Verläuft die B 68 zwischen Lippe und Diemel auf einer alten Römerstrasse?

Für meine heutige Einsilbigkeit muss ich mich entschuldigen. [...] Zudem bin ich fast den ganzen Tag mit dem Ziehen von Wurzeln beschäftigt gewesen.
Freitags bin ich ebenfalls leicht reizbar, den Kollegen sei Dank :pfeif:
Nur habe ich die Toskana erst seit Vorgestern im Blickwinkel und wollte die Aufmerksamkeit eher auf das Paradebeispiel Pisa–Lucca lenken, wo erfreulicherweise beide Orte ihren antiken Kern noch offenbaren, und sich somit Diskussionen um eine genaue Position erübrigen.
Da steht im übrigen die Frage noch aus, was römische Landvermesser des dritten vorchristlichen Jahrhunderts wohl von der gallischen Leuge wußten :devil:
 
Und nun würde mich der gedankliche Twist interessieren, warum römische Planer irgendwann um den 1. Punischen Krieg herum absichtlich und vorsätzlich im Gelände 9 gallische Leugen ausgemessen haben sollen, um dort einen Pfahl in die Erde zu rammen mit dem Ausruf "hic est luca!"

Auf diese Frage, die leider offenbar ignoriert wurde, würde mich auch eine Antwort interessieren.

Wenn es schon ein so starres System gegeben hat, wie es hier postuliert wird, warum haben die Römer dann nicht ihr eigenes Maßsystem genommen (Meilen), sondern das gallische?

Gibts da irgendeine logische - oder auch nur irgendeine Erklärung dafür?

Wäre vielleicht spannender, als die Entfernungen zwischen römischen Orten, Fundstätten oder gewünschten römischen Orten ohne jeden archäologischen Befund auf der Erde zu vermessen!:pfeif:
 
Na dann, viel Spaß bei der zweimaligen Garonnequerung in nahezu Längsrichtung auf Deiner Luftlinie.
Nicht nötig, es genügt schon ein ganz leichter Knick, um in gebührendem Abstand an der Garonne vorbeizukommen.

Deine "möglichst gerade Trassenführung" besteht aus Luftlinien von Bazas über Sos, Éauze nach Auch, stimmts?
Nein, ich bin sogar großzügig an Sos und Eauze vorbeimarschiert.
Aber das ist im Fall von Eauze ein Fehler. Tatsächlich fehlen bis Eauze ein paar Kilometer.
Dazu ist es aber nicht nötig, nahezu alle Streckenangaben, die nicht auf 9/10 Leugen kommen, nach Belieben zu ändern.
Wie sollen denn die fehlerhaften Angaben zustandegekommen sein?
Kleiner Irrtum beim Abschreiben?
Ursprünglich standen da 9 Leugen + 9 Leugen + 9 Leugen + 9 Leugen + 9 Leugen, und der Abschreiber hat sich halt ein wenig vertan und schrieb stattdessen 7 Leugen + 9 Leugen + 9 Leugen + 5 Leugen + 8 Leugen?


Und warum ist von diesen hypothetischen schnurgeraden Trassen so überhaupt nichts im Gelände zu erkennen?
Von vielen Römerstraßen ist heute auf weiten Strecken nichts mehr im Gelände zu erkennen, jedenfalls auf den Luftaufnahmen von Google Earth.
 
Wenn es schon ein so starres System gegeben hat, wie es hier postuliert wird, warum haben die Römer dann nicht ihr eigenes Maßsystem genommen (Meilen), sondern das gallische?

Der Wiki-Beitrag über die Leuge läßt keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um ein römisches Maß handelt. "Gallisch" heißt sie, weil die Leuge in einigen Gebieten in Gallien und Germanien auf Meilensteinen und Iteneraren zuerst in trajanischer Zeit belegt ist. Daraus zu schließen, dass diese Leuge auf ein vorrömisches keltisches Maß zurückgeht ist rein hypothetisch.

Über die Gründe warum die Römer mal pes monetalis, mal pes drusianus oder die Leuge verwendeten kann man trefflich spekulieren. Tatsache ist aber, dass sie es gatan haben. Meine Vermutung ist, dass sie den jeweiligen Zahlenraum so an ihre Bedürfnisse anpassten, dass sie einerseits komfortabel rechnen konnten aber gleichzeitig auch kompatibel zu den anderen gebräuchlichen Maßen waren.

Es gibt erstaunlicherweise aber weitere Hinweise, dass es sich bei den 20km oder 22,2km Abständen um ein römisches Militärmaß handeln könnte.
Egal ob sich diese nun in der Landschaft nachweisen lassen oder auch nicht.

Zeitnah mit dem Auftreten der Leuge in Gallien wurden in Britannien die Legionsfestungen in Inchtuthil und Colchester errichtet. Der englische Wissenschaftler C.V. Walthew meint in seiner 1988 veröffentlichten Arbeit "Length-units in roman military planning" nachweisen zu können, dass beide Lager mit Hilfe eines Zahlensystems konstruiert wurden, das auf 7,5 bzw. 3,75 pes monetalis beruht. Er nennt diese 7,5 Fuss Einheiten schlicht Units ohne eine Beziehung zu der Leuge herzustellen.
Rechnet man den 10 Leugen-Abstand (22,2Km) in diese Units um erhält man allerdings exakt 10.000 Units. Equivalent dazu die 9 Leugen zu 9.000 Units.

Wenn man zeitlich noch einmal hundert Jahre zurückgeht, kann man in den augusteischen Legionslagern feststellen, dass die Centurien-Kasernen 37,5 pes monetalis breit sind. Dies entspricht exakt 5 der genannten Units. Wie bei Pseudo-Hygin beschrieben, basiert z.B. die Konstruktion des Lagers in Oberaden auf Vielfachen dieser Centurien-Breite. Eine Kohorte belegte exakt 30 Units. Die gesamte Breite des Legionslagers in Oberaden beträgt exakt 300 Units.
Man kann also behaupten, dass schon weit vor dem namentlichen Auftauchen der Leuge, die römischen Feldmesser im selben Zahlenraum konstruierten.

Damit liegt der postulierte 22,2km Abstand im Lipperaum in gewisser Weise schon für die augusteische Zeit einigermaßen im Bereich des Möglichen. Und das sogar in dem vom Thread-Eröffner postulierten militärischen Kontext.

Einen tragfähigen Nachweis dieses Sachverhaltes durch die angegebenen Strecken sehe ich allerdings noch nicht.

Gruß
jchatt
 
Der Wiki-Beitrag über die Leuge läßt keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um ein römisches Maß handelt. "Gallisch" heißt sie, weil die Leuge in einigen Gebieten in Gallien und Germanien auf Meilensteinen und Iteneraren zuerst in trajanischer Zeit belegt ist.

Danke. Hab ich wieder was gelernt. Hätte mich natürlich auch nicht von der Bezeichnung täuschen lassen müssen. :red:
 
Der Wiki-Beitrag über die Leuge läßt keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um ein römisches Maß handelt.
Dennoch wäre ein Nachweis, daß luca planvoll im Abstand von exakt neun Leugen von pisae gegründet wurde, eine nicht ganz kleine Sensation. Die früheste bisher nachgewiesene Verwendung der Leuge datiert rund vier Jahrhunderte später.
 
Dennoch wäre ein Nachweis, daß luca planvoll im Abstand von exakt neun Leugen von pisae gegründet wurde, eine nicht ganz kleine Sensation. Die früheste bisher nachgewiesene Verwendung der Leuge datiert rund vier Jahrhunderte später.

Wäre das wirklich eine Sensation?
Lucca und Pisa wurden gleichzeitig gegründet. Dass bei der Gründung der Abstand einer druchschnittlichen Tagesmarschleistung berücksichtigt wurde scheint nicht unwahrscheinlich. Dieser Abstand war aber universell und wurde nicht erst durch ein Gesetz geschaffen. So harmonieren die 10 Leugen auch wunderbar mit der griechisch-persischen Parasange zu 5550m (x4) die ein vielfaches älter ist. Und die Griechen haben aus der Koloniegründung bekanntlich eine Wissenschaft gemacht die sicherlich auch im Römischen Reich Beachtung fand.
Die Tagesmarschleistung war oft die einzige verlässliche Entfernungsangabe der Fernhändler. Ein Grossteil der Daten die Claudius Ptolemaios für seine Karten benutzte waren wahrscheinlich Angaben in Tagesmarschabständen.
Er beschreibt sogar ein Verfahren, mit dem er anhand eines Reduktionsfaktors aus der Tagesmarschleistung ihrer Reisebeschreibungen reale Entfernungen extrahierte.
Für mich ist das Erscheinen der Leuge daher auch nur ein Entgegenkommen an die wahrscheinlich gebräuchlichere Tagesmarschleistung.


Gruß
jchatt
 
Zu Deinen Peaks in der Häufigkeitsverteilung: In welcher Auflösung clusterst Du?

Die Auflösung betrug 100 m. Das war allerdings vor drei Jahren, als ich noch alle Orte im Abstand von 15 - 30 km Distanz zueinander vermaß.

Da ich heute aber gezielt nach 20,0 km und 22,2 km suche und in diesem jetzt schon dritten Anlauf die Toleranz auf nunmehr maximal 1% (+-200 m) abgesenkt habe, wäre die Erstellung einer Verteilungskurve wegen Voreingenommenheit nicht mehr sinnvoll.

Wieviele Messwerte hast Du, die erstens Deinen Genauigkeitskriterien entsprechen UND zweitens exakt genug vermessbar sind, da sowohl beide Messpunkte exakt im Gelände lokalisierbar wie auch der Straßenverlauf exakt bekannt sind?

Die Frage kann ich im Moment nicht beantworten; es sind einige. (Ein weiteres Beispiel im Anhang)

Der englische Wissenschaftler C.V. Walthew meint [...] dass beide Lager mit Hilfe eines Zahlensystems konstruiert wurden, das auf 7,5 bzw. 3,75 pes monetalis beruht.[...]
Rechnet man den 10 Leugen-Abstand (22,2Km) in diese Units um erhält man allerdings exakt 10.000 Units. Equivalent dazu die 9 Leugen zu 9.000 Units.

Sehr interessant! Danke für den Hinweis.

Dennoch wäre ein Nachweis, daß luca planvoll im Abstand von exakt neun Leugen von pisae gegründet wurde, eine nicht ganz kleine Sensation. Die früheste bisher nachgewiesene Verwendung der Leuge datiert rund vier Jahrhunderte später.

Pisa–Lucca hat mich sehr verwundert, da ich eine allfällige vorrömische Herkunft der Vorliebe für diese Distanzen eher im Lande der Lingonen vermutet hätte.

Dort beträgt nämlich zum Beispiel die Entfernung entlang der voie romaine von Alesia nach Mediolanum (Mâlain) genau 40 km. Diese Stecke ist besonders gut zum Nachvollziehen mittels der Pfadfunktion in GE geeignet, da ein freundlicher Wanderer eine lange Kette von Fotos entlang der Strecke eingestellt hat; einfach "Fotos" aktivieren und den blauen Punkten folgen.

Von Mediolanum weiter nach Diviodunum (Dijon) folgen 20,0 km, von hier zur Straßenstation Vidubia 20,0 km, und von dort zum Meilen-/Leugenstein in Beaune sind es wieder 20,0 km.

  • 40,0 km ALESIA – MEDIOLANUM (Mâlain)
  • 20,0 km MEDIOLANUM – DIVIODUNUM (Dijon)
  • 20,0 km DIVIODUNUM – VIDUBIA (Straßenstation)
  • 20,0 km VIDUBIA – BEAUNE (Meilen-/Leugenstein)

[Edit] Laut gedacht: Die Lingonen unterhielten nachgewiesen eifrige Handelskontakte mit den Etruskern, denen sie, obschon selber Weinbauern, große Mengen ihres Weins abkauften. Wurde über diese Kontakte vielleicht auch Wissen vermittelt?

Weiter gedacht ist es wohl wahrscheinlicher, dass der mögliche Kulturtransfer im Zuge der Eroberung etruskischer Gebiete in Oberitalien durch Boier und Lingonen stattfand.
 

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Die Auflösung betrug 100 m. Das war allerdings vor drei Jahren, als ich noch alle Orte im Abstand von 15 - 30 km Distanz zueinander vermaß.

Da ich heute aber gezielt nach 20,0 km und 22,2 km suche und in diesem jetzt schon dritten Anlauf die Toleranz auf nunmehr maximal 1% (+-200 m) abgesenkt habe, wäre die Erstellung einer Verteilungskurve wegen Voreingenommenheit nicht mehr sinnvoll.
Auch mit 200m Toleranz wären Peaks exakt bei 19,8-20,2km bzw. 22,3-22,7km schon signifikant. Man müßte daraus schließen, daß die Römer ihre Tagesmärsche tatsächlich exakt vermessen haben und auch dann planmäßig Halt gemacht haben, wenn die Topographie am Zielort vielleicht nicht so prickelnd war.

Nebenbemerkung: Die exakte Distanzmessung im Gelände ist ziemlich aufwendig. Ein Lager auszumessen und anzulegen, läßt sich mit vergleichsweise einfachen Hilfsmitteln rasch bewerkstelligen - die Groma zur Bestimmung von rechten Winkeln, dazu irgendeine Form von normiertem Maßband oder -stock zum Festlegen der Distanzen. Distanzen über mehre Kilometer per Triangulation so exakt zu messen, daß am Ende die Abweichung von einem vorgegebenen Sollwert höchstens ein Prozent beträgt, ist dagegen (je nach Topographie des zu vermessenden Geländes) ausgesprochen zeitaufwendig und erfordert äußerst präzise, leider auch äußerst empfindliche Instrumente wie die Dioptra. Um's mal an einem Beispiel zu veranschaulichen: Wenn ich in einem eigentlich völlig präzisen gleichseitigen Dreieck mit drei exakten 60°-Winkeln und drei exakt gleich langen Seiten von je 1000m mich bei einer der beiden benötigten Winkelmessungen um nur 0,1° verhaue, beträgt die Abweichung bei der errechneten Entfernung schon 2,02m.
Grob überschlägig würde ich von rund 80 Messungen ausgehen, die für eine Gesamtdistanz von 20km nötig wären, wenn die Dioptra nicht noch über optische Hilfsmittel verfügte, um über weitere Strecken peilen zu können. Die effizientst mögliche Vorgehensweise wären zwei Messinstrumente, die gleichzeitig den nächsten Punkt anpeilen. Dann blieben den Geometern etwa 15 bis 20 Minuten, um a.) die angenommene Strecke von etwa 1000m zum nächsten Punkt zurückzulegen, b.) dort ihre Dioptra aufzubauen und exakt lotrecht über dem Punkt auszurichten, den Assistenten mit der Peilstange ggf. noch ein paar Schritt nach links oder rechts zu schicken für eine freie Sichtlinie, c.) die Messung durchzuführen, d.) mit dem anderen Team 1000m weiter Kontakt aufzunehmen, um mit den kombinierten Messwerten die gesuchte Entfernung zu berechnen (was ein pendelnder Bote bewerkstelligen könnte). Wenn Du das einen heutigen Vermessungstechniker machen läßt, japst der ordentlich.
Lucca und Pisa wurden gleichzeitig gegründet. Dass bei der Gründung der Abstand einer druchschnittlichen Tagesmarschleistung berücksichtigt wurde scheint nicht unwahrscheinlich.
Den Tagesmarsch als häufig auftretenden Abstand bezweifle ich nicht. Nur a.) einen strikt normierten und exakt im Gelände vermessenen Tagesmarsch mit höchstens 1% Abweichung, in welcher Einheit auch immer ausgedrückt, halte ich für überraschend, wenn nicht gar sensationell, sollte er sich denn nachweisen lassen. Außerdem halte ich b.) einen derart normierten Tagesmarsch, gleich ob exakt vermessen oder auch nicht, der keinerlei Rücksicht auf die Topographie nimmt, für wenig praktikabel.
Nebenbei: Pisa hielt ich bisher immer für eine etruskische Gründung, während Lucca erst später von den Römern angelegt wurde. Liege ich da falsch?
 
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Die exakte Distanzmessung im Gelände ist ziemlich aufwendig.

Wie sie das technisch durchgeführt haben ist mir auch ein Rätsel. Zu erwähnen wäre übrigens noch das Hodometer.


Den Punkt "?" bei Kilometer 20,0 auf der Stecke Alesio–Mediolanum musste ich soeben noch ein wenig korrigieren, und habe dabei eine interessante Entdeckung gemacht.

Genau an diesem berechneten Punkt zweigt ein kurzer Weg auf eine Hochebene ab, die an ein Oppidum erinnert (Bild 1).

Weiter hineingezoomt erkennt man im Luftbild Bewuchsmerkmale bzw. Bodenstrukturen, die tatsächlich auf eine Siedlung hindeuten könnten (Bild 2).

[Edit] Punkt "?" liegt bei 47.4079476948, 4.66275599273
 

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Pisa hielt ich bisher immer für eine etruskische Gründung, während Lucca erst später von den Römern angelegt wurde. Liege ich da falsch?

Die Informationen sind widersprüchlich. Wikipedia schreibt dazu:

Das antike etruskische Lucca, das das Tal des Serchio beherrschte, findet erstmals Erwähnung beim Historiker Livius als der Ort, wohin sich Sempronius 218 v. Chr. vor Hannibal zurückzog; es gibt Zweifel an der Korrektheit von Livius' Feststellung, denn obwohl es kontinuierlich Kriege mit den Ligurern gab, wird Lucca erst 180 v. Chr. erneut genannt. Damals wurde Lucca gleichzeitig mit Pisa (ebenfalls 180) und Luna (177) als römische Kolonie gegründet, um die Herrschaft der bis dahin in diesem Raum ansässigen Apuaner endgültig brechen zu können und das Land für Rom in Besitz zu nehmen.
 
Den Tagesmarsch als häufig auftretenden Abstand bezweifle ich nicht. Nur a.) einen strikt normierten und exakt im Gelände vermessenen Tagesmarsch mit höchstens 1% Abweichung, in welcher Einheit auch immer ausgedrückt, halte ich für überraschend, wenn nicht gar sensationell, sollte er sich denn nachweisen lassen.

Schau dir mal die Toleranzen der Schrittzähler Alexanders hier an.
Zur Entfernungsmessung auf dem Landweg beschreibt Vitruv (Vitr. 10,1) einen Meßwagen der anhand der Umdrehungen der Räder die zurückgelegte Strecke ermittelte. Allein die Existenz dieser Beschreibung belegt schon, dass Entfernungsmessung bei den Römern ein offenbar wichtiges Thema war.
Bei Cremona gibt es einen weit über 40 Quadratkilometer umfassendes von römischen Feldvermessern zenturiertes Gebiet. Hier wurde nicht nur ein Weg sondern die gesamte Lanschaft vermessen und in Quadrate aufgeteilt.
John Peterson forscht zu dem Thema schon seit Jahren.

Außerdem halte ich b.) einen derart normierten Tagesmarsch, gleich ob exakt vermessen oder auch nicht, der keinerlei Rücksicht auf die Topographie nimmt, für wenig praktikabel.
Nebenbei: Pisa hielt ich bisher immer für eine etruskische Gründung, während Lucca erst später von den Römern angelegt wurde. Liege ich da falsch?

Zwischen Pisa und Lucca nimmt der Weg aber sehr wohl Rücksicht auf die Topographie.
Mein Wissen über die Gründung von Pisa und Lucca kommt zu 100% aus dieser Wiki-Seite

Gruß
jchatt
 
Wie sie das technisch durchgeführt haben ist mir auch ein Rätsel. Zu erwähnen wäre übrigens noch das Hodometer.
Schau dir mal die Toleranzen der Schrittzähler Alexanders hier an.
Laßt uns bitte nicht laufend zwischen Befund und Interpretation hin und her springen. Wenn der Befund, wie von Divico dargestellt, einen eindeutigen Peak bei einer Genauigkeit von +/- 1% zeigt, kommen die verschiedenen vereinfachten Messmethoden mit Schrittzähler, Hodometer etc. nicht in Frage, weil die zu ungenau sind. Solche Ergebnisse erzielst Du nur mit "berührungsloser" Messung, wo nicht jeder Kieselstein, über den Dein Messapparat rumpelt, schon zwangsläufig das Ergebnis verfälscht. Dein verlinkter Bematist, jchatt, liegt bei einer Median-Abweichung von 2,8%, im Durchschnitt bei über 4%. Mit dieser Messmethode sehen die Peaks im Befund anders aus.
Mein Wissen über die Gründung von Pisa und Lucca kommt zu 100% aus dieser Wiki-Seite
Ich hab's auf die Schnelle nicht gefunden, wo der etruskische Ursprung Luccas nach meiner Erinnerung in Zweifel gezogen wurde. Gehen wir der Einfachheit halber von diesem Wiki-Artikel aus. Logische Folge wäre dann doch, daß nicht die Römer die 9 Leugen Abstand ausgemessen hätten, sondern schon die Etrusker, was die hier diskutierte These auch nicht gerade stützt.

Nachtrag:
Zwischen Pisa und Lucca nimmt der Weg aber sehr wohl Rücksicht auf die Topographie.
Versuch' mal, bei schwerem, morastigem Boden mit vollem Marschgepäck 9 Leugen zu schaffen, oder in unwegsamem, alpinem Gelände über Geröllhalden - das meinte ich mit "ohne Rücksicht auf die Topographie".
 
Zuletzt bearbeitet:
Dein verlinkter Bematist, jchatt, liegt bei einer Median-Abweichung von 2,8%, im Durchschnitt bei über 4%. Mit dieser Messmethode sehen die Peaks im Befund anders aus.

Das schöne an Statistiken ist ja, dass jeder sich das herauslesen kann was er will. Wenn ich die Abweichungen der Strabo-Entfernungen anschaue, dann fällt der Wert für die Strecke Prophtasia – Arachoti Polis mit 9,7% komplett aus dem Rahmen. Zu vermuten ist, dass hier ein Überlieferungsfehler eine Rolle spielte, weil der entsprechende Wert bei Plinius unproblematisch ist. Dann haben wir aber schon einen Mittelwert von nur noch 1,46%.
Berechne ich auf die verbliebenen Werte die Standardabweichung dann erhalte ich gerundet 0,75%, was auf einen gleichbleibenden also berechenbaren Unsicherheitsfaktor deuten könnte.

Ich behaupte jetzt einfach mal, dass dieses angeblich unpräzise Meßverfahren auch nicht besser und nicht schlechter ist, als das Verfahren auf vermuteten Römerstrassen und statistisch geglätteten Satellitenbildern bei Google-Earth Messungen vorzunehmen. Diese unkalkulierbaren Unsicherheitsfaktoren kann man mit der hier praktizierten Methode nicht ausschliessen sondern höchstens mittels Erhöhung der Statistischen Signifikanz minimieren. Erst dann könnte das Verfahren Relevanz bekommen. Dafür müssten aber weit mehr als nur ein,zwei halbwegs überzeugende Messungen vorliegen.

Gruß
jchatt
 
Das schöne an Statistiken ist ja, dass jeder sich das herauslesen kann was er will.
Naja, so ist es ja nun auch nicht. Mit der Frage der Meßgenauigkeit verschiedener Verfahren, empirischen Versuchen, deren Auswertung und der Interpretation systemimmanenter Störeinflüsse beschäftigt sich ein ganzer Wissenschaftszweig schon seit Jahrhunderten. Insofern ist das ziemlich müßig darüber zu diskutieren, ob bei einer hinreichend großen Anzahl Meßvorgänge ein spezielles Meßverfahren nun überhaupt geeignet ist oder nicht für die festgestellte Genauigkeit - alles längst beantwortet. Daß anekdotisch auch Messungen mit besserer als der erwarteten Genauigkeit möglich sind, bestreitet niemand. Die Betonung liegt auf "anekdotisch".
Ich behaupte jetzt einfach mal, dass dieses angeblich unpräzise Meßverfahren auch nicht besser und nicht schlechter ist, als das Verfahren auf vermuteten Römerstrassen und statistisch geglätteten Satellitenbildern bei Google-Earth Messungen vorzunehmen. Diese unkalkulierbaren Unsicherheitsfaktoren kann man mit der hier praktizierten Methode nicht ausschliessen sondern höchstens mittels Erhöhung der Statistischen Signifikanz minimieren. Erst dann könnte das Verfahren Relevanz bekommen. Dafür müssten aber weit mehr als nur ein,zwei halbwegs überzeugende Messungen vorliegen.

Hier zäumst Du das Pferd von hinten auf, auch wenn ich in der Sache natürlich bei Dir bin. Grundsätzlich brauchen wir zunächst einen sauberen Befund, nachvollziehbare Datensätze mit eindeutiger, faktischer Lokalisierung von Messpunkten und Streckenverlauf, ehe wir uns damit beschäftigen müssen, wie diese Datensätze erklärbar sind, welche Verfahren zur Entfernungsmessung die Römer angewendet haben können oder angewendet haben müssen, um diese oder jene Genauigkeit zu erreichen. Bis dahin ist es fruchtlos sich Gedanken zu machen, ob Triangulation, Hodometer oder bloßer Schätzomat zum Einsatz kamen. Ich zitiere mal meine diesbezügliche Aufforderung an Divico von vor ein paar Beiträgen:
Wie definierst Du in Deinen Messungen das Wort "genau", wieviele Meter Abweichung sind da tolerierbar? Wieviele Messwerte hast Du, die erstens Deinen Genauigkeitskriterien entsprechen UND zweitens exakt genug vermessbar sind, da sowohl beide Messpunkte exakt im Gelände lokalisierbar wie auch der Straßenverlauf exakt bekannt sind?
Das zu wissen, wäre für jede Diskussion die Basis.
Seine Antwort darauf habe ich dann schlicht interpretiert, nicht mehr.
 
Hanau, Mainbrücke – Kastell Arnsburg, im Detail

nachvollziehbare Datensätze mit eindeutiger, faktischer Lokalisierung von Messpunkten und Streckenverlauf,

Wie wäre es einmal mit der Römerstraße von der Mainbrücke in Hanau zum Kastell Arnsburg, Streckenverlauf nach vici.org.:

Die direkte Strecke vom Main zum Kastell Arnsburg beläuft sich auf genau 42,2 km. Man könnte hier also eine 9- sowie eine 10-Leugen-Etappe vermuten (20,0 + 22,2 = 42,2). An den auf dieser Annahme basierenden beiden möglichen Mittelorten findet sich jedoch nichts Auffälliges.

Allerdings liegt genau 1,1 km querab des wahren Mittelortes bei Kilometer 21,1 die die Altstadt von Assenheim begrenzende Nidda.
Das heisst, von hier aus beträgt die Distanz zum Kastell Arnsburg und zur Mainbrücke bei Hanau jeweils ganz genau* 22,2 km, also 10 Leugen. (Dank des Friedberger Leugensteins wissen wir, dass hier in der Wetterau auch offiziell in Leugen gezählt wurde.)

Wenn man sich die für eine Befestigung perfekte Lage der von drei Seiten von der Niddaschleife umschlossenen Assenheimer Altstadt anschaut, wird der kleine Umweg verständlich.

Einziger kleiner Schönheitsfehler: trotz römischer Funde ist Assenheim offenbar nicht als Römerstandort belegt.

Auch wer daher Assenheim nicht akzeptiert, muss die exakt 9 + 10 Leugen zwischen Mainbrücke und Kastell Arnsburg anerkennen – auf zweifelsfreier Strecke mit zweifelsfreien Punkten.

* +-10 m
 

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Auch wer daher Assenheim nicht akzeptiert, muss die exakt 9 + 10 Leugen zwischen Mainbrücke und Kastell Arnsburg anerkennen – auf zweifelsfreier Strecke mit zweifelsfreien Punkten.
Es wird ja nicht geleugnet, dass es römische Orte gibt, die 9 oder 10 Leugen voneinander entfernt sind. ;)
 
Es wird ja nicht geleugnet, dass es römische Orte gibt, die 9 oder 10 Leugen voneinander entfernt sind.

Hier ging es um Messgenauigkeit, nicht ums "ob".

Nebenbei bemerkt übersteigt die Meßgenauigkeit in Google Earth alles was mit dem Zirkel oder Kartenmesser auf Papierkarten möglich wäre, da es die dritte Dimension automatisch einbezieht.


[Edit] Die für uns Heutige schwer verständliche Pedanterie des Systems hat offenbar einen religiösen Hintergrund:

"Der Vorgang [der Limitation (Vermessung)] als kultische Handlung geht auf die Etrusker zurück, weshalb in der Frühzeit die Limitation Aufgabe eines Priesters war, später verlor die Handlung einiges von ihrer religiösen Signifikanz."

Wikipedia, Limitation (Vermessung)
 
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Logische Folge wäre dann doch, daß nicht die Römer die 9 Leugen Abstand ausgemessen hätten, sondern schon die Etrusker, was die hier diskutierte These auch nicht gerade stützt.

Eben, schon die Etrusker – und auch die Gallier, denn Alesia und Mâlain sind nachweislich älter als die römische Okkupation. Falls sich noch jemand an Alesia erinnert. ;)

Aber warum sollte das dagegen sprechen, dass die Römer das System übernommen haben? Die Landvermessung scheinen sie jedenfalls von den Etruskern gelernt zu haben.
 
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[Edit] Die für uns Heutige schwer verständliche Pedanterie des Systems hat offenbar einen religiösen Hintergrund:

"Der Vorgang [der Limitation (Vermessung)] als kultische Handlung geht auf die Etrusker zurück, weshalb in der Frühzeit die Limitation Aufgabe eines Priesters war, später verlor die Handlung einiges von ihrer religiösen Signifikanz."

Wikipedia, Limitation (Vermessung)

Da fällt es mir dann aber schwer zu glauben, dass eine solche mögliche Pedanterie dann zwei Möglichkeiten offen gelassen hätte. Das wäre überzeugender, wenn es nur eine "von den Göttern erlaubte" Entfernung geben würde.
 
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