Hallo Repo,
wichtiges und interessantes Thema , das hier angestoßen hat.
Darüber sollten wir exakter sprechen. Man kommt zu leicht ins Schwadronieren, denn woran soll man seine Thesen fest machen?
Zwei Beispiele aus der zeitgenössischen Literatur:
Ludwig Thoma (der mit den Filser-Briefen) schreibt, dass es sich die Eliten nicht zuletzt deshalb die fehlende politische Mitbestimmung gefallen ließen, weil über Jahrzehnte eine unerhörte kontinuierliche Steigerung des Wohlstandes da war.
Führt steigender Wohlstand nicht dazu, dass die, denen es wirtschaftlich gut geht, mehr Macht wollen? Politisch mitbestimmen möchten?
Steigender Wohlstand führt zu mehr Bildung. Und da, wo man sich mit Geld einkaufen muss (ich denke nicht nur an Einheiratungen in Adelskreise - auch an Militärkarrieren), ist das auch möglich. Dazu kommt, dass in bürgerlichen Berufen, die vorher eher verachtet waren (Ärzte-Knochenbrecher) ansehnliche Erfolge gefeiert wurden.
Fallada, "Eiserner Gustav" die Droschkenpferde des Romanhelden werden 1914 vom Militär beschlagnahmt. Die Entschädigung ist "nicht zu viel und nicht zu wenig", er philosophiert über den korrekten preußischen Staat, über den korrekten preußischen Beamten.
Danke für den Literaturtipp. Den Eisernen Gustav muss ich lesen
Insbesondere das letztere ist ein Punkt den man recht hoch ansetzen muss. Jahrhunderte lang war der Deutsche, insbesondere in den Kleinstaaten von der Obrigkeit drangsaliert und "verarscht" worden, dass es eine Art war.
Von "Dem Deutschen" kannst du in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Es gab zu der Zeit, die du erwähnst, keine einheutliche deutsche Identität.
Der Ausdruck "verarscht" trifft es sicher.
Deshalb meine These:
Die korrekte Administration im 2. Kaiserreich, war da vielfach eine ganz neue, überaus positive Erfahrung.
Die in der 2., 3. Generation natürlich noch viel wirksamer war.
Und letztlich zu der genannten "Obrigkeitshörigkeit" führte.
Es gibt ein interessantes Buch aus dem Akademieverlag:
"Vom Rittergut zum Großgrundbesitz."
Eine Fülle von Statistiken.
Wilhelm Zwo hat mit Adelsprädikaten um sich geworfen.
Man müsste überlegen warum es diesen Anstieg von Adligen plötzlich gab.
Wollte sich Wilhelm II. Ansehen erkaufen?
Waren die Bürgerlichen (ein Teil von ihnen) so reich und bedeutend geworden, dass er ihren Aufstieg nicht aufhalten konnte?
Waren Ordens- und Titelverleihungen Momente, in denen er seine eigene Macht genossen hat?
War das Ganze eine peinliche Kratzfußgeschichte? Nach oben buckeln, nach unten treten?
Ich habe gelesen, dass auch Krupp ein Adelstitel agetragen worden ist. Der hätte aber dankend abgelehnt. Wußte nicht, was er damit sollte.
Ich glaube, dass bei diesen Aufstiegsgeschichten meistens die Söhne die Gewinnen sind. Es vergingen sicher ein paar Jahre, bevor der neuerworbene Reichtum zu gesellschaftlichen Höhenflügen geführt hat.
Grüße
Arti