beorna schrieb:
Arminius erstrebte die Königsherrschaft. Eine solche ist für ihn nicht bezeugt. Allerdings wäre es nicht völlig falsch ihn so zu bezeichnen, da er gegen Marbod eine Allianz von Langobarden, Semnonen, Cheruskern u.a. anführte. Marbod verfügte über Markomannen, Hermunduren, Cherusker, und Lugier. Damit zeigt sich aber, daß es sehr wohl Reiche auf germanishem Boden gab und nicht nur Stämme. Zudem sind für germanische gentes sehr wohl Könige bezeugt. Auch die stirps regia der Cherusker zeigt eindeutig, daß hier einst eine Königsherrschaft bestanden haben muß. Völlig richtig ist natürlich, das bei königslosen gentes, der Kampf um die Herrschaft den inneren Zusammenhalt der gens aufbrechen konnte und diese zerstörte..
Hier meinte ich nicht Arminius, sondern seinen Neffen Italicus, der im Jahre 47n.Chr. König der Cherusker wurde. Aber schon gingen die Streitereien wieder im Stamm der Cherusker los. Ein Alleinherrscher (wie Marbod bei den Markomannen) wurde nur solange gestärkt und akzeptiert, wie ihm das Kriegsglück, Machterhalt und das Heil des Stammes gelang. Ansonsten wurden diese Alleinherrscher schnell wieder beseitigt (siehe der Sturz des Marbod durch einen Goten). Es widerspricht den antiken Germanen, daß sie einen König als Oberhaupt akzeptierten. Nur das römische Vorbild ließ zeitweise diese Herrschaftsform zu. Ein Alleinherrscher zog den Neid der anderen Adligen geradezu an. Jeder fühlte sich dafür geboren....
Die germanischen Stämme hatten Siedlungsgebiete, die sich auch verändern konnten und nicht Königreiche. So waren einige Stämme sehr "wanderfreudig" (z.B. ein Teil der Langobarden).
Und die Allianzen zwischen germanischen Stämme kann man nicht als Reiche bezeichnen, da sie bei Unstimmigkeiten sofort wieder gelöst wurden (siehe Auseinanderfall des Marbodheeres und übertreten zum Feind). Es gibt sogar die Vermutung, daß die Marser nur vielleicht eine "Glaubensgemeinschaft" waren, die sich später wieder auflöste. Na ja...
Fazit: bei den Germanen war es nicht das oberste Ziel ein Königreich zu errichten. Vielmehr zählte der Thing, auf dem die Adligen ihre "Herzöge" nur für Kriegshandlungen wählten. Ansonsten gab es einen großen Freiheitswillen der Sippen, die eine bestimmte Person als Alleinherrscher i.d.R. ablehnte.
beorna schrieb:
Sicherlich gab es ein Gemeinschaftsgefühl, aber es gab auch immer konkurrierende Sippen (z.B. Cherusker). Bei diesen Auseinandersetzungen scheute man sich nicht Fremde zu Hilfe zu rufen (Römer, Markomannen, Langobarden, Chatten). Es scheint als auch Eigeninteressen gegeben zu haben, die über dem Gemeinwohl lagen. ...
Ganz einfach....ein Stamm setzte sich aus verschiedenen Sippen zusammen. Da die Germanen sehr streitsüchtig waren, konnte es auch innerhalb des Stammes zu Streitereien der Sippen kommen. Belegt es das durch Tacitus, der die verschiedenen Ansichten bezüglich der Römer zwischen Segestes und Arminius darstellt. Ferner zeigt er auch den Konflikt zwischen Inguimeros und Arminus.
Es gibt aber heute noch den altgermanischen Spruch:
"Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!":friends: :rofl:
Trat ein äußerer Feind (z.B. Römer) gegen den Stamm an, so waren meist die internen Streitigkeiten vergessen (Ausnahmen, wie Segestes bestätigen die Regel) und Bündnisse entstanden, die zum Zwecke des Krieges dienten.
Es wird bei den Sachsen nicht anders gewesen sein. Bloß haben sich hier die germanischen Bündisse deutlich gefestigt. Die Sachsen hatten auch keinen Alleinherrscher (sprich König), sondern haben auf ihrem Thing einen "Herzog" gewählt. Da aber der sächsische Adel mehr oder weniger schon auf die Seite Karl d.Gr. übergetreten war, hat sich hier ein einzelner Adliger Widukind zum "Herzog" des Widerstands erkoren.
Und wie ich schon schrieb, die alten antiken Germanenstämme haben sich nicht in Luft aufgelöst, nur weil die römischen Geschichtenschreiber nicht mehr über sie berichteten. Wenn ein späterer Stamm in dem gleichen Gebiet anzutreffen ist und der auch noch eine ähnliche Namensgebung hat, dann kann man schon von den "Erben" sprechen.
Übrigens mein Wohnort hatte früher auch einen anderen Namen, der sich aber in den Jahrhunderten entwickelte, obwohl die Stadt immer auf dem gleichen Fleck blieb.
In vielen Sachen übertreibt es Prof. Dr. Springer auch. In einem Vortrag konnte ich seinen Gedankengängen nachgehen. Er geht streng wissenschaftlich vor: alles was nicht schriftlich belegt ist, das kann man auch nicht im Zusammenhang sehen. Und alles was schriftlich belegt ist, das kann man dann der Quellenkritik unterziehen. :grübel: