warum wurden Städte gegründet
Die Entwicklung von Städten wird allgemein im Zusammenhang mit der Entwicklung von "Stadt-Staaten" gesehen (vgl. dazu z.B. Trigger). Die Entwicklung von städtischen Strukturen verläuft dabei parallel zur Entwicklung von Gesellschaften bzw. der Entwicklung einer urbanen Zivilisation. In der Regel wird dieser Prozess als ein evolutionärer Prozess beschrieben.
Ein frühes Beispiel für die Ausbildung urbaner Strukturen erfolgte in Mesopotamien um ca. 5500 v.Chr. In der frühen bzw. mittleren "Uruk-Periode" (vgl. Mann, S. 136) - ca. 3200 v. Chr. - nahm die Dichte der Bevölkerung (von 10 pro km² /3200 vChr. auf 30 pro km²/ 3000 v.Chr.) deutlich zu und der Prozess wurde beschleunigt.
In dieser langen Periode vor 3200 v. Chr. erfolgte der Übergang von der "mechanischen Solidarität" (Durkheim zitiert in Friedrichs, S. 62ff) zur "organischen Solidarität". Dabei ist die mechanische Solidarität in ländlichen Gesellschaften anzutreffen, die eine geringe Arbeitsteilung aufweisen, als Subsistenzwirtschaft, und die Differenzierung entlang der Familienstrukturen erfolgt. Die organische Solidarität ist demgegenüber durch Arbeitsteilung und eine teils funktionale und schichtenspezifische Differenzierung gekennzeichnet.
Die Arbeitsteilung in Mesopotamien basierte auf der frühen und effektiven Nutzung von Bewässerung und ermöglichte dadurch eine Freisetzung von Arbeitskraft um ca. 3000 v.Chr. für andere Arbeiten. Aus dem Überschuss wurden gesellschaftlichen und politische Funktionen finanziert, die nicht für die unmittelbare Reproduktion notwendig waren.
Die freigesetzten Arbeitskräfte produzierten u.a. Textilien und förderten so den Fernhandel. Die Zunahme der Bevölkerung, die zunehmende Arbeitsteilung und der erwirtschaftete Reichtum war eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung urbaner Strukturen und führte zur Gründung eines "Stadt-Staates.
Für die Entwicklung von Städten werden eine Reihe von notwendigen beschleunigenden Faktoren angesehen. Friedrichs (S. 62ff) referiert eine Reihe von Theorien zur Entwicklung von Städten, die in der einfachsten Form die Konzentration von Individuen, die Verkehrswege, die Größe der Territoriums, die Dynamik der Interaktion und nicht zuletzt den Grad der Arbeitsteilung benennen.
Dabei gibt es zusätzliche externe Faktoren, die als "Bedrohung" des erwirtschafteten Reichtums wahrgenommen werden und so den Zusammenschluss im Rahmen einer befestigten Siedlung beschleunigt haben.
Die Gründungen von Städten können zu späteren Zeitpunkten unter anderen Voraussetzungen erfolgt sein und es können logistische oder militärische Überlegungen zentral gewesen sein. Es können aber auch administrative Überlegungen relevant gewesen sein, um eine Stadt anzulegen. In der Regel spielte aber die Frage des Handels eine zentrale Rolle für die Dynamik des Wachstums einer Stadt.
Friedrichs, Jürgen (1977): Stadtanalyse. Soziale und räumliche Organisation der Gesellschaft. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt
Mann, Michael (1990): Geschichte der Macht. Von den Anfängen bis zur griechischen Antike. Erster Band. 2 Bände. Frankfurt/Main: Campus-Verlag.
Trigger, Bruce G. (2007): Understanding early civilizations. A comparative study. Cambridge, New York: Cambridge University Press.