Eigentlich ist es mal wieder die leidige Quellenfrage.
Einer der guten Caesarkenner der althistorischen Forschung widerspricht dem hier eifrig diskutierten Thema.
Wolfgang Will schrieb zu diesem Thema nach dem letzten, auch in diesem Thema angesprochenen Büstenfund:
Es ist der Wille des Archäologen, der die Büste zu(m) Caesar macht.
Und desgleichen gilt für ALLE anderen Büsten ebenfalls.
Nicht eine der Büsten, die Caesar zugeordnet werden kann als zeitgenössische, realistische Darstellung gesichert werden, die in Turin stehende Büste wurde mittlerweile als Kopie deklariert und die Datierung wieder verrückt.
Dazu empfehle ich als Einstieg:
Caesars Büste? - Der Echte war energischer, distanzierter, ironischer - Wissen - sueddeutsche.de
von Paul Zanker, einem der führenden Klassischen Archäologen
und
Die Büste aus der Rhône: Locken auf Caesars Glatze - Debatten - Feuilleton - FAZ.NET
von Wolfgang Will, dem Althistoriker und Caesarkenner.
Übrigens ist auch Pompeius, dessen Alexanderlocken programmatisch sind und zur Überlieferung, er liefe in einem Feldherrenmantel wie ihn Alexander trug herum, diese Haarpracht nicht abgekauft worden. Rom wußte ja, wie er aussah.
Was die Aussagen angeht, wie gut wir über das Aussehen Bescheid wissen, da möchte ich heftig widersprechen.
Betrachten wir die Büstendarstellungen, von den griechischen Hermen bis zur römisch-propagandistischen Statue, so wird, allein durch die ständigen Neuzuordnungen, klar wie wenig wir wirklich eindeutig wissen.
Die Öffentlichkeit mag "vielleicht" und "möglicherweise" oder gar "könnte sein" und "ist nicht unmöglich" in ihren Zeitungen und als Bildunterschriften nicht so recht drucken oder lesen, so bleiben die Einwände und Diskussionen oft außen vor.
Aber ein gutes Beispiel ist die iulisch-claudische Familie. Macht es uns der Porta Typus des Augustus noch fabelhaft einfach gibt es wenigstens ein halbes dutzend weiterer Einzelfunde und Typen, die wir nicht klar zuordnen können, sondern nur ihrer Familie nach halbwegs datieren möchten. Zu groß ist ihre idealiserende Ähnlichkeit.
Da bleibt es kein Wunder, dass die Hälfte der Caesardarsteller, anders als hier behauptet, im Fernsehn wie im Reenactment, kein Problem mit ihrer Haarpracht haben (jüngst gesehen in Rome
http://www.hbo.com/rome/img/cast/character/character_juliuscaesar.jpg oder kurz davor in Gaius Iulius Caesar
http://www.filmszenen.net/JuliusCaesar_dvd_cover.jpg ), oder das Cleopatra in nahezu jedem Film von einer meist mehr als ansehnlichen Schauspielerin verkörpert wird, während die ihr zugeordneten Büsten für manchen Betrachter eher herb wirken, ihre Münzen nicht minder vorsprongendes Kinn und markante Nase betonen.
Bleibt festzuhalten:
Die Tradition der Griechen und der Römer in der Darstellung von Personen entspringt zwei verschiedenen Traditionen. Die Griechen stellten ihre "Köpfe" als Hermen dar (
http://www.feelsophie.de/weltundgegenwelt/src/herme_kopie_alkamenes.jpg), die erst im Laufe der Zeit auch Anspruch auf
historische Personen bekamen und diese zunehmend realistisch wiedergaben, um dann in eine zunehmend idealisierende Phase zu treten.
Die Römer wiederum nahmen die Darstellung wohl von der Aufstellung ihrer Totenmasken auf. Diese, ursprünglich aus Wachs direkt vom Gesicht der Toten abgenommenen Masken wurden im Atrium der besitzenden Bürger ausgestellt und begleiteten bei größeren Familienprozessionen das Aufgebot als Stellvertreter. Die genaue Darstellung der Verstorbenen schlug natürlich auch auf künstlerische Darstellungen anderer Verwendungszwecke aus. So ist der Realismus im römischen nicht verwunderlich, aber keineswegs ausschließlich. Wie bei Pompeius zu sehen und in der Bewertung der sog. "Caesarbüste" als "leicht heroisierend" nachzulesen, bei der Darstellung des sehr alt gewordenen Augustus als jugendlichen Priester hervorragend zu sehen und bei der nicht zu machenden Unterscheidung der vielen iulisch-claudischen, unbenannten Abbildungen, Büsten und Statuen bis schließlich hin zum Lucius Verus d.Ä. wird dies absolut deutlich.
Grabstatuen des 1. Jh.v. und n.Chr. setzen mitunter reale Personen in die Kopien klassisch oder hellenistischer Statuen von Heroen u./o. Göttern ein. Selbst bei nachweislich hohem Alter der Verstorbenen ist dabei an der Statue keine "Altersspur" der Person zu erkennen.
So kann nicht von "der Antike", "den griechischen" oder "den römischen" Büsten die Rede sein. Es kann nur jeweils eine Epoche oder Phase beleuchtet werden, und die Ergebnisse sind mitunter keineswegs so, wie gewünscht.
Einige idealisieren, andere weniger und einige kaum bis gar nicht.