Sehen wir mal von Zoologie und Anatomie ab, wenn wir nach den Drachen fragen, sondern sehen wir mal nach dem Kontext, in dem die (hiesigen!) Drachen auftreten: Da finden wir:
Hornpanzer,
härtendes Drachenblut und
Drache als Schatzhüter und -vermehrer.
Eine sehr frühe Überlieferung ist die des Philostrat, der in der Biographie des Apollonios von Tyana erzählt, dass dieser auf seiner Reise nach Indien nach Paraka gekommen sei und die Drachenköpfe gesehen habe, die hier verwahrt würden. Philostrat beschrieb Wesen und Aussehen der Drachen und den Kampf, in dem sie getötet wurden:
Diese Drachen sind großschuppig und haben gelockte Bärte, unter ihren Brauen leuchten furchtbare Augen, ihr feuerroter Kamm strahlt wie ein Fackel. Wenn sie sich fortbewegen, klingt dies wie das Rasseln eines ehernen Panzers. Der Drachenkämpfer legt vor die Höhle einen Teppich mit einer goldenen Inschrift, die dem Drachen die bannende Kraft des Blickes nimmt. Wenn er aus der Höhle kommt, um auf Nahrungssuche zu gehen, wird er abgelenkt, und diesen Augenblick der Überraschung nutzt der Kämpfer aus, um sich mit der Waffe auf das Ungeheuer zu stürzen. Wenn er es getötet hat, verzehrt er Herz und Leber des Drachen, und sie verleihen ihm die Fähigkeit, die Sprache und Ratschläge der Tiere zu verstehen. Der Drachenkämpfer nimmt dem Drachen seine Kopfzier (Steine, die in den Farben von Blumen leuchten), die den Kämpfer unsichtbar macht.
Hier findet sich eine Parallele zum Ring des Gyges, der einen Stein trug, der ebenfalls unsichtbar machte. Es gibt eine Motiv-Ähnichkeit zwischen der Gyges-Geschichte und der Siegfriedgeschichte. Was beim Inder der Teppich ist, ist bei Sigurd die Grube. Ansonsten sind die Mythen gleich.
Der Stein der Weisen lapis sapientiae bewirkte für den Träger nach alter Überlieferung der mystischen Alchimie Unverwundbarkeit, Unsichtbarkeit und Flugfähigkeit, Fähigkeiten, die auch dem Drachen zugeschrieben wurden. "Dieser Stein ist das Gold, er ist die Muttersubstanz des Goldes, weil er das Gold hervorbringt, und aus seiner Wirkkraft geht der Drache hervor, der seinen Schweif verzehrt." Auch Francis Bacon (1219 - 1294) hat sich mit Drachen befasst und meinte, dass keine Lehre den Menschen so weise machen könne wie der Genuss von Drachenfleisch, und berief sich dazu auf ungenannte Gewährsleute. Plinius d. Ä. (+ 79 n.Chr.) hat den für unbesiegbar gehalten, der einen Drachenkopf mit sich trage (nat. hist. XXIX, 20).
Daher ist die auch hier im Forum mal geäußerte Ansicht, der Drache habe als Lindwurm etwas mit römischen Heerzügen 9 n. Chr. zu tun und sei eine mythische Umsetzung dieses Anblicks (was Otto Höfler (1901 - 1987) in die Welt gesetzt hat), abwegig. Der gesamte Mythenkomplex vom Drachen und Drachenkämpfer reicht bis in die Antike zurück.