der Kreuzzüge zurückzuführen. Die Frauenklöster konnten sich des Zulaufs kaum erwehren und es galt ein Aufnahmestopp. Es wurden auch Frauenorden aufgehoben, z.B. die weiblichen Prämonstratenser nach der Aufhebung der Doppelklöster.


Aber genau aus diesen Grunde, sind auch neue Frauenklöster gegründet worden. Die meisten Neugründung fanden im 13. Jahrhundert statt, genauso wie die Beginenkonvente. Es waren ja nur die Frauenorden in den Doppelklöstern aufgegeben worden.

Oh nein. "Arme Klöster" als Institution waren eine Seltenheit und wurden bals aufgelöst. Ein Kloster durfte nur gegründet werden, wenn genügend für den Unterhalt der Insassen zur Verfügung stand. Und es durften nur so viele Insassen aufgenommen werden, wie das Vermögen ertrug. Dass es da auch Verfallserscheinungen gab, kann nicht dazu führen, dann man nur Hildegard von Bingen als reiches Kloster ansieht.


Nun, Mitte des 15. Jahrhundert hörte es sich so an:

Das Wissen um bestimmte ökonomische Notlagen war dagegen sehr konkret. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren in manchen Klöstern so desolat, daß die Grundlage der Selbständigkeit, die autarke Versorgung, nicht mehr gewährleistet war; z.T. litten die Frauen Not und Armut, jedenfalls nach dem Verständnis der überwiegend noch immer adeligen Konventsmitglieder. Quelle

Aber Frauen wurden politisch verheiratet. Das Kloster war ein Ausweg.

Ja, es war EIN Ausweg. Und es gab noch andere.

Doch welchen Lasten wollten die Frauen entrinnen? Das war meine Frage.
 
Cassandra schrieb:
Doch nicht unter den Deckmantel der Kirche, und waren deshalb eine alternative Daseinsform von Frauenleben im Mittelalter.
Das ist wohl etwas verkürzt. Papst Johannes XXII. erließ am 7. März 1319 eine Bulle, in welcher allen denjenigen Beginen und Begarden, welche die Regel der Franziskaner-Tertiarier annehmen wollten, Gnade zugesichert wurde. Viele Gemeinschaften stellten sich unter den Schutz des Franziskaner- oder Dominikanerordens. Die Bulle Papst Nikolaus V. vom 12. Februar 1453 nahm alle damals noch bestehenden Konvente in den Schoß der Kirche auf und verlieh ihnen die Rechte der Tertiarier.

Cassandra schrieb:
Außerdem gab es auch noch Damenstifte. Ein Kanonissenstift war eine Gemeinschaft geistlicher Frauen, die der Welt gegenüber offener blieben als die Nonnen im Kloster. Kaiser Ludwig der Fromme gab ihnen auf der Aachener Synode 816 eine reformierte, im Prinzip für alle verbindliche Rahmenregel, die von Ort zu Ort modifiziert wurde. Außer der Abtissin, legte keine der Stiftsdamen ein Gelübde ab.
Das taten die Augustiner-Chorherren auch nicht. Die Kanonissen sind deren weibliches Pendant. In der Ausgangsfrage hatte ich nicht den Eindruck, dass der Begriff "Kloster" eng gefasst war. Da waren nach meiner Lesart die Stifte mitgemeint.


Cassandra schrieb:
Aber genau aus diesen Grunde, sind auch neue Frauenklöster gegründet worden. Die meisten Neugründung fanden im 13. Jahrhundert statt, genauso wie die Beginenkonvente. Es waren ja nur die Frauenorden in den Doppelklöstern aufgegeben worden.
Ich sehe nicht, dass ich da eine andere Auffassung vertreten hätte.

Cassandra schrieb:
Nun, Mitte des 15. Jahrhundert hörte es sich so an:
Das Wissen um bestimmte ökonomische Notlagen war dagegen sehr konkret. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren in manchen Klöstern so desolat, daß die Grundlage der Selbständigkeit, die autarke Versorgung, nicht mehr gewährleistet war; z.T. litten die Frauen Not und Armut, jedenfalls nach dem Verständnis der überwiegend noch immer adeligen Konventsmitglieder.
Das muss man wohl differenzierter sehen. Benediktinerinnen hatten da im 15. Jh. offenbar besondere Probleme.
Ich erinnere aber an El Quijote in http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=91543&postcount=13
und an ning in http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=91640&postcount=15,
denen Du auch nicht widersprochen hast.
Wir reden vom 12. Jh, wenn ich mich an die Ausgangsfrage recht erinnere.

Cassandra schrieb:
Doch welchen Lasten wollten die Frauen entrinnen? Das war meine Frage.
Die Zwangsheirat war entgegen kirchlichem Recht noch ziemlich häufig, Hof zu Hof oder wegen politischer Bündnisse. Außerdem war der niedere Adel oft nicht besonders begütert, was zu Lasten der Hausfrau ging, da die Führung eines Haushalts im Wesentlichen Handarbeit bedeutete. Hinzukam der "Gebärzwang" wegen der Notwendigkeit der dynastischen Sicherung einerseits und der hohen Kindersterblichkeit andererseits. Geburt war außerdem mit einem hohen Sterblichkeitsrisiko im Kindbett verbunden.
 
off topic :sorry:

Mercy schrieb:
Das Lied entstand um 1920 aus Versatzstücken aus dem Bauernkrieg (1525) gesungenen Lieds "Geyers schwarzer Haufen"

@ Mercy,

Wichtige Feststellung. Danke!

Soweit ich mich hoffentlich richtig erinnere (Bauernkriegsmuseum in Frankenburg OÖ.), wurde das "Lied" aber tatsächlich über die Zeit und die Grenzen getragen und beim österr. Bauernkrieg 1626, also ein Jhdt. später, wieder von nun ob-der-Ennsischen Bauerntruppen gesungen. Kann das stimmen?

Also 1920 so abgefasst, wie bekannt... antiklerikales Studentenlied wohl wieder mal...
Fragt sich nur, ob die "echten Versatzstücke" nun diese an sich wirklich brutalen "Mordzeilen" und Gewaltaufrufe des Liedes waren oder weniger, ganz anderes.

Un-sagbar, also eigentlich un-singbar zB. diese Strophe:
"Des Edelmannes Töchterlein, heija-o-ho
Das muss heut' Nacht geschändet sein."

Schlimm. Aber authentisch?
Und ist die Melodie authentisch oder nur die romantische Vorstellung aus den 20er-Jahren eines Bauernkriegs-/Landsknechts-Songs der Renaissancezeit?

Jedenfalls wieder ein Bogen zum Thema franz. u. russ. Revolutionszeiten: polit. Kampf-Lieder waren ein verbindendes und scharf pfeiffendes Ventil... (m. E. als histor. Quellen irgendwie geringgeschätzt.)
Die Marseilleise, die nur so von Blut und Mordlust strotzt, möcht ich bestimmt nicht als "Hymne" singen müssen... :mad:

Nochmals Entschuldigung für die themat. "Entgleisung"!
 
fingalo schrieb:
Das ist wohl etwas verkürzt. Papst Johannes XXII. erließ am 7. März 1319 eine Bulle, in welcher allen denjenigen Beginen und Begarden, welche die Regel der Franziskaner-Tertiarier annehmen wollten, Gnade zugesichert wurde. Viele Gemeinschaften stellten sich unter den Schutz des Franziskaner- oder Dominikanerordens. Die Bulle Papst Nikolaus V. vom 12. Februar 1453 nahm alle damals noch bestehenden Konvente in den Schoß der Kirche auf und verlieh ihnen die Rechte der Tertiarier.

Deine Quelle Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Beginen ist auch nicht vor Unvollständigkeit gefeit, von ‚alle damals noch existierenden Konventen’ kann nicht die Rede sein:

Bei aller Nähe zu den Dominikanern nebenan - der Frauenkonvent am Ende der Nonnengasse legte sehr lange Wert auf seine Unabhängigkeit: Noch im Jahr 1685 schlossen die Frauen einen regelrechten Vertrag mit ihren Nachbarn, in dem festgelegt wurde, dass der Prior des Dominikanerklosters ihnen jeden Morgen eine Messe lesen musste, wofür sie den Mönchen die Kleider wuschen und bügelten und das Kirchengerät putzten. Erst im 18. Jahrhundert ordneten sie sich als Dominikanerinnen schrittweise in die Gemeinschaft mit den Dominikanern ein.
http://www.antjeschrupp.de/beginen.htm


Das Klösterle im Stadtteil Bad Cannstatt wurde 1463 erbaut und ist heute das älteste Wohnhaus Stuttgarts. Hier wirkten bis zur Reformation die Beginen, ein Frauenorden, der als mildtätig galt und ohne Ordensregeln auskam.
http://www.stuttgart.de/sde/menu/frame/top.php?seite=http%3A//www.stuttgart.de/sde/item/gen/138047.htm

In Lübeck ist die erste Gründung für 1270 neben dem Johanneskloster belegt. Der Aegidienkonvent wird 1294 erstmals erwähnt. Die Lübecker Beginen erfreuten sich der Zuwendung und Legate Lübecker Bürger. Im Gegensatz zu anderen Orten, war ihre Stellung bis zur Reformation nie angefochten.
http://www.aegidienhof-luebeck.de/inhalt_dok_proj_beginen.html

Nach den religiösen Regeln der Dominikaner zu leben, heißt nicht, den dominikanischen Orden anzugehören.
Erst die Reformation des 16. Jahrhunderts führte zur Auflösung der Beginenkultur.

Das taten die Augustiner-Chorherren auch nicht. Die Kanonissen sind deren weibliches Pendant. In der Ausgangsfrage hatte ich nicht den Eindruck, dass der Begriff "Kloster" eng gefasst war. Da waren nach meiner Lesart die Stifte mitgemeint.

Ich bezog mich aber speziell auf deine Aussage: Das Kloster war die einzige Chance überhaupt, zu Bildung zu kommen.
Welchen Eindruck du bei den Begriff Kloster gewonnen hast, kann ich nicht wissen.

Ich sehe nicht, dass ich da eine andere Auffassung vertreten hätte.

Welche Auffassung du vertrittst kann ich auch nicht sagen, ich beziehe mich nur auf deine Aussage: Die Frauenklöster konnten sich des Zulaufs kaum erwehren und es galt ein Aufnahmestopp. Es wurden auch Frauenorden aufgehoben, z.B. die weiblichen Prämonstratenser nach der Aufhebung der Doppelklöster.

Und ich behaupte: Es wurden nicht nur Klöster aufgelöst, sondern auch viele (die meisten) gegründet. Und somit bestand eine Auswahl für die Frauen: Entweder Kloster oder Beginenkonvent.



Das muss man wohl differenzierter sehen. Benediktinerinnen hatten da im 15. Jh. offenbar besondere Probleme.
Ich erinnere aber an El Quijote in http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=91543&postcount=13
und an ning in http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=91640&postcount=15,
denen Du auch nicht widersprochen hast.

Warum sollte ich das tun, das widerspricht doch nicht meiner Aussage? Frauenklöster sind doch gar nicht erwähnt worden?

Wir reden vom 12. Jh, wenn ich mich an die Ausgangsfrage recht erinnere.


Mag ja sein, doch deine Aussage war: Die Frau im Mittelalter hatte auf Grund ihrer Gebärverpflichtung so gut wie keine Bildungsmöglichkeiten in der Ehe.

Die Zwangsheirat war entgegen kirchlichem Recht noch ziemlich häufig, Hof zu Hof oder wegen politischer Bündnisse. Außerdem war der niedere Adel oft nicht besonders begütert, was zu Lasten der Hausfrau ging, da die Führung eines Haushalts im Wesentlichen Handarbeit bedeutete. Hinzukam der "Gebärzwang" wegen der Notwendigkeit der dynastischen Sicherung einerseits und der hohen Kindersterblichkeit andererseits. Geburt war außerdem mit einem hohen Sterblichkeitsrisiko im Kindbett verbunden.

Doch wenn Gebärzwang und Zwangsheirat herrschte, wie sind die Frauen dann ins Kloster gekommen?

Andere Frage: Konnten flüchtende Frauen ohne Mitgift und Erlaubnis der Vormundes in einem Kloster aufgenommen werden?

Und du meinst, das die Lasten der Haus-, Hand- und Hofarbeit ihr im Kloster erspart blieben?
 
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