Was sollte man von der DDR Kultur alles kennen (Design, Musik, Literatur, Film etc etc).

Eines meiner Lieblingsbücher, um an die DDR heranzukommen - auch, um meine eigene Herkunftsgeschichte als DDR-Kind besser einzuordenen, ist:

Franziska Linkerhand von Brigitte Reimann, erschienen 1974, nach ihrem Tod, weswegen das Buch auch unfertig blieb.

Es gab einige Künstler, besonders Schriftsteller, die sich Nischen suchen mußten, weil sie aus politischen Gründen ins abseits gedrängt wurden. Dadurch gab es in der DDR mitunter eine beachtliche Kinderliteratur. Mich hat am stärksten geprägt - auch wenn ich das erst später so richtig im Zusammenhang realisiert habe - das Werk von Franz Fühmann.

Das Buch "Mutmassungen über Jakob" von Uwe Johnson ist zwar 1959 im selben Jahr erschienen, in dem der Autor nach West-Berlin übersiedelte, ist aber meines Erachtens trotzdem DDR-Literatur. Ich habe das Buch aber nicht verstanden und auch nicht gemocht.

Ein ganz wesentlicher Kulturbeitrag ist bei den Comics zu verzeichnen. Das Mosaik erscheint kontinuierlich seit 1955 und stellte zeitweilig (?) die teuersten Exemplare auf dem antiquarischen Markt. Die Hefte, bis 1975 mit den Titelhelden Digedags, waren ein interessanter Zeitspiegel. Es gibt ein Buch über die Zeitschrift, es heißt "Die geheime Geschichte der Digadags" von Mark Lehmstedt und ist 2010 erschienen. Auch in dem Buch kann man mehr über die DDR erfahren als in manchem Geschichtsbuch.

Nun, und im Genre Film gibt es einen Haufen sehenswerter Perlen. Um mal ganz kitschig zu werden - Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" ist ja auch ein halber DDR-Film.
 
Die DEFA-Produktion "Spur der Steine" aus dem Jahr 1966 mit Manfred Krug fande ich sehr sehenswert. Der Film lief während der Arbeiterfestspiele in Potsdam und dann noch in ein paar DDR-Kinos, bevor er wegen "antisozialistischer Tendenzen" verboten wurde, u.a. wird ein VoPo in einen Teich geschubst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei Krabat ja ein deutlich älterer Stoff ist, der in der Umgebung des Dreißigjährigen Krieges angesiedelt ist, in unzähligen verschiedenen Versionen vorliegt und vor allem sorbische Inhalte trägt. Es ist interessant, sich mal Die schwarze Mühle von Jurij Brezan 1968 und Preußlers Krabat von 1971 gegeneinander durchzulesen.
Ich mag beide Versionen, würde aber den Krabatstoff jetzt nur bedingt als DDR-Erbe auffassen.
 
Die international erfolgreichste DEFA-Produktion ist Jakob der Lügner (1974). Der Film war für den Oscar nominiert.
Der Film spielt zwar in Polen, ist aber eine reine DDR-Produktion.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jurek Becker von 1969. Auch das ist natürlich DDR-Kultur.
Film und Buch finde ich auch heute noch empfehlenswert. (Leider weiß ich nicht, ob die Werke in der DDR populär war. Jurek Becker verließ die DDR wie viele andere Künstler Mitte der 70er.)
 
Ich weiß nicht, ob das hier so recht reinpaßt - ich habe gerade den Verriß über Uwe Tellkamps neuesten Roman im Spiegel gelesen. Ich habe den Turm nie gelesen - es gab irgendwie keinen Ansetzpunkt, der mich neugierig auf das Buch gemacht hätte - aber war es wirklich der große Wenderoman?
 
Da geht es doch eher um die Endzeit der DDR. Die Realität wird da für mich sehr unterhaltsam, nämlich bunt ausgemalt, ein wenig zugespitzt und karrikiert dargestellt. Interessant auch das Milieu, nämlich ein widerständiges Bildungsbürgertum, dessen Existenz im Westen weitgehend unbekannt war. Allerdings gibt es auch Passagen, die ich kaum lesen konnte, und ich befürchte, dass deren Stil im zweiten Teil die Überhand gewonnen hat.
 
^^
Wobei eine unangepasste Meinung auch eine Bereicherung sein kann. Wichtig ist, dass neue Denkansätze immer willkommen sind. :)
 
Da geht es doch eher um die Endzeit der DDR.

Naja, das gehört ja aber auch dazu. Ich würde sagen, die Wende und das Ende der DDR ist einer der wichtigsten Bestandteile der DDR-Kultur, die ja nicht automatisch am 3.10.1990 erloschen war.


Interessant auch das Milieu, nämlich ein widerständiges Bildungsbürgertum, dessen Existenz im Westen weitgehend unbekannt war.

Wenn es nicht traurig wäre, wäre es komisch. Aber genau das war auch der Tenor der Kritik im Hamburger Wochenjournal. Der Osten, das unbekannte Biotop mit unentdeckten Arten.

Menschen aus dem Westen konnten leichter in die DDR als umgekehrt. DDR-Schriftsteller haben zum Teil im Westen veröffentlicht, Intellektuelle, Künstler, Schauspieler sind ausgewandert oder ausgebürgert worden, man konnte das DDR-Fernsehen empfangen. Wir haben meiner Cousine nach Köln Bücher und Schallplatten geschickt - Fontane und alte Küchenlieder. Auch wissenschaftlichen Austausch gab es.

Aber - das unbekannte Bildungsbürgertum. "Wie, ihr konntet lesen?"

Seufz, seufz.
 
"Der Turm" beginnt mit der privaten Aufführung eines Streichquartetts (oder ist es ein Trio?) durch jugendliche Laien. Im Westen war ja durchaus bekannt, dass es im Osten Intellektuelle gab, die stellte man sich aber eher wie Christa Wolf und Heiner Müller vor, solche Vorstellungen scheinen mir auch nicht so überraschend. Heutzutage positioniert sich ja ein Teil des von Tellkamp geschilderten Dresdner Bildungsbürgertums wohl klar rechts vom gegenwärtigen Zeitgeist. Dass man sich im Westen über die Existenz eines solchen Milieus ein bisschen wundert, sollte nicht Anlass zu Stoßseufzern geben.
 
Übrigens, das Cafe Minsk wurde restauriert. Das Cafe Minsk war ein Nationalitätenrestaurant in Potsdam. In Minsk wurde damals zeitgleich ein Cafe Potsdam gebaut. Es handelte sich dabei um einen Prestigebau der DDR. Bezahlt wurde die Wiederherstellung von SAP Gründer Hasso Plattner. Hier soll in Zukunft DDR Kunst ausgestellt werden.
Potsdam hat eine Sehnenswürdigkeit mehr und ein Stück wichtige DDR Architektur wurde erhalten.

Artikel in der FAZ
Potsdamer Moderne: Das Sanssouci der Kommunisten
 
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