Wie waren die Kelten bewaffnet bzw. sahen aus wenn sie in die Schlacht zogen

@Totilas: Jetzt hab ich das auch mal gelesen.
Der Stahl-Fund ist datiert um 900 v. Chr.
Das ist ja richtig alt. ;)
Und für was der Stahl gedacht war ist nicht klar.

Ich sollte mich zwar auch etwas schlauer machen,
aber ich kann mal diesen Artikel empfehlen:
Re-assessing Merovingian Metalworking

Dort wird gezeigt wie die Merowinger bestimmte Stahlqualitäten für unterschiedliche Werkzeuge und Waffen einsetzten.
Also hoher Phosphorgehalt für Pfeilspitzen und niedriger Phosphorgehalt für die edlere Schmiedekunst.
Für Pfeilspitzen und Lanzen ist die Bruchfestigkeit wohl weniger wichtig als die Härte.
 
@Haerangil: tolle Münzen, wirklich beeindruckend. Da ist es doch erstaunlich, dass ein Standardwerk für Laien wie das von Riekhoff / Biel (Kelten in Deutschland Seite 145) nur kleine Pferde mit großen Reitern abbildet - vielleicht waren die Schmiede auch nicht künstlersich begabt genug, um die richtigen Proportionen zu treffen? So, habe heute leider keine Zeit für eine längere Antwort...
 
realistische Proportionen sind in der keltischen Kunst oft auch einfach nicht so wichtig, wie groß Jemand ist kann auch bedeuten wie mächtig/wichtig jemand ist. Die Münzen kennen anscheinend jedenfalls beides: große und kleine Pferde... man sollte das als Indiz mit ins Auge fassewn aber besser nicht überbewerten.

Andererseits sind die von mir verlinkten Münzen ja ostkeltisch d.h. aus Rumänien/Ungarn/Jugoslawien... evl. doch auch ein Indiz auf osteuropäiscghe Pferderassen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Pferdegröße auf den Münzen

Ein Zitat aus einem Artikel, der das Parthenonrelief (430 v.Chr.) beschreibt,
und die Relativität der "Wirklichkeitstreue" der Pferdeabbildungen, hier der hellenischen beschreibt:
Die Kunst des klassischen Griechenlands war keine repräsentative Staatskunst, sondern wurde von Naturbeobachtung, Ästhetik und Liebe zur Sache bestimmt. Pferde stellte man immer äußerst ausdrucksvoll und für uns unverkennbar „antik“ dar. Oft vergleicht man sie mit Arabern, aber die griechischen Pferde zeigen eine gedrungenere Körperform und eine für den Araber ganz untypische, runde Kruppe, die wohl auf nordafrikanische Einflüsse zurückzuführen ist.
Das im Altertum häufig angewendete künstlerische Gesetz der Isokephalie (= Ausrichtung aller Scheitelpunkte der dargestellten Figuren auf eine Höhe) sorgte wohl für eine bewusst verkleinerte Darstellung der Pferde. Auch beim Parthenonfries bilden Reiter und Pferdeköpfe eine zum Friesrand parallel verlaufende, leicht gewellte Linie, die wohl kaum der Realität entsprach, sondern als künstlerische Verfremdung zu verstehen ist. Durch die Verkleinerung der normalerweise in Darstellungen flächenmäßig dominierenden Pferde erscheinen die Reiter bedeutungsvoller. Sie verschmelzen so förmlich mit den Tieren zu einer vom menschlichen Geist und Willen kontrollierten Einheit.

Künstlerische Abbildungen auf Münzen, Helmen, Kesseln u.a scheinen uns ohne Skelettfunde und Trensenvergleiche nicht viel weiter zu bringen.
Auch das Zitat aus de Bello Gallico, dass Cäsar alle römischen Pferde den "germanischen" Reitern zur Verfügung stellte, weil" sie weniger gute Pferde hatten, die Pferde der Kriegstribunen, der übrigen römischen Ritter und der freiwillig Längerdienenden und verteilte sie an die Germanen" (VII, 65), sagt nichts über die Größe aus. Diese so ausgerüsteten "germanischen" Reiter schlagen einmal eine Abteilung der gallischen Reiterstreitmacht von Vercingetorix (Schlacht am Amancon 52 v.Chr.), die gallische Reiterei direkt vor dem Oppidum Alesia und dann nach einem Umgehungsmanöver das gallische Entsatzheer bei dem Versuch, die Belagerung von Alesia aufzuheben. Cäsar vertraute offensichtlich dem reiterischen und kämpferischen Können dieser Kavallerie mehr zu als allen anderen Reitereinheiten. Und man gewinnt den Eindruck, dass ohne diese Hilfstruppe der Kampf gegen Vercingetorix vielleicht anders ausgegangen wäre.
 
@totilas:
Ich schliesse mich erstmal einschmeichelnd dem Lob für gute Beiträge an, das du von vielen Seiten erhalten hast.

Zur Frage der "nackten" Kelten und ihren Streitwagen:
Für das bronzezeitliche bzw. je nach eigenem Ermessen früh-eisenzeitliche Griechenland und die Troas akzeptieren wir, dass die Helden mit einem solchen Wagen an die Knackpunkte des Schlachtverlaufes gefahren werden und dort die Helden anderer Nationen/Städte zum Kampf fordern, um diesen zu verkürzen. Dabei setzen wir voraus, das die jeweils anderen Kämpfer um die Familiengeschichte und die Erfolge des Gegners wußten, um gleich"rangige" Kämpfer erkennen zu können.

Warum sollten die römischen Quellen über den Krieg gegen die Kelten nicht etwas ähnliches meinen, nur mit dem Unterschied, dass solche ritualisierten Entscheidungskämpfe, die ja schliesslich auch das Leben vieler "einfacher" Fußkämpfer schonen konnten, von den keltischen Kriegern zusätzlich ohne Rüstung, also "nackt", herauf beschworen wurden?
Ich stelle mir das - heimlich - immer gerne so vor, wie das stundenlange Ritual, das Spock in den Star Treck-Filmen auf Vulkan vollzieht:
"Ich bin Spock, Sohn des ..., Enkel des ... der ... gemacht hat ..." und so weiter.
Die Profi-Treckies mögen mir beistehen.

Die Topoi der Römer entsprechen ja nicht unserer Propaganda, sondern haben meist - wie Sagen - durchaus auch einen (kleinen) wahren Kern.

Ein "Heer" von nackten Kelten durch irgendwelche Ideen zu erklären, halte ich vor dem Hintergrund der zahlreichen Schutzwaffen aus Gräbern und auch des mehrfach berechtigt eingeforderten Anspruchs an die Logik längst verstorbener Menschen für erheblich überstrapaziert.

Die Geschichte mit dem Metall, das so schlecht ist, dass es nach jedem Schlag gerade gebogen werden muss, erscheint mir viel eher an den Haaren herbei gezogen.
Das passt für den Römer eben in einen Gegend, in der "nie" (!) die Sonne scheint.
Ich erinnere mich an den Vortrag eines Metallurgen der Ruhr-Uni Bochum, der keltische Schwerter aus dem Norikum zeigte, die aus über hundert Strängen verschiedener Stahlqualitäten zusammen geschmiedet und im eigentlichen Sinnen "damaszeniert" wurden.
Wenn du mir noch ein bisschen Zeit gibst, liefere ich auch den Fundort noch nach.

Ein hochstehendes Eisenhandwerk, das - wie bei den "Kelten" - mehrhundertjährige Tradition aufweist, KANN keine Schwerter mehr liefern, die man nach jedem Schlag gerade biegen muss.
Oder besser: SOLLTE auf keinen Fall.
So schwierig ist das mit unseren Schriftquellen.

Liebe Grüße,
Ogrim
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß nicht, warum sich die Wissenschaft immer wundert, das die Schwerter der frühen Eisenzeit bis ins späte Mittelalter oft aus verschiedenen Stahlqualitäten "zusammengeschweißt" sind.
Wenn man ein Stück Eisen/Stahl im Rennfeuerverfahren ohne Schlacke dargestellt hat, ist das Stückgewicht kleiner als das Gewicht an Stahl, das man für ein Schwert braucht.
Man muß also mehrere Stücke Stahl zusammenschweißen und durch falten raffinieren, um ein Schwert herzustellen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, das "verschiedene Qualitäten" im Stahl vorliegen, da im Rennfeuerverfahren selten 2 Reisen gleich verlaufen. Man schmidet logischerweise "zu harten Stahl" mit "zu weichem Stahl" zusammen, da man sonst das Ergebnis beider Ofenreisen verwerfen müsste. Wie die Stähle sind, merkt man beim "raffinieren" der Einzelluppen.

Sehr "guter Stahl ", wie bei den sächsischen langen Hiebmessern findet, unterscheidet sich vom "schlechten Stahl" der fränkischen Schwerter dadurch, das beim sächsischen Messer keine Lagen mehr erkennbar sind. Diese Stähle sind einfach sooo hoch raffiniert, das sie homogen scheinen. Die Lagen, die auch da gewesen sein müssen, sind nicht mehr Nachweisbar, da die Dicke der Lagen geringer als die Korngrößen sind. Dies gilt genauso für keltische und römische Waffen mit einem Stückgewicht üer 500g (0,5kg)
 
Lieber Wilfried,

ich bin sicher nicht "die" Wissenschaft, sondern nur einer mit Hochachtung vor ehrlichem Handwerk. Danke für den Hinweis.
 
Zur Frage der "nackten" Kelten und ihren Streitwagen:
Für das bronzezeitliche bzw. je nach eigenem Ermessen früh-eisenzeitliche Griechenland und die Troas akzeptieren wir, dass die Helden mit einem solchen Wagen an die Knackpunkte des Schlachtverlaufes gefahren werden und dort die Helden anderer Nationen/Städte zum Kampf fordern, um diesen zu verkürzen.

Wie genau Streitwagen im frühen Griechenland/Kleinasien eingesetzt wurden, ist mE fraglich. Du beschreibst mehr oder minder das, was in den Epen Homers beschrieben ist. Das ist eine Alternative. In Ägypten (und teilweise auch Mesopotamien) dienten Streitwagen eher als schnelle Plattform für Bogenschützen, tritt also eher in einer Funktion auf, die später leichte Reiter bzw berittene Bogenschützen einnahmen. Dazwischen sind natürlich viele Misch- bzw Übergangsformen denkbar; so nutzten Homers Helden sehr oft Wurfspeere (und manchmal auch Bögen); auch vom Streitwagen aus, oder im Kampf zu Fuß? weiss ich ehrlich gesagt nicht. Der alleinige Einsatz als "Schlachtfeld-Taxi) macht militärisch mE eigentlich nicht viel Sinn (viel zu aufwendig), aber aus Prestigegründen ist die Nutzung von Wagen ja auch ohne wirklichen militärischen Sinn denkbar. Gleiche Fragen stellen sich für mich auch für die Wagen-nutzenden britischen Kelten.

Warum sollten die römischen Quellen über den Krieg gegen die Kelten nicht etwas ähnliches meinen, nur mit dem Unterschied, dass solche ritualisierten Entscheidungskämpfe, die ja schliesslich auch das Leben vieler "einfacher" Fußkämpfer schonen konnten, von den keltischen Kriegern zusätzlich ohne Rüstung, also "nackt", herauf beschworen wurden?
(...)
Ein "Heer" von nackten Kelten durch irgendwelche Ideen zu erklären, halte ich vor dem Hintergrund der zahlreichen Schutzwaffen aus Gräbern und auch des mehrfach berechtigt eingeforderten Anspruchs an die Logik längst verstorbener Menschen für erheblich überstrapaziert.

Dass mit der Nackheit ist ja weitgehend spekulativ; ich halte es allerdings für wahrscheinlich, dass Rüstungen va von Anführern, Adligen und den wichtigsten "Vorkämpfern" getragen wurde. Metallrüstungen waren mE kein Allgemeingut, über dass eine Mehrzahl der Kombattanten verfügten. Vor diesem Hintergrund wird könnte ich mir vorstellen, dass wenn Kelten nackt gekämpft haben, diese a) nicht wohlhabend genug waren, sich eine Rüstung zu leisten, und b) trotzdem in "besondere" Aufmachung anstrebten, wenn sie in die Schlacht zogen; Warum auch immer, irgend ein religiöses Ritual, eine erhoffte Einschüchterung des Feindes, eine Schonung der teuren Kleidung, was weiss ich. Vielleicht jüngere oder rangniedere Anghörige eines Kriegerstandes, vielleicht Söldner (bevor sie erfolgreich waren und an Beutewaffen gelangten). Wie gesagt, reine Spekulation.
 
@Ogrim: danke für dein Lob, es wird Zeit, dass ich zurück einschmeichelnd lobe, aber tatsächlich sind auch deine Beiträge ein Grund gewesen, mich hier einzuloggen, und natürlich habe ich ohne Mitglied zu sein von euren Debatten profitiert, den Quellenhinweisen usw. gerade als Vollzeitarbeitender Nichtprofi, der manchmal abendlich die Zeit findet, zu recherchieren und einen Klassiker zu wälzen.
Zu deinem Beitrag: der nackte Einzelkampf: soweit ich mich erinnere, entspricht der nackte Einzelkampf einer Steigerung im sark ritualisierten "Krieg" traditioneller Stammesgesellschaften: laut ethnologischen Forschungen ist diese "Kriegsführung" oft berechenbar, es kommt selten zu vernichtenden Angriffen und Überfällen, sondern zuerst zu ritualisierten Drohungen, Fernkämpfen mit wenigen Verletzten; vielleicht ist der Zweikampf vor der Schlacht ein Überbleibsel dieser ritualisierten Kampfformen, die sich bis ins Mittelalter erhalten haben...
Zum Verbiegen der Waffen: ich hatte in einem Beitrag erwähnt, dass bei einem Experiment von Archäologen ein Gladius Typ Weisenau sich kräftig verbogen hat...
liegt vielleicht an der Schlagtechnik oder auch der Turbulenz des Kampfs? Schwertkämpfer wissen da sicher mehr, ich frage mal einen Freund, der historisches Fechten betreibt...
@ Wilfried: zur Ergänuzng: ich kann mir auch vorstellen, dass professionelle keltische Schmiede (also nicht die nebenberuflichen Dorfschmiede), sich auch verschiedene Barren zusammengekauft haben, z.B. hat Siegerländer Stahl einen hohen Mangananteil, weil sie von den Qualitäten der verschiedenen Stähle wußten, ohne die chemische Zusammensetzung kannten ( Mangananteil: Wird Mangan in Stahl zulegiert verbessert es die Schmiedbarkeit, die Schweißbarkeit, die Festigkeit und den Verschleißwiderstand. Außerdem hat Mangan in Eisen die positive Wirkung die Rotbruch-Neigung zu mindern. Mangan verschiebt den Punkt S (Eutektoid) im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm weiter nach oben in den Bereich höherer Temperatur und den Punkt E nach oben links in den Bereich höherer Temperatur und geringeren Kohlenstoffgehalts. Außerdem wirkt Mangan in hoch legierten Stählen ferritstabilisierend.Gleichzeitig wird die Löslichkeit von Stickstoff im Stahl erhöht, was die Austentit-Bildung fördert. Dies ist für viele rostfreie Stähle wichtig. Eine weitere wichtige Eigenschaft von Mangan in Stahl ist, dass es die Härtbarkeit des Stahls erhöht).
@Reinecke:Zu den Schutzwaffen: viele Autoren und Wissenschaftler nehmen für die Keltike Lederausrüstungen an, als billigere Alternative zum Stahlhelm und Kettenhemd. Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Neuzeit bis zum ersten Weltkrieg Lederhelme getragen wurden: Pickelhaube, Tschako, Raupenhelm, Kasquet sollten ausreichend gegen Säbelhiebe schützen. Was ich interessant finde, dass ich bisher keine antiken Preise für Schwerter, Kettenhemden gefunden habe, wie teuer die Rüstungen wirklich waren.
Für das frühe Mittelalter fand ich einen Hinweis, dass man für ein Kettenhemd acht oder neun Rinder eintauschte (ähnlich auch ein gutes Schwert). Wir nehmen oft an, dass diese Ausrüstung zu teuer war, nur die "Ritterschicht" der Kelten sich dies leisten konnte; bei einer breiten "Ritterschicht" wären dies allerdings auch nicht wenige.
Gibt es Hinweise / Preisvergleiche z.B. für Rom in republikanischer Zeit, an denen man etwa ablesen kann, wie teuer die Schutzausrüstung und hochwertigere Bewaffnung wirklich war?
 
@Reinecke:Zu den Schutzwaffen: viele Autoren und Wissenschaftler nehmen für die Keltike Lederausrüstungen an, als billigere Alternative zum Stahlhelm und Kettenhemd. Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Neuzeit bis zum ersten Weltkrieg Lederhelme getragen wurden: Pickelhaube, Tschako, Raupenhelm, Kasquet sollten ausreichend gegen Säbelhiebe schützen.

Die wichtigste Schuttzwaffe war zweifellos der Schild. Lederkleidung oder -hauben sind natürlich eine Möglichkeit, allerdings kommen die mMn nicht an die Schutzwirkung eines metallenen Helms oder Kettenhemdes heran.

Nebenbei: Gerade die Pickelhaube hatte ihren albern aussehenden Pickel, um Säbelhiebe zu brechen, also abzulenken; ich glaub, über die Raupe des Raupenhelms habe ich schon ähnliches gelesen. ;)


Gibt es Hinweise / Preisvergleiche z.B. für Rom in republikanischer Zeit, an denen man etwa ablesen kann, wie teuer die Schutzausrüstung und hochwertigere Bewaffnung wirklich war?

Das würde mE wenig bis nichts in Bezug auf keltische Völker bringen. In der Spätphase der Republik, etwa ab den Reformen des Marius, muss militärische Ausrüstung durch "Massenproduktion" stark im Preis gesunken sein. Daher die Ausweitung des Legionärsdienstesauf Schichten, die sich die Soldaten-Ausrüstung selber nicht leisten konnten. Auch kennen wir mWn Helme aus dieser Zeit, die eine "Serienproduktion" erkennen lassen (zB slche vom Montefortino-Typ).

Es ist ein Zeichen einer weiter fortschreitenden Spezialisierung einer Gesellschaft, und ihrer steigenden Produktivität, und dies ist ja keine neue Entwicklung. Schon für das Entstehen der klassischen Phalanx in Griechenland bzw der Maniupularphalanx in Rom war eine Verbreiterung von effektiven Schutzwaffena us Metall mE Bedingung; nur so konnte die "Mittelschicht", die im 8. Jh. und vorher mangels Rüstung noch kein echter Gegner für Kriegeradlige wie Homers Helden waren, als schwere Infanterie die zentrale Rolle auf dem Schlachtfeld übernehmen.Rom ging ab dem 1. Jh. v. Chr. einen Schritt weiter, bzw konnte einen Schritt weiter gehen: Es konnte genug Ausrüstung produiziert werden, um selbst einen großen Teil der Unterschichten als schwere Infanterie einsetzen zu können; an Leichtbewaffanteten wie den alten Velites gab es keinen Bedarf mehr, Söldner waren im Zweifel als leichte Truppen, Plänkler und va Reiter viel effektiver.

Etwas, was den Reformen des Marius entsprach (eine staatlich ausgerüstete und bezahöte Berufsarmee, in der auch dienen konnte, wer sich mangels Vermögen nichts selber leisten konnte) kannte kein keltisches Volk der Antike. Eine kriegsdienstleistende Mittelschicht, die eine Art Phalanx bildete, ist mWn auch nicht belegt, auch wenn solches vorhanden oder im Entstehen gewesen sein mag.
 
@Reinicke, du hast natürlich Recht, ich hätte genauer fragen müssen, das römische Heer war vor den Reformen des Marius ein Bürgerheer, d.h. der Kleinbauern und Stadtbevölkerung, und danach hätte ich fragen müssen.
Rom hatte mit dem Gewinn Etruriens und Elbas im 3.Jahrhundert v.Chr. Zugriff auf die Eisenindustrie um Populonia, die Elbas (griechisch die Rauchige, Rußige) Eisenerze verarbeitete (größte Produktionsstätte am Mittelmeer). Da bis Marius sich Römische Soldaten selbst ausrüsten mussten, werden Kettenhemden, Helme und Schwerter Preise gehabt haben...oder sie nutzten erbeutete Rüstungen und Waffen? Dies wäre auch für keltische Söldner und Krieger zu vermuten. Kettenhemd, Vierhörnersattel, Montefortino und Coolushelm, römische Produkte, die keltische Vorbilder haben: offensichtlich hatte die Entwicklung hochwertiger, erprobter, durchdachter militärischer Ausrüstung in der Keltike durchaus eine Tradition, und war nicht bloß repräsentatives Symbol...
Ich stimme mit dir überein, dass die römische Heeresorganisation und die Bedeutung der schweren Infanterie im Bürgerheer und Berufsarmee eine bestimmte Gesellschaftsformation voraussetzt, Arbeitsteilung usw., und einen imperialistischen Zugriff auf Rohstoffe und militärische Erfolge, die dies ermöglichen. Was für die Kriegserfolge der römischen Armee entscheidend war, Herresverfassung, Mobilisierungsfähigekeit, Logistik,
Organisiertheit der Gesellschaft (Infrastruktur) und Bürokratie, oder die Rüstung...vieles wird eine Rolle gespielt haben. Ich glaube allerdings nicht, dass eine kriegerische Gesellschaft wie die der keltischen Stämme praktisch in Unterhosen und mit Stecken die Schlachtfelder betreten hat - nehmen wir mal Alesia, nach Auffassung moderner Geschichtswissenschaft ein Kräfteverhältnis 1:1, und der römische Erfolg ist sicher einer des Feldherrengeschicks Gaius Julius Cäsars, der Ausgefeiltheit und Organisiertheit der Fortikifation aber auch einer guten Portion Glück zu verdanken, und sicher dem Wissen der Legionäre, dass bei einem Durchbruch der gallier ihr Ende sicher gekommen ist - diese Eingeschlossenheit ohne Fluchtweg hat sicher stark motivierend gewirkt.
 
Da bis Marius sich Römische Soldaten selbst ausrüsten mussten, werden Kettenhemden, Helme und Schwerter Preise gehabt haben...oder sie nutzten erbeutete Rüstungen und Waffen? Dies wäre auch für keltische Söldner und Krieger zu vermuten.

Ich erinnere mich davon gelesen zu haben, das andere römische Beutewaffen nutzten, so Hannibals Truppen nach den ersten Siege in Italien; anders rum? Sicher nicht als Grundlage der Militärtechnik, so oft haben die Römer in der Frühphase nun auch nicht gewonnen... ;)

Gehörten keltische Krieger (wann? wo?) eher einer Art "wehrpflichtigem Mittelstand" an (zB mit einem "Zensus" vie Land- oder Viehbesitz), vergleichbar den Verhältnissen in Rom oder dem klassischem Hellas? Oder handelte es sich eher um eine Aristokratie, die von Abgaben, Pachteinnahmen etc. lebte, und sich so militärische Ausrüstung leisten konnte, die ein "eifacher", freier Landbesitzer sich nicht leisten konnte, wie es Homers Helden oder die mittelaltelichen Panzerreiter waren? Und wie gesagt, die keltischen Gesellschaften machten zwischem dem 5. und dem . Jh. v. Chr. und zwischen Norditalien und Mitteleuropa riesige Veränderungen durch. Waren Rüstungen Waffen handwerkliche Einzelstücke, oder wurden sie im Manufakturbetrieb hergestellt?

Ich glaube allerdings nicht, dass eine kriegerische Gesellschaft wie die der keltischen Stämme praktisch in Unterhosen und mit Stecken die Schlachtfelder betreten hat - nehmen wir mal Alesia, nach Auffassung moderner Geschichtswissenschaft ein Kräfteverhältnis 1:1, und der römische Erfolg ist sicher einer des Feldherrengeschicks Gaius Julius Cäsars, der Ausgefeiltheit und Organisiertheit der Fortikifation aber auch einer guten Portion Glück zu verdanken, und sicher dem Wissen der Legionäre, dass bei einem Durchbruch der gallier ihr Ende sicher gekommen ist - diese Eingeschlossenheit ohne Fluchtweg hat sicher stark motivierend gewirkt.

Kriegerische Gesellschaften haben es manchmal an sich, ihren nicht-kriegerischen Mitgliedern das mit dem Krieger-Sein aber so was von schwer zu machen; Sparta wäre da ein Beispiel. ;)

Natürlich waren die keltischen Krieger nicht "schlecht" ausgerüstet". Ob bei Kriegern oder Söldnern dazu aber auch regelmäßig Körperrüstung aus Metall gehörte, oder auch nur Helme, ist spekulativ. Wenn solche Heere von Männern aus anderen Schichten begleitet wurden (als "Volksaufgebot", oder als Diener/Helfer, Leichtbewaffnete etc), bzw ob und wie Nicht-Krieger in militärischen Auseinandersetzungen auftraten, wissen wir auch nicht.
 
Ein Zitat aus einem Artikel, der das Parthenonrelief (430 v.Chr.) beschreibt,
und die Relativität der "Wirklichkeitstreue" der Pferdeabbildungen, hier der hellenischen beschreibt:
Die Kunst des klassischen Griechenlands war keine repräsentative Staatskunst, sondern wurde von Naturbeobachtung, Ästhetik und Liebe zur Sache bestimmt. Pferde stellte man immer äußerst ausdrucksvoll und für uns unverkennbar „antik“ dar. Oft vergleicht man sie mit Arabern, aber die griechischen Pferde zeigen eine gedrungenere Körperform und eine für den Araber ganz untypische, runde Kruppe, die wohl auf nordafrikanische Einflüsse zurückzuführen ist.
Das im Altertum häufig angewendete künstlerische Gesetz der Isokephalie (= Ausrichtung aller Scheitelpunkte der dargestellten Figuren auf eine Höhe) sorgte wohl für eine bewusst verkleinerte Darstellung der Pferde. Auch beim Parthenonfries bilden Reiter und Pferdeköpfe eine zum Friesrand parallel verlaufende, leicht gewellte Linie, die wohl kaum der Realität entsprach, sondern als künstlerische Verfremdung zu verstehen ist. Durch die Verkleinerung der normalerweise in Darstellungen flächenmäßig dominierenden Pferde erscheinen die Reiter bedeutungsvoller. Sie verschmelzen so förmlich mit den Tieren zu einer vom menschlichen Geist und Willen kontrollierten Einheit.

Gut, dazu muss ich allerdings anmerken ,daß selbst die griechische Kunst verschiedene Phasen durchlief die mal mehr mal weniger "realistisch" orientiert waren, die römische Kunst ebenso... Ich würde das daher differenzierter für jede Epoche betrachten wollen. Zudem muss die keltische Darstellung, trotz Beeinflussung, sich nicht epigraphisch und symbolisch mit der des Mittelmeerraumes decken... in der thrakischen und skythischen Kunst gibt es Darstellungen die zumindest oberflächlich wesentlich proportionaler und realistischer Wirken. Es ist aber generell ein Zug der keltischen Kunst der La Tene stark zu entfremden und Proportionen unrealisatisch darzustellen... ich habe Kunstgeschichte studiert und schätze aus meiner Position ,daß dies nicht an handwerklichen Unzulänglichkeiten lag sondern ein bewusst gewähltes Stilmittel war....
 
Die wichtigste Schuttzwaffe war zweifellos der Schild. Lederkleidung oder -hauben sind natürlich eine Möglichkeit, allerdings kommen die mMn nicht an die Schutzwirkung eines metallenen Helms oder Kettenhemdes heran.

Ein kleiner Exkurs ins frühe Mittelalter der Inseln... altirische Krieger sollen Helme und Panzer getragen haben die man cathbharr und Asán nannte. Man nimmt an ,daß diese simplen Helme und Körperpanzer aus Leder waren, eine Art besticktes Leder. Die Skythen trugen IIRC auch Panzerhemden aus gehärteten Lederplatten... Lederhelme können SEHR effektiv sein z.B. der japanische Kawagasa.

Ich hatte schon in mehreren Posts darauf hingewiesen ,daß Keltenkrieger auf manchen darstellungen eine Art Käppi tragen ... IMHO könnten dies Kopfbedeckungen aus gehärtetem Leder sein die als Heme dienten.
 
@Reinicke: zu den Rüstungen: ich möchte einmal als Alternative zum Metall den Leinenthorax anführen, den es auch in der Lederversion gibt. Es ist eine Vermutung, dass die Skulptur vom Glauberg einen solchen Thorax trägt, den auch Alexander der Große in der Schlacht von Gaugamela trug. Ergebnis experimenteller Archäologie: (aus dem Spiegel 4 / 2010):
Der Linothorax schützte vor Pfeilen
Und tatsächlich, der selbstgemachte Linothorax-Stoff erwies sich als durchaus geeignet, einen Feldherrn wie Alexander zu schützen. "Die verklebten Leinenschichten funktionieren wie eine antike Version von Kevlar - dem Material, aus dem moderne schusssichere Westen gemacht sind", sagt Aldrete. "Die Flexibilität des Materials verteilt die Kraft eines aufprallenden Pfeils".
Dabei simulierte der Versuchsaufbau sogar das schlimmstmögliche Szenario. Denn alle Kräfte wirkten aus nächster Nähe und frontal auf das Gewebe ein. Im Schlachtgetümmel dagegen bewegt sich der Soldat ja und ist kein statisches Ziel.
Im Test verglichen die Wissenschaftler Stoffe aus 11, 15 und 20 Schichten. Besonders gut messbar waren die Ergebnisse der Pfeilattacken: Ein Geschoss, das mit 25 Pfund Zugkraft aus nur 7,5 Metern Entfernung abgefeuert wurde, bohrte sich in alle drei Varianten gerade mal einen Zentimeter tief - und hätte so kaum mehr als einen unangenehmen Kratzer auf der Haut verursacht. Selbst bei 45 Pfund Zugkraft kam der Pfeil lediglich zwei Zentimeter tief. Weit genug entfernt von allen lebenswichtigen Organen. Erst ein mit 60 Pfund Zugkraft abgeschossener Pfeil hätte den Träger eines Linothorax aus 11 oder 15 Schichten ernsthaft verwundet. Einen 20-schichtigen Leinenpanzer hätte er 3,5 Zentimeter tief durchschlagen.
Wenn der Schütze 15 Meter weit weg stand, kamen nur Pfeile mit einer Zugkraft von 60 Pfund tiefer als zwei Zentimeter. Und auf 30 Meter Distanz schabten die Projektile kaum mehr die Oberfläche des Linothorax an. Die Soldaten waren mit ihren Schutzpanzern offenbar gut gewappnet - auch gegen schwerere Waffen, berichtet Bartell: "Schwerter oder Messer ritzten nur die obersten Schichten an." Und auch Äxte oder Morgensterne schafften es nicht, durch den Panzer zu kommen. "Wir vermuten aber doch, dass sie heftige blaue Flecken oder gebrochene Rippen verursacht haben."
Archäologie-Experiment: Antiker Leinenpanzer schützt so gut wie Kevlar - SPIEGEL ONLINE
Hm, und eben entdecke ich, dass ihr das schon 2009 dikutiert habt, tja...
Eine auch beim Plinius d. Ä. erwähnte hervorragende Leinenproduktion besaßen "die keltische Stämme"...
 
Es gibt keinerlei antike Quelle und keinen Fund, der irgendwie darauf hindeutet, daß es verleimte Leinenpanzer gegeben hat. Das Ganze ist, im Falle der griechischen Panzer, eine rein auf rationalen Vermutungen beruhende Denkkonstruktion. Wie der griechische Kompositpanzer aufgebaut war (Leinen, Leder, umkleidete Bronze, alle Varianten?), weiß man nicht. Der Leinenpanzer, den Alexander trug, war übrigens ein persisches Beutestück. Über keltische Leinenpanzer kann man also auch nur wild spekulieren.

Schmiedetechnik in der Antike und im Mittelalter war reine Erfahrungssache. Das bedeutet, daß es keine normierten Verfahren gab, nur übliche, und daß man mit sehr unterschiedlichen Qualitäten zu rechnen hat. Das es solche gab, zeigen auch die Untersuchungen an Fundstücken, die sehr verschiedene Härten aufweisen. Es wird also in einer Truppe harte Klingen zugleich mit sehr weichen gegeben haben, daher ist die schriftliche Überlieferung bei Polybios nicht nötigenfalls völlig falsch, sondern nur anekdotisch.
 
Es gibt keinerlei antike Quelle und keinen Fund, der irgendwie darauf hindeutet, daß es verleimte Leinenpanzer gegeben hat. Das Ganze ist, im Falle der griechischen Panzer, eine rein auf rationalen Vermutungen beruhende Denkkonstruktion. Wie der griechische Kompositpanzer aufgebaut war (Leinen, Leder, umkleidete Bronze, alle Varianten?), weiß man nicht. Der Leinenpanzer, den Alexander trug, war übrigens ein persisches Beutestück. Über keltische Leinenpanzer kann man also auch nur wild spekulieren.

DAS ist SO nicht richtig. Eine "Brustplatte aus Leinen" erwähnt Homer, IIRC gab es auch eine Erwähnung einer Rüstung aus Leinen bei Xenophon...

Richtig ist aber ,daß wir nicht wissen wie diese Brustplatte aus Leinen aussah und konstruiert war. Die üblischen Darstellungen griechischer Panzer zeigen Soldaten in einer Rüstung für die es IMHO keine archäologischen Funde gibt, sie waren also nicht aus Bronze.Die Spekulation zählt 1 und 1 zusammen und macht aus dem nicht durch Funde nachweisbaren Fantasy-Panzer der hellenistischen Kunst eben eine Leinenrüstung... das ist eine zulässige Rekonstruktion. Daß Alexander einen Leinenpanzer trug ist durch schriftliche Quellen gut genug bezeugt... und die Ähnlichkeit zwischen dem Panzer der Alexanderdarstellungen, den Panzerungen der griechischen Krieger und vielen keltischen Darstellungen u.a. dem Glauberger springt schon ins Auge.

Schmiedetechnik in der Antike und im Mittelalter war reine Erfahrungssache. Das bedeutet, daß es keine normierten Verfahren gab, nur übliche, und daß man mit sehr unterschiedlichen Qualitäten zu rechnen hat. Das es solche gab, zeigen auch die Untersuchungen an Fundstücken, die sehr verschiedene Härten aufweisen. Es wird also in einer Truppe harte Klingen zugleich mit sehr weichen gegeben haben, daher ist die schriftliche Überlieferung bei Polybios nicht nötigenfalls völlig falsch, sondern nur anekdotisch.

ein guter Punkt!
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt ja auch einige antike Darstellungen die man kaum anders als einen Leinenpanzer interpretieren kann.
 

Anhänge

  • Bildschirmfoto 2013-02-05 um 11.11.36.jpg
    Bildschirmfoto 2013-02-05 um 11.11.36.jpg
    51 KB · Aufrufe: 535
Zurück
Oben