Warum wurde in der BRD so lange privates Fernsehen bekämpft bzw verboten.

Griffel

Mitglied
Mich würde mal interessieren, warum man in der BRD bis in die 80er Jahre gebraucht hat, privates Fernsehen zuzulassen? Inwiefern gefährdet denn privates Fernsehen, den Staat?

Mir ist natülich bekannt, dass es in deutschland die sogenannten Staatsverträge bzgl. des öffentlichen Rundfunks gibt. Aber es gibt eigentlich keinen Grund, warum der Staat, faktisch das Monopol auf Rundfunk haben sollte.

Bei den Zeitungen, war man ja auch nicht so pingelich.
 
1. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind eben NICHT staatlich!

Laut Bundesverfassungsgericht ist ein staatlicher Rundfunk in Deutschland nicht mit dem Grundgesetz vereinbar!

Sie sind, wie ihr Vorbild die BBC, regierungsunabhängige Institutionen, die weder von der Regierung noch von den Parlamenten kontrolliert werden.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Staatsrundfunk zumindest in den westlichen Besatzungszonen aufgelöst und der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegründet. Explizit mit dem Gedanken, der Rundfunk kontrolliert die Regierung, nicht umgekehrt.

2. "Öffentlich-rechtlich" bedeutet, dass der Staat über Gesetze einer Körperschaft (diese hat Mitglieder, z.B. Universität) oder Anstalt (keine Mitglieder, sondern Nutzer, z.B. das THW) Aufgaben übertragen hat.

ÖR-Rundfunkanstalten haben z.B. den berühmten Bildungsauftrag bzw. die "Grundversorgung". Dieser wird und darf eben nicht staatlich überwacht werden, sondern über interne Kontrollgremien (dass diese parteipolitisch geprägt sind, war nicht im Sinne der Erfinder).

3. Radio und erst recht Fernsehen zu machen, war nicht billig. Neben der ganzen Aufnahme- und Sendetechnik sind ja auch noch Lizenzgebühren an Rechteunhaber zu zahlen (Gema!), Inhalte müssen kreiiert werden.

Um das zu finanzieren, brauchte es zunächst genügend Kapital, das aufzubauen und genügend Einnahmen, um es langfristig betreiben zu können.

4. Vielleicht kann man sich das heute nicht mehr vorstellen, aber Radio und erst recht Fernsehen unterlagen gewissen technischen Restriktionen.

Die Frequenzbänder sind nicht unendlich groß, früher mussten die Frequenzen einen größeren "Abstand" halten. Große Bereiche waren dem Militär, der Polizei, dem Richtfunk für due Telefonie voebehalten.

Wer welche Frequenzen nutzen darf, ist immer noch streng geregelt, da spielen auch internationale Verträge eine Rolle.

Auch die Sendeleistung der Antennen war (und ist) begrenzt. So ein großer Sendemast kostete schon immer viel Geld und konnte auch nicht auf jedem Berg errichtet werden.

Erst mit dem Aufkommen von TV-Satelliten und Übertragung mittels Kabel ab Mitte der 70er wurden diese technischen Hürden überwunden.

5. Es gab auch vor 1983 Privatradio in Deutschland! Europa 1 aus dem Saarland und noch ein evangelischer Sender.
 
Mich würde mal interessieren, warum es bis in die 1980er Jahre gebraucht hat, privates Fernesehen zuzulassen. Inwiefern gefährdet denn privates Fernsehen den Staat.
Mir ist natürlich bekannt, dass es den Rundfunkstaatsvertrag gibt. Aber es gibt keinen Grund , warum der Staat faktisch das Monopol auf Rundfunk haben soll.


Die öffentlich-rechtlichen Medien in der Bundesrepublik sind ja doch KEINE STAATS- oder SYSTEM-Medien wie das Fernsehen der DDR es war. Im Rundfunkstaatsvertrag soll eine ausgewogene Berichterstattung garantiert werden. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind dem Bildungsauftrag und der informellen Grundversorgung verpflichtet- staatliche Beeinflussung findet nicht statt.

Man kann natürlich darüber streiten, ob die Medien diesem Anspruch immer gerecht werden. In den Rundfunkräten, Gremien und Ethikkommissionen sitzen Vertreter der Parteien, der Kirchen, die natürlich auch Einflüsse auf die Programme nehmen.

Grundsätzlich aber sind die Medien frei, es gibt keine staatlichen Vorgaben des Programms und der Berichterstattung.

Es wurde auch Privatfernsehen nicht in der Bundesrepublik bekämpft oder gar verboten.

In der Bundesrepublik Deutschland hielt das Medium Fernsehen Ende der 1960er Anfang der 1970er Jahre Einzug.

Mit 3 Programmen und um etwas nach Mitternacht die Nationalhymmne und das Testbild waren die Deutschen auch zufrieden.

Fernsehen war teuer und es war aufwändig, für Übertragungsrechte sind Gebühren fällig. Es hat auch ein paar Jahre gedauert, bis das Medium angenommen wurde. Erst Anfang bis Mitte der 1970er Jahre konnte die Rede davon sein, dass jeder deutsche Haushalt einen Fernseher besaß.

Wenn Medienmogule wie Leo Kirch erst Ende der 1980er Jahre mit Privatfernsehen eingestiegen sind, dann lag das einzig und allein daran, dass simple Kalkulationen sie davon abgehalten haben, weil dazu hohe Investitionen nötig waren und früher auch noch nicht überhaupt nicht abzusehen war, ob man damit genug Geld verdienen konnte.

Dass Privatfernsehen bekämpft oder verboten war, ist auf gut Deutsch gesagt: hanebüchener Quatsch. Dass es so gewesen sein könnte oder so gewesen sein muss, phantasierst du dir herbei.

Im Gegenteil hat Helmut Kohl sehr großzügig Leo Kirch bei seinen Coups unterstützt.

Privatfernsehen gefährdet nicht den Staat, es gefährdet nur den Intellekt. Wer 30 Jahre nur Privatfernsehen konsumiert hat, seine Rechtskenntnisse bei Richter Hold und Barbara Salesch geschöpft hat, wer die Karriere eines Mario Barth von Anfang bis Ende verfolgt hat, und Aufstieg und Fall aller Dschungelkönige, Topmodels, Superstars mitverfolgt hat, der ist dann mit Medienkompetenz und der kritischen Aufnahme von Inhalten etwas überfordert.
 
In der Bundesrepublik Deutschland hielt das Medium Fernsehen Ende der 1960er Anfang der 1970er Jahre Einzug.

Es war schon etwas früher. Erste Fernsehausstrahlungen hatte es bereits ab 1935 gegeben. In der Bundesrepublik wurde die regelmäßige Ausstrahlung von Fernsehsendungen dann zu Weihnachten 1952 wieder aufgenommen.

1967 wurde dann durch den legendären Knopfdruck Willy Brandts auf der 25. Großen Deutschen Funk-Ausstellung bereits der Startschuss für das Farbfernsehen gegeben.

Geschichte des Fernsehens in Deutschland – Wikipedia
 
Es war schon etwas früher. Erste Fernsehausstrahlungen hatte es bereits ab 1935 gegeben. In der Bundesrepublik wurde die regelmäßige Ausstrahlung von Fernsehsendungen dann zu Weihnachten 1952 wieder aufgenommen.

1967 wurde dann durch den legendären Knopfdruck Willy Brandts auf der 25. Großen Deutschen Funk-Ausstellung bereits der Startschuss für das Farbfernsehen gegeben.

Geschichte des Fernsehens in Deutschland – Wikipedia

Sicher, das Medium gab es schon früher. Mein Opa setzte in einem Sportverein in Nordhessen durch, dass anlässlich der Fußball-WM 1954 ein Fernsehgerät angeschafft wurde. Die ersten "Straßenfeger" im deutschen Fernsehen gab es bereits in den frühen 1960ern, und auch die ersten großen Fernsehshows mit Großen wie Peter Frankenfeld oder "Onkel Lou" van Burg. Das Fernsehen war das Medium, in den 1960ern war es aber noch ungewöhnlich, dass eine Familie einen eigenen Fernseher besaß, und man sah sich die Straßenfeger, die Sportschau oder das Aktuelle Sportstudio häufig noch in der Kneipe an der Ecke an.

Ende der 1960er Anfang der 1970er da gehörte der Fernseher schon dazu, und Kinder, die über Verlauf und Charaktere von Serien wie Bonanza, Flipper oder Daktari unterrichtet waren, wurden schnell zu Außenseitern. Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich zum ersten Mal einen Farbfernseher zu Gesicht bekam- wir hatten nur Schwarz-Weiß- das muss so 1974 gewesen sein. Ich weiß auch noch genau, dass die Sesamstraße lief.
 
1. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind eben NICHT staatlich!

Laut Bundesverfassungsgericht ist ein staatlicher Rundfunk in Deutschland nicht mit dem Grundgesetz vereinbar!

Sie sind, wie ihr Vorbild die BBC, regierungsunabhängige Institutionen, die weder von der Regierung noch von den Parlamenten kontrolliert werden.

Hatten die Öffentlich-rechtlichen in Deutschland nie das Monopol, als einzige Sendungen betreiben zu dürfen ?
In der Schweiz war das jedenfalls bis 1982 so.

Ich lese in Wiki:
"Mitte der 1980er wurde in Deutschland neben dem öffentlich-rechtlichen der private Rundfunk eingeführt. Im Rahmen der als „duales System“ bekannt gewordenen Neuordnung des Rundfunks in Deutschland wurde dabei die Einführung des privaten Rundfunks untrennbar an die gesicherte Existenz eines starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks gekoppelt."

Wie war das vor "Mitte der 1980er Jahren" ?
Gab es da ein Monopol der Öffentlich-rechtlichen ?
 
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Wie war das vor "Mitte der 1980er Jahren" ?
Gab es da ein Monopol der Öffentlich-rechtlichen ?

"Vor 1984 existierten in Deutschland mit ARD, ZDF und den Dritten Programmen – abgesehen von den Rundfunkstationen der alliierten Streitkräfte wie British Forces Broadcasting Service (BFBS) und American Forces Network (AFN), den von Deutschland aus betriebenen Auslandsdiensten wie der Voice of America (VoA), Radio Free Europe/Radio Liberty und dem Privatsender Europe 1, der seine Entstehung dem besonderen Statut des Saarlandes in den 1950er-Jahren verdankte und ein französischsprachiges, kommerzielles Programm von Felsberg-Berus ausstrahlt – nur öffentlich-rechtliche Rundfunksender. Lediglich in Grenznähe konnten einige aus dem Ausland speziell fürs deutsche Publikum sendende kommerzielle Programme, wie Radio Luxemburg, empfangen werden."
Duales Rundfunksystem – Wikipedia
 
"Vor 1984 existierten in Deutschland mit ARD, ZDF und den Dritten Programmen – abgesehen von den Rundfunkstationen der alliierten Streitkräfte wie British Forces Broadcasting Service (BFBS) und American Forces Network (AFN), den von Deutschland aus betriebenen Auslandsdiensten wie der Voice of America (VoA), Radio Free Europe/Radio Liberty und dem Privatsender Europe 1, der seine Entstehung dem besonderen Statut des Saarlandes in den 1950er-Jahren verdankte und ein französischsprachiges, kommerzielles Programm von Felsberg-Berus ausstrahlt – nur öffentlich-rechtliche Rundfunksender. Lediglich in Grenznähe konnten einige aus dem Ausland speziell fürs deutsche Publikum sendende kommerzielle Programme, wie Radio Luxemburg, empfangen werden."
Duales Rundfunksystem – Wikipedia

Plus DDR-Funk und -Fernsehen, zumindest in Westberlin und dem Zonenrandgebiet.
 
So wie ich es verstehe, gab es abgesehen von den bei wiki genannten Ausnahmen ein öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol in (West-)Deutschland bis 1984. Private Sender waren also Piratensender.

Es gibt eine (nicht sonderlich sehenswerte) Komödie von 1982 mit Thommy Gottschalk und Mike Krüger, die das Thema behandelt.
Piratensender Powerplay – Wikipedia

Die DDR dürfte ein noch geringeres Interesse daran gehabt haben, Rundfunk außerhalb ihres staatlichen Monopols zuzulassen.
 
Im Gegenteil hat Helmut Kohl sehr großzügig Leo Kirch bei seinen Coups unterstützt.
Zwischen Kohl und Kirch passte kein Blatt Papier. Kirch spendete (legal) mehrere Millionen an die CDU. Später bezahlte die Kirch-Gruppe die Birne für dubiose Beratertätigkeiten. 2008 war Kirch sogar der Trauzeuge Kohls.
Das war einer der größten Klüngel in der Geschichte der Bundesrepublik!
 
Wie war das vor "Mitte der 1980er Jahren" ?
Gab es da ein Monopol der Öffentlich-rechtlichen ?

Ein ganz klares und eindeutiges "JEIN"!

Es fehlten schlicht und ergreifend die rechtlichen Rahmenbedingungen. Das Presse- und somit auch das Rundfunkrecht ist Ländersache.

Die ersten Rundfunkgesetze wurden von den Ländern noch vor Gründung der Bundesrepublik verabschiedet, unter Einflußnahme der Besatzungsmächte. Und die sahen nur öffentlich-rechtliche Sender vor, mit Ausnahme des Saarlandes, daher konnte der französisch-sprachige Sender Europa 1 von dort aus senden.

Ende der 70er beantragte die "Freie Rundfunk AG" im Saarland die Zulassung, was abgelehnt wurde, mit der Begründung, der Saarländische Rundfunk würde pleite gehen, wenn er Werbeeinnahmen verlöre.

Der Rechtsstreit ging bis zum Bundesverfassungsgericht, der im "3. Rundfunkurteil" von 1981 entschied, dass privater Rundfunk in Deutschland im Sinne der Pressefreiheit erlaubt ist, die Länder entsprechende Gesetze verabschieden müssten.
 
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Hinzu kamen auch technische Probleme.

Der UKW- Frequenzbereich war durch die Vielzahl der öffentlich-rechtlichen Programme (und im Grenzbereich die ausländischen Sender) einfach dicht. Erst als die Bandbreiten über 100 bzw. 104 MHz freigegeben wurden, war wieder "Platz".

Im Übrigen ist der Bund für die Frequenz-Vergabe zuständig. Früher die Bundespost, jetzt die Netzagentur.

In den damals geltenden Gesetzen, dem Telegraphenwegegesetz von 1892 und dem Fernmeldeanlagengesetz von 1927 (mit zwischenzeitlich erfolgten Änderungen), war privater Rundfunk ebenfalls nicht erwähnt, aber eben auch nicht verboten.

Verboten waren aber nicht genehmigte Sendeanlagen. Darauf hatte die Bundespost tatsächlich ein Monopol.
 
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