Die Römerlager an der Lippe

[FONT=Arial, sans-serif]@Maelonn - Lassen sich die fett markierten Wörter auch in Zahlen ausdrücken, damit ich mir selbst ein Urteil bilden kann?! Zumal der Begriff "Horten" wohl kaum die optimale Bezeichnung für ein Zwischenlagern zwecks Verkauf oder um ein oder meinetwegen auch 4 Schiffe voll zu bekommen ist.[/FONT]


Die Antworten ergeben sich aus dem, was über Anreppen bekannt ist. Ich will das nicht alles rezitieren. Man kann es den veröffentlichten Informationen über Anreppen entnehmen. Nur so viel:

Wenn wir die Lippelinie als wichtigste Aufmarschroute für die Okkupation einstufen, ist unübersehbar, dass Anreppen am weitesten im Osten liegt. Fast dreimal so weit vom Rhein entfernt wie Haltern, doppelt so weit weg wie Oberaden. Es gibt Reste römischer Lager, die noch weiter östlich liegen. Aber das sind kleinere Einrichtungen und reine Militärlager. Meiner Ansicht nach rechtfertigt das die Aussage "tief im Inneren Germaniens".

Was Anreppen von allen anderen Lagern unterscheidet, ist die dort vorgefundene Lagerkapazität. Gerade die ist ja der Grund dafür, dass man über die Funktion Anreppens nachdenken muss. Es kann kein einfaches Militärlager gewesen sein, da sich dort Spuren von Magazingebäuden finden, deren Größe weit über das Maß hinausgeht, das für "normale" Militärlager "vernünftig" gewesen wäre. Diese Lagerkapazitäten sind "riesig". Sie können nur dazu gedient haben, Material zu sammeln - in riesigen Mengen und tief im Inneren Germaniens. Das wirft die Frage auf, was die Römer an der Stelle mit so viel Material machen wollten.

Was die von mir angesprochenen Schiffskonvois angeht, muss man auf den für die Logistik relevanten Zusammenhang zwischen Transportkapazität und Lagerkapazität schauen: Die Lippe bot zweifellos günstige Voraussetzungen, um Material zu transportieren. Wenn die Römer trotzdem direkt an der Lippe ein Lager mit so großen Magazingebäuden errichtet haben, dann haben sie damit kundgetan, dass auf der Lippe trotz der günstigen Voraussetzungen zumindest zeitweise nicht GENUG Material transportiert werden konnte. Große Magazingebäude errichtet man nur dann, wenn man Vorräte schaffen will oder muss.

Nun kann man annehmen, dass Anreppen ein Sammellager war, in dem Rohstoffe aus Germanien für den Abtransport zusammengeführt wurde. Das wäre aber widersinnig. Denn es würde bedeuten, dass man erstmal wochenlang Material aufhäuft - und während dieser Wochen den Transportweg Lippe ungenutzt lässt. Dann, wenn die Lager voll sind, beginnt man mit dem Abtransport - und steht vor dem Problem, dass in den Magazinen genug Material liegt, um hundert Schiffe zu füllen. Oder anders ausgedrückt: Wäre es möglich gewesen, den Inhalt dieser Magazingebäude in vertretbarer Zeit mit Schiffen wegzuschaffen, hätte man sich den Bau der Magazine sparen können. Ein Magazin dient immer als "Puffer", um mehr Material einzulagern, als in kurzer Zeit transportiert werden kann.

Das führt zu dem logischen Schluss, dass man ein Magazin dort errichtet, wo Material "gebraucht" wird - also am Ende der Versorgungskette, nicht an ihrem Anfang. Wäre Anreppen ein Ort gewesen, an dem Rohstoffe aus Germanien für den Abtransport zusammengeführt wurden, hätten viel kleinere Lagerkapazitäten ausgereicht. Es wäre dann vernünftiger gewesen, das ankommende Material laufend wegzuschaffen.

MfG
 
Wie sieht die Lippe im Oberlauf von Haltern aus? Wohl kleiner und schmaler werdend. Und welchen Platz benötigten die Römischen Transportschiffe? Es kann sein das die Lippe nur im Einbahnverkehr benutzt werden konnte. Dann benötigt man schon kleinere Lagergebäude. Zum anderen, wenn der Fluss kleiner ist kann man ihn auch leichter mit gefällten Bäumen sperren. Wenn die Gefahr bestand währen sogar Konvoi's ratsam gewesen. Und damit auch Lagergebäude.

Apvar
 
Wie sieht die Lippe im Oberlauf von Haltern aus? Wohl kleiner und schmaler werdend. Und welchen Platz benötigten die Römischen Transportschiffe? Es kann sein das die Lippe nur im Einbahnverkehr benutzt werden konnte. Dann benötigt man schon kleinere Lagergebäude. Zum anderen, wenn der Fluss kleiner ist kann man ihn auch leichter mit gefällten Bäumen sperren. Wenn die Gefahr bestand währen sogar Konvoi's ratsam gewesen. Und damit auch Lagergebäude.

Apvar

Das habe ich nicht so ganz verstanden. Wenn der Fluss tief genug war, um ihn in einer Richtung zu befahren, dann konnte man ihn auch in der Gegenrichtung befahren. Die Breite der Schiffe dürfte auch kein Problem gewesen sein. Die kleineren waren drei Meter breit, die ganz großen fünf Meter. Jeder schiffbare Fluss ist breit genug, dass zwei solcher Schiffe aneinander vorbei kommen.

Dass für die Ausfuhr von Waren aus Germanien gar keine Lager nötig gewesen wären, habe ich auch nicht behauptet. Ich habe gesagt, dass KLEINE Lager dafür ausgereicht hätten. Groß genug um die Ladung für zwei, meinetwegen auch fünf Flussschiffe anzusammeln. Was in Anreppen stand, geht darüber aber weit hinaus.

Anreppen hat die Archäologen genau deshalb überrascht, weil dort offenbar Lagerkapazitäten verfügbar waren, die es in keinem anderen uns bekannten Lager der Welt gab. Und so reich war Germanien nun wirklich nicht, dass man gerade dort überdimensionierte Lager benötigt hätte, um die ganze Beute zwischenzulagern.

MfG
 
Wie sieht die Lippe im Oberlauf von Haltern aus? Wohl kleiner und schmaler werdend. Und welchen Platz benötigten die Römischen Transportschiffe? Es kann sein das die Lippe nur im Einbahnverkehr benutzt werden konnte. Dann benötigt man schon kleinere Lagergebäude. Zum anderen, wenn der Fluss kleiner ist kann man ihn auch leichter mit gefällten Bäumen sperren. Wenn die Gefahr bestand währen sogar Konvoi's ratsam gewesen. Und damit auch Lagergebäude.

Apvar


So sahen römische Prahmen aus: Die konnten gut 30 t Material im Treidelverfahren transportieren.
 

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Der Abtransport des Bleies wird natürlich auf dem Wasserweg erfolgt sein.
Nur vermute ich den Hafen dann weiter Richtung Westen. Möglicherweise bei Lippstadt. In der dortigen Umgebung könnte sich auch der Kreuzungspunkt der Straßen aus Richtung Anreppen und Kneblinghausen befinden.
Und ich weiß daß sich bei Anreppen ein Lager mit separaten Speichern und vermutetem Hafen befindet.

Die prächtigen Häuser haben wir aber auch im nur kurz belegten Lager Oberaden. Die kurzfristige Belegung wird auch mit der generellen Fundarmut im Vergleich mit z. B. Haltern begründet.
Große Teile des Lagers sind von der Lippe fortgespült worden. Für ein Lager mit beabsichtigter längerer Nutzungsdauer hätte man wahrscheinlich einen geeigneteren Standort gewählt.
In Oberaden ist Holz aus 11v.Chr. belegt und der Rest ist Vermutung. Das Ende könnte z.B. im Tod des Drusus begründet, aber auch später erfolgt sein.
Was die "Fundarmut" betrifft. Keine Ahnung ob man 410 Münzen in Anreppen als Fundarmut bezeichnen kann. Vor allem wenn man bedenkt daß der Rest der Münzen von der Lippe fortgespült wurde. . .
Ich meine mich zu erinnern daß hier im Forum Jemand sagte daß das Römerlager Anreppen nicht hochwassergefährdet ist(? 3m über der Lippe?)

Kommt nicht Salvus aus Anreppen? Oder is dat nur so dahingeschrieben?

Genau, der Hafen wird angenommen. Einen archäologischen Nachweis z.B. einer Uferbefestigung gibt es nicht.
Daß die Lager in Anreppen über den Wasserweg gefüllt wurden, glaube ich auch. Aber für einen stark frequentierten geplanten Handelshafen fehlen die Einrichtungen.
Ich dachte fürs Übertreiben sind Andere hier im Thread zuständig. Nein, einfach nur ein Hafen in dem auch Blei, Salz und meinetwegen Fell, Haare oder Bernstein(durch Handel) verladen werden.
Die Aufgabe wird nicht im Zusammenhang mit der Varusschlacht vermutet, sondern mit der Einstellung der Feldzüge des Tiberius 6 n.Chr. Das zu einem Feldzug nicht nur das Feldlager gehört, sieht man an Beckinghausen oder dem Feldzug zum Lager in Inchtuthil in Schottland. Nach Einstellung der militärischen Aktionen wurde die Logistik nicht mehr benötigt.
Genau! "Hier wird vermutet"
In drei (von vier)Beiträgen(u.a. Wiki) die ick mal auf die Schnelle überflogen hab wird die Varusschlacht als Endpunkt vermutet. In einem aufgrund der fehlenden IMP u. VAR - Gegenstempel ein Zeitpunkt vor der Statthalterschaft des Varus. . .
Genau genommen wissen wir nur wann die/der eine Mannschaftslatrine/Brunnen gebaut wurde.
Generell hat Anreppen einen militärischen Charakter. Eine zusätzliche zivile Funktion kann man annehmen, halte ich aber für unwahrscheinlich.
? Hast nicht du in einem anderen Beitrag geschrieben daß sich aus Veterananenlagern oder Standlagern Städte entwickelt haben und sich in/um den Lagern im allgemeinen immer Zivilpersonen oder Veteranen aufhielten und "zivilen" Tätigkeiten nachgingen?!
In Waldgirmes (das ist kein Vergleich dieser beiden Anlagen) wurde der militärische Bereich vom zivilen auch durch einen Zaun oder eine Palisade getrennt.Hier der abgegrenzte Lagerbereich von Anreppen(im Modell):
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Das größte der fünf Gebäude hat die Maße von 20,5 x 37,25m. Unter riesig verstehe ich etwas anderes und die Gebäude sind nur in Maelonns Theorie bis unter die Decke gefüllt.
Die Ausgräber bezeichnen die 5 Schuppen als "Speicherstadt". . .


Hier noch was zum lesen, für den Rest von Pfingsten:
Die Germanen: Neues, Interessantes ... - Google Bücher


Mit freundlichen Grüßen, Lucio Cinico!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ehrlich?! Ich hab nur die erste Seite gelesen und die liest sich fast wie ein Kinderbuch.

Ausreichend für nen Pfingstmontag. . .
das ist mir auch aufgefallen (Bilderbuch...) - deswegen hat mich Deine Lektüreempfehlung auch erstaunt, sodass ich nachfragte, ob sie ernst gemeint ist (empfehlenswert) - - - wie auch immer: ich werde dieses Buch nicht erstehen.
 
Was die "Fundarmut" betrifft. Keine Ahnung ob man 410 Münzen in Anreppen als Fundarmut bezeichnen kann. Vor allem wenn man bedenkt daß der Rest der Münzen von der Lippe fortgespült wurde. . .
Ich meine mich zu erinnern daß hier im Forum Jemand sagte daß das Römerlager Anreppen nicht hochwassergefährdet ist(? 3m über der Lippe?)

Die Sache mit der Fundarmut und dem Hochwasser habe ich am Donnerstag noch von Herrn Kühlborn persönlich gehört.
Und ich halte ihn diesbezüglich für kompetent.

Ich dachte fürs Übertreiben sind Andere hier im Thread zuständig. Nein, einfach nur ein Hafen in dem auch Blei, Salz und meinetwegen Fell, Haare oder Bernstein(durch Handel) verladen werden.

Für Deinen Provinzhandel sind die Speicher definitiv zu groß.
Für meine Überwinterung und anschließendem Feldzug von ca. 20.000 Soldaten aber nicht. Also wer übertreibt hier ;-)
Wir können uns aber darauf einigen, daß es diesen Hafen für Blei und vielleicht auch Salz an der Lippe gegeben haben muß.

Genau! "Hier wird vermutet"
In drei (von vier)Beiträgen(u.a. Wiki) die ick mal auf die Schnelle überflogen hab wird die Varusschlacht als Endpunkt vermutet. In einem aufgrund der fehlenden IMP u. VAR - Gegenstempel ein Zeitpunkt vor der Statthalterschaft des Varus. . .

Genau genommen wissen wir nur wann die/der eine Mannschaftslatrine/Brunnen gebaut wurde.

Ich denke da hat jeder genug Freiraum zu spekulieren. Und da sich in Kalkriese bezüglich der Münzen auch kein Konsens bildet...

Das größte der fünf Gebäude hat die Maße von 20,5 x 37,25m. Unter riesig verstehe ich etwas anderes und die Gebäude sind nur in Maelonns Theorie bis unter die Decke gefüllt.
Die Ausgräber bezeichnen die 5 Schuppen als "Speicherstadt". . .

Das größte Speichergebäude ist 66m x 55m groß und befindet sich neben dem südlichen Tor, im nicht eingezäunten Bereich. Die Frage wäre natürlich interessant, warum dieses Gebäude nicht extra abgetrennt wurde?

? Hast nicht du in einem anderen Beitrag geschrieben daß sich aus Veterananenlagern oder Standlagern Städte entwickelt haben und sich in/um den Lagern im allgemeinen immer Zivilpersonen oder Veteranen aufhielten und "zivilen" Tätigkeiten nachgingen?!

Das bezog sich auf die von mir vermutete strukturellen Ähnlichkeit von Hann. Münden mit der augusteischen Veteranenkolonie Barcino.
Die Frage ist aber, ob Anreppen solange Bestand hatte, daß man eine Verschiebung von militärischer zu ziviler Nutzung annehmen kann.
Eine gleichzeitige Vermengung von zivilen und militärischen Funktionen in einem Lager halte ich für Legionstruppen für ausgeschlossen. Die haben sich sogar untereinander abgegrenzt und ich glaube sogar Legionäre wegen Feigheit vor dem Feind ausserhalb des Walles kampieren lassen.
Bei zweitrangigen Provinzialtruppen kenne ich mich leider nicht aus.
Da könnte man vielleicht, gerade in unruhigem Gebiet so eine Vermischung annehmen. Da ich aber Anreppen im Zusammenhang mit einer Feldzugslogistik rein militärisch interpretiere, möchte ich das nicht.
Sonst werde ich noch unglaubwürdiger.;)
Wahrscheinlicher als das Speichern von zivilen Gütern halte ich aber das Lagern von Tributen in Naturalien. In Haltern wurde in der östlichen Lagererweiterung auch ein Speichergebäude mit Offiziershäusern (Steuereintreiber?) gebaut. Dann wäre die Anwesenheit von Truppen sogar zwingend anzunehmen. Und da ich Anreppen für ein temporär vorgeschobenes Lager der Haltener Truppen sehe, kämen wir vielleicht so zueinander?

Gruss
jchatt
 
Das größte Speichergebäude ist 66m x 55m groß und befindet sich neben dem südlichen Tor, im nicht eingezäunten Bereich. Die Frage wäre natürlich interessant, warum dieses Gebäude nicht extra abgetrennt wurde?jchatt


Lieber jchatt, es war doch eigentlich klar erkennbar daß ich von den Gebäuden im abgegrenzten Bereich geredet habe?!
Das große Speichergebäude spielt in meinen Überlegungen keine Rolle.


Wahrscheinlicher als das Speichern von zivilen Gütern halte ich aber das Lagern von Tributen in Naturalien. In Haltern wurde in der östlichen Lagererweiterung auch ein Speichergebäude mit Offiziershäusern (Steuereintreiber?) gebaut. Dann wäre die Anwesenheit von Truppen sogar zwingend anzunehmen. Und da ich Anreppen für ein temporär vorgeschobenes Lager der Haltener Truppen sehe, kämen wir vielleicht so zueinander?

Ich denke du ließt schon lang genug mit um zu wissen daß auch das Eintreiben von Steuern in Form von Naturalien in meinen Überlegungen eine Rolle spielt. . .

Die Diskussionen was Varus hier wohl eingetrieben hat wollte ich uns hier ersparen.
Wahrscheinlich Preiselbeeren.

Du nimmst also ernsthaft an daß sich die Vorgehensweise der römischen Armee von der in anderen Provinzen unterschied?

Sonst werde ich noch unglaubwürdiger.
 
Eine gleichzeitige Vermengung von zivilen und militärischen Funktionen in einem Lager halte ich für Legionstruppen für ausgeschlossen. Die haben sich sogar untereinander abgegrenzt und ich glaube sogar Legionäre wegen Feigheit vor dem Feind ausserhalb des Walles kampieren lassen.

Wahrscheinlicher als das Speichern von zivilen Gütern halte ich aber das Lagern von Tributen in Naturalien. In Haltern wurde in der östlichen Lagererweiterung auch ein Speichergebäude mit Offiziershäusern (Steuereintreiber?) gebaut. Dann wäre die Anwesenheit von Truppen sogar zwingend anzunehmen.

In Gelduba, welches ein Auxilliarkastell war, gab es mehrere große Lagergebäude vor den Mauern. Sie wurden Zivil genutzt. In Rom der Augustäischen Zeit wurde eigentlich strikt zwischen zivil und militärisch getrennt. Sogar die Truppen wurden, so weit ich weis, in Doppel-Legionslagern getrennt jeweils in eigenen Baracken untergebracht. Und das Legionäre vor den Mauern zur Strafe kampieren mussten, steht das nicht sogar in Caesar's Gallischer Krieg?

Apvar
 
Das größte der fünf Gebäude hat die Maße von 20,5 x 37,25m. Unter riesig verstehe ich etwas anderes und die Gebäude sind nur in Maelonns Theorie bis unter die Decke gefüllt.
Die Ausgräber bezeichnen die 5 Schuppen als "Speicherstadt". . .

Eigentümliche Bemerkung. Ich wüsste nicht, wo ich sowas geschrieben haben soll oder woraus hervorgehen würde, dass es unmöglich so gewesen sein kann. Aber Du wirst schon wissen, was Du mit solchen Anmerkungen bezweckst.

Da ich auch nicht alles im Kopf behalte und nicht vor Irrtümern gefeit bin, habe ich gerade mal nachgeschaut, was die Autoren, deren Werke mir hier vorliegen, zu Anreppen schreiben. Das sind Wiegels, Dreyer, Märtin, Moosbauer und Wolters. Alle verweisen auf die außergewöhnlich großen und zahlreichen Magazinbauten, alle erklären sie mit der Absicht der Römer, Vorräte für längerfristige militärische Operationen zu lagern. Als Beispiel Wolters. Er schreibt: "Bemerkenswert sind die riesigen Magazinbauten. Sie machten Anreppen zu einem Versorgungszentrum für militärische Vorstöße, die an dieser Stelle vom Wasserweg wegführten..." Alle Autoren verweisen außerdem auf ein außergewöhnlich großes (fast die Fläche eines Fußballfelds) und luxuriös ausgestattetes (Fußbodenheizung, Therme) Praetorium. Wolters hierzu: "Tief im Inneren Germaniens bot diese - für die Gebiete rechts des Rheins singuläre - Badeanlage den römischen Soldaten nachgerade heimischen Komfort." Liest sich fast, als hätte ich Wolters plagiiert, was? Übrigens geht Wolters davon aus, dass dieses Praetorium für Tiberius angelegt wurde. Und Tiberius hätte kaum persönlich die Lagerung von Waren für die Ausfuhr aus Germanien überwacht...

Falsch ist die Behauptung, dass das größte Magazingebäude in dem Lager 20x37 Meter groß gewesen sei. Wiegels zum Beispiel schreibt von einem 56x68 Meter großen Magazingebäude am Südtor. Er verwendet das Wort "riesig", was mir angesichts der Fläche von annähernd einem Fußballfeld auch angemessen erscheint. Falsch scheint mir nach Wiegels Darstellung auch die Interpretation, dass dieses Gebäude außerhalb der Lagermauer gelegen habe. Wiegels schreibt, es habe direkt an der Via Principalis gelegen, und die müsste ja eigentlich im Lagerinneren gewesen sein. Am Osttor verortet er mehrere kleinere Getreide- und Materialspeicher, die zusätzlich von einer hölzernen Palisade umschlossen waren. Vielleicht deswegen der Gedanke, das große Gebäude sei außerhalb des Lagers gewesen? Übrigens spricht nicht nur Wiegels von einer "Vielzahl" von Magazingebäuden.

Natürlich steht es Dir frei, die Lagerkapazitäten in Anreppen trotz alledem für normal zu halten und Formulierungen wie "Speicherstadt" zu belächeln.
 
Lieber jchatt, es war doch eigentlich klar erkennbar daß ich von den Gebäuden im abgegrenzten Bereich geredet habe?!
Das große Speichergebäude spielt in meinen Überlegungen keine Rolle.

war mir nicht klar...

Ich denke du ließt schon lang genug mit um zu wissen daß auch das Eintreiben von Steuern in Form von Naturalien in meinen Überlegungen eine Rolle spielt. . .

Dann ist ja alles in Butter.

Die Diskussionen was Varus hier wohl eingetrieben hat wollte ich uns hier ersparen.
Wahrscheinlich Preiselbeeren.

Du nimmst also ernsthaft an daß sich die Vorgehensweise der römischen Armee von der in anderen Provinzen unterschied?

Eigentlich nicht. Das sich die Römer bei ihrem Vorgehen an ein bestimmtes Muster hielten setze ich eigentlich immer voraus. Das Germanien in bestimmten Aspekten (Infrastruktur,Bedrohungslage) anders war als z.B. Spanien kann man aber wohl voraussetzen.
Wie und wo haben sie sich denn in anderen Provinzen anders verhalten ?
 
In Gelduba, welches ein Auxilliarkastell war, gab es mehrere große Lagergebäude vor den Mauern. Sie wurden Zivil genutzt. In Rom der Augustäischen Zeit wurde eigentlich strikt zwischen zivil und militärisch getrennt. Sogar die Truppen wurden, so weit ich weis, in Doppel-Legionslagern getrennt jeweils in eigenen Baracken untergebracht. Und das Legionäre vor den Mauern zur Strafe kampieren mussten, steht das nicht sogar in Caesar's Gallischer Krieg?

Apvar

Genau, die Canabae waren ja auch ausserhalb.

In der gemeinsam genutzten Principia des neronischen Lagers in Vetera gibt es für jede Hälfte des Baues eigene Legionsstempelungen auf den Ziegeln.

Polybios schreibt im Kapitel über die Lagerkonstruktion, glaube ich, von einem Lagerbereich, der der vornehmeren Legion vorbehalten sein soll. Das ist zwar ein republikanischer Text aber hatte bestimmt auch noch seine Gültigkeit.

Gruss
jchatt
 
Alle Autoren verweisen außerdem auf ein außergewöhnlich großes (fast die Fläche eines Fußballfelds) und luxuriös ausgestattetes (Fußbodenheizung, Therme) Praetorium. Wolters hierzu: "Tief im Inneren Germaniens bot diese - für die Gebiete rechts des Rheins singuläre - Badeanlage den römischen Soldaten nachgerade heimischen Komfort." Liest sich fast, als hätte ich Wolters plagiiert, was? Übrigens geht Wolters davon aus, dass dieses Praetorium für Tiberius angelegt wurde. Und Tiberius hätte kaum persönlich die Lagerung von Waren für die Ausfuhr aus Germanien überwacht.

Das sehe ich auch so. Tiberius hatte ja eine Doppelfunktion als Feldherr und Statthalter. Vor dem vielleicht im Feldlager anwesenden Patercullus hat er im Zelt übernachtet. Wenn es zu kalt wurde ging er für Verwaltungsaufgaben nach Anreppen in die Therme.
So entstanden möglicherweise die abweichenden Tiberiusbeurteilungen =)

Gruss
jchatt
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch ein kuzer Einwurf zum Hochwasser in Anreppen:

Lt. Kühlborn war das Lager in Anreppen zu keiner Zeit hochwasserfrei. Vor allem das Gebiet im Nordosten des Lagers kann daher nicht mehr zweifelsfrei rekonstruirt werden. Daher ist auch die Frage ob diese eigenartige "Einbuchtung" dort wirklich als Hafen anzusprechen ist so umstritten.
 
Hallo Salvus,


ich dachte da eher an deine persönliche Einschätzung.
Detlef hat im Anreppen Thread von 3m über Wasser geschrieben.
Die Bilder bestätigen seine Aussage. An einem Hochwasser von 3m wage ich zu zweifeln. Zumindest in schöner Regelmäßigkeit.
Da sich die Einbuchtung direkt am Ufer befindet können die Gründe für diese Einbuchtung vielfältig sein.
Speziell würde mich interessieren ob das gegenüber liegende Ufer wie auf dem einem Bild anzunehmen ca. 1m niedriger ist als das Lager.
Da das Lager Kühlborns Meinung nach zu keiner Zeit hochwasserfrei ist,
buddeln die ABMer die Gräben wohl jährlich neu aus. . .
Hast du dir das Lager schon angesehen?


MfG, Lucio Cinico!
 
Auf der topographischen Karte schwankt der Bereich um Anreppen zwischen 87,5m und leicht über 90m. Wobei die östliche Lagerhälfte über 90m und die westliche unter 90m liegt.

anreppen_top.JPG

Die geographische Neuaufnahme zeigt am nördlichen Lagerrand auch noch einen heute begradigten Mäander. Also könnte ein Hafen auch ganz normal durch Uferabbruch verschwunden sein.

Anreppen_relief.jpg

Signifikante Hochwasser gab es seit 1890 ca. alle 50 Jahre.

http://www.nua.nrw.de/nua/var/www/de/oeffentl/publikat/pdfs/sb09lippe/05_sacher.pdf

Meiner Meinung nach spricht die Lage nicht für ein geplantes längerfristiges Lager. Ausschlaggebende Faktoren zur Wahl dieses Platzes waren die schnelle Flussverbindung für den Statthalter, der neben Germanien auch noch Gallien zu betreuen hatte, die flußaufwärts ankommenden Getreidetransporte, sowie die gleichzeitige Nähe zum geplanten Feldzugsziel und den versammelten Truppen, deren Feldlager sich wahrscheinlich schon in der Nähe befand.


Gruss
jchatt
 
Hallo Salvus,


ich dachte da eher an deine persönliche Einschätzung.
Detlef hat im Anreppen Thread von 3m über Wasser geschrieben.
Die Bilder bestätigen seine Aussage. An einem Hochwasser von 3m wage ich zu zweifeln. Zumindest in schöner Regelmäßigkeit.
Da sich die Einbuchtung direkt am Ufer befindet können die Gründe für diese Einbuchtung vielfältig sein.
Speziell würde mich interessieren ob das gegenüber liegende Ufer wie auf dem einem Bild anzunehmen ca. 1m niedriger ist als das Lager.
Da das Lager Kühlborns Meinung nach zu keiner Zeit hochwasserfrei ist,
buddeln die ABMer die Gräben wohl jährlich neu aus. . .
Hast du dir das Lager schon angesehen?


MfG, Lucio Cinico!

Hallo Lucio Cinico!

Ich habe mir das Lager selbstverständlich persönlich angesehen. Liegt ca. 20 km von meinem Wohnort entfernt. Mit einer Einschätzung bezügl. der Hochwasserlage tue ich mich allerdings persönlich schwer. Das hat natürlich auch damit zu tun, daß die Lippe ihr Flussbett seit der Antike verändert hat. Das Lager selbst wurde im Norden wohl sehr nahe an die Lippe herangebaut. Dafür spricht wohl auch, das die vordere (Südseite) Seite des Lagers und zumindest tw. auch die Seiten noch mit einem zweiten vorgelagerten Spitzgraben gesichert waren. Im hinteren also nördlichen Teil fehlt dieser vorgelagerte Graben. Hier war wohl die Lippe eine zusätzliche Sicherung. Ich denke, daß die Lippe in der Antike sehr oft Hochwasser führte. Der Fluss konnte dann wohl mehrere hundert Meter Breite aufweisen. Außerdem gab es viele Seitenarme. Die Lippe in der Antike ist wohl nicht mit dem kleinen Flüsschen von heute zu vergleichen.
Anreppen war den Römern wohl auch schon vorher bekannt. Im inneren des Lagers konnten Teile eines kreuzenden Spitzgrabens nachgewiesen werden. Außerdem nehmen die Archäologen an, daß die Lippe bis genau dort gerade noch schiffbar war. Der Ort war also wohlüberlegt gewählt.
 
Außerdem nehmen die Archäologen an, daß die Lippe bis genau dort gerade noch schiffbar war. Der Ort war also wohlüberlegt gewählt.

da würde ich gern einhaken: kennt jemand Bremer: Die Nutzung des Wasserweges zur Versorgung der römischen Militärlager an der Lippe, 2001?
 
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