Warum ist die lateinische Sprache eigentlich ausgestorben?

Das heißt, dass Latein einen sehr empfänglichen "Nährboden" vorfand. Es war für einen Kelten Galliens oder Iberiens vermutlich ähnlich leicht, Latein zu lernen, wie für einen Deutschen mit Dänisch oder Niederländisch.

Ob Kelten oder Germanen die lateinische Sprache "leicht" erlernten, wissen wir nicht. Im übrigen ist zu bezweifeln, dass diese Sprachen dem Lateinischen so nah standen, dass ihre Sprecher sie leicht erlernen konnten - auch wenn es sich bei den dreien um Kentum-Sprachen handelt.

Eine engere Sprachverwandtschaft ergibt besonders bei den italischen Sprachen, wo sich Lateiner, Osker, Umbrer, Marser oder Sabiner vermutlich einigermaßen untereinander verständigen konnte.
 
Sie werden zusammengefasst unter dem Begriff "romanische Sprachen" (nicht "lateinische Sprachen"). .
Wenn man nicht von lateinischen Sprachen spricht ,wäre die Bezeichnung Lateinamerika durch Romanamerika zu ersetzen.
Im byzant. Reich nannte man die Südeuropäer auch weiterhin Lateiner obwohl die Sprache nicht mehr Latein war.
 
Dekumatland: Der Threadersteller scheint aber etwas anderes gemeint zu haben, zumindest habe ich seinen Eingangspost so verstanden (trotz des Begriffs "lateinische" statt "romanische" Sprachen).

Dieter: Deswegen sagte ich ja "vermutlich"...
 
Interessant ist in vielen dieser Sprachen, dass komplett alltägliche Begriffe - im Spanischen vor allem Obst - nicht lateinischstämmig sind; sie haben sich dann gehalten oder sind, in diesem Falle, später aus dem Arabischen reingerutscht.


Hast du für das nicht lateinischstämmige Obst Spaniens ein paar Beispiele?:winke:

Jetzt habe ich Hunger bekommen.
 
Einfallen tut mir jetzt "manzana", "Apfel" und judía, "Bohne". Ich bin in Spanien regelmäßig bei Speisekarten erheblich aufgeschmissener als bei philosophischen Texten, während man bei Französisch und Italienisch eigentlich immer das meiste aus dem Lateinischen herleiten kann. Meine Eltern leben in Spanien, und meine Mutter, die sich für Sprachgeschichte sehr interessiert, nannte mir mal noch einige weitere Beispiele.

Gegenbeispiele gibt es natürlich reichlich, vor allem bei Dingen, die bei den Römern sehr beliebt waren, wie Trauben und Kirschen, uva und cereza.
 
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Okay, danke für die Antworten! Sehr komplex das Thema. Ich bin Laie und wußte nicht ob man nun lateinische oder romanische Sprache sagt. Oder besser gesagt, dachte ich daß beide aus dem lateinischem abgeleitet sind. Französisch und rumänisch klingt ja schon wieder anders als italienisch, spanisch und portugiesisch.
Mischsprache ist ein Begriff den ich einfach mal so aufgeworfen habe.
 
Die lateinische Sprache ist genau das - Latein in seinen Alt-, Klassik- und Spätformen. Das, was aus dem Lateinischen hervorgegangen ist - Italienisch, Spanisch, Französisch, Portugiesisch, Rumänisch im wesentlichen - sind die romanischen Sprachen.
 
Einfallen tut mir jetzt "manzana", "Apfel"

Manzana kommt auch aus dem lateinischen, nämlich von "Mala Mattiana", einer Apfelart. Der Adjektiv hat ähnlich wie bei der Leber (ficatus-higado) den Substantiv ersetzt.

Bezüglich der Bohnen, gibt es da in Spanien verschiedene Bezeichnungen, regional bedingt und je ob sie weiss, rot, schwarz, grün, frisch oder trocken sind.
Der Grundbegriff ist "Habas" der eindeutig von dem lateinischen "Faba" stammt, mit dem die großen Bohnen bezeichnet werden (Vicia Faba). Habichuela, ist ein diminutiv der die verschiedenen Varianten der kleineren Arten (Phaseolus vulgaris) bezeichnet. Daneben gibt es das erwähnte "Judía" von dem ich annehme, dass es auch als adjektiv entstanden ist (vermutlich "jüdische Bohnen"), alubia (verwandt mit Judía aber aus dem arabischen), pocha (aus dem Baskischen), caparron, calbote, mongeta in Katalonien (kleine Nonne) Fesol in Valencia (von Phaseolus) und in Amerika Frijol oder Frejol (aus dem Nahuatl) Poroto (aus dem Quichua) caraota, kumanda etc..
 
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Ach, danke, Bdaian! Für genau sowas hatte meine Mutter sich ein etymologisches Wörterbuch der spanischen Sprache schenken lassen. ;) Sehr spannend. Also ist das Spanische doch ähnlich nah am Lateinischen dran wie Italienisch und Französisch, nur über kompliziertere Ecken.
 
Nun, das es für die kleinen Bohnenarten keine lateinische Entsprechung für die Bezeichnung der Bohnen gibt, könnte daran liegen, das die Römer diese Bohnen nachweislich nicht kannten
 
Interessant ist in vielen dieser Sprachen, dass komplett alltägliche Begriffe - im Spanischen vor allem Obst - nicht lateinischstämmig sind; sie haben sich dann gehalten oder sind, in diesem Falle, später aus dem Arabischen reingerutscht.

Hast du für das nicht lateinischstämmige Obst Spaniens ein paar Beispiele?:winke:

Naranja, limón, berenjena (Gemüse), arroz, azúcar,...
Zu empfehlen:
Hans-Joachim Kress: Die islamische Kulturepoche auf der iberischen Halbinsel. Eine histor.-kulturgeograph. Studie.
Es handelt sich dabei um eine geographische Dissertation, die 1968 herausgegeben wurde, die aber recht gut zu lesen ist, ausführlich und im Forschungsstand auch nicht überholt, soweit ich sehe. Sie ist aber, wie man deutlich sieht, historisch angelegt.

Französisch und rumänisch klingt ja schon wieder anders als italienisch, spanisch und portugiesisch.

Das ist aber das Resultat verschiedener sprachlicher, vor allem verschiedener lautlicher Entwicklungen. So wird z.B. das lateinische /k/ im franzöischen regelmäßig zu /tsch/, wo es in den anderen romanischen Sprachen /k/ geblieben ist oder zu /g/ lenisiert wurde:

castellum - castello/castillo - chateu
cantio - canzone/canción - chanson
cattus - gatto/gato - chat - Katze (eigentlich catta, der Kater hat die hochdeutsche Lautverschiebung aus einem mir unbekannten Grunde nicht mitgemacht)
carrus (eigentlich ein keltisches Lehnwort) - carro - chariot - Karren
caritas - frz. charité

Auch sonst finden wir immer wieder regelhafte Entwicklungen, etwa dass im Kastilischen (=Spanischen) das anlautende /f/ zum /h/ wird und dann ganz entfällt (graphisch aber erhalten ist). Man nimmt dabei mit guten Argumenten einen baskischen Einfluss an:

Das lateinische /f/ im Anlaut ist durch den baskischen Einfluss zu /h/ geworden und schließlich ganz weggefallen. Dieses Phänomen findet man in zwei romanischen Sprachen, die in dem Baskischen benachbarten Regionen entstanden sind, dem Gaskognischen (da steckt auch Baskisch drin) und dem Kastilischen. Teilweise wurde es auch hyperkorrigiert, sprich, ein nichtetymologisches /f/ wurde dort, wo richtigerweise ein /h/ stand eingesetzt.
Beispiele:
fornum - horno - 'Ofen'
facere - hacer (factum - hecho) - 'machen'
al-funduq - alhóndiga - 'Karawanserei', 'Lager', 'Magazin', das Etymon im heutigen Arabisch auch 'Hotel'
faba - haba - 'Bohne'
formosus - hermoso - 'schön'
filum - hilo - 'Faden'
feno - heno; fenile - henil - 'Heu'; 'Scheune'
fuscus - hosco - 'dunkel'
findere - hender - 'spalten'
fabulari - hablar - 'sprechen'
(Die Liste ließe sich noch seitenlang fortführen).

Hyperkorrektur:
Alfambra - al-hambra'a (wie die Alhambra) - 'die Rote'
Alfama - al-Hammam - 'Dampfbad', 'heiße Quelle'
(Hyperkorrekturen gibt es naturgemäß weniger, mir fallen leider nur diese beiden ein. Korrekte Korrekturen fallen naturgemäß weniger auf, da müsste man schon die Form mit <h> im Anlaut belegt haben und dann das <f> wieder. Da aber die Formen sowieso lange nebeneinander bestanden, ist das schwierig eine Korrektur nachzuweisen.)

Auch sonst können wir immer wieder "parallelen" Lautwandel feststellen (parallel deshalb in Anführungszeichen, weil es sich teilweise um den gleichen Lautwandel handelt, der sich nur in der einen Sprache langsamer oder schneller als in der anderen entwickelt hat und daher die verschiedenen Formen, die wir heute im synchronen Sprachvergleich haben letztlich verschiedenen Entwicklungsstufen zeigen, nicht unbedingt andere Wege, die genommen wurden:

Im synchronen Sprachvergleich stellen wir fest, dass
ital. notte
span. noche
frz. nuit
relativ ähnlich sind. Wir überlegen uns, warum das so sein könnte und denken: "hm, könnte ja sein, dass sie aus einer gemeinsamen Wortwurzel stammen", (klar, wir wissen das natürlich, aber dieses Wissen war im 16. Jahrhundert noch nicht überall gegeben) und kommen auf das lateinische nox, noctis, bzw. seine Akkusativform noctem (i.d.R. sind die romanischen Wörter von den lat. Akkusativformen abgeleitet).

Wir formulieren die Hypothese aus der lateinischen Konsonantenfolge <ct> ([kt]) wird die italienische Konsonantenfolge <tt> ([t]), die spanische Konsonantenfolge <ch> ([tʃ]) oder französisch <it>, was zu eine Diphthongierung des vorausgehenden Vokals führt.
Dies Hypothese überprüfen wir anhand anderer Beispiele mit <ct> ([kt]) im Lateinischen:
Lac, lactis, lactem: Ital. latte, span. leche, frz. lait
factum: ital. fatto, span. fecho > hecho, frz. fait
dictum: ital. detto, span. dicho, frz. dit
directus: ital. diritto, span. derecho (aragonesisch drechu) frz. droit
octo: ital. otto, span. ocho, frz. huit
octoginta: ottanta, ochenta, huitante

Wir stellen fest, dass immer wieder die gleiche Umlautung stattfindet...

Neben dem synchronen Sprachvergleich gibt es noch den diachronen Sprachvergleich, bei diesem würde man insbesondere die Entwicklungsstufen der Sprachentwicklung innerhalb einer Sprache anschauen.
 
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Die lateinische Sprache erstarrte nach dem Untergang des Weströmischen Reichs und wurde bekanntlich zu einer "toten Sprache", die aber dennoch im Mittelalter und auch später eine gewisse Bedeutung als Gelehrtensprache und teilweise als Sprache der Verwaltung und Diplomatie behielt. Latein selbst zählt übrigens nicht zu den romanischen Sprachen, sondern zu den italischen Sprachen, die in früher Zeit noch neben dem Lateinischen in Italien bestanden.

Sicher, es handelte sich beim Mittellateinischen um eine erlernte Sprache, und die Zahl der Sprecher war auf Gebildete beschränkt. Die Grammatik und der Satzbau veränderten sich nur darin, dass komplizierte Grammatikalische Formen wie ACI und Ablativus absolutus aufgegeben wurden. Dennoch würde ich dem Mittellatein durchaus noch den Status einer lebenden Sprache zuerkennen, denn als Verkehrs- und Schriftsprache, als Spache der Diplomatie und Jurisprudenz, der Scholastik und auch als Literatursprache wurde es nicht nur schriftlich, sondern weiterhin auch mündlich gesprochen. Antike Vokabeln wie Villa erhielten neue Bedeutung und es wurden neue Ableitungen und Wörter gebildet (dextrarius), man verfuhr also mit dem Mittellatein wie mit einer Muttersprache, ohne allerdings das klassische Vorbild zu verlassen. Petrarca und Dante schrieben zum Teil noch Latein. Was das Mittellatein schließlich verdrängte, waren nicht die Volkssprachen, sondern der Humanismus mit seiner Wiederbelebung des klassischen Latein
 
Bezüglich der Bohnen, gibt es da in Spanien verschiedene Bezeichnungen, regional bedingt und je ob sie weiss, rot, schwarz, grün, frisch oder trocken sind.
Der Grundbegriff ist "Habas" der eindeutig von dem lateinischen "Faba" stammt, mit dem die großen Bohnen bezeichnet werden (Vicia Faba). Habichuela, ist ein diminutiv der die verschiedenen Varianten der kleineren Arten (Phaseolus vulgaris) bezeichnet. Daneben gibt es das erwähnte "Judía" von dem ich annehme, dass es auch als adjektiv entstanden ist (vermutlich "jüdische Bohnen"), alubia (verwandt mit Judía aber aus dem arabischen), pocha (aus dem Baskischen), caparron, calbote, mongeta in Katalonien (kleine Nonne) Fesol in Valencia (von Phaseolus) und in Amerika Frijol oder Frejol (aus dem Nahuatl) Poroto (aus dem Quichua) caraota, kumanda etc..

Die Königlich-Spanische Akademie (die Gralshüterin des Kastilischen) sagt zu den judías, dass es vielleicht von judío / jüdisch kommt Real Academia Española. Diccionario Usual.. Die spanischsprachige Wiki legt sich auch nicht fest Phaseolus vulgaris - Wikipedia, la enciclopedia libre.

Fazit: nix genaues weiß man nicht.
 
Ich benutze die RAE bzw. genauer das DRAE zwar gerne dazu, Etymologien nachzuschlagen, weil's so schön einfach ist (eben online nutzbar, man kann sich den Gang in die Bib sparen), aber um Sicherheit zu erlangen sollte man sich lieber an den Corominas/Coromines* halten. Der ist in Zweifelsfällen - wie in diesem - besser bzw. thematisiert den Zweifel, wo notwendig.


*Die zwei Schreibweisen des Namens, weil der Mann Katalane ist und unter beiden, der kastilischen und der katalanischen Namensform veröffentlicht hat.
 
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Dennoch würde ich dem Mittellatein durchaus noch den Status einer lebenden Sprache zuerkennen,

Da nienmand mehr Latein als Muttersprache spricht - und das seit vielen Jahrhunderten - , gilt es in der Sprachwissenschaft als "tote Sprache".

Abgesehen davon veränderte sich Latein im Mittelalter nicht mehr wesentlich, auch wenn es als Sprache der Gelehrten oder der Diplomatie eine gewisse Bedeutung behielt.
 
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