Ius primae Noctis


Mit der Zeit wurden Rittercodices aufgestellt, die meist sieben Verhaltensanforderungen an die Ritter stellten. Zwei für unser Thema wesentliche Punkte waren die Minne und Schutz der Schwachen und Wehrlosen. Dies ist nicht das Klima, in dem ein ius primae noctis entsteht.

Hallo :winke:

Diese Einstellung mag aus heutiger Sicht nachvollziehbar sein, aber damals? Wir reden schließlich über das Mittelalter!!
 
Hallo ihr Lieben,

ich möchte noch etwas anmerken.:)

Anstatt "Wir schließen es aus, weil uns keine schriftlichen Hinweise vorliegen" müsste es heißen: "Wir können es nicht ausschließen, aber es liegen uns keine schriftlichen Hinweise vor!"
Unterschied erkannt? :winke:

Neben dem schriftlich fixierten Gesetz gab es noch das oral geltende Gesetz (im Sinne von Brauchtum). In diesem Kontext würde ich das Ius primae Noctis sehen. Dass diese heidnischen Hinterlassenschaften vom Klerus bekämpft wurden, versteht sich von selbst.

Noch etwas zum Minnesang und zur Achtung der Frau:
Wenn die Ritter des MA eine solche Hochachtung vor Frauen hatten, wer hat dann die Gräueltaten während der Kreuzzüge verübt? Etwa nur die Knappen?

LG Nicole
 
Wenn die Ritter des MA eine solche Hochachtung vor Frauen hatten, wer hat dann die Gräueltaten während der Kreuzzüge verübt? Etwa nur die Knappen?

Es kam dabei sicherlich auf die gesellschaftliche Stellung der Frau an. Die wenigsten Trobadoure werden Bauersmägde besungen haben. Und Gräultaten im Sinne von blündern, rauben, töten wurden nicht nur bei den Kreuzzügen begangen und auch nicht ausschließlich allein gegen Frauen verübt.
 
Anstatt "Wir schließen es aus, weil uns keine schriftlichen Hinweise vorliegen" müsste es heißen: "Wir können es nicht ausschließen, aber es liegen uns keine schriftlichen Hinweise vor!"
Unterschied erkannt? :winke:LG Nicole
Einerseits richtig: Einer kann ein Mörder sein, auch wenn man es ihm nicht nachweisen kann.
Andererseits: Wenn man keine Leiche hat, niemand fehlt und auch sonst nicht Greifbares auf einen Mord hindeutet, dann hat es wohl auch keinen gegeben. (Da ich gerade von Mord schreibe, fallen mir die "Ritualmorde" ein, die gern den Juden angehängt wurden. Aber ich will nicht vom Thema wegführen.)
Was Minne und "Ritterlichkeit" angeht, stimme ich dir allerdings völlig zu. Die sind fast genauso mythisch wie das ius primae noctis und waren in der rauen Wirklichkeit auch nicht oft anzutreffen.
Wie oben schon gelegentlich angeklungen: Soweit überhaupt mit diesem "Recht" argumentiert wurde, ist das als eine Art Schutzgelderpressung zu betrachten. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Mafia offenbar zur Unterstützung ihrer Forderungen tatsächlich Scheiben einschlägt und Kleinholz macht. Die Standesherren hatten das nicht nötig, haben es jedenfalls nicht praktiziert.

btw: Mein Beitrag ist überhaupt nicht frauenfeindlich, weil ich einen barbarisch-frauenfeindlichen Brauch leugnete. Der Brauch, hätte es ihn gegeben, wäre genauso männerfeindlich gewesen, wenn man die "Männerehre", die nicht nur Anatolier für sich reklamier(t)en, in Rechnung stellt.
 
Vielleicht darf noch ein Anekdötchen sein, an dem man sehen kann, wie sich so ein Mythos entwickeln kann. Die Bewohner des baden-württembergischen Städtchens Ingelfingen tragen den Spitznamen "Kasimirle" (und übrigens auch ein Wein). Das wird darauf zurückgeführt, dass Graf Kasimir von Hohenlohe, zu dessen Grafschaft das Städtchen gehörte, besonders ausgiebig vom ius primae noctis Gebrauch gemacht habe. Belegen lässt sich das aber überhaupt nicht. Zu dem, was es an Fakten gibt, ein Zitat aus der Website von Ingelfingen:
Zusammenfassend kann festgestellt werden, Graf Ludwig Casimir war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Hauses Hohenlohe. Zum Ursprung des Ingelfinger Kasimirle gibt es einige Meinungen. Helmut Rössler schreibt 1952 „Graf Ludwig Casimir habe 1551 in Ingelfingen die Reformation eingeführt. Die Bürger der Stadt seien darüber so begeistert gewesen, dass viele kleine Ingelfinger auf den Namen Kasimir getauft wurden. Der Spitzname sei geboren worden und habe sich bis zum heutigen Tag gehalten.“
Anmerkungen von Altbürgermeister Heinrich Ehrmann:
In den letzten 12 Jahren vor dem Tod des Grafen von 1556 - 1568 (weiter reicht das Taufbuch nicht zurück) ist in Ingelfingen kein einziges Kind auf den Namen Kasimir getauft worden. Auch in Criesbach nicht. Graf Ludwig Casimir ist in dieser Zeit drei Mal : 1561, 1563 und 1568 im Taufbuch eingetragen worden, aber nicht etwa als Kindsvater, sondern als Pate – jedes mal hieß der Täufling Ludwig, nicht Kasimir.
 
Anstatt "Wir schließen es aus, weil uns keine schriftlichen Hinweise vorliegen" müsste es heißen: "Wir können es nicht ausschließen, aber es liegen uns keine schriftlichen Hinweise vor!"
Unterschied erkannt? :winke:

Neben dem schriftlich fixierten Gesetz gab es noch das oral geltende Gesetz (im Sinne von Brauchtum). In diesem Kontext würde ich das Ius primae Noctis sehen. Dass diese heidnischen Hinterlassenschaften vom Klerus bekämpft wurden, versteht sich von selbst.

Noch etwas zum Minnesang und zur Achtung der Frau:
Wenn die Ritter des MA eine solche Hochachtung vor Frauen hatten, wer hat dann die Gräueltaten während der Kreuzzüge verübt? Etwa nur die Knappen?

Nein, auch die Volksgesetze (Sachsenspiegel, Deutschenspiegel, Schwabenspiegel) sind ja zum Teil schriftlich überliefert worden und ein Hinweis auf ein ius primae noctis findet sich darin nicht. Da die antiken Völkerschaften sich aus Freien zusammensetzen, die sich durch Willensbildungsprozesse zusammensetzten und einem Herrscher anschlossen oder ihm die Gefolgschaft versagten, spricht auch nichts dafür, dass ein ius primae noctis in den alten Stammesgesetzen existiert hätte, dann aber verloren gegangen sei. Auch gerade der lateinische Name dieses ius deutet darauf hin, dass seine Erfinder der katholischen Kirche etwas anhängen wollten, denn das Lateinische steht für das römische Recht, dass mit der kirchlichen Mission verbreitet wurde. Wir können also ganz klar sagen, dass es dieses ius nicht gab, weder im schriftlich, noch im mündlich tradierten Gesetz. Abusi gab es natürlich immer. Ein interessantes Detail: Die hispanochristliche Literatur des Mittelalters sieht die arabische Invasion zum Untergang des Westgotenreiches u.a. als ein göttliches Strafgericht wegen der Sünden des Westgotenherrschers Rodrigo. Dieser soll unter anderem ein Schürzenjäger gewesen sein und die Tochter seines Statthalters in Tanger, Julián vergewaltigt haben, was dieser nun zum Anlass genommen haben soll, sich mit den "Mauren" zusammenzutun.

Kommen wir nun zu den Greueltaten. Wie schon festgestellt wurde, richteten diese sich nicht explizit gegen Frauen, sondern gegen die gesamte Bevölkerung. Überhaupt war es in der mittelalterlichen Kriegführung üblich, die Bevölkerung des Gegners zu schädigen, die Mediävistik benutzt hier den Begriff der Fehde, die auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wurde. Genau hierin bzw. in der Bekämpfgung dieser Umstände in einer insbesonders in Südfrankreich herrschenden Phase der Anarchie, als die Königsmacht sich auf die Île de France beschränkte, liegt der geistige Urspung des Rittertums (Stichwort: Gottesfriedensbewegung). Die ordnenden Aufgaben des Königs wurden, da dessen Macht nicht ausreichte, unter Federführung der Kirche von Adeligen übernommen. Und damit schließt sich dann wieder der Kreis zu diesem Beitrag, den Du ja auch oben teilwiese zitiert hast: http://www.geschichtsforum.de/328370-post43.html
Mit der ius primae noctis, also dem 'Herrenrecht', hat die Fehde aber nichts zu tun.
 
Hallo lieber Quijote,

gerade durch die eingeschränkte Macht des Königs und die Autonomie der Adelsherren war ein solches Gesetz möglich. Ein Adliger konnte somit nicht nur seine Gelüste befriedigen (das konnte er auch mit seinen Mägden) sondern Macht über die Frauen seiner Untertanen ausüben. Das war viel wichtiger denke ich.
In Fehden richtete sich Gewalt gegen alle Gegner, das ist richtig. Aber am einfachsten geht es gegen die Schwächsten, also Frauen. Damals wie heute.
Die Glorifizierung des Rittertums ist ein Konstrukt aus späterer Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Als ich vor ca. 40 Jahren per Mokick durch die Lande gondelte, Pfarrämter ahnenforschenderweise belästigte,

hat mir mal ein Pfarrer ausführlich erläutert, wie das "Recht der ersten Nacht" (das es "natürlich" auch in seiner Gemeinde gab) die Erbanlagen der Bevölkerung verbessert hätte.

Gab gab auch damals seltsame Käuze unter den ev. Landpfarrern.

Vielleicht sollte ich noch erläutern, dass ich mich im reifen Alter zwischen 15 und 17 befand.
 
....hat mir mal ein Pfarrer ausführlich erläutert, wie das "Recht der ersten Nacht" (das es "natürlich" auch in seiner Gemeinde gab) die Erbanlagen der Bevölkerung verbessert hätte.

Meinst du wirklich, es verbessert sich dadurch? Ich glaube, es führt eher zu Inzest :motz:
Ich finde ein solches Thema zu ernst, um darüber so locker zu plaudern. Schließlich verbirgt sich hinter dem Gesetz legitimierte Vergewaltigung.:motz:
Deshalb wird es auch von allen Seiten geleugnet. Wie ist dann aber dieser Mythos zu erklären?
 
Wie ist dann aber dieser Mythos zu erklären?

Es gibt seit dem 16. Jhdt. starke antikatholische und seit dem 19. Jhdt. starke antichristliche Strömungen, die ein Interesse daran hatten, die (katholische) Kirche(n) zu beschmutzen. Da sind zunächst Protestanten und Anglikaner zu nennen, später Marxisten ("Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.") und zuletzt der insbesondere in Deutschland stark antikatholische Nationalismus beginnend mit dem Kulturkampf Bismarcks und nicht endend mit dem Nationalsozialismus. Ähnliches kann man z.B bei der Scheibentheorie der Erde beobachten.

Manchmal muss man sich einfach von liebgewonnenen Wahrheiten verabschieden.
 
Meinst du wirklich, es verbessert sich dadurch? Ich glaube, es führt eher zu Inzest :motz:
Ich finde ein solches Thema zu ernst, um darüber so locker zu plaudern. Schließlich verbirgt sich hinter dem Gesetz legitimierte Vergewaltigung.:motz:
?


Legitimierte Vergewaltigung?
Du nimmst das also ernst. Wie jener Pfarrer......

Das "Recht der ersten Nacht" ist eine Erfindung durchgeknallter Zeitungsschreiber zu Zeiten der franz. Revolution, nichts weiter.
Immer mal wieder aufs neue kolportiert..... liest sich ja auch so schön gruselig.


Sieh es doch mal realistisch:
Es ist doch gar nicht vorstellbar, dass das die "neuen" Ehemänner so einfach hingenommen hätten.
Es ist aber auch nicht vorstellbar, dass es die Ehefrauen der "Rechteinhaber" hingenommen hätten.
Und überhaupt nicht vorstellbar ist es, dass das die "Objekte" so einfach hingenommen hätten.

Deshalb wird es auch von allen Seiten geleugnet. Wie ist dann aber dieser Mythos zu erklären?

Dieser Mythos ist überhaupt nicht zu erklären.
Dieser Mythos entspringt den ekelerregenden Phantasien von Sexualverbrechern.
 
Es gibt seit dem 16. Jhdt. starke antikatholische und seit dem 19. Jhdt. starke antichristliche Strömungen, die ein Interesse daran hatten, die (katholische) Kirche(n) zu beschmutzen. Da sind zunächst Protestanten und Anglikaner zu nennen, später Marxisten ("Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.") und zuletzt der insbesondere in Deutschland stark antikatholische Nationalismus beginnend mit dem Kulturkampf Bismarcks und nicht endend mit dem Nationalsozialismus. Ähnliches kann man z.B bei der Scheibentheorie der Erde beobachten.
Hallo lieber El Quijote:winke:

Wieso ist das denn "antikatholisch"? Eher "antiaristokratisch", oder?
Und was hat das mit der Scheibentheorie der Erde zu tun? Meines Wissens hat im MA die Kirche NICHT behauptet, dass die Erde eine Scheibe ist.
Es ist eine Legende, die den Sieg der (empirischen) Wissenschaft über den Glauben zeigen soll.
Aber nur weil das ein Mythos ist, muss dann auch das Recht der ersten Nacht ein Mythos sein? Was sollte das bezwecken? :confused:

LG Nicole
 
Es geht darum, dass man von interessierter Seite den Religionen insgesamt, den Christen und, sehr eng gefasst, den Katholiken immer wieder versucht hat, Dinge anzuhängen, die nicht stimmen, die sich aber als "Wahrheiten" in den Köpfen der Menschen festgesetzt haben. Dazu gehören gleichermaßen das ius primae noctis als auch die Scheibentheorie. Gleiches funktioniert auch noch in der Gegenwart, siehe urban legends.
 
Zwar bin ich nicht El Quijote, aber ich möchte dennoch dazu auch noch etwas anmerken...

Wieso ist das denn "antikatholisch"? Eher "antiaristokratisch", oder?

Genaugenommen ist es beides: antikatholisch bzw. antiklerikal und antiaristokratisch. Die Motivation dahinter ist bzw. war, einerseits die moralische Verkommenheit des Adels zu zeigen und andererseits den mit ihm in der Geschichte oftmals verbundenen Klerus ebenso zu diskreditieren - i.S.v. "und die Kirche hat den Adel ja ehedem immer gedeckt" u. dgl.

Und was hat das mit der Scheibentheorie der Erde zu tun? Meines Wissens hat im MA die Kirche NICHT behauptet, dass die Erde eine Scheibe ist.
Es ist eine Legende, die den Sieg der (empirischen) Wissenschaft über den Glauben zeigen soll...

... was aber nichts daran ändert, daß diese falsche Sichtweise noch immer weit verbreitet ist - genauso wie eben das ius primae noctis oder auch die Existenz des Keuschheitsgürtels (in Wahrheit eine frivole Erfindung ab dem 19. Jh.) oder die Mythen über die Hexenverfolgung (die in Wahrheit nicht mittelalterlich, sondern frühneuzeitlich war, nicht von der Kirche und der Inquisition vorangetrieben wurde, keine 9 Mio Opfer gefordert hat und sich eben auch weder explizit gegen Frauen noch gegen Heilerinnen und Hebammen gerichtet hat).
Anm.: Diese Beispiele von Geschichtsmythen dienen hier der Verdeutlichung, sollten aber an anderer Stelle diskutiert werden bzw. wurden auch schon in anderen Threads ausgiebig diskutiert.

Aber nur weil das ein Mythos ist, muss dann auch das Recht der ersten Nacht ein Mythos sein? Was sollte das bezwecken? :confused:

Der Zweck muß im Kontext der Auklärung gesehen werden, als es um die Emanzipation von traditionellen Vorstellungen u.ä. sowie um die Befreiung des Geistes ging und demzufolge sämtliche Denkweisen in Frage gestellt wurden, welche auf dem Glauben an Autoritäten - verschiedener Art - beruhten. Ansonsten s.o. ...

Was nun den Mythos betrifft: gehe doch einmal logisch an die Sache heran.
Während des Deutschen Bauernkrieges formulierten süddeutsche Bauern im Jahre 1525 ihre Forderungen in den Zwölf Artikeln von Memmingen. Darin beklagten sie sich über alle möglichen Herrschaftsrechte, welche sie als ungerecht empfanden: die Leibherrschaft, die Grundherrschaft, Nutzungsrechte am Wald und der Allmende sowie auch kirchliche Forderungen. Dennoch enthalten diese - wie übrigens auch ähnlich lautende derartige Forderungsschreiben in früheren Bauernerhebungen - weder Beschwerden über ein ius primae noctis noch über sonstige sexuelle Übergriffe (was bei der Existenz eines derart verbrieften Rechtes ja wohl sehr ungewöhnlich wäre, wenn man sich ausgerechnet darüber nicht beklagte!).
Vgl. dazu auch Zwölf Artikel ? Wikipedia, die freie Enzyklopädie bzw. Stadtarchiv Memmingen: Zwölf Bauernartikel 1525

Und wenn wir schon bei der Logik sind: was sollte ein solch explizit verbrieftes Recht denn bewirken? Daß ein Grundherr "Macht über die Frauen seiner Untertanen" hatte?
Rhetorische Gegenfrage: Hätte er denn dazu ein verbrieftes Recht gebraucht, wo ihm durch die Grundherrschaft doch ehedem per se Macht über alle seine Untertanen gegeben war?
 
Was nun den Mythos betrifft: gehe doch einmal logisch an die Sache heran.
Während des Deutschen Bauernkrieges formulierten süddeutsche Bauern im Jahre 1525 ihre Forderungen in den Zwölf Artikeln von Memmingen.
Ich sehe das jpn nicht in der frühen Neuzeit, sondern eher im frühen Mittelalter, als noch archaische Riten und Bräuche die mittlerweile missionierten Sachsen bestimmten.

Und wenn wir schon bei der Logik sind: was sollte ein solch explizit verbrieftes Recht denn bewirken? Daß ein Grundherr "Macht über die Frauen seiner Untertanen" hatte?
Rhetorische Gegenfrage: Hätte er denn dazu ein verbrieftes Recht gebraucht, wo ihm durch die Grundherrschaft doch ehedem per se Macht über alle seine Untertanen gegeben war?

Das jpn ist ein Brauch aus einer archaischen Gesellschaftsordnung, durch den eine Form von "ritueller Blutsverwandschaft" des Adligen mit allen seinen Untertanen hergestellt wurde, um somit den Zusammenhalt des Stammes zu bestätigen. In damaliger Zeit wird es von den Untertanen als eine Art Ehrerbietung bzw. Opfer gegenüber dem Herrn empfunden worden sein. Am Morgen danach übergab der Adlige die Braut an den Bräutigam, sozusagen als Lehen, um sie danach für immer unbehelligt zu lassen (im Idealfall).
Das ist nach heutigem Verständnis unvorstellbar, für eine archaische Gesellschaft des Frühmittelalters jedoch eine Selbstverständlichkeit.

LG Nicole
 
Es geht darum, dass man von interessierter Seite den Religionen insgesamt, den Christen und, sehr eng gefasst, den Katholiken immer wieder versucht hat, Dinge anzuhängen, die nicht stimmen, die sich aber als "Wahrheiten" in den Köpfen der Menschen festgesetzt haben. Dazu gehören gleichermaßen das ius primae noctis als auch die Scheibentheorie.


Könnte sein, aber Kausalketten sind dennoch nicht zulässig. Ansonsten könnte man zu dem Schluss kommen, die Heilige Inquisition sei eine Erfindung des 19 Jhs., um die Dominikaner zu diskreditieren (oder vielleicht sogar den armen Konrad...:devil:)

LG Nicole
 
Ich sehe das jpn nicht in der frühen Neuzeit, sondern eher im frühen Mittelalter, als noch archaische Riten und Bräuche die mittlerweile missionierten Sachsen bestimmten.

Dann hast Du dafür bitte einen eindeutigen Beleg für uns :fs:

Das jpn ist ein Brauch aus einer archaischen Gesellschaftsordnung, durch den eine Form von "ritueller Blutsverwandschaft" des Adligen mit allen seinen Untertanen hergestellt wurde, um somit den Zusammenhalt des Stammes zu bestätigen. In damaliger Zeit wird es von den Untertanen als eine Art Ehrerbietung bzw. Opfer gegenüber dem Herrn empfunden worden sein. Am Morgen danach übergab der Adlige die Braut an den Bräutigam, sozusagen als Lehen, um sie danach für immer unbehelligt zu lassen (im Idealfall).

Ich wiederhole meine Bitte nach einem eindeutigen Beleg dafür :fs:

Das ist nach heutigem Verständnis unvorstellbar, für eine archaische Gesellschaft des Frühmittelalters jedoch eine Selbstverständlichkeit.

Hierfür hätte ich bitte gern eine Begründung,
1. warum für Dich die Gesellschaft im Frühmittelalter "archaisch" ist,
2. welche Gesellschaft Du damit meinst (Angelsachsen, merowingische Franken, karolingische Franken, nachkarolingisches Westfrankenreich, ottonisches Ostfrankenreich, ...),
3. warum es für einen Adligen (auch hier wären wiederum Hierarchien interessant, aber sei's drum) erstrebenswert gewesen sein sollte, mit fast jedem seiner Untertanen (den "Gemeinen") blutsverwandt zu sein,
4. warum es eine Ehrerbietung sein soll, die leiblichen Nachkommen anderer Leute großzuziehen.

Anm.: Was das mit "Lehen" zu tun haben soll, ist mir übrigens auch vollkommen schleierhaft...

Könnte sein, aber Kausalketten sind dennoch nicht zulässig. Ansonsten könnte man zu dem Schluss kommen, die Heilige Inquisition sei eine Erfindung des 19 Jhs., um die Dominikaner zu diskreditieren (oder vielleicht sogar den armen Konrad...:devil:)

Auch dazu der Punkt der Belegbarkeit: sowohl Heilige Inquisition als auch Dominikaner sind belegbar, das ominöse Ius primae noctis aber eben nicht bzw. nur in Pamphleten späterer Jahrhunderte...
:fs:
 
Hallo lieber Timotheus:winke:

Hierfür hätte ich bitte gern eine Begründung,
1. warum für Dich die Gesellschaft im Frühmittelalter "archaisch" ist,
2. welche Gesellschaft Du damit meinst (Angelsachsen, merowingische Franken, karolingische Franken, nachkarolingisches Westfrankenreich, ottonisches Ostfrankenreich, ...),
3. warum es für einen Adligen (auch hier wären wiederum Hierarchien interessant, aber sei's drum) erstrebenswert gewesen sein sollte, mit fast jedem seiner Untertanen (den "Gemeinen") blutsverwandt zu sein,
4. warum es eine Ehrerbietung sein soll, die leiblichen Nachkommen anderer Leute großzuziehen.

Eine archaische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der noch die alte Sippenstruktur das Gemeinwesen bestimmt. Du brauchst hier nicht mit deinen Nord-Ostfranken oder Spätburgundern zu kommen. Ich meine beispielsweise die Friesen, die sich vom 7. bis 9. Jahrhundert nur widerwillig missionieren ließen. Bei ihnen hatten die uralten Bräuche der Blutsverwandschaft überdauert (die übrigens mangels einer eigenen Schrift auch nur mündlich weitergetragen wurden).

Ich kann dir folgende Literatur dazu empfehlen:

M. Last, Die Sozialordnung der Sachsen nach den Schrift-Quellen, in C. Ahrens (Hg.), Sachsen und Angelsachsen, 1978
G. v. Olberg, Aspekte der rechtlich-sozialen Stellung der Frauen in den frühmittelalterlichen Leges, in: W. Affoldt (Hg.), Frauen in Spätantike und Frühmittelalter (1990)
Dies., Die Bezeichnungen für soziale Stände, Schichten und Gruppen in den Leges Barbarorum (1991).
H. Park, Die Stände der Lex Saxonum, in: Concilium medii aevi 2 (1999)


(Unde usque hodie gens Saxonica triformi genere ac lege preter conditionem servilem dividitur (Wid. I, 14).

Widukind beschreibt hier eine Standestrennung zwischen Adel und Freien nach Abstammung und Gesetz, die sich bei den Franken so nicht beobachten läßt.
Zu dieser rechtlichen Trennung gehörten wohl die Ehehindernisse, die Rudolf von Fulda in der Translatio S. Alexandri (863) erwähnt:
Et id legibus firmatum, ut ulla pars in copulandis coniugiis propriae sortis terminos transferat, sed nobilis nobilem ducat uxorem, et liber liberam, libertus coniungatur libertae, et servus ancillae (Translatio S. Alex. c. 1; 13, 675).

Lieben Gruß
Nicole :winke:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben