Wie finanzierte sich eine Stadt im Hochmittelalter?

Dion

Aktives Mitglied
Jede Stadt braucht eine Verwaltung, die natürlich Geld kostet. Meine Frage dazu: Welcher Teil der Stadtbevölkerung (Klerus, Adel und sog. Dritter Stand, also die übrigen Bürger) zahlte wie viele Steuern und wie wurden diese Zahlungen festgesetzt, eingezogen bzw. kontrolliert?
Und gibt es dazu konkrete Zahlen für Städte des HRR?
 
Das lässt sich nicht leicht verallgemeinernd beantworten, glaube ich. Denn zwar gab es gewisse Gemeinsamkeiten, weil man bei vielen Stadtgründungen bzw. -erhebungen gerne auf erfolgreiche Stadtrechtsordnungen (wie die von Magdeburg oder von Lübeck) zurückgriff.

Aber eine formelle Standardisierung oder gar allgemeines übergeordnetes Recht gab es nicht; außerdem war die politische Situation in vielen Städten so instabil, dass die Verfassung erst umständlich ausgeknobelt werden musste, oft im Rahmen von Aufständen, und sich daher von Stadt zu Stadt unterschied.

Nicht alle Städte erhoben Steuern, und in wieder anderen (wie Nürnberg) gab es zwar eine Abgabenpflicht, aber der Steuerpflichtige bestimmte seine Steuerschuld selbst. Ich bin nicht sicher, ob eine Stadt allein von ihrem Steueraufkommen "leben" bzw. ihren Aufgaben nachkommen konnte.

Die Haupteinnahmequelle dürften Gebühren gewesen sein. Praktisch alles wurde mit Gebühren belegt: der Zutritt zur Stadt; die Benutzung der Straßen durch Fuhrwerke; die Teilnahme an Märkten und Messen; die Benutzung öffentlicher Einrichtungen wie z.B. der (verpflichtend zu nutzenden) städtischen Waage; und so weiter.

Die von der Justiz erhobenen Geldstrafen sowie eingezogenen Vermögenswerte waren ein zweites Standbein (und auch der Hauptgrund, warum Städte nach der Reichsunmittelbarkeit und der Gerichtsherrschaft strebten.)

Es gab städtische Betriebe, die Einnahmen generierten, z.B. stadteigene Höfe, Weingüter und Frauenhäuser (=Bordelle).

Außerdem wären wohl noch die freiwilligen Leistungen zu nennen, die reiche Stadtbürger aufbrachten, um ihr Seelenheil zu sichern oder ihre politische Situation zu stützen. Die Stadt hatte natürlich von vornherein geringere Ausgaben, wenn die Fugger sowieso die Armen speisen ließen oder die Tucher sowieso das Rathaus auf eigene Kosten instand setzten …

Ähnliches gilt für die Kirche, v.a. die Ordensgemeinschaften entlasteten die Städte ganz erheblich, indem sie ihnen die Kranken- und Altenfürsorge abnahmen.

Sehr große einmalige Aufwendungen wie bspw. für Kriegszüge wurden meist durch Sondersteuern (Schatzungen) bestritten.
 
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Jede Stadt braucht eine Verwaltung, die natürlich Geld kostet.
Die meisten Städe im Gebiet des HRR hatten allerdings Einwohnerzahlen von deutlich < 5.000 Einwohnern und das Modell der reichsfreien Städte kam als öffter anzutreffende Form auch erst im Spätmittelalter auf.
Heißt im Hochmittelalter unterstanden die meisten Städte noch einem Stadtherren, der in der Regel gleichzeitig Landesherr eines größeren Gebietes war.

Mit anderen Worten: Im Hochmittelalter regelten die meisten Städte ihre Angelegenheiten überhaupt noch nicht selbst oder jedenfalls nur in Teilen, sondern das wurde von (i.d.R. auswärtigen) Fürsten besorgt.
Zu verwalten gab es bei < 5.000 Einwohnern auch nicht viel. Hin und wieder war vielleicht eine neue Verordnung zu registrieren, hin und wieder Bürgerlisten Steuerlisten, Rechnungsbücher der Stadtkasse zu führen/aktualisieren, hin und wieder vielleicht eine Rechtssache zu entscheiden.
Dafür dürfte man mit einer Hand voll Hanseln für die Verwaltungsdinge ausgekommen sein, viel wird das nicht gekostet haben und so lange die Stadt einem adligen Stadtherrn unterstand, werden Funktionisträger auch von diesem Berufen und bezahlt worden sein.

Registrieren von Geburten, Taufen, Sterbefällen, auch Teile der Rechtssprechung, sofern das Kirchenrecht betraf war ohnehin Angelegennheit der Kirche wie viel Rechtssprechung in weltlichen Dingen innerhalb der Stadt abgehalten wurde, dürfte maßgeblich davon abgehangen haben wie viel Autonomie der Stadtherr der Kommune zugestanden hatte.



Dafür wie sich Abgaben zusammensetzen und wer das tat wird es keinen einheitlichen Schlüssel geben.
Ob eine Stadt die selbst festsetzte oder ein (auswärtiger) Stadtherr wird auf den Grad der Autonomie ankommen, den diese Stadt erreicht hatte und wenn sie eine gewisse Autonomie hatte, dann wie mächtig die Parteien innerhalb der Städte (adliges Patriziat, Kaufleute, Handwerkervereinigungen) ware, die da naturgemäß verschiedene Vorstellungen haben mussten.

Ebenfalls dürfte sich auf die Fragen, wie groß der Anteil der Steuern an den kommunalen Einnahmen insgesamt war (hinzu kämen ja je nach Verfassung auch noch Wegzölle, Marktgebühren, Hafengebühren oder andere Abgaben etc.) und inwieweit er sich aus direkten Kopfsteuern, indirekten Konsumptionssteuern etc. zusammensetzte.

Hinzu kommt, dass auf Grund der geringen Monetarisierung des Alltags es nicht ungewöhnlich wäre, wenn Teile der Abgaben nach wie vor in Dienstleistungen und Naturalien/Arbeitsprodukte zu entrichten waren, so dass es mitunter nicht ganz einfach sein dürfte das ins Verhältnis zu einander zu setzen.


Die Vorstellung, dass es so etwas wie einen "dritten Stand" namens "Bürger" gegeben hätte passt nicht ins Hochmittelalter, dass ist eine Vorstellung die mehr mit der Neuzeit etwas zu tun hat.
Stadtbürger waren ein Nieschenphänomen, die Rolle eines "dritten Standes", wenn man diesen Begriff überhaupt bemühen möchte, spielte im Mittelalter das Bauerntum, nicht die wenigen vorhandenen Stadtbürger.

Der nächste Denkfehlter, den du oben in deinem Beitrag machst, ist dass du anscheinend alle Stadtbewohner unter "Adel", "Klerus" oder "Bürger" subsummierst.
Das ist aber nicht zutreffend.
Nur weil jemand im Mittelalter eine Stadt bwohnte, war er noch lange kein vollwertiger Bürger.

Das Heilige römische Reich war groß.
Man wird sicherlich die Verhältnisse in einzelnen Städten im Hochmittelalter an Hand der überlieferten Zeugnisse betrachten können, dabei aber kaum allgemeine Regeln finden.
Vergleichsweise große Kommunen Mailand oder andere zum Reich gehörende oberitalienische Städte, wird man kaum mit Neugründungen irgendwo in Norddeutschland mit ein paar hundert oder vielleicht ein- zweitausend Einwohnern vergleichen können.

Auch gibt es im Hochmittelalter was Selbstverwaltung und alles was dazu gehört ein Nord-Süd-Gefälle.

Während die meisten Kommunen nördlich der Alpen noch adligen Stadtherren unterstanden und relativ abhängig von diesen waren, begannen die norditalienischen Kommunen bereits sich von ihren Stadtherren loszusagen und ihr eigenes Ding zu machen, mit allen Konsequenzen, die das hatte.

Da wird man kaum gemeingültige Regeln ausmachen können, was die Rahmenbedingungen von Abgaben angeht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Regelmäßige Steuern auf Einkommen & Ertrag gab es mWn nicht. Eher wurde der Besitz besteuert, aber nicht als jährliche Abgabe, sondern wenn es notwendig erschien, bzw für größere Projekte. Spätestens ab dem Spätmittelalter gab es aber Verbrauchsteuern auf bestimmte Produkte, bspw Bier.

Zölle uä spielten eine große Rolle, da einfach zu erheben.

Und wenn man i-wie Pilger anziehen konnte, war das wohl so was wie ein Jackpot für die Stadt...
 
Erstmal danke für die Antworten.

Meine Fragen zielten vor allem auf größere Städte mit einer gewissen Selbstständigkeit, denn immerhin führten italienischen Städte Kriege untereinander und/oder gegen Kaiser. Sie unterhielten Söldnerheere, die viel Geld kosteten, das irgendwo herkommen musste. Ich habe gelesen, dass Mailand sich nach der Niederlage des Lombardischen Bundes bei Cortenuova gegen eine Unterwerfung unter den Kaiser Friedrich II. entschied, weil dabei der Schaden größer für die Stadt wäre, als wenn man weiter gegen den Kaiser kämpfte. Mailand und andere Städte des Lombardischen Bundes mussten also enorm viel Geld gehabt haben, um das zu wagen. Ich bezweifle, dass dieses Geld von Gebühren herkam, der Haupteinnahmequellen der Städte.

Daher: Gehe ich Recht in der Annahme, dass in solchen Fällen die vermögenden Bürger, also diejenigen, die am meisten zu verlieren hätten, durch Selbstverpflichtung die Hauptlast trugen? Ich meine, sie müssen ausgerechnet haben, was an Kaiser im Fall der Unterwerfung zu zahlen wäre, und was der Unterhalt des Heeres kostete. Und was sie im Fall einer Einnahme der Stadt durch Plünderungen verlieren würden.

Das kaiserliche Heer kostete sicher auch was, aber die Hauptlast haben die Ritter für sich und ihre eigene Truppe tragen müssen, oder? Wenn man bedenkt, dass 150 Jahre später der Deutsche Orden 24 Gulden für einen Ritter, sprich "Lanze" (1 Lanze = 1 Gewappneter + ein Schütze + ein Junge + ein lediges Pferd = 3 Mann und 4 Pferde) pro Monat (= 4 Wochen) zahlte (das sind etwas weniger als 1 Gulden pro Tag), kann man sich in etwa ausrechnen, wie kostspielig schon damals Kriege waren, die (bei Belagerungen) auch Monate und Jahre dauern konnten.
 
Jede Stadt braucht eine Verwaltung, die natürlich Geld kostet. Meine Frage dazu: Welcher Teil der Stadtbevölkerung (Klerus, Adel und sog. Dritter Stand, also die übrigen Bürger) zahlte wie viele Steuern und wie wurden diese Zahlungen festgesetzt, eingezogen bzw. kontrolliert?
Und gibt es dazu konkrete Zahlen für Städte des HRR?
Wie bei den Bauern gab es auch in den Städten eine Unzahl von Steuern, je nach Epoche und Stadt unterschiedlich.
Die Steuer die wohl jede Stadt erhob, war die sogenannte "Herdsteuer", d.h. jedes Haus (Herdstelle) wurde besteuert, also jeder Haushalt, unabhängig von der Anzahl Köpfe. Auch Adlige welche ein Haus (oder einen Palast) in der Stadt hatten, zahlten dafür in der Regel die Herdsteuer. Kleriker waren häufig von der allgemeinen Steuerpflicht befreit.

Um zu erfahren, wie hoch die Herdsteuer und die sonstigen temporären oder fixen Steuern einer Stadt (z. B. Mailand) in einer Epoche (z.B. zur Zeit Barbarossas) waren, müsste man die entprechenden Steuerbücher und Steuerlisten konsultieren. Steuerbücher und Steuerlisten mittelalterlicher Städte sind eigentlich in grösserem Umfang erhalten geblieben, wenn natürlich auch nicht vollständig.
 
Mailand und andere Städte des Lombardischen Bundes mussten also enorm viel Geld gehabt haben, um das zu wagen. Ich bezweifle, dass dieses Geld von Gebühren herkam, der Haupteinnahmequellen der Städte.

Die großen italienischen Städte kontrollierten allerdings nicht nur das Territorium innerhalb ihrer Stadtmauern, sondern de facto auch einen großen Teil ihres Umlandes und die darauf befindlichen Ortschaften.

Wenn du dir anschaust, wo die Städte des Lombardischen Bundes liegen, wirst du feststellen, dass sie jedenfalls in Friedenszeiten einen Großteil der südlichen Ausgänge der zentralen und östlichen Alpenpässe kontrollierten, bzw. die Territorien in der Ebene südlich davon (Mailand, Bergamo, Brescia, Vicenza, Verona, Treviso) und der Machtbereich vonn Teilen der beteiligten Kommunen im Süden an den Po heran reichte (Piacenza vor allen Dingen).

Mit anderen Worten die Städte des lombardischen Bundes kontrollierten mehr oder weniger einen Großteil der Handelswege zwischen Italien und dem Regnum Teutonicum mindestens abschnittsweise, heißt dass die Hand auf den Zöllen eines Großteils des Handels zwischen beiden Gebieten hatten (sofern der nicht über die westliche Alpenpässe und/oder das arelatische Burgund lief).
Auch kontrollierten die Mitglider des Bundes den Handel auf einem Großteil der Flüsse in der Po-Ebene, streckenweise den Handel auf dem Po selbst.


Die Möglichkeiten einzelner Kommunen, die dem lombardischen Bund angehörten mögen für sich genommen begrenzt gewesen sein, die Möglichkeiten aller im lombardischen Bund vereinigten norditalienischen Städt zusammen waren demgegenüber gewaltig, weil die Städte zusammengenommen mehr oder weniger alle wichtigen Verkehrswege Norditalien (mit Ausnahme der westlichen Alpenpässe) kontrollierten und auf einem große Teil des Gebiets der heutigen italienischen Provinzen Lombardia, Veneto und Emilia-Romagna im Prinzip kein Handel mehr stattfinden konnte, bei dem nicht irgndein Mitglied des lombardischen Bundes seine Hand sowohl bei Wegzöllen, als auch bei Marktgebühren aufhielt.

Dieser Bund war zusammen in der Lage mehr oder weniger sämtiliche Handelsaktivitäten in Norditalien anzuzapfen um den Finanzbedarf für seine Auseinandersetzungen mit Friedrich II. zu bestreiten.

Davon konnte man schon ganz gut ein paar Söldner bezahlen.

Hinzu kommt, wie gesagt, dass die größeren Kommunen auch ihr direktes Umland kontrollierten, so dass sie auch von den umliegenden Bauern und kleineren Siedlungen Beiträge einfordern konnten.

Daher: Gehe ich Recht in der Annahme, dass in solchen Fällen die vermögenden Bürger, also diejenigen, die am meisten zu verlieren hätten, durch Selbstverpflichtung die Hauptlast trugen? Ich meine, sie müssen ausgerechnet haben, was an Kaiser im Fall der Unterwerfung zu zahlen wäre, und was der Unterhalt des Heeres kostete. Und was sie im Fall einer Einnahme der Stadt durch Plünderungen verlieren würden.

Die Bürger warenn ja bereits insofer selbstverpflichtet, als dass sie im Belagerungsfall selbst bei der Verteidigung der Stadtmauer mitwirken und gegebenenfalls Ersatzleute stellen (bezahlen) mussten, die das für sie taten.

Ansonsten spielte an und für sich die Zeit für die lombardischen Städte, weil es im Prinzip völlig undekbar war, die alle zu belagern.
Insofern die Bewohner selbst verpflichtet waren Bewaffnung vorzuhalten und bei der Verteidigung der Städte mitzuwirken, musste hierfür auch keine besonderen Aufwändungen für zusätzliche Söldner kalkuliert werden, zumal schutzsuchende Bewohner des Umlandes sich in die Städte geflüchtet haben dürften, die man sicherlich zusätzlich für die Verteidigung einspannen konnte.

Das kaiserliche Heer kostete sicher auch was, aber die Hauptlast haben die Ritter für sich und ihre eigene Truppe tragen müssen, oder? Wenn man bedenkt, dass 150 Jahre später der Deutsche Orden 24 Gulden für einen Ritter, sprich "Lanze" (1 Lanze = 1 Gewappneter + ein Schütze + ein Junge + ein lediges Pferd = 3 Mann und 4 Pferde) pro Monat (= 4 Wochen) zahlte (das sind etwas weniger als 1 Gulden pro Tag), kann man sich in etwa ausrechnen, wie kostspielig schon damals Kriege waren, die (bei Belagerungen) auch Monate und Jahre dauern konnten.

150 Jahre später herrschen völlig andere Strukturen, zumal der Deutschodensstaat als durch die Verfasstheit des Ritterordens etc. ohnehin einen a-typischen Fall darstellt, schon was die Organisation des geamten Landes angeht.

Das Hochmittelalter und die Stauferzeit, sind noch nicht die Hochzeit des Söldnerwesens, das kommt im größeren Maße erst später auf.
Die militärische Macht der römisch deutschen Kaiser im Hochmittelalter basierte noch wesentlich auf der Gefolgschaftspflicht ihrer Lehensmänner (deswegen reagierte Friedrich I. Barbarossa so empfindlich darauf, als ihm Heinrich der Löwe seine Gefolgschaft für die Auseinandersetzung in Italien verweigerte).

Der Knackpunkt im hochmittelalterlichen Lehenswesen und im Hinblick auf die Gefolgschaft, die die Lehensnehmer ihren Herren schuldig waren, bestand allerdings darin, dass diese Verpflichtung nur für eine gewisse Zeit im Jahr galt.
Danach konnte die bis hierhin verpflichteten Vasallen von rechts wegen entweder nach Hause gehen oder aber die Hand auf halten und sich ihre weiteren Dienste nach selbst ausgehandelten Tarifen bezahlen lassen.

D.h. in den ersten Wochen/Monaten war ein kaiserliches Heer vergleichsweise billig, weil es nicht auf Bezahlung, sondern auf rechtlicher Verpflichtung der belehnten Vasallen des Kaisers zur Heerfolge basierte.
In dem Moment, in dem die rechtliche Verpflichtung der Vasallen allerdings aulief, weil sie ihr rechtlich verankertes Jahrespensum an Heeresfolge abgeliefert hatten, war ein kaiserliches Heer entweder akkut davon bedroht zu zerfallen, weil die Leute nach Hause ginge, oder aber innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums explodierten die Unterhaltskosten, weil sich die Grundlage des Heeres von rechtlicher Bindung hin zu Bezahlung veränderte.

Will bedeuten, es war für einer Kaiser recht einfach ein Heer auszuheben, aber sehr schwierig es für längere Zeit zu unterhalten.
Und das sprach im Konfliktfall durchaus dafür zu versuchen einen Konflikt einfach auszusitzen, im besonderen, wenn man gut befestigte Städte hatte, deren Belagerung sich über Monate hinziehen konnte.
Denn Zeit war das, was der Kaiser in der Regel nicht hatte.

Friedrich II. war hier ein Sonderfall, weil er mit dem Königreich Sizilien über eine eigene Hausmacht in Italien verfügte und nicht in dem Maße wie andere Kaiser von den Verhältnissen im Norden und Verstärkungen aus dem Regnum Teutonicum abhängig war, wenn er in Italien Krieg führen wollte.
Allerdings war diese Hausmacht in Italien auf der anderen Seite auch eine Hypothek, weil sie dafür sorgte, dass der Papst (bzw. die verschiedenen Päpste seiner Zeit), zumal in seiner Eigenschaft als mittelitalienischer Territorialfürst ihm gegenüber mehr oder minder kontinuierlich misstrauisch eingestellt war.
Insofern eine Ausweitung der kaiserlichen Macht (und im Besonderen diess Kaisers, der auch in Süditalien eine Machtbasis hatte) dem Papst und anderen Großen in Mittelitalien, auch in Toscana und den Seestädten nicht schmecken konnte, sprach auch dafür die Auseinandersetzung fortzusetzen.

Insofern auch der Papst, und bisher nicht betroffene Italienische Kommunen und Große eine Ausweitung der kaiserlichen Macht in Norditalien nicht wünschen konnten, stand Friedrich II. ohnehin vor dem Problem, dass allzu maßlose Forderungen im Falle eines Sieges den Annschluss von Papst und weiteren Städten und italienischen Großen an den Lombardischen Bund und damit ein Kippen des Kräfteverhältnisses hätte verursachen können.


Von dem her sprach für die lombardischen Städte sehr viel dafür den Konflikt wenn möglich in die Länge zu ziehen, bis Friedrich II. zu einem Kompromiss bereit sein würde.
Die Mittel dazu hatten sie.
 
Zum Hochmittelalter kann ich leider wenig beitragen, allenfalls zum Spätmittelalter.

Die Augsburger Stadtrechnungen von 1320 bis 1466 sind transkribiert und digitalisiert:
Home : Augsburger Baumeisterbücher

Zum Rechnungsjahr 1391 hat Christian Meyer (Der Haushalt einer deutschen Stadt im Mittelalter, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 1, 1903, Heft 3/4) eine Auswertung vorgelegt.

Demnach bestand der Löwenanteil der regelmäßigen Einnahmen, etwa die Hälfte der Gesamteinnahmen, aus Ungeldern, worunter vor allem der Wein mit 4257,30 Pfund Schilling (+ 123 Gulden) gewaltig zu Buche schlug. Die zweitgrößte Einnahmequelle bestand in Getreideverkäufen, "indem die Stadt nicht nur selbst im Besitz eines ausgedehnten landwirtschaftlichen Grundbesitzes war, sondern auch eine Menge Zehnten und Renten in natura geliefert erhielt. Für 1391 betrug der Erlös des verkauften Getreides 2315 3/4 Pfd."
Alle anderen Einnahmen spielten eine eher untergeordnete Rolle, direkte Steuern beliefen sich auf 656 Pfund, Tor- und Brückenzölle auf rund 356 Pfund. Gerichts- und Strafgelder mit 125,55 Pfund wird man eher nicht als "Standbein" der Stadtfinanzen bezeichnen wollen.

Dazu kommt ein stattlicher Betrag an einmaligen Einnahmen, die sich aus verkauften Immobilien (3100 Gulden) und Leibgedingen (4063 Gulden) ergeben.


Sehr große einmalige Aufwendungen wie bspw. für Kriegszüge wurden meist durch Sondersteuern (Schatzungen) bestritten.

Gehe ich Recht in der Annahme, dass in solchen Fällen die vermögenden Bürger, also diejenigen, die am meisten zu verlieren hätten, durch Selbstverpflichtung die Hauptlast trugen?

Beispiel aus Nürnberg: 1431 wurde zwecks Anwerbung von Söldnern eine nach Vermögen gestaffelte "Hussitensteuer" erhoben. Die vermögendsten Einwohner (Vermögen über 1000 Gulden) mussten 4 Gulden bezahlen, die Ärmsten (Vermögen unter 50 Gulden) 2 Schillinge (ca. 0,08 Gulden).
Erster Abschnitt. Die direkten Steuern.
 
Die Hussitensteuer erbrachte rund 10.000 Gulden, die jedoch nicht reichten, um zusammen mit den regulären Einnahmen die außerordentlich hohen Ausgaben des Jahres 1431 zu decken.
Der Rest wurde über Anleihen finanziert.

Das dürfte auch im italienischen Hochmittelalter ein oft gewähltes Mittel gewesen sein:

Venedig sah sich nicht selten vor die Aufgabe gestellt, Geldmittel zu verflüssigen, die den Rahmen der ständigen Einnahmen aus indirekten Steuern, Zöllen usw. sprengten. Im Kriegsfall beliehen die wohlhabenderen Familien die Kommune. Von freiwilligen Anleihen ("in maxima necessitate" beschlossen) vernehmen wir erstmals 1164 . Der Auslöser der 'maxima necessitas' war ein Krieg gegen das dalmatinische Zara. Die Anleihe wurde im Umfang von 1150 Mark Silber (267 950 Gramm) von zwölf Familien aufgebracht. In dieser Anleihe können wir möglicherweise den Vorboten zu einem Wechsel im venezianischen Finanzierungssystem erkennen. Bis zum 11. Jahrhundert existierte nur eine einzige direkte Abgabe, nämlich das vielleicht nur einmal im Leben zu entrichtende decimum. Diese Abgabe, die nach einer beeidigten Vermögenserklärung erfolgte, verschwand im 12. Jahrhundert, wo stattdessen das advetaticum auftauchte, das mehrfach von ein und demselben Pflichtigen entrichtet werden musste, aber nur noch in Kriegsfällen und besonderen Notlagen. Möglicherweise versuchten die reichsten Familien eine Zwangsanleihe überflüssig zu machen, indem sie dieser durch freiwillige Anleihen zuvorkamen, die durch 11-jährige Verpachtung der Einnahmen aus dem Markt von Rialto kompensiert, allerdings nicht verzinst wurden.

Die erste Zwangsanleihe wurde anscheinend wegen des Krieges gegen Byzanz im Jahre 1171 erhoben. 1187 erfolgte wiederum eine freiwillige Anleihe gegen Verpachtung bestimmter kommunaler Einnahmen - mit dem Unterschied zur bisherigen Regelung, dass genau entsprechend dem Vermögen beliehen wurde. Vor 1207 erfolgte der endgültige Übergang zur Zwangsanleihe - ohne dass die freiwillige Anleihe damit verschwand. Üblicherweise betrug die Zwangsanleihe 0,5 bis 2 % des Vermögens. Vermögen bedeutete hierbei mobiler Besitz - dazu zählten Waren, Bargeld, Schmuck, Edelsteine - sowie Einnahmen aus Häusern und Grundbesitz.

Damit wurde für ein Vierteljahrtausend ein Finanzierungssystem etabliert, das in der Lage war - wenn auch unter oftmals größten Schwierigkeiten - den Geldbedarf der Serenissima zu decken.

Finanzgeschichte Venedigs
 
Registrieren von Geburten, Taufen, Sterbefällen, auch Teile der Rechtssprechung, sofern das Kirchenrecht betraf war ohnehin Angelegennheit der Kirche

Wenn überhaupt Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle registriert wurden, war auch das erst eine Erscheinung des ausgehenden Mittelalters bzw. der Neuzeit. Ich hatte Dir das schon mal geschrieben:
Stadtluft macht frei

Bei Wikipedia heißt es unverbürgt, das älteste erhaltene Kirchenbuch aus dem deutschsprachigen Raum sei ein 1490 begonnenes Taufbuch aus Basel:
Kirchenbuch – Wikipedia


"Schon in der Antike und im Mittelalter können Verzeichnisse von kirchlichen Amtshandlungen nachgewiesen werden. Als allgemeine Einrichtung waren solche kirchlichen Verzeichnisse jedoch bis in die Frühe Neuzeit unbekannt. Durch die Reformation und das Konzil von Trient wurde die Kirchenregisterführung erst nachhaltig gefördert.

Die Einführung der Kirchenregister in Württemberg ist im Kontext mit der Neuordnung des Kirchenwesens unter Herzog Christoph zu sehen. Mit ihrer Führung begann man um 1558, zunächst, um eine bessere Kontrolle über die Kirchenzucht zu gewinnen."​

Kirchenregister - LEO-BW
 
Die Steuer die wohl jede Stadt erhob, war die sogenannte "Herdsteuer", d.h. jedes Haus (Herdstelle) wurde besteuert, also jeder Haushalt, unabhängig von der Anzahl Köpfe. Auch Adlige welche ein Haus (oder einen Palast) in der Stadt hatten, zahlten dafür in der Regel die Herdsteuer. Kleriker waren häufig von der allgemeinen Steuerpflicht befreit.
Das mit der Herdsteuer habe ich schon mal gelesen, nicht aber, dass die Kleriker davon befreit waren. Andererseits haben manche der Mönch- und Nonnenorden auch unentgeltlich Aufgaben in sozialen Bereichen übernommen und damit den Haushalt der Stadt entlastet.

... bei dem nicht irgndein Mitglied des lombardischen Bundes seine Hand sowohl bei Wegzöllen, als auch bei Marktgebühren aufhielt.
Die Weg- und Brückenzölle waren wohl gering und deckten kaum die Instandhaltungskosten der Wege, d.h. die konnten nicht zur Finanzierung von Söldnern herangezogen werden. Wie hoch die Marktgebühren waren, weiß ich nicht, aber die Märkte wurden ohnehin nur periodisch (ein paar Mal im Jahr) abgehalten und konnten daher auch nicht allzu viel einbringen, wobei das Recht, einen Markt abhalten zu dürfen, auch gekauft werden musste. Zudem musste ein Teil der Markteinnahmen in der Regel an den Territorialherren oder König oder Kaiser abgeführt werden.

150 Jahre später herrschen völlig andere Strukturen, zumal der Deutschodensstaat als durch die Verfasstheit des Ritterordens etc. ohnehin einen a-typischen Fall darstellt, schon was die Organisation des geamten Landes angeht.
Mag sein, dass dann andere Strukturen herrschten, aber die Kosten für Mannschaften, Rüstung und Pferde blieben bestehen und mussten von irgendjemand übernommen werden. Wenn ich lese, dass Ritter sich verschulden mussten, um an einem Kreuzzug teilnehmen zu können, dann galt das auch für einen Kriegszug des Kaisers.

Der Knackpunkt im hochmittelalterlichen Lehenswesen und im Hinblick auf die Gefolgschaft, die die Lehensnehmer ihren Herren schuldig waren, bestand allerdings darin, dass diese Verpflichtung nur für eine gewisse Zeit im Jahr galt.
Danach konnte die bis hierhin verpflichteten Vasallen von rechts wegen entweder nach Hause gehen oder aber die Hand auf halten und sich ihre weiteren Dienste nach selbst ausgehandelten Tarifen bezahlen lassen.
Weiß man, wie viele Monate im Jahr die Heeresfolge zu leisten war? Ich habe nur was von Frühjahr (März) bis Herbst (September/Oktober) gelesen.

Die Augsburger Stadtrechnungen von 1320 bis 1466 sind transkribiert und digitalisiert:
Home : Augsburger Baumeisterbücher
Vielen Danke für den Link auf diese Fundgrube. Dort fand ich auch noch den Link auf die Jahrrechnungen der Stadt Basel, die noch besser erklärt werden.

Beispiel aus Nürnberg: 1431 wurde zwecks Anwerbung von Söldnern eine nach Vermögen gestaffelte "Hussitensteuer" erhoben. Die vermögendsten Einwohner (Vermögen über 1000 Gulden) mussten 4 Gulden bezahlen, die Ärmsten (Vermögen unter 50 Gulden) 2 Schillinge (ca. 0,08 Gulden).
Erster Abschnitt. Die direkten Steuern.
Interessant, dass hier die unteren und mittleren Schichten prozentual mehr zahlen mussten, als die oberen. Das ist bis heute so geblieben. :rolleyes:

Der Link funktioniert nicht.
 
Das mit der Herdsteuer habe ich schon mal gelesen, nicht aber, dass die Kleriker davon befreit waren. Andererseits haben manche der Mönch- und Nonnenorden auch unentgeltlich Aufgaben in sozialen Bereichen übernommen und damit den Haushalt der Stadt entlastet.


"Der Stadthaushalt weist keine Ausgabe für Kirche und Schule nach, auch keine für das Armenwesen, welche in unserer Zeit allein einen großen Teil der Kommunaleinnahmen verschlingt. Kirchenbauten wurden allein aus frommen Spenden, besonders Ablaßgeldern und Stiftungen, bestritten. Die Geistlichkeit zog ihren Unterhalt aus fundierten Pfründen, freiwilligen Opfern und Stolgebühren. Die Armut fand sich nicht bloß auf den Bettel angewiesen, sondern wurde in der verschiedenartigsten Weise durch milde Stiftungen unterstützt, an welchen Augsburg schon im 14. Jahrhundert reich war. Von der Stadt erhalten die Armen nichts, die Geistlichen nur Abgabenfreiheit." (Christian Meyer)
 
Bei beiden Links, @Sepiola, kommt erstmal eine Warnung des Virusscanners, dass die Zertifikate dieser Website ungültig seien, und wenn man trotzdem weiter geht, erscheint sofort „404 Not found“. Den Zugriff erfolgt nur mit ausgeschaltetem Virusscanner. Das aber ist heutzutage zu riskant. In diesem Fall zwar nicht, aber sonst im Netz zu surfen.

Die Geistlichkeit zog ihren Unterhalt aus fundierten Pfründen, freiwilligen Opfern und Stolgebühren.
Und was ist mit dem Zehent? Wurde der in den Städten nicht erhoben? Oder ist mit "fundierten Pfründen" der Zehent gemeint?
 
Die Weg- und Brückenzölle waren wohl gering und deckten kaum die Instandhaltungskosten der Wege, d.h. die konnten nicht zur Finanzierung von Söldnern herangezogen werden.

Ich hatte vor allem mit Wegzöllen am Ausgang von Gebirgspässen und Flusszöllen argumentiert.
Da gab es nicht viel intand zu halten.

Das beim Beispiel Augsburg oben Tor- und Brückenzölle nicht übermäßig zu Buche schlagen, nimmt insofern nicht wunder, als dass die Stadt nicht unbedingt an einem logistischen Nadelör liegt.
Wenn es verkehrstechnische Möglichkeiten gab eine Stadt zu umgehen, musste diese natürlich aufpassen nicht durch zu hohe Abgaben die Händler zu vergraulen und eine Verschiebung der Warenströme in konkurrierende Ortschaften zu provozieren.

Städte, die de facto die Ausgänge von wichtigen Gebirgspässen oder Abschnitte größerer schiffbarer Flüsse mit überregionaler Bedeutung (oder gar deren Mündung) kontrollierten, kontrollierten de facto Verkehrsadern, zu denen es keine vernünftigen Alternativen gab.
Landtransporte, im Besonderen größerer Warenmengen waren extrem kostspielig und aufwändig, die Transportgeschwindigkeiten waren elendig langsam und die Strapazen, die die Last- und Zugtiere mitmachen konnten, bevor sie ausgewechselt werden mussten, waren begrenzt.

Es war vielleicht möglich eine Brücke mit einem überhöhten Zoll zu meiden und die nächste Brücke mit einem geringeren Zoll zu benutzen oder zu versuchen sich abseits davon zu günstigeren Konditionen per Fähre übersetzen zu lassen, ohne dadurch allzu extreme Einbußen zu haben.
Sich aber in Umwegen von ggf. mehrere 100 Km einzulassen um Wegzölle auf einem wichtigen Bergpass zu vermeiden, oder gar zu versuchen sich mit schwerer Ladung abseits der Passwege irgendwie durchs Gebirge zu kämpfen, wäre demgegenüber durch die verlängerten Reisezeiten und die damit steigenden Kosten (Unterkunft, Verpflegung, Rast für die Tiere oder ankaufen/anmieten weiterer frischer Zug-/ Lasttiere) vollkommen unwirtschaftlich gewesen.
Das Gleiche bei Flüssen. Einigermaßen kostengünstiger Transport, im Besonderen von Massengütern, wie Getreide, Holz, Salz etc. etc. war über weitere Strecken nur über den Wasserweg möglich.
Das Umladen und der Transport entsprechender Warenmengen auf dem Landweg hätte bei entsprechend großen Chargen Unmengen von Wagen, Zugtieren, Wagenführern, Verpflegung etc. gebraucht und wesentlich mehr Zeit (= steigende Verpflegungskosten) in Anspruch genommen.
Einfach mal von den Flüssen als Transportwegen abweichen um Flusszölle zu umgehen, funktionierte nicht, wenn man einen Transport über einige Entfernung vor hatte und die Waren am Bestimmungsort preislich noch konkurrenzfähig sein sollten.

Auch Flusszölle jedenfalls an größeren schiffbaren Flüssen waren weit geeigneter kräftig die Hand aufzuhalten, als Tor- und Brückenzölle.

Wie hoch die Marktgebühren waren, weiß ich nicht, aber die Märkte wurden ohnehin nur periodisch (ein paar Mal im Jahr) abgehalten und konnten daher auch nicht allzu viel einbringen, wobei das Recht, einen Markt abhalten zu dürfen, auch gekauft werden musste. Zudem musste ein Teil der Markteinnahmen in der Regel an den Territorialherren oder König oder Kaiser abgeführt werden.

Es gab Jahrmärkte und Messen, die nur einmal oder ein paar mal im Jahr abgehalten werden durften, es gab aber durchaus auch ständige Märkte, die mehr oder minder das gesamte Jahr über liefen.
Ging auch gar nicht anders.
Wie sollte z.B. Fischerei irgendwelche Gewinne einbringen können, wenn Märkte nur alle paar Wochen/Monate stattgefunden hätte und zwischen dem Fang und dem nächsten Markttag jetzt blöderweise 2-3 Wochen gelegen hätten, in denen überzähliger Fisch, der eigentlich verkauft werden könnte, schlicht vergammelt wäre und man spontan auch kein Slaz hätte zukaufen können um für Haltbarkeit zu sorgen?
Das funktioniert offensichtlich nicht und wäre vollkommen überbürokratischer Unsinn gewesen.

Bei überregional gehandelten, nicht verderblichen Gütern konnten Begrenzungen der Zeiten für Märkte Sinn ergeben, aber nicht wenn es um Bedarfsgüter oder dringend benötigte Roh- und Zwischenprodukte für ansässige Handwerkszweige ging ohne deren ständige Verfügbarkeit das gesamte Wirtschaftsleben der Stadt zusammengebrochen wäre.
Die meisten Handwerker werden nicht über einen Kapitalstock und Lagermöglichkeiten verfügt haben, der ihnen erlaubt hätte, Rohstoffe und Zwischenprodukte im Umfang des Bedarfs mehrerer Wochen/Monate im Vorraus einzukaufen und einzulagern und Produzierte Güter erstmal auf Halde zu legen ohne Einnahmen zu haben, bevor sie im Rahmen des nächsten Marktes Wochen oder Monate später verkauft werden konnten.
Das wäre ebenso Unsinn gewesen.
Verderbliche Güter mussten ohnehin verhandelt werden, wenn sie verfügbar waren, sonst hätte man sich ihre Produktion sparen können.


Und was Marktrechte und Abgaben an Landesherren angeht:

Der Umstand, dass die größeren italienischen Kommunen sich gerade der Gewalt der der lokalen Landesherren entzogen, sich selbst zu Territorialherren aufschwangen und begannen ihre Angelegenheiten eingenständig zu regeln, war ja gerade die Problematik, an der sich die gannze Auseinandersetzung um den Lombardenbund entzündet hatte.

Die Italienischen Kommunen hatten sich von ihren früheren Landesherren weitgehend selbstständig gemacht.
Ausgefeilte Systeme von Stadträten und gewählten Bürgermeistern gab es da intern noch nicht, stattdessen einigten sich die großen patrizischen Familien innerhalb der Städte, in der Regel auf einen Kandidaten, den sie zu einer Art Stadtvorsteher, genannt "Podestà" ernannten.
Das war so lange kein Problem, wie der Kaiser bereit war sich dort nicht einzumischen oder um den theoretischen Einfluss des Reiches zu wahren, die ernannten Persönlichkeiten bestätigte.

Das führte zum Krach, als Friedrich I. Barbarossa versuchte in denn oberitalienischen Städten den "Podestà", den die örtlichen großen sich ausgesucht hatten nicht mehr anzuerkennen und ihnen einen Kaiserlichen Verwalter als Oberhaupt aufzudrücken um die theoretisch auf dem Papier bestehenden Rechte des Reiches tatsächlich durchzustzen und zu kontrollieren.
Deswegen und dagegen der "Lombardenbund" weil darauf so gut wie keine norditalienische Kommune scharf war (ausgenommen kleinere Städte, die von ihren größeren Nachbarn mittlerweile marginalisiert wurden), denn das hätte ja bedeutet, Kaiserliche, landesherrliche Ansprüche tatsächlich anerkennen zu müssen.

De facto und das unterscheidet die Norditalienischen Kommunen von den meisten Städten nördlich der Alpen, hatten sich die italienischen Städte, de facto der Kontrolle der Territorialfürsten bereits so weit entzogen, dass deren Ansprüche auf Abgaben und Reglementierungen gegenüber den Städten in der Parxis nicht mehr vorkamen.
 
Mag sein, dass dann andere Strukturen herrschten, aber die Kosten für Mannschaften, Rüstung und Pferde blieben bestehen und mussten von irgendjemand übernommen werden. Wenn ich lese, dass Ritter sich verschulden mussten, um an einem Kreuzzug teilnehmen zu können, dann galt das auch für einen Kriegszug des Kaisers.

1. Du kannst einen Kreuzzug, womöglich noch in Richtung Jerusalem für den mehrere Jahre veranschlagt werden mussten, inklusive laufender Verpflegungskosten für Ritter und Gefolge etc. nicht einfach mit inem regional begrenzten Kriegszug des Kaisers gleichsetzen.
Wenn der Kaiser zu den Waffen rief, ging es meistens um eine Kampagne, die darauf zielte irgendeinen rebellischen Fürsten zur Raison zu bringen, oder eine Strafexpedition gegen irgendeinen Anrainer des Reiches zu führen aus dessen Gebiet Überfälle begangen wurden o.ä.
Solche Aktionen waren in der Regel innerhalb von ein paar Monaten erledigt, was darüber hinausging, hatte Seltenheitswert.

2. Was den Deutschordenstaat angeht:

Das Prussenland war selbst nach dem Zuzug von Kolonisten aus dem Reich relativ dünn besiedelt, Livland erst recht.
Der deutsche Orden verfügte in diesen Gebieten zu keiner Zeit mehr als über ein paar 100 Ritter, wenn es hoch kommt, und entsprechend der vergleichsweise dünnen Bevölkerung, gab es hier nicht allzu viel, was sich über Lehensstrukturen mobilisieren ließ, wobei noch zu diskutieren wäre, inwiefern sich die Ordensstrukturen überhaupt mit dem Lehenssystem im Reich vergleichen lassen.

Wenn nicht viel an Einwohnerschaft vorhanden ist, das zu Kriegszwecken mobilisiert werden kann, man aber der Meinung ist ein großes Heer zu brauchen ist folglich der Bedarf an Söldnern um so größer, je größer der Bedarf wiederrum, desto höher der Preis.
Das lässt sich nicht einfach gleichsetzen, bzw. von den Kosten, die der Ordensstaat hatte auf die des Kaisers schließen.


Weiß man, wie viele Monate im Jahr die Heeresfolge zu leisten war? Ich habe nur was von Frühjahr (März) bis Herbst (September/Oktober) gelesen.

Ich weiß nicht ob es dazu irgendwelche allgemeinen irgendwo kodifizierten Bestimmungen gab, da bin ich ehrlich gesagt überfragt.
Insofern das Lehensverhältnis zwischen Lehensherrn und Lehensmann ein individueller personenbezogener Vertrag war, würde ich eher davon ausgehen, dass dementsprechend auch die Bestimmungen darüber, in welchem Umfang (wie viele Bewaffnete ein Lehensnehmer zu stellen hatte) und die zeitlichen Modalitäten, für wie viele Tage im Jahr er zur Heeresfolge herangezogen werden konnte, von einander abwichen.
Typischerweise gab es solche Begrenzungen allerdings.

Nehmen wir einfach mal den von dir postulierten Zeitraum März bis September an:

Was hieße das in der Praxis z.B. für einen Kriegszug nach Italien? Wie würde sowas ablaufen?

Irgendwann im Frühjahr (vielleicht auch schon im Jahr davor) würde der Kaiser seine Vasallen zusammenrufen, einen solche Kriegszug beschließen und Heresfolge einfordern.
Die würden dann in ihre jeweiligen Gebiete zurückziehen und ihrer Untervasallen und deren Untervasallen wegen der Heeresfolge auftrommeln.
Anschließend wird man sich im Frühjahr irgendwo wahrscheinlich in Süddeutschland versammeln um dann richtung südwärts der Alpen zu ziehen.
Je nachdem, wer da alles zur Heerfolge aufgerufen wurde, kann das mutunter einige Wochen dauern, bis die eintreffen, weil sie möglicherweise einen langen Anreiseweg zum Versammlungsplatz haben, ein Teil des Gefolges und Proviant nur im Schrittempo vorankommen und matschige Wege und im Frühjahr Hochwasser führende Flüsse ein Vorrankommen auch nicht gerade erleichtern.
Dann müssen sie über die Alpen. Das dauert teilweise zu Fuß und mit Sack und Pack seine Zeit wenn denn die Passwege im März überhaupt schon anständig passierbar sind.
Bis das Heer in Italien ankommt, kann es also schon durchaus April sein und bis die Probleme vorrannzukommen wegen durchweichter Böden und Hochwasser komplett erledigt sind, kannn es bereits später April sein.

Dann blieben bis September noch die Monate Mai, Juni, Juli und August. Wenn in der Zeit noch ein feindliches Feldheer geschlagen und Positionen erreicht werden müssen, um eine Stadt tatsächlich abzuriegeln, kann der nächste halbe Monat verstrichen sein, bevor es überhaupt zur Belagerung kommt, zumal das Heer laufend verpflegt werden muss, weil Lebensmittel in diesem Umfang nicht von Anfang an mitgebracht werden könnnen, geschweigedenn, dass sie bei Wind und Wetter so lange haltbar wären.
Gegebenenfalls müssen also Teile des Heeres erstmal umherziehen und requirieren und stehen zum Belagern noch gar nicht zur Verfügung.

Bis dann die Berlagerung tatsächlich mit allen Kräften beginnt, ist man dann vielleicht schon im Mai, bis Belagerungsgeräte gebaut und Hindernisse wie evetuell der Mauer vorgelagerte Gräben ausgeschaltet sind, dauert es nochmal.
Dann ist man in einem Zeitfenster möglicherweise irgendwann im späten Mai-Juni.

Dann haben die Belagerten 2-3 Monate zu überstehen, bis dass Heer der Belagerer ganz massive Probleme bekommt, bzw. der Kaiser beginnt ernsthafte Schwierigkeiten zu bekommt seine Truppen zusammen zu halten.

Wenn die Stadtmauer einigermaßen solide und die Stadt vernünftig verproviantiert ist, dann schaffen die Bewohner das.
Und wenn der Kaiser noch mit weiteren Städten in der Region im Clinch liegt, die möglicherweise während das kaiserliche Heer immer schwächer und schwerer zusammenzuhalten wird, noch ein Entsatzheer aufbauen um der belagerten Stadt zur Hilfe zu kommen, macht das die Situation für den Kaiser nicht einfacher.
 
Wie hoch die Marktgebühren waren, weiß ich nicht

In Augsburg waren das keine gewaltigen Summen, z. B.:

Item 15,5 lb d hab(e)n wir enpfang(e)n von dem Oſtermarkt

Band 5 : Augsburger Baumeisterbücher

Im Vergleich mit den Ungeldern (Umsatzsteuern auf bestimmte Waren) also eher vernachlässigbar.

Die waren im Basel des 16. Jahrhunderts prinzipiell vergleichbar mit den im Augsburg des 14. Jahrhunderts; der Weinverbrauch bescherte der Stadtkasse die üppigsten Einnahmen:

"Die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Stadt Basel war im 16. Jahrhundert gleichzeitig die älteste, das Weinungeld. Dieses machte in den Jahren zwischen 1535 und 1600 knapp 18% der Gesamteinnahmen (inkl. Ämter) aus. Das Mehlungeld hatte einen Anteil von knapp 9%, die Besteuerung des Fleischs machte nur gut 2% des Gesamtertrags aus. Gesamthaft machten die Ungeldeinnahmen über einen Viertel des Gesamtertrags der Stadt Basel aus."
Jahrrechnungen der Stadt Basel 1535 bis 1610 – digital
 
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