Die Legitimation des Papsttums

Rovere schrieb:
Meines Wissens wurde nach der Verkündung des Unfehlbarkeitsdogma im Rahmen des ersten Vatikanischen Konzils erst ein einzigesmal ein Dogma im Rahmen der Unfehlbarkeit erlassen und zwar die "leibliche Aufnahme Marias in den Himmel" durch Papst Pius XII.

Alles, was ein Papst "beruflich" von sich gibt, ist unfehlbar. Wenn er dir als Privatperson guten Morgen sagt, kann er irren, aber alles, was er in Glaubensdingen verkündet, ist seit irgendwann in den 1870ern unfehlbar.

Dogma bedeutet "nur", daß dies ein Glaubenssatz ist, den du als Katholik glauben *mußt*; falls nicht, schließt du dich damit im Grunde genommen selbst aus den Reihen der Gläubigen aus. Die Unfehlbarkeit geht aber weit über die Verkündung von Dogmen hinaus. Was ein Papst ex cathedra verkündet, ist von Katholiken als unfehlbar zu betrachten. Die Unfehlbarkeit ist übrigens eines der Dogmen, die ein Katholik glauben muß.
 
Ingeborg schrieb:
Alles, was ein Papst "beruflich" von sich gibt, ist unfehlbar. Wenn er dir als Privatperson guten Morgen sagt, kann er irren, aber alles, was er in Glaubensdingen verkündet, ist seit irgendwann in den 1870ern unfehlbar.

Unser Neuer, der Deutsche Papst, wird zum 1. Jan. 2006 "beruflich" eine Enzyklika veröffentlichen. Darin wird in vielen Fußnoten auf die Lehre der Kirche hingewiesen werden.
Dennoch ist eine Enzyklika keine unfehlbare Lehre.

Guten Abend, Ingeborg.
 
Mercy schrieb:
Unser Neuer, der Deutsche Papst, wird zum 1. Jan. 2006 "beruflich" eine Enzyklika veröffentlichen. Darin wird in vielen Fußnoten auf die Lehre der Kirche hingewiesen werden.
Dennoch ist eine Enzyklika keine unfehlbare Lehre.

Guten Abend, Ingeborg.

Mercy, du musst mir mal was erklären.
Die Kardinale wählen den neuen Papst. Aber seltsamerweise wird immer nur ein Kardinal gewählt. Ich habe hier mal irgendwo gelesen, das jeder Katholik gewählt werden kann.
Ist das im Sinne von Jesus?
Und mit der Unfehlbarkeit komme ich auch nicht klar. Bitte erkläre mir das mal.
 
Der Anspruch des Bischofs von Rom auf Herschaft ist wohl z.T. auch durch ganz simplen weltlichen Machtwillen entstanden.

Es gibt ja einen ganzen Haufen von Fälchungen, die doch imo ein recht skrupelloses Machtstreben aufzeigen.
Da waren, afaik, die konstantinische Schenkung, die pseudoisidorische Dekretalen und die Symmachianische Fälschung (Papst Symmachus:498 bis 514).
Letze waren Akten eines frei erfundenen Konzils, in dem auch der Satz "Der oberste Stuhl wird von niemanden gerichtet" zu finden ist. Bin mir aber jetzt auch nicht im klaren, wie das mit dem Unfehlbarkeits-Dongma des Ersten Vatikanischen Konzils zusammenhängt :zunge:.
Also zum Thema. Die Legitimation ist doch letztlich, daß Petrus der erste unter den Jüngern war und der "Bischof von Rom" als sein Nachfolger sich darum als über allen anderen stehenden "ersten Hirten" sieht und dies eben von keinem Katholiken angezweifelt wird. Schlicht und ergreifend.

An dieser kirchliche Argumentation kann man auch ein paar Fragen stellen:
Zum einen ist wohl selbst nach katholischer Exegese Mt 16,18 nicht ein Zitat des irdischen Jesus!
Und - man kann diesen Vers auch anders verstehen (wie es die Ostkirche z.B. tut).
Petrus war zwar der Sprecher der Jünger, aber hatte keine moralische Vollmacht inne
und wo steht das er Leiter der römischen Gemeinde war ?
Einen monarchischen Bischof in Rom gab es zur Zeit Petrus auch gar nicht.
Und was heißt Nachfolge? Das sind Vorstellungen des römischen Rechts und in der Bibel so nicht zu finden. etc. pp

Für mich steht diese ganze Mt 16,18 Argumentation inhaltlich jedenfalls auf recht schwachen Beinen.
 
Ich halte es für schwierig, unser Primatsverständnis des 1. Vaticanums auf die Urkirche zu übertragen. Soviel grundsätzlich. Ich versuche mal,d as ganze eher historisch-chronologisch aufzurollen.

Die Bibelstellen sind neben Mt. 16,13-19 auch Lk.22,31ff und Joh.21,15-17, ferner das Auferstehungszeugnis des Petrus 1Kor.15,5. Daraus kann man ersehen, daß sich Petrus einer besonderen Wertschätzung im 12er-Kreis erfreute. Daß Petrus und Paulus in Rom starben, ist sehr sicher, wo genau die Gräber sind, nicht ganz so sicher, aber an den mutmaßlichen Grablegen entwickelte sich früh ein Märtyrer-Kult.

Sicher hat damals niemand an einen Oberhirten heutiger Prägung gedacht, allerdings stellte sich die Frage bei der überschaubaren Struktur der Kirche so auch noch nicht. im 2., 3., 4. Jh. hätte auch niemand gesagt, der Bischof von Rom hat grundsätzlich mehr zu sagen. Aber aus dem 1. Clemensbrief (um 95) geht hervor, daß Rom eine gewisse Verantwortung für andere Gemeinden übernommen hatte. Die Geminde von Rom, nicht der Bischof, weil die Entwicklung zum Monepiskopat noch am Laufen war.
Ein weiteres Indiz für den religiös-geistlichen Vorrang Roms ist die Aberkios-Inschrift.

Als nächster Punkt wäre die Auseinandersetzung mit der Gnosis zu nennen. Eine vielschichtige Glaubenslehre, die vor allem auf geheime Offenbarungen setzte, die sich nur einem kleinen Kreis von Auserwählten erschlossen. Ein entschiedenes Zeichen gegen diese (mit Verlaub) Geheimniskrämerei waren die römischen Bischofslisten (s.z.B. Irenäus v. Lyon, adversus haereses), die möglichst lückenlose Dokumentation der apostolischen Sukzession, angefangen bei Petrus. Damit einhergeht die beginnende Kanonbildung, schließlich will man nicht irgendwas aus dubiosen Quellen zusammenorakeln. Hier kommt das eigentliche "Apostelpoker" ins Spiel. Man meinte, daß die Tradition dort authentischer und lebendiger sei, wo direkter Kontakt zu Aposteln bestand. In den ersten Gemeinden Korinth, Ephesus, Philippi... und Rom. Aber Rom stach doppelt (P&P). Und Rom war die einzige Kriche im lateinischen Westen.
Erste Punktgewinne verbucht Rom im Osterfeststreit, im Ketzertaufstreit und im Bußstreit. Wohl gerade weil man keine besonders hellen Theologen hatte und lieber an der Tradition festhielt als über andere Möglichkeiten zu spekulieren. Ob Rom auf der richtigen Seite stand oder ob Rom selbst die richtige Seite war, ist eine Variante des Henne-Ei-Problems.
Innerhalb der Communio, der geistlichen Gemeinschaft und Kommunikation untereinander, gewinnen Alexandrien, Antiochien und Rom die Oberhand, daraus entwickeln sich später die Patriarchate. Insofern war sogar die Verlegung der Reichshauptstadt nach Konstantinopel förderlich, weil der Bf. von Rom nicht so leicht politisches Spielzeug des Kaisers war, wie der Amtskollege in K'pel. Rom baut seine Stellung im Westen aus und hat nach wie vor einen geistlichen Vorsprung vor den anderen Patriarchaten.
Die Reibereien auf den altkirchlichen Konzilien waren auf die Dauer nur nützlich, weil Rom stets als souveräner Schlichter auftrat, während sich die Hitzköpfe im Osten gegenseitig die selbigen einschlugen.
In der Weiterentwicklung macht Leo der Große die Bezeichnung "Stellvertreter Petri" salonfähig. In der Nachfolge wird die Leitung über die Gesamtkirche beansprucht, die Fürsorge für diese und Rom als Haupt betrachtet. Petrus' Nachfolger wird zu Gesetzgeber (dafür gibt es einen speziellen Bildtypus in vielen Kirchen Roms).
Man sieht hoffentlich, daß das Papsttum nicht "erfunden" wurde, sondern sich über Jahrhunderte entwickelt hat.

Oder, um es kurz mir dem Kirchenhistoriker Schimmelpfennig auszudrücken: Die katholische Kirche ist ein Verein. Jeder Verein braucht einen Vorsitzenden. Das ist der Papst.

Was mich vielmehr umtreibt: Petrus war verheiratet, warum hat sich das nicht durchgesetzt?? :autsch:

LG Kassia
 
Kassia schrieb:
Was mich vielmehr umtreibt: Petrus war verheiratet, warum hat sich das nicht durchgesetzt?? :autsch:

Der Zölibat setzte sich im Katholizismus erst später durch, nämlich mW im Zuge des Reformpapsttums in der 2. Hälfte des 11. Jh. - ein Grund dafür war das Vermeiden von Simonie u.a.
 
Kassia schrieb:
Ich halte es für schwierig, unser Primatsverständnis des 1. Vaticanums auf die Urkirche zu übertragen.

Richtig, da liegen ja auch 1.900 Jahre Ächzen und Stöhnen dazwischen.

Kassia schrieb:
Man sieht hoffentlich, daß das Papsttum nicht "erfunden" wurde, sondern sich über Jahrhunderte entwickelt hat.

Oder, um es kurz mir dem Kirchenhistoriker Schimmelpfennig auszudrücken: Die katholische Kirche ist ein Verein. Jeder Verein braucht einen Vorsitzenden. Das ist der Papst.

Und Schimmelpfennig ist ein ehrenwerter Prof. Da hat er trotzdem recht.

Kassia schrieb:
Was mich vielmehr umtreibt: Petrus war verheiratet, warum hat sich das nicht durchgesetzt?? :autsch:

Weil es eine historische Entwicklung gab, die aus vielerlei[!] Gründen bis zum 2. Vaticanum in der röm. Kirche den Zölibatör favorisierte.
Mit diesem Konzil erfolgte zwar keine Kehrtwendung, aber eine alte, vergessene, Dimension dessen, was Kirche auch immer war, Volk Gottes, rückte wieder in das Bewußtsein des wandernden Gottesvolks römischen Glaubens.
 
florian17160 schrieb:
Mercy, du musst mir mal was erklären.
Die Kardinale wählen den neuen Papst. Aber seltsamerweise wird immer nur ein Kardinal gewählt. Ich habe hier mal irgendwo gelesen, das jeder Katholik gewählt werden kann.
Ist das im Sinne von Jesus?
Und mit der Unfehlbarkeit komme ich auch nicht klar. Bitte erkläre mir das mal.

Unfehlbarkeit? Da hatten wir doch schoneinmal eine zaehe Diskussion drueber. Die faengt hier an und zieht sich dann ueber die naechsten Seiten weiter (das sollte sich Ingeborg auch mal durchlesen, da sie dort lesen koennen wird, dass der Papst nur unfehlbar ist, wenn er ex cathedra spricht, nicht etwa beim sonntaeglichen Angelus oder der mittwoechlichen Audienz. Die Informationen da gehen auch ueber die zweifellos richtige, aber doch fuer den Aussenstehenden etwas unverstaendliche Bemerkung Mercys hinaus).
Und was Jesu Wille angeht...wenn wir davon ausgehen, dass in der Kirche und durch die Kirche der Wille Jesu durch die Jahrhunderte fortgetragen wird, ja dass Jesu selbst die Kirche ist und aus ihr spricht, so wird man wohl guten Gewissens davon ausgehen koennen, dass es in Jesu Sinn ist. Alelrdings gelangt man hier wieder auf eine Diskussionsebene, die durchaus nicht allzu vorteilhaft ist, das war nur fuer dich, flo.
Im uebrigen kann tatsaechlich jeder maennliche Katholik ueber achtzehn Jahre zum Papst gewaehlt werden, including die ueber achtzigjaehrigen Kardinaele, die bekanntlich nicht mehr waehlen duerfen (allerdings sprich ja die Einfuehrung der achtzig-Jahr-Grenze zur Verhinderung der Wahl zu alter und schwacher Kardinaele zu verhindern fuer sich). Allerdings erwies es sich in der Vergangenheit durchaus als vorteilhaft, Kardinaele zu waelen, da die mit den kirchliochen Strukturen recht vertraut sind, sich auch in der Lehre recht gut auskennen und sich anscheinend auf ihrem Gebiet bewaehrt haben, sonst waeren sie ja keine Kardinaele.
 
Zuletzt bearbeitet:
DerNuntius schrieb:
(das sollte sich Ingeborg auch mal durchlesen, da sie dort lesen koennen wird, dass der Papst nur unfehlbar ist, wenn er ex cathedra spricht, nicht etwa beim sonntaeglichen Angelus oder der mittwoechlichen Audienz.

Sie hat allerdings gerade dies hier gelesen und geißelt sich... Genau das war der Begriff, auf den ich nicht kam. Ich gehe in mich :rotwerd:, führe meine mangelnde Bildung als Entschuldigung an (ohne Latrinum) :abtauch: und halte mich einstweilen hieran: :still: .
 
DerNuntius schrieb:
Unfehlbarkeit? Da hatten wir doch schoneinmal eine zaehe Diskussion drueber. Die faengt hier an und zieht sich dann ueber die naechsten Seiten weiter (das sollte sich Ingeborg auch mal durchlesen, da sie dort lesen koennen wird, dass der Papst nur unfehlbar ist, wenn er ex cathedra spricht, nicht etwa beim sonntaeglichen Angelus oder der mittwoechlichen Audienz. Die Informationen da gehen auch ueber die zweifellos richtige, aber doch fuer den Aussenstehenden etwas unverstaendliche Bemerkung Mercys hinaus).
Das ist doch vielleicht etwas zu kurz gegriffen. Nicht der Papst ist unfehlbar, sondern das kirchliche Lehramt, soweit es vom Papst vollzogen wird. Das feierlich verkündete Dogma ist nur ein Extremfall. Und wenn man die Dogmen mal im Neuner-Roos durchliest, Dann stellt man fest, dass wichtige Glaubenskernwahrheiten da gar nicht drinstehen, z.B., dass es Sinn hat zu beten. Insoweit haben auch Enzykliken Teil am unfehlbaren Lehramt.

Das Problem dabei ist, dass der unfehlbare Glaubensinhalt ja einen unveränderlichen Ewigkeitswert hat. Dieser wird aber in einer zeitlich bedingten Aussage wiedergegeben. Damit sind alle Aussagen des Lehramtes auslegungsbedürftig und zwar unter Berücksichtigung der Zeit, der Kultur und der Geisteswelt, in der sie in Sprache gegossen worden sind. Das Lehramt kann z.B. für eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Kultur eine unfehlbare Aussage treffen, die außerhalb dieser Rahmenbedingungen nicht gilt.
Berühmtestes Beispiel ist Jesu Verbot der Scheidung. Die Gelehrten streiten sich immer noch darüber, ob dieses Verbot einen abstrakten Ewigkeitswert hatte, oder ob es eine konkrete Anwendung des Liebesgebotes in seiner Kultur war, d.h. ob er im Hinblick auf die ungerechtfertigten Nachteile der Frau bei einer Scheidung in seinem Kulturkreis eine Scheidung als gegen das Liebesgebot verstoßend ablehnte. Es fällt immerhin auf, dass es das einzige ganz konkrete Einzelgebot (= Gesetz) ist, das von ihm überliefert wurde. Später wurde ja immrhin die "Unzuchtsklausel" hinzugefügt.
Der gleiche Streit unter den Exegeten trat wieder auf, als der vorige Papst die Priesterweihe für Frauen kategorisch ablehnte. Hat er damit alle zukünftigen Päpste gebunden, oder sagte er nur: Unter diesen geistigen und kulturellen Bedingungen nicht (z.B. weil das zu einer Kirchenspaltung führen würde). Wie dem auch sei: Dieses war ein Ausspruch des Lehramtes, welches Unfehlbarkeit in Anspruch nahm. Aber die Frage steht gleichwohl im Raum, was denn genau die Unfehlbarkeit der Aussage betrifft. Es geht schlechhin nicht und nie und nimmer, oder: Du sollst Deinem nächsten kein Ärgernis geben, und solange diese Gefahr im Raum steht, geht das nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, was sich der Papst dabei gedacht hat (der dachte sicher allgemein, sonst hätte er diese Einschränkung selbst hinzugefügt), sondern, was sub specie aeternitatis aus göttlicher Sicht (der ja die Kirche auch in ihrer künftigen Entwicklung begleitet) Bestand behält.
In der Dogmensammlung Neuner-Roos sind viele Lehrsätze enthalten, die die damaligen Päpste/Konzilien für unumstößliche Glaubenswahrheiten hielten, die heute aber nicht mehr so gesehen werden, wie ihre Verfasser sie gemeint haben, z.B. dass die gesamte Menschheit sicher von einem Menschenpaar abstamme und dieses ohne Sünde nicht gestorben wäre. Aber ich will hier nicht rumdozieren; denn das hat mit Geschichte nichts zu tun, sondern nur darauf hinweisen, dass die Geschichte Einfluss auf die sprachliche Ausformung der Lehre je in ihrer Zeit hat.
Man sieht's auch an Jesu Missionsgebot, das ja heute keine relgiösen Drückerkolonnen von Haus zu Haus verlangt; andere Religionsgemeinschaften ziehen aber diese Kosequenz. Zu seiner Zeit war das aber so, und er hat es sich sicher auch so vorgestellt.
 
No comment to christian believes...

... hat sowas in einem Geschichtsforum zu suchen ?
 
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Lungos schrieb:
No comment to christian believes...

... aber hat sowas in einem Geschichtsforum zu suchen ?

Falls dir das noch nicht aufgegangen ist, die historische Entwicklung des Papsttums ist ein Thema auch in diesem Forum.
Wenn es dich stört, geh mal nach Canossa.
 
Lungos schrieb:
Ich werde sicher nicht nach Canossa gehen.
Nichts gegen Moderatoren. Ich schätze sie sehr.

Bei Moderatorenlob werde ich leicht rot, aber lassen wir das.
Dein Gang nach Canossa würde die Geschichte des Papsttums wohl kaum beeinflussen, der eines deutschen Kaisers ist noch heute historisch relevant.

Die Frage nach der Legitimation des Papsttums ist ein historisches Thema, also auch hier angebracht.
 
Lungos schrieb:
No comment to christian believes...
Das hat mit meinem Glauben nichts zu tun, sondern mit dem Verständnis historischer Texte. Ich denke mal nicht, dass es einen Gott gibt. Aber gleichwohl kann ich den Einfluss von Geschichte auf den christlichen Glauben systemimmanent darstellen.
Ich bin Jurist und bin dem deutschen Recht verpflichtet. Gleichwohl kann ich auch einen Fall (wenn er nicht zu schwierig ist) nach isländischem Recht lösen. Deshalb bin ich diesem Recht nicht verpflichtet. Ich habe früher schon mal geschrieben, dass ich Agnostiker bin, habe aber nicht die Absicht, dies jedesmal in die Einleitung zu schreiben. Ich befasse mich sehr stark mit den im vorigen Posting beschriebenen Problem des rechten Textverständnisses, weil mein Fachgebiet, das Öffentiche Recht, historisch gesehen so etwas wie eine Tochter des Kirchenrechts ist. Lange bevor es eine gut funktionierende Staatsverwaltung nach dem Untergang des römischen Reiches gab, gab es eine gut funktionierende Kirchenverwaltung der Bischöfe. Die staatliche Verwaltung hat viele grundlegende Rechtsfiguren von der kirchlichen Verwaltung übernommen. Das verwundert auch nicht, weil die Bischöfe Anfangs staatliche Funktionen ausübten.
Dass wir noch (mit einigen Anpassungen) mit einem BGB aus dem Jahre 1900 auskommen, liegt genau an dieser besonderen Methode des Textverständnisses.

Übrigens: Europäische Geistesgeschichte ist zum großen Teil christliche Geistesgeschichte. Wie die Kirche mit Problemen umging hatte methodisch großen Einfluss auf die pagane Problembewältigung - siehe Scholastik. Wenn man zu religiosen Problemen Berührungsängste hat, kann man vieles überhaupt nicht verstehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Anspruch des Bischofs von Rom auf Herschaft ist wohl z.T. auch durch ganz simplen weltlichen Machtwillen entstanden.

das ist sehr wohl so wie hier dargestellt! der papst hatte überhaupt keine höhere popsition als die anderen vier patriarchate. die urkirche war ja in fünf patriarchate (die ersten bischöfe residierten dort) aufgeteilt, und zwar:
Jerusalem, Alexandria, Antiocheia, Konstantinopel und Rom. Bis ins 9. Jahrhundert ( bis dahin war Westrom noch bestandteil des gesamten röm. Reiches-- man bemerke den weltlichen einfluss!) war der patriarch von rom "nur" eines unter seinesgleichen: also nicht das primat der gesammtkirche! aber im verlaufe des 9. JH. ging westrom verloren, die justinianische ordnung zerfiel im westen, und der patriarch von rom war somit ausserhalb des kaiserreichs. von da an emanzipierte er sich immer mehr von den anderen patriarchen, bis er im 11. jahrhundert soweit ging, sich als nachfolger jesu zu deklarieren. das war wahrscheinlich auch einer der gründe, warum sich ein "weströmisches reich" unter den karolingern entwickelte: der papst brauchte die kaiserliche legitimation, und da er diese sicher nicht vom römischen kaiser erhielt, erfand der einfach einen neuen kaiser: Karl den grossen. von der karolinger zeit an galt er als primat über die wesliche (lateinische) kirche. aber da dies im alten (noch legitim römischen) reich--man beachte die ununterbrochene thronfolge von Konstantin dem grossen bis zu michael angeloi 1453 in konstantinopel--nicht akzeptiert wurde, trennte sich die lateinische kirche von der gesammtkirche, und von da an sprechen wir von einer katholischen und einer orthodoxen kirche. im übertragenden sinne sind die orthodoxen nichts weiteres als die weiterführung der gesammtkirche mit ihren alten institutionen. im grossen und ganzen hat der papst seine vorrangstellung bei den lateinern OFFIZIELL seit 1054. später erstarkte der westen so sehr, dass mann 1274 konstantinopel einnahm und plünderte, wodurch das reich dann später nicht mehr stark genug war, um sich vom Überfall des islam zu bewahren. dem papst in rom kahm das gerade recht, denn von da an war seine stellung unumstritten, da die orthodoxe (legitime römische) welt im islam unterzugehen schien. schlussendlich hat der papst seine heutige stellung eigentlich nur den politischen verhältnissen vom 9. bis zum 15. JH zu verdanken und ich kann mir kaum denken, dass es heute ein primat über die kirche geben würde, wäre rom nichtr 1053 zerschlagen worden...eine kirchendogmatisch ist die position des papstes als führer aller christen schlicht falsch, denn es kann kein mensch stellvertreter christi sein. dass petrus als nachfolger jesu zählte stimmt sicher, aber da hört es auch schon auf. mann kann ni9cht die päpste als fürer der christen sehen, da sie diese position "dreckig" erkauft haben... all das wäre vielleicht nie zum vorschein gekommen, hätte das byzantinische erbe nicht überlebt, aber das hat es in form des orthodoxen glaubens im orient und auf dem balkan...
 
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