Warum behandelte Stalin seine Versager unter den Generalen so großzügig?

...


In diesem zeitlichen Kontext gab es ein direktes Zusammentreffen von Stalin mit R. und Stalin soll wohl bemerkt haben, dass R. die Fingernägel gefehlt haben.

Bei Montefiore (Stalin. Am Hof des Roten Zaren, 376) ergibt sich folgende Episode.
St.: Hat man Sie im Gefägnis gefoltert?"
R.: Ja Genosse Stalin
St: Es gibt hierzulande zu viele Jasager

Für diese Stelle führt in der Fußnote 3 Montefiore eine Reihe von Quellen an.

Und da schließe ich mich Melchior an, dass Einzelheiten des Folterns wohl kaum Gegenstand einer historischen Betrachtung sein müssen.


Ich kenne aus Montefiore die Stelle die Du anführst. Auch die Anmerkung 3.

Hab sie gerade noch einmal "nachgeschlagen".

Die "Monströsität" des Dialoges ist mir seinerzeit beim lesen gar nicht aufgefallen. Danke!

M. :winke:
 
Das hatte ich vermutet: Zensur.
R. Woff (Stalin`s Generals, Shukman Ed., S. 182) geht explizit auf das Thema Zensur ein.

Bei seiner Darstellung der Biographie von Rokossovsky stellt er fest, dass bis zur dritten Ausgabe (1984) von den Zensoren Teile der Autobiographie von R. gekürzt wurden.

Diese Aussage bezieht sich allerdings auf die Beschreibung der chaotischen Zustände im Kiewer-Militärbezirk im Jahr 1941. In den späten achtziger Jahren wurden von der sowjetischen Militärpresse die Passagen publiziert, die der Zensor bei R. herausgeschnitten hatte. Weitere Zeugenaussagen belegten, dass R. eine korrekte Zustandsbeschreibung der damaligen Situation vorgenommen hat.

Bei Woff finden sich keinerlei weiterführende Informaionen zu der Zeit von R im Gefangenenlager. Allerdings verweist er auch auf den Kontakt von R. mit Blyukher in Fernost hin als treibendes Motiv für seine Verhaftung.

Und interessant ist auch, dass selbst seine guten Kontakte zu Timoschenkow nicht geholfen haben, von der Anklage sofort freigesprochen zu werden. Dieses Situation sagt sehr viel aus über die Machtverhältnisse zu der Zeit zwischen der RKKA und dem NKVD/NKWD.
 
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hast du je von roj medvedev gehört?
und
ich habe dieses buch »let histury judge« in niederländischen übersetzung.
auf seite 503 steht wortwörtlich
»er [i.e. stalin NN] verbot die truppen sich zurückzuziehen auch wenn dies absolut notwendig wäre«.

1. Roj Medwedew ist ein sowjetischer Historiker, der in der Tradition der Kritik von Chruschtschow an Stalin auf dem XX. Parteitag, seine Kritik an Stalin formuliert hat. Diese historische Kritik an Stalin war extrem wichtig für die Neuausrichtung des historischen Verständnisses des Stalinismus in der post-stalinistischen Ära. Eine Periode unter Chrutschow, die als "erste Perestroika" bezeichnet werden kann (vgl. z.B. Cohen)

http://books.google.de/books?id=uoJFyqxx9KUC&printsec=frontcover&dq=soviet+fates+and+lost+alternatives&hl=de&sa=X&ei=NHcTU7OSMoSntAaFoYDABA&ved=0CDIQ6AEwAA#v=onepage&q=soviet%20fates%20and%20lost%20alternatives&f=false

Es ist aber auch eine "politische Kritik", die der Linie der alleinigen "Schuldzuweisung" an Stalin folgte. Und damit ihrerseits subjektiv in ihrer Sichtweise agierte.

In dieser Linie folgt ebenfalls Medvedew der offiziellen Stalin-Kritik (Medvedev, Roj Aleksandrovič, and Anton Manzella. Chruschtschow: eine politische Biographie. Seewald Verlag, 1984, beispeilsweise S. 129 zur Darstellung der Rolle von Stalin durch Chruschtschow, die Medwedew aufgreift und fortführt).

2. In der deutschen Übersetzung beschäftigt sich Medwedew (Das Urteil der Geschichte. Stalin und Stalinismus, Bd. 3, S. 254, "Stalin als militärischer Führer") in dieser Kontinuität der Sichtweise mit Stalin.

Seine Kritik basiert er dabei im wesentlichen auf die Darstellungen sowjetischer Marschälle, die allerdings in der Regel lediglich zensierte Versionen ihrer Memoiren volegen konnten. Oder er basierte seine Darstellung beispielsweise auf denen von Tippelskirch.

In besonderer Weise zieht er Shukow heran als Kronzeuge gegen Stalin.

Diese Darstellung der Ereignisse entspricht absolut nicht mehr dem aktuellen Erkenntnisstand zum Verlauf des Krieges im Osten. Und es wurde bereits auf die Referenzwerke vor allem von Glantz verwiesen.

Dass Stalin in 1941 dabei gravierende Fehleinschätzungen vorgenommen hat, sowohl politischer oder militärischer Natur, steht völlig außer Frage, auch für die Phase bis zum Angriff auch die Sowjetunion. Eine aktuellere Darstellung der historischen Ereignisse bzw. des Erkenntnisstands von Stalin findet sich bei Murphy.

What Stalin Knew: The Enigma of Barbarossa - David E. Murphy - Google Books
 
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