Ich muss nochmal auf die Sachsenmission zurückkommen, zu der ich unter
http://www.geschichtsforum.de/225388-post34.html bereits geschrieben hatte.
Gestern wurde in ARTE von einem Schauspieler die Hasspredigt eines radikalen Islamisten in Übersetzung verlesen. Darin war folgende Passage bemerkenswert: Der Prediger (ich glaube, er hieß Scheich Faziz) erläuterte unter weit ausholendem Rekurs in die Kolonialgeschichte, warum es den Muslimen erlaubt sei, die europäischen Staaten und ihre Bürger an Vermögen zu schädigen: Man nehme sich nur zurück, was diese in der Kolonialzeit geraubt hätten. Daraufhin meldete sich einer aus dem Publikum und stellte folgende Frage (ich gebe sie und die Antwort mit eigenen Worten wieder): "Wir haben ein Visum und eine Arbeitserlaubnis beantragt und dadurch und dabei zugesichert, die Gesetze des aufnehmenden Landes zu achten. Wieso können wir jetzt die Bürgen und die Länder schädigen, die uns diese Dokumente gegeben haben?" Die bezeichnende Antwort des Scheichs: "Die Arbeitserlaubnis und das Visum sind nichtig wie auch die Anträge darauf.
Denn sie sind in der Scharia nicht vorgesehen. Alle Verbindlichkeiten, die weder im Koran noch in einem Hadidh noch sonst in Scharia verankert sind, sind nichtig und daher für einen Muslim nicht verbindlich."
Genau dies war das Problem Karls d. Gr. als Führer eines christlichen Gefolgschaftsstaates gegenüber den Heiden. Ihre Gefolgschaftseide und Treueschwüre waren so lange nicht verbindlich, wie sie rechtlich nicht dem Christenrecht unterstanden. Und diese Unterwerfung unter das Christenrecht geschah durch den Akt der Taufe. Was der Täufling dabei glaubte und dachte, war irrelevant. Das Christentum war in Europa noch weithin Kultreligion. D.h. maßgeblich war die äußere Erfüllung kultischer Pflichten. Sie positionierte das Individuum in der Gesellschaft. Die Taufe diente also nicht (nur) dem Seelenheil, sondern war der rechtlich relevante Akt, dass das Christenrecht für die Person verbindlich wurde.
Das führte später dazu, dass in Spanien später das Nicht-katholisch-Sein als Hochverrat und der Bruch von Verträgen mit Muslimen als rechtlich irrelevant betrachtet wurde. Daraus ergaben sich auch die mannigfachen Probleme mit den Juden.
Das Nebeneinander und der Wechsel zwischen religiös begründeter Vertragstreue und profanen Erfordernissen einer auf Zuverlässigkeit beruhenden gesellschaftlichen Ordnung des Zusammenlebens führt von der schwankenden Verbindlichkeit der Zusagen heidnischer Wikinger, gegen Lösegeldzahlung die Bewohner fränkischer Orte zu schonen, über die Reconquista bis zu den zitierten Äußerungen des islamistischen Predigers in der Gegenwart.