Wie lebten matriarchale Menschen im Frühpatriarchat?

Aus dem Link geht hervor, dass Herr del Giorgio sumerische Namen mit baskischen Vokabeln gleichgesetzt hat. Was ist daran schon Verwerfliches?

:pfeif:

"Verwerflich"?
Das ist ein lustiges (wenn auch manchmal zeitraubendes) Spiel, das Du mit allen Sprachen der Welt treiben kannst: Schlag zwei Wörterbücher auf und suche alle ähnlichen Wörter mit ähnlicher Bedeutung heraus. Du wirst garantiert fündig, das ist eine reine Geduldsfrage.

Solange Du das als Spiel betreibst, ist nichts Verwerfliches dran, wenn Du aber das Spielergebnis zu einer geschichtlichen "Theorie" erklärst und ein Buch daraus machst, dann bindest Du Deinen Lesern einen Bären auf.
 
Zu den Etruskern sagt auch Marija Gimbutas etwas. Ich glaube, auch zu Erbrechten. Kann ich bei Interesse vielleicht auch noch mal eruieren.
Interessant ist z.B. auch der Hinweis, daß im Mittelalter z.B. eine Vertreterin der unteren Stände mehr Erbrechte hatte als eine Vertreterin der Oberschicht. Habe leider die Quelle nicht, aber vielleicht taugt der Hinweis ja zur Suche.

Ich habe mich inzwischen selbst mit dem Thema beschäftigt.

Dabei ergab sich aber nur folgendes für die Stellung der Frau als gesichert:

Sie durften am öffentlichen Leben teilhaben, waren somit nicht wie die Griechinnen und die Römerinnen auf das Haus beschränkt.
Vor allem auf Gabfresken sind die Frauen als Zuschauerinnen bei Spielen und Teilnehmerinnen bei Festgelagen zu sehen. Bei letzteren durften sie gemeinsam mit einem Mann (dem eigenen?) liegend an der Tafel teilhaben.
Nicht zuletzt dieses brachte ihnen zu ihrer Zeit einen schlechten Ruf ein (Theopomp).

Etruskerinnen hatten eigene Vornamen und wurden nicht nur mit der weiblichen Form des Gentilnamens genannt.
Auf den Gräbern sind sowohl der Name des Vaters als auch der der Mutter erwähnt, teilweise mit deren Vornamen.

Es ist zumindest ein Grab gefunden worden, das hauptsächlich für eine Prinzessin angelegt wurde (Regolini-Galassi-Grab in Caere).

In einigen Gräbern wurden weibliche Namen in wertvollen Grabbeilagen eingraviert entdeckt. Somit waren Frauen deren Eigentümer, hatten mithin wenigstens das Recht auf diese Art von Besitz.

Ein wenig spekulativer erscheint mir die Verbindung zwischen den besonderen Sarkophagen für Frauen und Männer zu sein, die auf eine besondere Verehrung der Frau im Jenseits schliessen liesse. Erklärt wird dies von Jacques Heurgon in seinem Buch "Die Etrusker" mit der Verehrung der "Mutter Erde" als Hera, Juno, Mater Matuta oder Leukothea.

Der politische Einfluss der Tanaquill ist überliefert. Sie verhalf ihrem Ehemann Tarquinius Priscus und dem gemeinsamen Ziehsohn Servius Tullius auf den römischen Thron.
Jacques Heurgon geht soweit, Frauen als "Königsmacherinnen" zu bezeichnen. Er interpretiert den Bericht des Livius über die Thronbesteigung von Tarquinius Superbus in diesem Sinne, nach dem Tullia Tarquinius als erste "König" nannte.
Allerdings liessen sich da auch andere Interpretationen zu.
Schliesslich war die gesamte Machtergreifung aus römischer Sicht so unerhört, dass dieses kleine Detail eventuell die Verwerlichkeit Tullias und Tarquinus`nur noch mehr herausstreichen sollte.
Gesichert ist, dass Livia, die Frau des Augustus, mit der Etruskerin Urgulania befreundet war, die ihre Stellung dazu nutzte, ihre eigenen Nachfahren zu protegieren.

Meines Wissens ist aber über weitergehende Rechte wie Geschäftsfähigkeit, Erbberechtigung und ähnliches nichts bekannt. Im Gegensatz zu den zeitgenössischen Römerinnen und vor allem den Griechinnen lebten die Etruskerinnen sehr frei und nahmen am gesellschaftlichen Leben Anteil.
Aber ob Tanaquil, Tullia und Urgulania nun die Regel oder die Ausnahme unter den Etruskerinnen was den politischen Einfluss anging, darstellten, ist ungewiss.
 
Hyokkose, das Interview scheint mir nicht sehr representativ. Sein Buch bringt auf alle Fälle neue Gesichtspunkte obwohl es für meinen Geschmack ein bisschen absolut geschrieben ist.. Seine Theorien über die Euzkos hat er vor allem aufgrund genetischer Erkenntnisse aufgestellt, er ist Molekularbiologe wenn ichs recht im Kopf hab. Ich würd mal nis Buch reinschauen!
Gruss
 
Seine Theorien über die Euzkos hat er vor allem aufgrund genetischer Erkenntnisse aufgestellt, er ist Molekularbiologe wenn ichs recht im Kopf hab.

Umso suspekter erscheint es mir, wie man von molekularbiologischen Untersuchungen ausgehend Thesen über matriarchale Strukturen der Ureinwohner gewinnen kann.

Ich würd mal nis Buch reinschauen!

Das mache ich sicher bei nächster Gelegenheit. Im Moment kann ich mich allerdings nicht dazu durchringen, mir das Buch zu kaufen.
 
Der Link ist indirekt.
Neue Erkenntnis aus Molekularbiologie ist, dass die Euzkos (Pelasger, Etruker, Vascones, evt Ligurer etc) weder vertrieben noch ausgerottet wurden. Der Einfluss indoeuropäischer Migrationen seit dem Neolitikum ist <30% . Das bedeutet dass eine dünne Schicht Eroberer oder Missionare neue Technologien, Sprache und Gesellschaftstruktur vermittelt hatten.
Bisher hatten wir Archäologie (sehr interpretationsbedürftig), Linguistik (man sehe z.Bsp Hyokkose's Einwand) und, sobald sie einsetzt, Geschichtsschreibung (oft tendenziös, Propaganda) um uns ein Bild der Vorgeschichte zu machen.
Erfreulich finde ich nun dass eine exakte Wissenschaft dazu kommt die gewisse Dogmen der Vergangenheit über den Haufen wirft, andere bestätigt. (exakt in dem Sinn dass eine chemische Analyse der DNA überprüft werden kann und eindeutig ist) . Viele haben das noch nicht begriffen, darum begrüsse ich Leute wie Del Giorgio, Sykes, Oppenheimer, Olson, Sforza-Cavalli u.a. die anfangen von einem neuen Blickwinkel her die Dinge aufzurollen.
 
@ Robin: wie kommst du denn darauf, dass die Etrusker auch "Euzkos" seien? Das höre ich wirklich zum ersten Mal.
 
Ashigaru, ich komme nicht darauf, kann hier unmöglich die ganzen Gedanken von del Giorgio und seinen Vordenkern aufrollen. Das Buch ist als Gedankenanstoss die paar Euro allemal wert.
 
Nachtrag: Der Trojanische Krieg wird z. Bsp. als Showdown Matriarchalisch vs Patriarchalisch interpretiert und markiert den Umbrauch. Homer wird verdächtigt einen der Höhepunkte bewusst unterschlagen zu haben, den Kampf von Achilles gegen die Amazonenkönigin. Alles reichlich spekulativ, klar, aber
 
Der Link ist indirekt.
Neue Erkenntnis aus Molekularbiologie ist, dass die Euzkos (Pelasger, Etruker, Vascones, evt Ligurer etc) weder vertrieben noch ausgerottet wurden. Der Einfluss indoeuropäischer Migrationen seit dem Neolitikum ist <30% . Das bedeutet dass eine dünne Schicht Eroberer oder Missionare neue Technologien, Sprache und Gesellschaftstruktur vermittelt hatten.
Bisher hatten wir Archäologie (sehr interpretationsbedürftig), Linguistik (man sehe z.Bsp Hyokkose's Einwand) und, sobald sie einsetzt, Geschichtsschreibung (oft tendenziös, Propaganda) um uns ein Bild der Vorgeschichte zu machen.
Erfreulich finde ich nun dass eine exakte Wissenschaft dazu kommt die gewisse Dogmen der Vergangenheit über den Haufen wirft, andere bestätigt. (exakt in dem Sinn dass eine chemische Analyse der DNA überprüft werden kann und eindeutig ist) . Viele haben das noch nicht begriffen, darum begrüsse ich Leute wie Del Giorgio, Sykes, Oppenheimer, Olson, Sforza-Cavalli u.a. die anfangen von einem neuen Blickwinkel her die Dinge aufzurollen.

Grundsätzlich finde ich die Arbeiten von Cavalli-Sforza, Wells, meinetwegen auch Olson etc. sehr erfreulich. Leider bleibt es nicht bei den unanfechtbaren Ergebnissen der genetischen Forschung. Auch der von mir sehr geschätzte Cavalli-Sforza hat versucht, einige eher zweifelhafte Hypothesen aus den Feldern der Linguistik und Archäologie in seine Theorien einzubauen, womit er dann doch wieder auf spekulative Wege gerät.

Wenn ich das allerdings lese:

Nachtrag: Der Trojanische Krieg wird z. Bsp. als Showdown Matriarchalisch vs Patriarchalisch interpretiert und markiert den Umbrauch. Homer wird verdächtigt einen der Höhepunkte bewusst unterschlagen zu haben, den Kampf von Achilles gegen die Amazonenkönigin. Alles reichlich spekulativ, klar, aber
dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß del Giorgio den von Dir beschriebenen exakten Ansatz torpediert, indem er hemmungsloser herumspekuliert, als es sich jeder seriöse Archäologe, Linguist oder Historiker trauen würde.

Nun bin ich aber wieder still. Weitergemosert wird erst, wenn ich das Buch gelesen habe.
 
Bei der Gelegenheit darf ich auf Boudicca hinweisen, die nach Tacitus und Cassius Dio als Königin und Feldherrin ihre britischen Kämpfer in die Schlacht führte.
"Boudicca fuhr, ihre Töchter auf dem Wagen vor sich, von Stamm zu Stamm und beteuerte, es sei bei den Britanniern ohnehin nichts Neuses, von Frauen in die Schlacht geführt zu werden. ..." (Tac. Annalen 14, 35, 1).

Im übrigen habe ich den Einduck, dass die Diskussion "Matriarchat / Patriarchat" aus einer rezenten Scihtweise her geführt wird. "...archat" wird als politisch konstante Verfassung/Rechtsordnung aufgefasst und anschließend Völker der Steinzeit und des Altertums nach diesen Vorstellungen befragt. Da gab's keine Rechtsordnung in diesem Sinne und keine Verfassung.
Ausübung von welcher Macht in welchem Zusammenhang wird denn untersucht?
Die Blutrache wird von den Müttern (die das Haus gar nidcht verlassen und öffentlich nicht auftreten) in Gang gesetzt, die den Söhnen die blutigen Kleider des getöteten Vaters vorhalten. Denen bleibt nichts anderes übrig, als mehr oder weniger zähneknirschend sich dieser Aufgabe zu unterziehen. In der Laxdaela saga sind es die Frauen, die das blutige Geschehen gegen den schwachen Widerstand der Männer dauernd in Gang halten. Nach den aufreizenden Reden der Frauen, sie seien eigentlich Memmen, wenn sie nicht zur Rache schritten, "knirschen sie mit den Zähnen" und machen sich ans Werk.
Wir sehen immer nur die physische Gewalt und fragen, wer im Beschlussrat sitzt. Wir achten nicht auf die psychische Gewalt, die die Männer im Beschlussrat steuert. Macht wird auf sehr verschiedene (wahrscheinlich geschlechtsspezifische) Weise ausgeübt. Wir wissen von der Macht Livias, die sie über und durch Augustus ausübte aus der Geschichte des Augustus nach ihrem Tod. Die Regentin Margret, die die Kalmarer Union schmiedete, ist quellenmäßig fassbar, insbesondere die Art und Weise, wie sie durch ein gewaltiges Netzwerk der Diplomatie ihre Macht ausübte. Vordergründig fällten Männer die Entscheidungen, Erzbischöfe und Aristokraten. Sie aber war es, die durch geschickte Dankbarkeitsverpflichtungen die Ereignisse tatsächlich steuerte.
Die dynastischen Heiraten haben über die verheirateten Frauen großen Einfluss auf die Politik gehabt. Die Geschichtsschreibung hat nur die Ereignisse auf der sichtbaren Bühne festgehalten, nicht aber, wer das Drehbuch schrieb.
Deshalb wage ich, den Sinn der Einteilung in Matriarchat / Patriarchat für die frühe Zeit zu hinterfragen.
Wohl kann ich die formelle Rechtsstellung ab einem gewissen Zeitraum beschreiben, z.B. ob Frauen geschäftsfähig, erbberechtigt, zeugnisfähig usw. sein konnten. Aber das sagt nichts über ein XY-archat aus, das ja beschreiben will, wer tatsächlich "die Hosen anhatte", also die Geschicke eines Volkes tatsächlich bestimmte, wer also "das Drehbuch schrieb", nach dem auf der weltgeschichtlichen Bühne agiert wurde.

PS.: Ich habe einen Dr. Phil. aus Syrien zum Freund. Wenn dessen Mutter (Analphabetin, Burka) aus dem Aleppo zu Besuch kam, wagte es der Sohn nicht, sie zu fragen, wie lange sie zu bleiben gedächte. Sie beherrschte die gesamte Familie (von Aleppo aus!) und bestimmte, in welchem Umfang dieser Sohn seine zum Teil in Deutschland lebenden Brüder aus seinem Einkommen zu unterstützen habe und anderes mehr. Nach der gesamten Tradition und Erziehung war es undenkbar, dazu irgendeinen kritischen Kommentar zu geben, geschweige denn, der "Bitte" der Mutter etwa nicht nachzukommen. Nicht einmal nach der Dauer des Aufenthalts konnte er fragen. Sie blieb solange sie blieb.
 
Waren es nicht die Frauen, die bei der vernichtenden Niederlage der Kimbern und Teutonen gegen die Roemer aufs Schlachtfeld stuermten, um die fliehenden Krieger aufzuhalten?

Bei den Mongolen Dschingis Khans verteidigten sich die zurueckgebliebenen Frauen selber, wenn die wehrfaehigen Maenner im Krieg waren.

Und zur Herrschaftsform in Gesellschaften moechte ich noch anmerken, dass z.B. europaeische Kolonisatoren bei Naturvoelkern oft verzweifelt nach einem Fuehrer suchten (z.B. fuer ihre Vertraege), den diese aber nicht hatten, da sie von wechselnden Anfuehrern vertreten wurden.
 
Und zur Herrschaftsform in Gesellschaften moechte ich noch anmerken, dass z.B. europaeische Kolonisatoren bei Naturvoelkern oft verzweifelt nach einem Fuehrer suchten (z.B. fuer ihre Vertraege), den diese aber nicht hatten, da sie von wechselnden Anfuehrern vertreten wurden.
Das galt schon für die frühen Karolinger gegenüber den Wikingischen Führern und den dänischen "Königen".
 
Ui, eines meiner Lieblingsthemen. Sind die Symbole der Artemis Ephesia derart selbsterklärend? Meines Wissens ist die Diskussion um die richtige Deutung recht heftig.
Das besagt nichts. Denn was für die Zeitgenossen selbsterklärend war, ist uns heute, die wir den Kontext nicht mehr kennen, oft ein Rätsel.
 
Im Prinzip ging es bei "selbsterklärend" darum, ob die Kuh als Fruchtbarkeitssymbol taugt, weil der Kopf einer Kuh mit Hörnern der Anatomie der menschlichen Gebärmutter ähnelt. Ich war und bin der Meinung, dass die Kuh nicht als Fruchtbarkeitssymbol taugt (zumindest nicht deswegen), weil erst einmal eine breite Masse an Menschen gewusst haben muss, wie eine menschliche Gebärmutter aussieht, um dann in einer Kuh einen menschlichen Uterus zu sehen. Das aber war mit ziemlicher Sicherheit auch im alten Ägypten nicht der Fall.
Die epheseische Artemis war dann nur gegenüber der Kuh bzw. des Kuhkopfes ein Bsp. für ein selbsterklärendes Symbol.
 
Im Prinzip ging es bei "selbsterklärend" darum, ob die Kuh als Fruchtbarkeitssymbol taugt, weil der Kopf einer Kuh mit Hörnern der Anatomie der menschlichen Gebärmutter ähnelt. Ich war und bin der Meinung, dass die Kuh nicht als Fruchtbarkeitssymbol taugt (zumindest nicht deswegen), weil erst einmal eine breite Masse an Menschen gewusst haben muss, wie eine menschliche Gebärmutter aussieht, um dann in einer Kuh einen menschlichen Uterus zu sehen. Das aber war mit ziemlicher Sicherheit auch im alten Ägypten nicht der Fall.

Um es ganz klar zu machen, ich weiß nicht wie Symbole damals gedeutet wurden, ich war nicht dabei. Aber ich weiß, dass es auch heutezutage Symbole gibt, die für die Allgemeinheit erkennbar sind, und andere Symbole für Eingeweihte. Und das war mit ziemlicher Sicherheit auch im alten Ägypten der Fall.

Selbst Symbole die für die Allgemeinheit erkennbar sein sollten, also selbsterklärend, (sind sie nicht immer, sieht man dann, wenn man Kinder deuten läßt), auf die hat man sich geeinigt, und wurden dann anerkannt.

Doch Fakt ist, ein Gehörn kann männlich oder weiblich gedeutet werden, da bei den Rindviechern nun mal beide Gehörn haben.
 
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