Die Feldzüge des Germanicus

Tacitus stützte sich aber nicht auf irgendwelche Erzählungen alter Männer, sondern benützte (verlorengegangene) ältere Historiker.
 
1): Anreppen war vom Rhein (genauer: von Vetera) zu weit weg, um sicher und dauerhaft auch gegen Widerstand versorgt werden zu können. Es wäre ein militärisches Wagnis gewesen, einen "Brückenkopf" im Feindesland so weit entfernt von der eigenen Versorgungsbasis aufzubauen. Deshalb weisen die archäologischen Funde deutlich darauf hin, dass nicht Anreppen sondern Haltern in der Region das römische Machtzentrum war (nicht nur militärische, sondern vor allem auch bezüglich der Verwaltungsstrukturen).


4): Anreppen liegt - nach allem, was wir wissen - nicht in dem Gebiet, das die Brukterer mal beansprucht haben. Da saßen wohl eher schon Cherusker.

MfG

zu 1).
Da empfehle ich Dir mal das Buch: Hans Delbrück - Geschichte der Kriegskunst, Die Germanen. Delbrück lebte zu einer Zeit als das Militär noch mit Pferdewagen unterwegs war. Er kommt zu der Vermutung, daß die Römer ein größeres Lager als Magazinplatz (für ihn Aliso) im heutigen Paderborn angelegt haben. Delbrück konnte nicht erleben, daß das Lager später ein paar Kilometer weiter in Anreppen gefunden wurde.
Auch erklärt Delbrück, daß ein Lager auch weit im Feindesland errichtet werden kann und über einen Fluß versorgt werden konnte. Man brauchte halt nur große Speicher für das Vorhaben.
Wenn man bedenkt, daß Anreppen nur zu 1/3 erforscht wurde, können noch einige Überraschungen im Boden liegen. So hat man dort auch einen älteren Wall gefunden, der dann vom Lager überbaut wurde.

zu 4).

Die Cherusker? Nee....eher die äußersten Brukterer und Marser. Die Cherusker werden ihr Zentrum im heutigen Hildesheimer Raum gehabt haben. Da sie einen großen Stamm mit einzelnen Unterstämmen (z.B. Foser) hatten, geht ihr Ausdehnungsgebiet nach Westen vielleicht bis zum Teutoburger Wald. Aber nicht darüber hinaus.
 
zu 1).
Da empfehle ich Dir mal das Buch: Hans Delbrück - Geschichte der Kriegskunst, Die Germanen. Delbrück lebte zu einer Zeit als das Militär noch mit Pferdewagen unterwegs war. Er kommt zu der Vermutung, daß die Römer ein größeres Lager als Magazinplatz (für ihn Aliso) im heutigen Paderborn angelegt haben.
Für die Okkupationszeit würde das sogar Sinn manchen. Aber wir reden hier doch über die Germanicus-Feldzüge, oder nicht? Wäre es da auch sinnvoll gewesen, so weit von der eigenen Basis entfernt ein Lager zu errichten?

zu 4).

Die Cherusker? Nee....eher die äußersten Brukterer und Marser. Die Cherusker werden ihr Zentrum im heutigen Hildesheimer Raum gehabt haben. Da sie einen großen Stamm mit einzelnen Unterstämmen (z.B. Foser) hatten, geht ihr Ausdehnungsgebiet nach Westen vielleicht bis zum Teutoburger Wald. Aber nicht darüber hinaus.

Zugegeben: Welche Stämme wo saßen, ist heute nicht mehr rekonstruierbar. Aber die Brukterer sind immer an der oberen Ems angesiedlt worden. Und die Marser könnten nach Ansicht von Wolters der ausgewichene Reststamm der Sugambrer gewesen sein. Beides passt nicht zu Anreppen

Und überhaupt: Was ist denn mit "zu 3)"? Anreppen ist offenbar schon vor der Statthalterschaft von Varus aufgelassen worden. Die Idee, dass Anreppen Aliso gewesen sein könnte, kann man ja leicht äußern. Aber müsste das nicht mit den archäologischen Funden kongruent sein, um als plausibel akzeptiert zu werden?

Vielleicht war Anreppen Aliso. Hätte ich nichts dagegen. Für mich hängt nichts davon ab. Trotzdem denke ich, dass Anreppen zu weit vom Rhein entfernt ist, um die von Dir genannte Funktion erfüllen zu können. Meiner Ansicht nach sollte Anreppen die Versorgungsbasis für einen Vorstoß sein, der weiter in Richtung Osten zielte. Gegen Marobod. Aber das nur am Rande.

MfG
 
Anreppen fällt für Aliso aus. Abgesehen von der Zeitstellung liegt Anreppen nicht an einem Lippezufluss, wie Aliso.
 
Anreppen fällt für Aliso aus. Abgesehen von der Zeitstellung liegt Anreppen nicht an einem Lippezufluss, wie Aliso.

Dem stimme ich absolut zu.
Außerdem sind die Argumete des Herrn Kühlborn bezügl. des Lagers Anreppen durchaus nachvollziehbar (Auflassung deutlich vor 9 n. Chr.).

Bleibt die Frage: Haltern=Aliso?
 
Bleibt die Frage: Haltern=Aliso?

von der Seite "NRW für Kids" möchte ich dazu folgendes zitíeren:

War Haltern Aliso? Vieles spricht dafür und wird im neuen Ausstellungsbereich gezeigt: sogenannte Krähenfüße, die die Verteidiger oft im Falle eines Angriffs als Annäherungshindernisse ausstreuten, Schleuder- und Wurfgeschosse sowie zusätzliche Absperrungen am Süd- und Osttor. Und nicht zuletzt ist auch der Töpferofen vor dem Lager mit den Skeletten von 24 Menschen und einem Hund darin ein wichtiges Indiz dafür, dass das Lager nach der römischen Niederlage in der Varusschlacht mit einer Rumpfbesatzung belegt war. Moderne Untersuchungsmethoden konnten klären, dass es sich bei den Toten um Germanen handelt, die die Römer offenbar nach einem Kampf im Arbeitsraum des Töpferofens verscharrten. Keine Germanengruppe hätte es in der Zeit vor der Varusschlacht gewagt, die mit mehreren tausend römischen Berufssoldaten besetzte Militäranlage in Haltern anzugreifen.


 
Moderne Untersuchungsmethoden konnten klären, dass es sich bei den Toten um Germanen handelt, die die Römer offenbar nach einem Kampf im Arbeitsraum des Töpferofens verscharrten. Keine Germanengruppe hätte es in der Zeit vor der Varusschlacht gewagt, die mit mehreren tausend römischen Berufssoldaten besetzte Militäranlage in Haltern anzugreifen.

Vor der Varusschlacht sicherlich nicht. Oder doch?:grübel:

Dieses Lager befindet sich sehr nahe am Rhein und damit sehr nahe zu den römischen Hauptlagern. Bleibt die Frage, ob die Germanen eine Belagerung (Aliso?) wirklich gewagt hätten, wo die Römer doch wirklich schnell Verstärkung vom Rhein aus senden konnten.

Das in Haltern auch Germanen in der Nähe waren liegt eigentlich nahe. Auch wird es entsprechende Handelsbeziehungen gegeben haben. Haltern war wohl schließlich das Hauptlager der Römer in Germanien. Da hat es sicherlich entsprechende Beziehungen gegeben.
 
Wie schön, daß dieses Thema schon existiert!
Da muß man nicht unbedingt ein neues Thema eröffnen.

Im Thread "Idistaviso" gab es diverse Meinungen auch hinsichtlich der Veröffentlichungen von Delbrück, daß die Germanicus Feldzüge, bzw. einzelne Schlachten garnicht oder nur in einem wesentlich gerigerem Umfang stattgefunden haben.

Ich erinnere mich, daß auch an anderer Stelle (in irgendeiner dieser zahlreichenThreads) die Frage gestellt wurde, ob die Germanicus Feldzüge evt. nur eine Erfindung des Tacitus sind.
An einigen Stellen (Caecina-Schlacht) gibt es eindeutige Hinweise auf die Varusschlacht - Varus hat sich falsch verhalten und Caecina (dem ist der Geist des Varus im Traum erschienen) richtig. Tacitus schmückt auch andere Schlachten sehr bildhaft aus - die Sache mit den acht Adlern bei Idistaviso oder auch den Streit zwischen Arminius und seinem Bruder über die Weserufer hinweg. Das klingt sehr bildhaft und nicht unbedingt realistisch. Das kann man als schriftstellerische Freiheit bezeichnen.

Eine andere Sache ist, daß es keinerlei gesichterte archäologische Erkenntnisse über die Germanicus Feldzüge gibt.

Es gibt keinerlei archäologische Hinweise auf Marschlager, Stapellager etc.

Stellt das diese Feldzüge grundsätzlich infrage?

Wohl kaum.
Tacitus ist der einzige, der diese Feldzüge sehr ausführlich beschreibt. Er hatte sicherlich auch Quellen dazu. Diese sind evt. leider nicht erhalten (Plinius).

Andere Quellen berichten über den Triumph des Germanicus.

Und:
In Kalkriese, dem mutmaßlichen Ort der Varusschlacht finden sich Hinweise auf Germanicus (Knochengruben).

Und ein weiterer interessanter archäologischer Platz hinsichtlich Germanicus ist Bentumersiel - und durchaus auch Köln, wie ELQ in einem anderen Thema dargestellt hat.

Diese Feldzüge haben stattgefunden - und auch diese großen Schlachten.
Das ist meine Meinung.
Und die Germanen unter Arminius stellten einen wirklich großen Gegner dar. Warum sonst hat Tiberius die Entscheidung gefällt, sich aus Germanien endgültig zurückzuziehen? Die Verluste an Mensch, Material und Geld waren schlichtweg zu hoch.
Und das die Sclachten bei Idistaviso und am Angrivarierwall nicht die großen Siege waren, beweist die Tatsache, daß die Römer sich zurückgezogen haben und das der Arminius gegen Marbod ziehen konnte.
 
Aus gegebenen Anlass:

Die Feldzüge des Germanicus jähren sich 2015 zum 2000sten Mal.
Dazu gibt es demnächst eine Sonderausstellung in Kalkriese.

Und heute ein "Zeitzeichen" im WDR Radio.

Bei Interesse:

Hier der Link:

WDR 5 ZeitZeichen vom 21.03.2015 - WDR 5

Dort kann man sich den ca. 15 minütigen Audiobeitrag anhören.

Zum Beitrag selber äußere ich mich aus Ärger lieber nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus gegebenen Anlass:

Die Feldzüge des Germanicus jähren sich 2015 zum 2000sten Mal.
Dazu gibt es demnächst eine Sonderausstellung in Kalkriese.

Und heute ein "Zeitzeichen" im WDR Radio.

Bei Interesse:

Hier der Link:

WDR 5 ZeitZeichen vom 21.03.2015 - WDR 5

Dort kann man sich den ca. 15 minütigen Audiobeitrag anhören.

Zum Beitrag selber äußere ich mich aus Ärger lieber nicht.

Eigentlich schade um den Beitrag.
Sicherlich eine gute Idee die Germanicusfeldzüge zu thematisieren.

Aber worum geht es in diesem Beitrag hauptsächlich:
Um die Varusschlacht, Kalkriese etc. und somit wieder einmal um das übliche.
Kein Wort über die Cacina Schlacht, die Entführung der Thusnelda oder gar die großen Schlachten aus dem Jahre 16 n. Chr.

Irgendwie scheint mir das Thema verfehlt worden.
Schade!
 
Eigentlich schade um den Beitrag.
Sicherlich eine gute Idee die Germanicusfeldzüge zu thematisieren.

Aber worum geht es in diesem Beitrag hauptsächlich:
Um die Varusschlacht, Kalkriese etc. und somit wieder einmal um das übliche.
Kein Wort über die Cacina Schlacht, die Entführung der Thusnelda oder gar die großen Schlachten aus dem Jahre 16 n. Chr.

Irgendwie scheint mir das Thema verfehlt worden.
Schade!

Na ja, erwartest du da nicht ein bisschen viel von einer 15 Minuten Sendung?
 
Was mich bei der Sendung erstaunt hat, war, dass man, obwohl man Prima Vari castra korrekt mit "das erste Lager des Varus" übersetzt, nicht die Konsequenz daraus gezogen und Tacitus für die Lagerschlachttheorie herangezogen hat...
 
Was mich bei der Sendung erstaunt hat, war, dass man, obwohl man Prima Vari castra korrekt mit "das erste Lager des Varus" übersetzt, nicht die Konsequenz daraus gezogen und Tacitus für die Lagerschlachttheorie herangezogen hat...

Ein Punkt, der mir ebenfalls aufgefallen ist. Ob man Florus und Tacitus schlicht verwechselt hat? Oder einfach nur schlecht recherchiert hat? Ich habe mich einmal per mail an den WDR gewandt. Auch hinsichtlich der meiner Meinung nach verfehlten Thematik. Mal sehen, ob da eine Antwort kommt.
 
Zurück
Oben