und das man durchaus auch andere quellen einbeziehen sollte, bevor man sich ein urteil bildet?
Aus diesem Grund hatte ich mir ja erlaubt, das hier bereits bestehende Ostfrontthema entsprechend zu verlinken...
Wenn wir über die gegenseitigen Schuldzuweisungen einmal hinwegsehen und versuchen - soweit es möglich ist - Angriffspläne und tatsächlichen Kriegsverlauf gegenüberzustellen, finden wir durchaus einen Konsens.
Ich versuche einmal die Zusammenfassung in kurzen Stichpunkten...
1. Der deutsche Angriffsplan (
Schlieffenplan) sah vor, die 1. bis 4. Armee über Belgien gegen Paris zu führen und das französische Hauptheer in einer Entscheidungsschlacht zu besiegen, während die 5. bis 7. Armee die französische Verteidigungslinie binden sollten. Die 8. deutsche Armee sollte in Ostpreußen verbleiben, zumal man mit einer viel langsameren Mobilmachung Rußlands rechnete. Nach dem Erfolg in Frankreich sollte schließlich dann die gesamte deutsche Schlagkraft gegen Rußland eingesetzt werden.
Soweit der Plan - vor dem Krieg entwickelt und bei Kriegsbeginn auch noch gültig...
2. Rußland machte schneller mobil als erwartet - und zwar signifikant schneller. Die Russen fielen mit 2 Armeen in Ostpreußen ein, von denen jede stärker war als die 8. deutsche Armee. Dennoch griff v. Prittwitz mit der 8. Armee die 1. russische Armee an, was ihm bei Gumbinnen eine deutliche Niederlage einbrachte (19./20.08. 1914). Um nun nicht von der parallel vorrückenden 2. russischen Armee eingekesselt zu werden, erfolgte der Rückzug hinter die Weichsel. Ob nun die Kritik an diesem Rückzug gerechtfertigt war oder nicht, bleibt der Punkt, daß die ursprünglichen Planungen - und damit auch alle Abmachungen vor dem Krieg bzw. noch bei Kriegsbeginn - nicht mehr haltbar waren.
3. Von nun an ging es erst einmal nicht mehr um Vorstöße ins russische Territorium (konkret: Russisch-Polen), sondern darum, die Russen wieder zu vertreiben, die nun sowohl in Ostpreußen als auch in Galizien standen, wo sie ja ebenfalls eingefallen waren. Der erste Erfolg dahingehend war (dann unter v. Hindenburg) die Einkesselung der 2. russischen Armee bei Tannenberg (eigtl. bei Allenstein) vom 26./30.08. 1914 (erste Truppenbewegungen zum Kampf seit dem 23.08.), ergo zeitgleich mit den österreichisch-ungarischen Angriffen.
Wichtig ist hierbei, daß sowohl für Tannenberg als auch die Schlacht bei den Masurischen Seen (06./15.09. 1914) Truppen von der Westfront abgezogen werden mußten, die dort dann natürlich fehlten.
Erst die Winterschlacht in Masuren (07./25.02. 1915) gelang es jedoch, die russischen Verbände aus Ostpreußen zu vertreiben - und hier gab es dann auch das Ziel, einen Durchbruch der russischen Front zu erreichen (was allerdings nicht gelang).
4. Die etwa zeitgleich ablaufende Offensive, welche in die Karpatenschlacht (Dez. 1914/April 1915) mündete, sollte nun überdies auch den russischen Druck auf Österreich-Ungarn verringern und v.a. einen drohenden russischen Vorstoß nach Ungarn verhindern. Die Schlacht - mit gemeinsamen Verbänden von D & ÖU - endete in einem verlustreichen Patt: zwar konnten die Russen nicht vertrieben werden, aber auch einen russischen Einbruch nach Ungarn gab es so nicht.
Hier zeigte sich aber bereits, daß es Österreich-Ungarn aus eigener Kraft nur schwer möglich war, mit dem russischen Gegner fertig zu werden.
Betrachtet man den Kontext, braucht man mE nur noch zusammenzurechnen, um zu sehen, daß die Frage, wer woran Schuld war, nichts bringt, sondern eigentlich zu sagen ist, daß der deutsche Angriffsplan wohl zu optimistisch war und zudem sehr schnell von der Realität zunichte gemacht wurde...