Zählen Sudetinnen und Sudeten als eigenständiges Volk?Online gibt es nur verwirrende Infos bis jetzt.
Zunächst einmal sind die Sudeten ein Gebirgszug. Als Sudentendeutsche wurden Menschen bezeichnet, die in den Grenzgebieten Tschechiens zum Deutschen Reich, auf die das Deutsche Reich Anspruch erhob lebten und die sich als Deutsche (im Sprachgebrauch der Nazis als Volksdeutsche im Gegensatz zu den Reichsdeutschen) fühlten.
Deutsch im heutigen Sinne ist eine Staatszugehörigkeit. Als Deutsch gilt außerdem, wer deutscher Zunge und Herkunft ist, aber nicht einer westmitteleuropäischen Nation angehört (Liechtenstein, Luxemburg, Dänemark, Italien, Belgien, Österreich, Schweiz), ohne, dass die Person die deutsche Staatsangehörigkeit hätte. Wobei man - um die Verwirrung komplett zu machen, bei Belgiern und Dänen, die sich der deutschen Minderheit ihrer Staaten zugehörig fühlen doch wiederum von Deutschen spricht. Heute kann jeder Bürger der Europäischen Union die deutsche Staatsangehörigekeit erwerben. Bis vor wenigen Jahren war es noch so, dass Angehörige der deutschen Communities in Rumänien, Tschechien, Polen, Russland/Kasachstan etc. gewissermaßen - auch als ihre Staaten noch nicht der EU bzw. ihrer Vorläufer (EG < EWG) angehörten die bundesdeutsche Staatsangehörigkeit garantiert war.
Das Land heißt aber nicht Sudetendeutschland sondern Sudetenland.
Bayern heißt auch nicht Bayern
deutschland, sondern Bayern oder Bayernland. Im westfälischen Karneval singt man nicht "Westfalen
deutschland ist wieder außer Rand und Band" sondern "Westfalenland". Dass also die Bezeichnung
deutsch da fehlt, besagt in keiner Richtung irgendetwas, weder pro noch contra deutsche Zugehörigkeit.
Zur Hitlerzeit wurde das Sudetenland nicht als Teil Nazi-Deutschland anerkannt, deswegen wurde der untere Teil der Fahne schwarz, so heißt es auf einer Seite zur Fahne.
Also dieser Satz ist in mehrerlei Hinsicht schwierig. Tschechien ist gewissermaßen aus der Konkursmasse von Österreich-Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen. Die Region war - vereinfacht gesagt - von Tschechen und von Deutschen österreichischer und nichtösterreichischer Herkunft besiedelt, wobei es Siedlungsgebiete gab, die stärker von Tschechen und andere, die stärker von Deutschen besiedelt waren. Im Herbst 1938 warf Nazi-Deutschland die Propagandamaschinerie an, um sich das Sudentenland einzuverleiben.
Also ab Oktober 1938 waren die Sudeten sehr wohl als Teil des Deutschen Reichs anerkannt. Vorher gehörten sie schlichtweg zu Tschechien. So wie das sorbische Wendland nicht etwa einen eigenen Staat bildet, sondern zu Deutschland gehört. Oder Schleswig zu Deutschland und nicht zu Dänemark. Etc.
Die Farben der sudetischen Fahne haben damit nichts zu tun. Farben von Fahnen sind halt willkürliche Festlegungen. Gehört etwa Bayern nicht zu Deutschland, weil die bayrische Fahne blau-weiß-kariert ist und die deutsche Fahne eine horizontal angeordnete schwarz-rot-goldene Trikolore?
Persönlich würde ich Sudetinnen und Sudeten als eigenständiges Volk anerkennen, das entweder deutsch-slawisch oder halt nichts davon ist, d. h. 'sudetisch'. Alte Angehörige aus meiner Familie stammen aus Mähren, haben die deutsche Staatsangehörigkeit, die sagte mir auf Nachfrage, dass sie sich weder als deutsch noch slawisch empfinden.
Als was sich deine Familienangehörigen empfinden, ist ihnen selbst überlassen.
Als slawisches Volk gelten sie aber wohl auch nicht, da sie angeblich überwiegend deutsch sprachen und christlichen Glaubens waren.
Was ist ein Slawe? Ein Slawe ist jemand, der linguistisch gesehen eine slawische Sprache spricht. Leute, die heute in den Sudenten leben, dürften also in erster Linie Tschechen (und somit linguistisch gesehen Slawen) sein. Auch die Slawen sind seit gut 1100 Jahren (je nachdem) Christen. Christ zu sein ist eine religiöse Zugehörigkeit, Deutscher oder Slawe eine linguistische, wobei die Zuordnung einmal grob ist und einmal fein.
Zu behaupten, weil man Christ sei, könne man kein Slawe sein, geht also nicht. Genauso wie die Unterscheidung von Deutschen und Slawen eigentlich nicht die zwischen Obst und Gemüse ist, sondern wie zwischen Obst und Blumenkohl.