Da muss man sich ja mal fragen, wieso das eigentlich nicht passiert. Weshalb pflanzen die meisten Leute kein oder nur wenig Gemüse im Garten?
Das ist doch nur ein Beispiel.
Genau so hätte ich anbringen können, was passiert, wenn ich meinem Nachbarn beim Umbauen mit anpacke, so dass der sich den Handwerker sparen kann.
Wäre der Handwerker bemüht worden, ginge das als erbrachte, da bezahlte Dienstleistung in das BIP mit ein, wird der Nachbar zur Verrichtung der gleichen Arbeit bemüht und das ganze nicht in dem Sinne bezahlt, gemeldet und versteuert, sondern abends zur Feier des Tages mit einer Runde Bier begossen oder mit Aushilfe bei anderen Dingen abgegolten, hat das auf das BIP keinerlei auswirkungen.
Es wurde aber in beiden Fällen ein und die gleiche Arbeit verrichtet.
Der Kern der Kritik hieran ist doch ganz einfach, dass das BIP in diesem Sinne erbrachte Leistungen einer Gesellschaft nur erfasst, wenn diese marktorientiert sind.
Gedankenexperiment dazu:
Nehmen wir an, es gibt in der Südsee zwei identische Inseln, mit identisch großer Bevölkerung:
Auf Insel A) betreiben alle Bewohner Subsistenzwirtschaft und es gibt überhaupt keinen Markt.
Auf Insel B) hat man es aber satt, immer die gleichen Nahrungsmittel zu verzehren, die dort produziert werden können, und verkauft deswegen an vorbeikommende Händler regelmäßig 50% seiner Erzeugnisse um den Profit sofort in den Ankauf anderer Lebensmittel zu investieren, die auf der Insel nicht vorkommen.
Die Produktionsmengen sind auf beiden Inseln die Gleichen.
So, wozu würde eine Betrachtung des BIPs nun kommen?
Die Betrachtung des BIPs würde unterstellen, dass es auf Insel A überhaupt keine produktive Volkswirtschaft gibt und das BIP der Insel mit 0 veranschlagen, demgegenüber würde bei Insel B ein BIP stehen, dass die Produktion und den Verkauf einer Menge von Lebensmitteln X und Y mit einschließt.
Das BIP würde vollkommen verschiedene Volkswirtschaftsleistungen beziffern, während die Produktion und die Menge der der Bevölkerung zur Verfügung stehenden Güter aber ganz die Gleiche ist.
Und die sinkenden Produktions- und Absatzmengen würden dann gegebenenfalls zu Entlassungen bei Landarbeiter oder Verkäufern führen. Mit entsprechend sinkendem Lebensstandard der betroffenen.
Aber zeitversetzt, denn die sinkenden Absatzmengen müssten sich ja erst einmal über ein paar Saisons bemerkbar machen um Produzenten und Händler zu veranlassen ihr Vorgehen zu ändern.
Offensichtlich besteht zwischen dem Lebensstandard und dem BIP doch ein gewisser Zusammenhang.
Nicht gezwungener Maßen.
Nur dann wenn die realwirtschaftliche Produktion und ihre Marktpreise dadurch tangiert werden.
Wenn das nicht der Fall ist, können Schwankungen des BIP durch andere Bereiche möglicherweise den Lebensstandart Einzelner tangieren, aber nicht den der gesamten Gesellschaft.
Wie will man den überhaupt bewerten, was in einer Volkswirtschaft realiter produziert wird?
Nun, bisher hattest du mir verkündet, dass du das über das BIP tun wolltest und mir ist von verschiedener Seite entgegengehalten worden, dass volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit ja wohl im BIP zu messen wäre.
Ich sage nicht, dass mir bis dato ein sinnvolleres Modell eingefallen wäre, allerdings, sollte man in der Lage sein Nichtwissen als solches auch zu akzeptieren.
Und an der Stelle müsste man dann einfach sagen, dass wir im Augenblick offenbar kein geeignetes Modell haben um das erfassen zu können und deswegen darüber auch keine definitiven Aussagen treffen können.
Wie viele Äpfel ist ein Smartphone wert?
Die Frage wie viele Äpfel das Äquivalent eines Smartphones bilden, ist aber für die Frage der Produktivkräfte und auch für den Lebensstandart vollkommen belanglos.
Für diese Fragen ist lediglich relevant ist die Produktionsmengen an Äpfeln oder Smartphones innerhalb einer Gesellschaft gestiegen und steht dieser Gesellschaft also von den entsprechenden Waren eine größere Menge zur Verfügung (mit entsprechenden Auswirkungen auf den Marktpreis).
Dann kann man doch letzten Endes nur danach gehen wie viel die Leute bereit sind, für einen Apfel bzw. ein Smartphone zu bezahlen. Und wenn die Leute bereit sind, für ein bestimmtes Smartphone dasselbe zu bezahlen wie für 3000 Äpfel, dann gehen die Produktion und der Verkauf entsprechend in das BIP ein, vorausgesetzt, die Produktion findet jeweils im Inland statt. Wie soll man das anders bewerten?
Die Frage beim BIP lautet doch, wenn es die Leistungskraft einer Volkswirtschaft abbilden soll, warum gilt dann ein im eigenen Garten gezogener Apfel nicht als Teil dieser Leistung ein auf dem Markt verkaufter Apfel aber schon?
Es wäre einfach einzusehen, dass das BIP vollkommen ungeeignet ist zu erfassen, was eine Volkswirtschaft realiter tatsächlich leisten kann.
Eine Gesellschaft kann sehr sehr marktorientiert sein und es kann in dieser Gesellschaft als erstrebenswert gelten so viele Bedürfnisse wie möglich über den Markt zu regeln. Dann kann das BIP ein ganz guter Indikator sein.
Oder aber eine Gesellschaft kann insgesamt sehr auf Sparsamkeit bedacht sein, so dass der Einzelne so viel als möglich selbst macht oder man sich nachbarschaftlich unterstützt ohne den Markt mit einzubeziehen.
In so einer Gesellschaft taugt das BIP als Indikator nicht viel.
Entsprechend hängt die Frage ob das BIP da überhaupt irgendeine Form sinnvoller Aussagekraft hat sehr von ökonomischen und soziokulturellen Zuständen und Kulturen der verschiedenen Gesellschaften ab, so dass es gerade auch als Vergleichswert zwischen verschiedenen Gesellschaften mit völlig unterschiedlicher soziokultureller Verfasstheit eher problemtatisch ist.