Es wäre auch töricht zu behaupten, dies oder jenes „Volk“ hätte zu der Zeit da gelebt, und hätte deswegen (mehr) Anspruch auf das Land oder sonst einen Ort.
Das ist richtig. Aber genau das machen nun mal rechtsradikale Israelis und genau das Ggt. machen die im Ausgangspost angesprochenen Palästinenser, die behaupten, Juden habe es in Jerusalem nicht gegeben.
Umgekehrt behaupten Apologeten der Vertreibungen, dass die Palästinenser in den Flüchtlingslagern gar keine Nisbas hätten, die auf eine palästinenische Herkunft verwiesen (Nisba-Endungen sind im arabischen Namen Bestandteile, die auf die Herknft verweisen, wie etwa al-Masri, der Ägypter oder Al-Qahiri, der Kairener). Die gleichen Argmente findet man bei spiegelbildliche bei den Extremisten beider Seiten.
Was die Juden und Palästinenser trennt ist allein der Glaube und die daraus resultierende Sprache.
Das ist nur bedingt richtig. Zwar hat man festgestellt, dass viele Palästinenser und viele Juden relativ eng miteinander verwandt sind (so eng, wie eine Verwandtschaft nach 1900 Jahren eben noch sein kann)**, aber die historischen Vertreibungen (70, 135) sind nun mal auch Tatsache. Auch, dass die israelischen-palästinenischen Gebiete immer attraktiv waren und daher natürlich in entsiedelte Zonen Nachzug stattgefunden hat. Auf der anderen Seite ist der Yishuv (von
yishav, sitzen) eine beständige Siedlung von Juden in der Umgebung von Jerusalem seit der Spätantike nachzuweisen. Wichtige jüdische Gelehrtenräte, die von überall her zu juristischen oder rituellen Problemen gehört wurden, saßen außer in Kairo und Bagdad eben auch in Jerusalem. Das Hebräische als Umgangssprache war bereits zu Jesu Zeiten ausgestorben und ist im Bar Kochba-Aufstand reaktiviert worden, aber nur in einem eng umgrenzten Gebiet am Toten Meer, eben dort, wo Shimeon herrschte. Erst im Mittelalter hat es einen erneuten Reaktivierungsversuch des Hebräischen gegeben, in Sefarad, also in Spanien. Schließlich gab es dann im Rahmen des Zionismus eine erneute Reaktivierung des Hebräischen. Dem Neuhebräischen, welches grammatikalisch teils erheblich vom Semitischen abweicht, wird von radikal bis provokativ argumentierenden Semitisten/Hebraisten der Status als semitische Sprache abgesprochen. Sicher ist, dass es im Verbalsystem erhebliche Vereinfachungen gegenüber dem Althebräischen und Gemeinsemitischen gibt*, in anderen Fällen aber die semitische Grammatik beibehalten wurde.
*Die semitische Konjugation kennt zehn Personen, mit Dual 14, das Neuhebräische kennt statt zehn/vierzehn Personen nur noch vier, die aus dem althebräischen Partizip gebildet werden.
**Ich ignoriere hier mal meine sonstige Skepsis gegenüber den historischen DNA-Forschungen.