Es wirkt schön. Wenn man reingeht, ist es allerdings wirklich ein stinknormales Einkaufscenter.
Da täuschst du dich aber gewaltig!
Der gesamte Nordflügel des Schlosses nimmt das Stadtarchiv auf, der Südflügel die städtische Bibliothek. Der Eindruck, das Schloss selbst sei Einkaufscenter, entsteht dadurch, dass hinter dem rerkonstruierten Eingang im Portikus sofort das Center beginnt, während die nicht zum Center zählenden Nord- und Südflügel separate Eingänge vom Schlossplatz aus haben. Das ECE macht sich also lediglich im Schlossdurchgang breit und beginnt ansonsten räumlich
hinter dem Schloss.
Dennoch ist diese Situation natürlich nicht begeisternd, ist aber die Kröte, die man schlucken musste.
Für das Braunschweiger Stadtbild, hat sich eine Lücke geschlossen, die aber sehr viel weniger "schmerzhaft" war, als in Berlin. In Braunschweig war dort Jahrzehnte ein Stadtpark, der sich gut eingefügt hat.
Für die Braunschweiger war die Narbe des abgerissenen Schlosses genauso schmerzhaft, wie der teilweise vom Palast der Republik eingenommene leere Schlossplatz für die Berliner. Der so genannte "Stadtpark" auf dem einstigen Schlossgelände fügte sich nämlich keineswegs "gut ein", sondern blieb Zeit seines Bestehens ein Fremdkörper. Er bestand lediglich aus einer 2-4 m hohen Erdaufschüttung, unter der sich die Betondecke einer Tiefgarage verbarg. Der Park war also eine taube Nuss und konnte wegen der dünnen Erdschicht noch nicht einmal mit hohen, tiefwurzelnden Bäumen bepflanzt werden.
Die Öffentlichkeit nimmt das Gebäude gut an, soll heißen, sie kaufen da nicht wie die Wilden, aber erfeuen sich am Anblick und der Platz ist wieder zum wichtigen Zentrum der Stadt geworden.
Angenommen werden vor allem auch die im Nord- und Südflügel des Schlosses untergebrachten Kulturinstitutionen Stadtarchiv und besonders die hierhin umgezogene Stadtbibliothek. Sie hat ihre Buchausleihe nach dem Schlossumzug um mehr als 50% gesteigert!
Wenn du dich eingelesen hast, wirst du ja wissen, daß die ganze Sache ein ziemlicher "Kuhhandel" war. Der ECE-Konzern bekommt das Baugrundstück in zentraler Lage für das Einkaufszentrum zum symbolischen Preis (sonst hätten die nie die Fläche in Innenstadtlage bekommen), wenn sie die alte Fassade wieder aufbauen.
Die Vereinbarungen zwischen Stadt, Land und ECE als "Kuhhandel" zu bezeichnen, ist uangemessen. Es musste immerhin eine Basis gefunden werden, die es ECE ermöglichte, die 150 Millionen Euro für die Fassadenrekonstruktion zu tragen, was nur möglich war, indem die finanziell klamme Stadt das Grundstück quasi umsonst abgab.
Schlussendlich profitierten beide Seiten von dem Deal: Stadt und Bevölkerung hatten endlich ihr Schloss zurück, auch wenn es nur eine teilweise Rekonstruktion der Fassaden war; ECE hatte ein Einkaufscenter von 35 000 qm in bester Lage am Rande der Innenstadt.
Schlucken musste man die kommerziellen und damit verbundenen gestalterischen Kröten, da kein Bundestag 400 Millionen Euro rausrückte!