Wiederholt sich Geschichte? (zyklischer Geschichtsverlauf)

Das ist aber wirklich reine Theorie und unendlich meint hier unendlich.

Schon für relativ kurze Buchstabenfolgen steigt die Zahl der notwendigen Versuche bei zufälligem Tippen ins astronomische.

In der Zeit gab es dazu kürzlich einen interessanten Artikel.

Die Chance, das Wort Schimpanse bei einem zufälligen Tippen von Buchstaben zu erhalten, beträgt danach nur 1 zu 590 Billionen.

Wenn man sämtliche Schimpansen auf der Erde (etwa 200.000) zufällig Tippen ließe, bräuchten diese dafür im Durchschnitt etwa 1000 Jahre. Und das setzt schon voraus, dass die Schimpansen wirklich zufällig tippen und nicht z. B. bevorzugt dieselbe Taste mehrmals hinter einander.

Für eine doppelt solange Zeichenkette würden die 200.000 Schimpansen schon 100 Millionen mal solange benötigen, wie das Universum bereits existiert.

Und da sind wir erst bei 20 Zeichen
Ja, aber das Prinzip lässt sich auf Geschichte (und eigentlich alles Andere) anwenden:

Nimm ein mögliches einzutreffendes Szenario und warte nur lange.
Dann wird es passieren.

Je unwahrscheinlicher es ist, desto länger musst Du warten.

Aber grundsätzlich wird es passieren.


Sowas kann nicht nur angewand werden, es wird auch angewand.
Banken und Versicherungen berechnen so Rückstellungen, Risiken und Ähnliches.
Risk Management, ach eigentlich alles, was mit Wahrscheinlichkeiten arbeitet, benutzt dieses Konzept.

In den Naturwissenschaften auch, da bin ich sicher. Es gibt so unfassbar viele Dinge in der Natur, die sich nur mit Wahrscheinlichkeiten beschreiben lassen. Lebenserwartungen, Nahrungssituationen, Nachwuchs, Positionen von Teilchen, das morgige Wetter.

Und auf unwahrscheinliche Ereignisse muss man (im Schnitt) einfach nur länger warten.
Thats all.
Insofern werden sich auch bestimmte geschichtliche Konstellationen im Groben wiederholen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Insofern werden sich auch bestimmte geschichtliche Konstellationen im Groben wiederholen.

Im Groben, ja. Im sehr Groben.

Da wir immer wieder mit diesen "Menschen" zu tun haben, die für die Geschichte verantwortlich sind, wiederholen sich bestimmte Verhaltensmuster, was nicht überraschend ist.

"Geschichte" an sich wiederholt sich selbstverständlich nicht, was sollte das auch heißen? Wie viele Parameter zweier zeitlich verschiedener Ereignisse müssten denn übereinstimmen? Wer entscheidet, welche Übereinstimmungen relevant sind, welche nicht?

zum beispiel oben:
Offensichtlich ist die Novemberrevolution 1918 NICHT identisch mit der Franz. Revolution.
Warum nicht?
Jahreszeit? Ort? Handelnde Personen? Ablauf? Folgen? Und noch tausend andere Punkte, die nicht übereinstimmen.

Natürlich kann man sich drei, vier Merkmale herauspicken, die Parallelen aufweisen und diese als besonders relevant ansehen.
Das ist allerdings willkürlich und letztlich einfach Mumpitz.

Da bleibe ich beim Wetter. Das wiederholte sich auch NICHT. NIE.
Obwohl es schon gestern a...kalt war, und letzten Sommer die Sonne schien.
 
Insofern werden sich auch bestimmte geschichtliche Konstellationen im Groben wiederholen.
allerdings:
Im Groben, ja. Im sehr Groben.
! Und das ist so grob, dass man bestenfalls schöngeistig Ähnlichkeiten suggeriert, indem man die große Menge der Unterschiede beiseite lässt - weil sie nicht in die angenommene oder praesupponierte Modellvorstellung passen.
Und da helfen auch keine ach so logischen und unwiderlegbaren mathematischen Zahlenspielereien: die Wahrscheinlichkeit, als Schulkind in einem Ferienlager totgeschossen zu werden, ist immens gering - das sagt uns aber exakt nichts darüber, ob und wann und wie oft dergleichen passiert. Und es erklärt das unwahrscheinliche Ereignis nicht, nachdem es mathematisch unerwartet halt doch eingetreten ist (was es jederzeit kann!).
 
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Darüber habe ich auch nachgedacht.
Schließlich haben wir bis jetzt nie zweimal den selben Zustand auf der Erde gehabt.

So gesehen ist die Analogie vom Affen der die Bibel aus Versehen tippt fehlerhaft.


Ich scheitere da ein wenig an der Definition von "sich wiederholender Geschichte".

Eine sehr strenge Auslegung von "wiederholender Geschichte":
Soll sich der Feldzug Alexanders des Großen irgendwann exakt so wiederholen, mit Phalanx, Hieb-und-Stichwaffen, den selben Soldatennamen, ja jedem Elementarteilchen an exakt den selben Positionen,.
Das geht wohl nicht. Das Universum ist gealtert.

Eine weitgefächerte, hermeneutische Auslegung von "wiederholender Geschichte":
Soll ein kleines Reich, ein kleiner Staat unerwartet ein großes Reich besiegen?
Das wird wieder und wieder in der Geschichte passieren.

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Ich persönlich würde den Begriff "wiederholende Geschichte" so auslegen, dass sich grob die Rahmenbedingungen ähneln.
Sowas wird sicher ständig vorkommen.
"Ein kleines Reich besiegt ein größeres" ist dann allerdings schon wieder so allgemein und undefiniert, dass man fast in jeder Epoche Beispiele finden kann, von der frühen römischen Republik über die Generalstaaten bis hin zum Vietnamkrieg und zum sowjetischen Afghanistankrieg. Das wäre dann eher, als gäbest Du Dich damit zufrieden, wenn einer der Affen dreimal hintereinander einen Vokal drücken würde.
 
Ich habe jetzt mal bewusst mit der Antwort einige Tage gewartet, weil ich meine, subtile Gereiztheit gelesen zu haben.

Emotionale Involviertheit verhindert Ergebnisoffenheit einer Diskussion.

Zum Inhaltlichen: Natürlich kann Mathematik in bestimmten Wahrscheinlichkeitskorridoren die Zukunft vorhersagen.

Das lernt man in den ersten Semestern in jedem Studiengang, der mit Empirie arbeitet.
Eigentlich schon im Mathe Leistungskurs in der Schule.
Es gibt in fast jedem wissenschaftlichen Gebiet Modelle der Prognoseerstellung.

Oft sind diese Zukunftsvorhersagen wage(Wetter), manchmal gestochen scharf.
Es ist eine Frage der Daten und Komplexität.

Und auch die Zuverlässigkeit der Vorhersagen lässt sich stochastik berechnen: Mit Konfidenzintervallen.

Und auch für Geschichte lässt sich (in einem gewissen unscharfen Rahmen) die Zukunft vorhersagen.
Ein Beispiel: Konjunkturzyklen lassen sich relativ präzise vorhersagen. Und Konjunkturzustände haben gesellschaftliche Konsequenzen.

Auch haben wir alle Tools, mit denen sich sehr kleine Zukunftsvorhersagen machen lassen. Die Google Suchtreffer-vervollständigung wird in den meisten Fällen zutreffen.

Und es war der berühmteste Physiker des 20ten Jahrunderts, der gesagt hat: "Gott würfelt nicht." Was darauf hinaus läuft, dass die Welt deterministisch(@DonQuiote) strukturiert ist, alles vorherbestimmt und damit vorhersagbar. Das ist jetzt allerdings sehr theoretisch: Denn weder ist Determinus bewiesen(Die Heisenbergsche Unschärferelation deutet eher das Gegenteil an.), zudem müsste man für eine einhundertprozentig richtige Zukunftsvorhersage jedes Teilchen und jedes Naturgesetz kennen.

Aber auch ohne Determinismus lassen sich mit Hilfe der Stochastik eben wirklich gute Zukunftsmodellierungen erstellen.


Ich verzichte jetzt einfach mal darauf, es selbst erklären zu wollen sondern verweisen auf entsprechende seriöse Links(werbefrei):



Mein Vater war übrigens Mathe Prof und ich habe sein Mathe-Verständnis geerbt.
Mein Verständnis dahingehend ist mehrfach mit objektiven Messmethoden belegt worden und ich fühle mich immer ohnmächtig, wenn Andere nicht verstehen, wieviele unfassbar mächtige Möglichkeiten die Mathematik bietet.
Neulich habe ich einen Kriminalpodcast gehört, in dem diskutiert wurde, ob eine Kilometerabweichung in einem KFZ Fahrtenbuch eines Angeklagten erklärbar ist.
Das hätte das Gericht sehr einfach klären können: Man kann mit Grundlagen der Statisik berechnen, wie wahrscheinlich die Abweichung ist.

Ein Großteil der Bevölkerung scheint die Anwendbarkeit dieser Werkzeuge gar nicht zu verstehen.
Insofern hat mir meine Dozenttentätigkeit an der Uni im Bereich Wirtschaftsmathe recht gut gefallen: Da kam niemand auf die Idee, die Mathematik in Frage zu stellen.
 
Diese Berechnungen können aber nicht einen Strang, sondern lediglich verschiedene Stränge darstellen.

Es können Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, ja, aber deren Eintreffen ist nicht sicher.
 
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Diese Berechnungen können aber nicht einen Strang, sondern lediglich verschiedene Stränge darstellen.
Korrekt.

(Sehr sehr intelligente Menschen haben sich den Kopf zerbrochen, ob es überhaupt nur einen Strang gibt.
Einstein sagte: Ja. (Zitat: "Gott würfelt nicht." => Es gibt keinen Zufall, keinen freien Willen, alles ist vorherbestimmt. Determinismus.)
Dem entgegen stehen andere Einschätzungen. Bekannt ist mir das Problem der Heisenberschen Unschärfe: Das Verhalten von Teilchen ist nicht messbar, sie verhalten sich "unberechenbar". Das wäre gleichbedeutend mit "Zufall". Gäbe es Zufall, gäbe es nicht nur einen "Strang".)
 
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Ich will lediglich sagen, natürlich können Ereignisse bei entsprechender Datenlage relativ genau vorhergesagt werden. Allerdings darf man hierbei
nicht die unvorhersehbaren/nicht vorausgesetzten/ Ereignisse/Parameter außer acht lassen, aktuell z.B. UA-Krieg, Trump, Klimawandel, eventuelle noch auftretende globale Seuchen, neue innovative technische Entwicklungen (z.b. KI und deren Verwendung, Fusionsreaktoren). Unter Berücksichtigung auch dieser Parameter werden die mathematischen Modelle immer komplexer und die Rechenleistungen dafür werden ständig umfangreicher. Ist das dann überhaupt noch realistisch?
 
Isaak Asimov hat in seiner Foundation-Reihe ein ähnliches Szenario entworfen. In einer fernen Zukunft, in welcher die Menschheit ein galaktisches Imperium (mit leichten Anklängen an das Römische Reich ;)) errichtet hat, tritt nach gut 12000 Jahren imperialer Geschichte ein Wissenschaftler auf, der mit Hilfe einer fiktiven mathematischen Methode (der Psychohistorik) den Untergang des Reiches und damit der Zivilisation voraussagen, aber zugleich einen Weg zum schnelleren Wiederaufstieg (wenn auch immer noch binnen eines Jahrtausends) zeigen kann.

Hintergrund ist, dass bei vielen Millionen besiedelten Welten Entscheidungen einzelner Personen keine Rolle mehr spielen sollen, so dass die Psychohistoriker grundlegende Veränderungen tatsächlich mit Gewissheit voraussagen können. Abweichungen vom Plan gibt es aber dennoch, und diese müssen dann von einer eigens gegründeten Institution (der "Zweiten Stiftung") geschickt und diskret aus der Welt geschafft werden.

Asimov hat die losen Enden seiner Erzählungen niemal so ganz zusammengeführt, aber das Ganze läuft am Ende auf eine Art Gaia-Bewusstsein im galaktischen Maßstab hinaus, was über den ursprünglichen Plan der Psychohistoriker weit hinausgeht.

Die Erzählungen sind natürlich Klassiker, aber man merkt auch, dass dabei bestimmte Geschichtsbilder eine große Rolle spielen. So nehmen in den einzelnen Epochen des Imperiums und der Foundation "große Männer" mit erstaunlichen strategischen und taktischen Fähigkeiten viel Raum ein, und die meisten Werkzeuge bin hin zu Taschenmessern sind atomar betrieben.
 
Es können Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, ja, aber deren Eintreffen ist nicht sicher.
Eben.
Und daran erweist sich, dass ein Modell (und sei es noch so logisch) nun mal nicht mit der Realität identisch ist.
Nichts anderes hat mein Beispiel mit den Schulkindern zum Ausdruck gebracht (#23)

Dasselbe noch mal humoristisch-historisch:
Angenommen, der große Bert Brecht wäre um 1930 hoch verschuldet, ruiniert. Er wendet sich an wohlhabende Mathematiker: "Jungs, momentan ist mau, aber bald wird mein ärgster Konkurrent von einem Baum erschlagen, und dann starte ich an den Bühnen groß durch mit epischem Theater und kann alles aus der Portokasse mit Zins zurückzahlen."
...die Mathematiker rechnen und empfehlen danach, sich woanders Hilfe zu besorgen.
Ok, fiktiv ist Brechts Pleite - aber seinen Konkurrenten auf den Bühnen, Ödön von Horvath, erschlug zu Paris ein Baum, am 1.Juni 1938.
;)
 
Und daran erweist sich, dass ein Modell (und sei es noch so logisch) nun mal nicht mit der Realität identisch ist.
Das stimmt nicht so ganz.


Man weiß, wie präzise Modelle sind.
Das wird mit dem Konfidenzkoeffizient berechnet.
Ein verbreiteter Wert ist 97,5%.


Man weiß dann: Ein Modell wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 97,5% so in der Zukunft eintreten.

Es funktioniert übrigens umgekehrt: Es wird nicht die Erfüllungswahrscheinlichkeit von einem Modell oder einer Aussage berechnet.
Sondern: Es wird eine Wunsch-Erfüllungswahrscheinlichkeit von beispielsweise 97,5% ; 95% oder sonstwas definiert und dann wird der ursprüngliche Aussagekorridor ausgeweitet oder verengt: Bis man auf den Wunschwert kommt.


Und Aussagen, denen man zukünftige Erfüllungswahrscheinlichkeit von 97,5% zuordnen kann, sind sehr sehr mächtig.

Nicht umsonst werden diese Werkzeuge in fast allen Wissenschaften und Wirtschaftsbranchen genutzt.
Aber auch von Leuten, die Kohle verdienen wollen.
 
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Warum muss ich jetzt an Griffin denken, eine Figur aus Men in Black III ? Er hat die Fähigkeit, alle möglichen Zeitlinien und Zukunftsszenarien gleichzeitig zu sehen. Er kann die vielen Varianten der Zukunft und der Ereignisse wahrnehmen, die durch verschiedene Entscheidungen und Handlungen in der Vergangenheit entstehen. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihm, die möglichsten Verläufe der Geschichte zu verstehen und die Konsequenzen kleiner Veränderungen zu erkennen. Griffin ist ein eine Art von quantummechanischer Beobachter.

In der Quantenmechanik gibt es keinen festen, deterministischen Verlauf – also kein linearer, aber auch keinen zyklischen Verlauf. Der Historiker kann ein Ereignis auch nur beobachten und interpretieren, ähnlich wie ein Physiker in der Quantenmechanik den Zustand eines Systems durch die Messung und den Beobachter beeinflusst.

Nehmen wir den 20. Juli. Eine Aktentasche unter einem Schreibtisch, aber es kommt darauf an neben welchem Tischbein es steht und zu welchen Zeit eine Person sich wo im Raum befindet und noch eine ganze Reihe weitere Faktoren. Der Historiker kann also nur das Ist-Ergebnis einer Abfolge von Ereignisse messen, die er aber nie alle kennen kann. Er bewertet sie, aber die Interpretation und die Bedeutung verändern sich auch mit der Zeit und den Werten der Beobachter. Die stattgefunden Realität ist nur – Die Tasche stand am Punkt A und die Zielperson befand sich am Punkt B und überlebt. Was vorher war und was nachher kommt, wird niemand genau „messen“, sondern nur annähern können.

Linear betrachtet: Kai Mustermann wird von einem Ford Fiesta angefahren. Der Fiesta wird gebaut weil Henry Ford Autos bauen will und wird. Henry ist aber nur in den USA weil seine Eltern wegen der Kartoffelfäule in Irland in die USA ausgewandert sind. Kartoffeln gibt es in Irland nur weil Kolumbus sein Schiff nicht vor den Azoren versenkt hat und Amerika entdeckt hat. Kartoffeln in Amerika gibt es, weil….. usw. usf. Also müssen wir noch Flora und Fauna, Geologie, Klima, Plattentektonik, Expansion des Islams usw. usf. betrachten. Alleine um den Unfall von Kai Mustermann zu erklären.

Zyklisch betrachtet sieht man aber auch bei Imperien und archäologischen Kulturen ein Muster des Aufstiegs, der Blüte, Überdehnung, Krise und des Verfalls.

Die neolithische Revolution begann vor ca. 10.000 Jahren BP und damit 30.000 Jahre nach dem Löwenmensch und die LBK hatte in Deutschland auch ihren Aufstieg, Blüte, Überdehnung, Krise und Verfall, hat aber auch eine vorläufige lineare Entwicklung der Sesshaftigkeit und Ackerbau ausgelöst, aber auch mesolithische Gruppen verdrängt.

Ist dann zyklisch oder linear wirklich wichtig? Eigentlich nicht. Man kann sich durch Beobachtung nur annähern, aber Ursache und Wirkung nie wirklich klären. Höchstens in die Chronologie einordnen.
 
97,5% sind nicht identisch mit 100%
(Kleine Schikane: das kann man sogar ohne Wahrscheinlichkeitsrechnung ermitteln)
Du hast geschrieben: Das Modell wird der Realität nicht entsprechen.
Du meinst: Das Modell wird der Realität nur zu 97,5% entsprechen und zu 2,5% abweichen.
Das ist falsch.


Richtig ist: Das Modell wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 97,5% der Realität zu 100% entsprechen.
 
Du hast geschrieben: Das Modell wird der Realität nicht entsprechen.
Du meinst: Das Modell wird der Realität nur zu 97,5% entsprechen und zu 2,5% abweichen.
Das ist falsch.


Richtig ist: Das Modell wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 97,5% der Realität zu 100% entsprechen.
Ich denke, das hängt doch sehr davon ab, über was für ein Modell wir sprechen.

Meistens entsprechen irgendwelche Modelle doch ohnehin nie zu 100% der Realität.

Hättest Du mal ein Bespiel über so eine Vorhersage mit einer solchen Wahrscheinlichkeitsangabe?

Imho hat man doch meistens gar nicht genug Informationen, um das Eintreffen von komplexeren Ereignissen mit einer solchen konkreten Wahrscheinlichkeit vorherzusagen.

Ich kenne Konfidenzintervalle auch vor allem aus der medizinischen Forschung. Da sagen die etwas darüber aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unterschied zwischen den Ergebnissen aus zwei Gruppen (z. B. Gruppe eins erhält ein Medikament, Gruppe zwei ein Placebo) nicht auf Zufall basieren. Bei einem Konfidenzkoeffienzient von 95% würde das bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Unterschied in den Ergebnissen auf Zufall basiert, 5% beträgt.
 
Ich würde sagen, dass Dinge die weiter bestehen permanent wiederholt werden, die Charta der Menschenrechte der Frz. Rev. wird permanent wiederholt. Da gewichtige Handlungen die Welt der Menschen verändern verlaufen die Dinge dann fortan anders, was wenn wir die Frz. Rev. heute wiederholen? Es gibt keinen frz. König, in Wirklichkeit tun wir die frz. Rev. permanent denn wir halten sie für etwas Gutes, bloß hat es nun keine Auswirkungen mehr.
Der freie Wille des Einzelnen ist in Wirklichkeit marginal, nur isoliert betrachtet kann man sagen jemand hat sich ja selbst entschieden Mechaniker zu werden, aber viel größeres Gewicht hat etwa, dass diese Wirtschaft nunmal ihre Mechaniker braucht und Menschen dazu treibt diese Lücken zu füllen.
Gibt es Zufall? Ich habe zufällig jemanden getroffen... das ist bloß Zufall aus der begrenzen Perspektive des einzelnen Menschen, wir haben uns getroffen weil ich gerade von hier nach dort und er von dort nach dort fuhr, lässt sich ganz klar kausal erklären. Das Ergebnis eines Würfelwurfs nennen wir "Zufall" weil wir es nicht vorhersagen können. Wir haben ein physikalisches Modell für unsere Wahrnehmung der Welt erstellt mit dem wir mit ausreichend Information in diesem Modell vorhersagen treffen können, sofern wir den Würfel in einem erstellten Raumsystem beschreiben können wir Ergebnisse innerhalb desselben mit ganzer Sicherheit vorhersagen. Diese Modelle sind nun genau das: Modelle und nicht die Wirklichkeit. Die Welt, die wir durch unsere Augen sehen ist ein Bild in unserem Kopf, wir erleben unsere eigene Wahrnehmung, unsere Sinne, nicht eine äußere, echte Welt "an sich" (Kant). Ohne visuellen Apparat sieht die Welt überhaupt nicht aus. In der Welt gibt es weder Meter, noch Minute oder Geschwindigkeitsvektoren, es sind Konzepte des menschlichen Geists. Die Natur kennt auch keine Bäume oder Atome, es sind Buchstaben und Definitionen die nur im menschlichen Geist eine Bedeutung haben können.
Der Kosmos ist nicht kompliziert, was kompliziert ist, ist ihn in unseren kleinen Verstand zu bekommen. Dazu müssen wir auf Vereinfachungen zurückgreifen, auf Modelle, "Verkleinerungen", denn unser Verstand und entsprechend die Modelle die ihm entspringen sind bloß ein unbedeutend winziger Teil des Kosmos und können ihn deshalb niemals annähernd vollständig erfassen. Das bedeutet es kann eine beliebig große Anzahl komplett unterschiedlicher Modelle und Erklärungen für die Welt geben die ebenso zuverlässig Vorhersagen treffen können.
Ob es also Zufall gibt hängt vom Verstand und Wissen des Wahrnehmenden ab, mit ausreichend Information und einem ausreichend ausgereiften Modell kann ein bestimmter Verstand den Fall eines Würfels ab dem Zeitpunkt vorhersagen ab dem er losgelassen wird und da ist der springende Punkt: ab dem Zeitpunkt ab dem niemand mehr handelnd eingreift meinen wir ein komplett deterministisches System vor uns zu haben: alles "tote" in der Welt laufe deterministisch ab, das Handeln anderer, ihr "freier Wille", sei unberechenbar und das ist so weil wir Erleben und Wahrnehmung bisher nicht messen können. Kann man die Entscheidungen und das Handeln anderer vorhersagen? Ich denke die Marketingabteilung ist sehr sicher, dass das geht. Wenn wir jemanden bis in den letzten Winkel seiner Gedanken verfolgen können wir sicherlich sehr genaue Vorhersagen treffen.
Wir können uns auch auf einen Haufen Moleküle reduzieren und somit jeden Sinn aus dem Leben nehmen. Was uns bewegt sind Empfindungen und Emotionen und emotio ist der unvereinbare Gegensatz von ratio. Folgt man der modernen Biologie sind wir zu 99% identisch mit Schimpansen, subjektiv mögen wir da allerdings einen größeren Unterschied sehen.
Wissenschaftliche Arbeit erfordert alle subjektiven und emotionalen Affekte zu eliminieren um ein möglichst steriles, objektives Bild zu erhalten, in Wirklichkeit ist das ein gewisser Selbstbetrug und echte Objektivität für ein Subjekt nicht möglich, es müsste sich selbst auslöschen.

Nun ich bin der Meinung, dass wir Geschichte permanent wiederholen weil sie ein Teil von uns ist. Nimmt man jemanden die ersten 30 Jahre seines Lebens fangt er an zu krabbeln und brabbeln und muss erst wieder gehen und sprechen lernen: unsere Vergangenheit ist wer wir sind und es ist bloß unsere Einstellung dazu die wir ändern können und die Handlungen die wir daraus ableiten.
 
Ich würde die Frage konstruktivistisch angehen und behaupten ohne Wiederholungen lässt sich die Vergangenheit methodisch gar nicht beobachten. Angefangen von den Einheiten der Zeitrechnung (Tage, Jahre, u.s.w.) müssen auch alle anderen Ereignisse auf Codes basieren, die Unterscheidungen ermöglichen. Letztlich stabilisiert sich Ordnung aus dem Chaos der Ereignisse und wird von narrativer Geschichtsschreibung begleitet. Dadurch lassen sich in der Folge auch langfristige Zyklen wie Mittelalter oder Darkages erkennen.

Aktuell gibt es möglicherweise eine solche Regelmässigkeit zu beobachten: Die hegemoniale Ordnung der internationalen Staatenbeziehungen wird in nahezu gleichmässiger Abfolge in kriegerisches Chaos gestürzt. Dies begleitet von ideologischen Auseinandersetzungen - Der 30-jährige Krieg war nicht der letzte 30-jährige Krieg. Deswegen würde ich nicht nur die Französische Revolution und die Novemberrevolution vergleichen, sondern das Aufeinanderfolgen von Protestantismus und Katholizismus, als Gegensatz von Autorität und den Anfängen liberalen Denkens, und dem Prozess des westfälischen Friedens. Ähnlich der Konflikt zwischen Aufklärung und Absulotismus der im Wiener Kongress endet, aber natürlich nicht grundsätzlich aufgelöst wird. Aber die Herrschaftskonflikte werden durch die neue Ordnung auf der Basis von Regeln ausgeglichen.

Die Ideologien des 19.Jahrhunderts waren Sozialismus und Nationalismus, der konkrete Konflikt war aber einer zwischen Mächten die immer in ein einem multipolaren Gleichgewicht stabilisiert wurde. Die Weltkriege wären aus dieser Perspektive so etwas wie ein dritter Kampf um globale Hegemonie, die in der bipolaren Weltordnung des kalten Kriege endete. Der Versailler Vertrag reichte nicht aus!
Mich würde interessieren wo wir jetzt stehen, also ob wir am Anfang eines dann vierten 30-jährigen Krieges mit ungewissem Ausgang stehen?
 
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