Wilhelm Tell

Imrahil

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Hallo zusammen
Ich wollte mal eure Meinungen über die schweizer Sagengestalt Wilhelm Tell hören. Gab es ihn wirklich und wenn ja, war er so wichtig für die Revolution und wieso wird er als Held gefeiert, obwohl er ja eigentlich eher aus persönlichen Motiven handelte und deshalb den Landvogt Gessler ermodete?
 
Hallo zusammen
Ich wollte mal eure Meinungen über die schweizer Sagengestalt Wilhelm Tell hören. Gab es ihn wirklich und wenn ja, war er so wichtig für die Revolution und wieso wird er als Held gefeiert, obwohl er ja eigentlich eher aus persönlichen Motiven handelte und deshalb den Landvogt Gessler ermodete?

Wilhelm Tell wie von Schiller erzählt gab es nicht. Das ist eine Legende. Hier findest du eine Erklärung:

http://www.geschichtsforum.de/f73/die-eidgenossenschaft-einfuehrung-1-teil-1656/

Einen Landvogt Gessler gab es in dieser Zeit in der heutigen Schweiz nicht.
 
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Hallo zusammen
Ich wollte mal eure Meinungen über die schweizer Sagengestalt Wilhelm Tell hören. Gab es ihn wirklich und wenn ja, war er so wichtig für die Revolution und wieso wird er als Held gefeiert, obwohl er ja eigentlich eher aus persönlichen Motiven handelte und deshalb den Landvogt Gessler ermodete?

Von was für einer Revolution sprichst du? 1291 gab es keine Revolution in der Schweiz.

Hier zur Entstehung der Schweiz:

http://www.geschichtsforum.de/f73/entstehung-der-schweiz-867/
 
Einen Landvogt Gessler gab es in dieser Zeit in der heutigen Schweiz nicht.
Grüezi

Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch den Gessler. Laut Wiki soll der Name im „Weissen Buch“ von Sarnen als „Gijssler“ geschrieben sein. Giesler ist ein heute noch sehr geläufiger Name im Kanton Uri. Den gibts wie Sand am Meer...

Ich habe leider bloss eine Transkription vom Weissen Buch und da steht Gessler. Wurde der Name im Original tatsächlich als „Gijssler“ geschrieben?:grübel:

Gruss Pelzer


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Grüezi

Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch den Gessler. Laut Wiki soll der Name im „Weissen Buch“ von Sarnen als „Gijssler“ geschrieben sein. Giesler ist ein heute noch sehr geläufiger Name im Kanton Uri. Den gibts wie Sand am Meer...

Ich habe leider bloss eine Transkription vom Weissen Buch und da steht Gessler. Wurde der Name im Original tatsächlich als „Gijssler“ geschrieben?:grübel:

Gruss Pelzer


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Da müsste man im Original nachsehen um nachzuprüfen ob Wiki recht hat. Wobei man nicht ausser acht lassen darf, dass das weisse Buch von Sarnen 1470 geschrieben wurde. Wobei das sicher sein kann, dass man aus Gjissler - Gessler machte. Ob es der ein und selbe Familienname ist, müsste man nachprüfen. Wobei im Historischen Lexikon steht dieser Satz:

Gessler schrieb:
Vermutlich starb die Linie mit Georg (1486) im Mannesstamm aus.

Bei Wiki steht auch das:

1319 erlangte Heinrich Gessler die Ritterwürde und 1375 hatte er tatsächlich das Amt eines Landvogtes inne, aber nicht in Altdorf UR, sondern im zürcherischen Schloss Grüningen. Auf Heinrich folgte noch ein Heinrich und erst dann ein Hermann Gessler, Namensvetter der Legendenfigur.

Scheinbar war die Familie Gessler eine nicht gern gesehene Familie in der Schweiz, wenn man Wiki glauben möchte:

Die Gessler galten als stolze Leute, zierte doch ein Pfau mit gestellten Federn in Silber und Blau ihre Helme. Obwohl sie die Vogtei Grüningen nicht schlecht verwalteten, kam es zu Konflikten. Als einem Zürcher Bürger zur Strafe wegen Unterschlagung die Augen ausgestochen und die Zunge ausgerissen wurde, galt in den Augen der Untertanen Hermann Gessler als der Schuldige.

So wurde aus einem Familiennamen eine Art Gattungsbegriff: Ein Gessler war fortan ein Bösewicht, ein Feind der Eidgenossen, ein Handlanger der Habsburger. Als im 15. Jahrhundert die Gründersage schriftlich fixiert wurde, war für die Chronisten klar, dass die Waldstädte sich gegen einen Gessler zur Wehr gesetzt hatten und Gessler erhielt von den Chronisten die Funktion des Tyrannen

Hermann Gessler - Wikipedia

Einen Gessler wie in die Tells-Sage beschreibt, gab es so nicht. Dies steht auch im Historischen Lexikon der Schweiz.

Gessler
 
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Nochmals zu Wilhelm Tell. Die Sage um Wilhelm Tell wurde an die Orts- und Familiennamen der Innerschweiz angepasst, es gibt aber keine urkundlichen oder andere schriftliche Zeugnisse (Quellen) die eine existenz belegen. Ausser die Geschichten im weissen Buch von Sarnen, dass wurde aber erst 1470 geschrieben. Es gibt Überlieferungen aus Dänemark, Norwegen, Island und England die ebenfalls von einem Meisterschützen sprechen. Hauptquelle sind die sog. "Gesta Danorum" des Saxo Grammaticus aus dem 13. Jh. Zur Übertragung der Sage in das Alpengebiet sind mehrere Thesen diskutiert worden: durch einen am Konzil von Basel teilnehmenden Bischof aus dem Norden, durch wandernde Sänger oder Pilger, als uralte germ. Gemeinsage durch Kolonisten. Auch die Volkskunde hat anregende Erwägungen angestellt, die indessen in keiner Weise verifizierbar und somit für die hist. Argumentation unerheblich sind. Sie hat die Legende z.B. als sportl. Wettkampf gedeutet, als Spiel, als rituellen Straf-, Rache- oder Fehdebrauch, als Auferweckung einer Sagengestalt in einer sozialen Notlage - womit Tell eine Brauchtumsfigur wäre, vergleichbar der Walliser Mazze . Aus waffentechn. Perspektive ist anzumerken, dass nur ein Bogenschütze einen zweiten Pfeil rasch einlegen und abschiessen kann, während ein Armbrustschütze viel Zeit zum Spannen der Waffe braucht. Die Erzählung stammt also wohl aus der Zeit des Langbogens.

Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz
 
Revolution ist der falsche Begriff. Eine Revolution verändert die gesellschaftlichen Strukturen, das war bei den Eidgenossen nicht der Fall.
 
Da müsste man im Original nachsehen um nachzuprüfen ob Wiki recht hat. Wobei man nicht ausser acht lassen darf, dass das weisse Buch von Sarnen 1470 geschrieben wurde. Wobei das sicher sein kann, dass man aus Gjissler - Gessler machte. Ob es der ein und selbe Familienname ist, müsste man nachprüfen. Wobei im Historischen Lexikon steht dieser Satz:
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Hier kann man das Original und eine genaue Transkription herunterladen: Kanton Obwalden Online: Amtsstellen

Nach neueren Erkenntnissen ist der Text im Weissen Buch eine Abschrift eines Originals aus der Zeit zwischen 1403 und 1426, welches damals mutmasslich vom Landammann Johann Wirz I. geschrieben wurde.
(Quelle: Bruno Meyer, Weisses Buch und Wilhelm Tell, Weinfelden 1963, S. 9 ff.; Dr. P. Ephrem Omlin, Die Landammänner des Standes Obwalden und ihre Wappen, Sarnen 1966, S. 84 ff.)
 
Grüezi

Vielen Dank für den tollen Link.

Ich hab mal im Weissen Buch nachgelesen wie Gessler geschrieben wird. „Gessler“ - und nicht „Gijssler“ wie es bei Wiki zu lesen ist...

Gruss Pelzer

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Hier kann man das Original und eine genaue Transkription herunterladen: Kanton Obwalden Online: Amtsstellen

Nach neueren Erkenntnissen ist der Text im Weissen Buch eine Abschrift eines Originals aus der Zeit zwischen 1403 und 1426, welches damals mutmasslich vom Landammann Johann Wirz I. geschrieben wurde.
(Quelle: Bruno Meyer, Weisses Buch und Wilhelm Tell, Weinfelden 1963, S. 9 ff.; Dr. P. Ephrem Omlin, Die Landammänner des Standes Obwalden und ihre Wappen, Sarnen 1966, S. 84 ff.)

Das Historische Lexikon der Schweiz stammt aus dem Jahr 2007, das sind doch mehr als 40 Jahre neuere Erkenntnisse dazwischen. Oder hast du eine neuere Quelle als die von 1963 bzw. 1966?

Und da steht folgendes:

Es ist kaum mehr zu ergründen, wann die Berichte die Form annahmen, die um 1470 im "Weissen Buch von Sarnen" im Wesentlichen schriftlich fixiert worden ist

Quelle: HLS aus dem Jahr 2007
 
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Tell - eine Figur des Brauchtums, nicht der Geschichte

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Hier ein Artikel, den ich vor einigen Jahren verfasst habe:


Tell - eine Figur des Brauchtums, nicht der Geschichte

Tell existierte nicht. Der Schütze Tell war aber im Mittelalter lebendig als Figur des Brauchtums, die in Theaterspielen und Kriegsriten auftrat. Es gab kultische Kriegerbünde, die als Tiere (Uristier!) maskiert auftraten und nachts ihre Feinde heimsuchten. Offenbar war der "Wilde Jäger" oder eben "Tell" der Anführer und Darsteller Wotans. Dieses wilde Treiben ist bei den Trychlern noch erhalten. - Aegidius Tschudi verdichtete um 1570 zwei Versionen der Tell-Überlieferung zu einer Story weitab vom Brauchtum, die dann - ab 1804 - vor allem durch Schillers Tell Gemeingut geworden ist - Tell als patriotisch verherrlichter Attentäter, auf dem geschichtlichen Hintergrund von Attentaten zu Schillers Zeit, die sich alle gegen Akteure der französischen Revolution gerichtet hatten: gegen Revolutionsführer Marat, General Kléber, Konsul Napoleon und Zar Paul I. In den von Frankreich besetzten deutschen Monarchien sah man in Gessler den Usurpator Napoleon.


Wer nicht an Tell glaubt ist ein Staatsfeind

In der Eidgenossenschaft gehörte diese Optik zum Widerstand der Konservativen gegen die liberale Staatsauffassung, welche ihre Ideen aus der Französischen Revolution von 1789 schöpfte. Als um 1830 der liberale Luzerner Historiker Kopp es wagte, die auf Schillers Tell basierenden patriotischen Deutungen in Zweifel zu ziehen, geschah auf dem Rütli ein weiteres "Attentat": eine Kopp darstellende Puppe wurde verbrannt. Die "Wilde Jagd" lässt grüssen.


Tell - eine nationales Symbol und ein internationales Markenzeichen

Dass sich bei der Gestaltung des schweizerischen Bundesstaates von 1848 die liberalen Kräfte durchsetzten, bedeutete jedoch keineswegs das Ende des Tell-Kultes. Im Gegenteil: 1848 wurde Tell - neben Helvetia - offiziell als nationales Freiheits-Symbol der jungen Schweiz eingeführt. Ausgelöst wurde die Tell-Verehrung durch das Schauspiel von Friedrich Schiller. Gleichzeitig mutierte die Schweiz zum demokratischen Freilichtmuseum. Und 1891, als die Feiern "600 Jahre Eidgenossenschaft" das mythische Denken der Schweizer stärkten, wurde Tell für Jahrzehnte zur nationalen Identifikationsfigur: Der von Schiller geschaffene Zentralschweizer Heldenmythos führte sogar zur Versöhnung der Liberalen mit den Konservativen.
 
Joseph Eutych Kopp

"Kopp, Joseph Eutych
Joseph Eutych, Historiker, * 25. 4. 1793 Beromünster, † 25. 10. 1866 Luzern; Begründer der modernen, auf Quellen gestützten schweizerischen Geschichtswissenschaft."

Kopp, Joseph Eutych | wissen.de

"... Kopp gelang auf Grund der Auswertung von Urkunden und anderen Quellen der Nachweis der Legendenhaftigkeit des Tell-Mythos – dargelegt in seinem Hauptwerk Geschichte der eidgenössischen Bünde (12 Bde., 1845-1882) –, wodurch er sich die Feindschaft patriotischer Kreise in der Schweiz zuzog. ..."

Joseph Eutych Kopp - MSN Encarta
 
Nochmals zu Wilhelm Tell. Die Sage um Wilhelm Tell wurde an die Orts- und Familiennamen der Innerschweiz angepasst, es gibt aber keine urkundlichen oder andere schriftliche Zeugnisse (Quellen) die eine existenz belegen. Ausser die Geschichten im weissen Buch von Sarnen, dass wurde aber erst 1470 geschrieben. Es gibt Überlieferungen aus Dänemark, Norwegen, Island und England die ebenfalls von einem Meisterschützen sprechen. Hauptquelle sind die sog. "Gesta Danorum" des Saxo Grammaticus aus dem 13. Jh. Zur Übertragung der Sage in das Alpengebiet sind mehrere Thesen diskutiert worden: durch einen am Konzil von Basel teilnehmenden Bischof aus dem Norden, durch wandernde Sänger oder Pilger, als uralte germ. Gemeinsage durch Kolonisten. Auch die Volkskunde hat anregende Erwägungen angestellt, die indessen in keiner Weise verifizierbar und somit für die hist. Argumentation unerheblich sind. Sie hat die Legende z.B. als sportl. Wettkampf gedeutet, als Spiel, als rituellen Straf-, Rache- oder Fehdebrauch, als Auferweckung einer Sagengestalt in einer sozialen Notlage - womit Tell eine Brauchtumsfigur wäre, vergleichbar der Walliser Mazze . Aus waffentechn. Perspektive ist anzumerken, dass nur ein Bogenschütze einen zweiten Pfeil rasch einlegen und abschiessen kann, während ein Armbrustschütze viel Zeit zum Spannen der Waffe braucht. Die Erzählung stammt also wohl aus der Zeit des Langbogens.

Für Robin Hood gibt es bis jetzt auch noch keine historischen Beweise, wenn ich mich richtig entsinne. Wenn die Tell-Sage ursprünglich aus dem Norden kam, wäre doch theoretisch auch eine Verwandtschaft zum angelsächsischen Robin Hood Mythos denkbar, zumindest insofern, dass gemeinsame Wurzeln vorliegen könnten. Zumindest erinnerte mich die Passage mit dem Bogen daran... Viel Fabulieren, ich weiß. Alternativ, ohne eine Wanderung der Sage anspekulieren zu wollen, könnte man sich aber auch überlegeben, ob hier nicht die selben Mechanismen wie bei der Entstehung Tell anwendbar sind.
 
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Für Robin Hood gibt es bis jetzt auch noch keine historischen Beweise, wenn ich mich richtig entsinne. Wenn die Tell-Sage ursprünglich aus dem Norden kam, wäre doch theoretisch auch eine Verwandtschaft zum angelsächsischen Robin Hood Mythos denkbar, zumindest insofern, dass gemeinsame Wurzeln vorliegen könnten. Zumindest erinnerte mich die Passage mit dem Bogen daran... Viel Fabulieren, ich weiß. Alternativ, ohne eine Wanderung der Sage anspekulieren zu wollen, könnte man sich aber auch überlegeben, ob hier nicht die selben Mechanismen wie bei der Entstehung Tell anwendbar sind.

Das ist denkbar. Da es ja im Norden viele Sagen mit ähnlichen Figuren gegeben hat. Diese wurden durch Sänger usw. verbreitet, so könnte sie in unsere Breitengrade gekommen sein.
 
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