Kirchtürme – warum haben manche Kirchen zwei Türme?

Zwei Türme (auf der Westseite) sind immer ein Zeichen für einen Dom (nicht unbedingt eine Kathedrale) oder eine Stiftskirche ...
Die Stiftskirche in Cappenberg (ehemaliges Prämonstratenser- Chorherrenstift, 1122, beherbergt den Barbarossa- Kopf) beispielsweise besitzt nur einen Dachreiter nach zisterziensischem Vorbild. Später wurde noch ein separater Glockenturm errichtet.
 
Mir ist die Funktion der Kirchtürme nach wie vor unklar.

Wenn es bloss Glockentürme sind, so reicht ein Turm oder Dachreiter pro Kirche völlig aus. Und das würde die Frage aufwerfen, weshalb der Turm dann nicht oberhalb des Glockenstuhls endet. Oft befinden sich die Glocken ja auf halber Höhedes Turmes...
Ich vermute mal, die "sinnlos" hohen Kirchtürme dienten als "Wegweiser". Es war also wichtig, dass man sie schon von möglichst weit her sehen konnte. Für diese vermutung fehlt mir aber jeder Beleg. Und das erklärt nicht, warum man bei manchen Kirchen mehrere Türme baute?

Ich kenne zumindest eine (barocke) Kirche, da baute man den zweiten Turm wegen der Symetrie. Mit einem Turm sah die Westfassade eigenartig aus und so baute man Ende 19. Jahrhundert einen zweiten.

Gruss Pelzer

.
 
Der gute, weiter oben verlinkte Wiki-Artikel stellt die Anzahl, Höhe und Ausführung der Kirchtürme als Architektur-"Moden" dar.
Spannend ist für mich die kirchenbautechnische Kurve vom Kuppelbau (Pantheon, Hagia Sophia, Moscheen) über die romanischen Kirchen, die an trutzige Burgen mit gedrungenen "Wehrtürmen" erinnern, wie zB Hildesheimer Dom ? Wikipedia zu den gotischen Kirchen mit der vertikalen Ausrichtung, bei denen die Turmspitze zuletzt, manchmal erst in der Neogotik-Periode gebaut wurde.
Dazwischen gab es in Renaissance und Barock die Rückkehr zu Kuppelbauten, wie Petersdom oder Dresdner Frauenkirche.
Wenn man Zikkurats, Stufentempel und T-Pfeiler-Anlagen mit einbezieht, könnte man fast einen "ewigen" Wechsel zwischen vertikaler und horizontaler Gottesverehrungs-Architektur beobachten. :autsch:
 
Mir ist die Funktion der Kirchtürme nach wie vor unklar.

Wenn es bloss Glockentürme sind, so reicht ein Turm oder Dachreiter pro Kirche völlig aus. Und das würde die Frage aufwerfen, weshalb der Turm dann nicht oberhalb des Glockenstuhls endet. Oft befinden sich die Glocken ja auf halber Höhedes Turmes...
Ich vermute mal, die "sinnlos" hohen Kirchtürme dienten als "Wegweiser". Es war also wichtig, dass man sie schon von möglichst weit her sehen konnte. Für diese vermutung fehlt mir aber jeder Beleg.

Die Kirche war bes. im Mittelalter Zentrum der Siedlungsstruktur. Sie bot wie die Burgen Schutz und darüberhinaus religiöse Orientierung.
An hohen, zentral gelegenen Gebäuden kann man sich gut orientieren, sowohl optisch als akustisch.
Im Wiki-Artikel ist die Turm-Uhr genannt, in Zeiten ohne Armbanduhr und Handy eine große Hilfe zur Bestimmung des Tagesablaufs.
Kinder auf dem Dorf mussten früher mit dem 18:00-Glockenläuten vom Spielen nach Hause kommen, dann war das Tagwerk beendet.
Der Türmer als Wächter vor Angriffen und Feuer hatte vom Kirchturm den besseren Überblick und könnte für das Mittelalter die Anlehnung der Kirchtürme an die Burgenarchitektur vermuten lassen.


Und das erklärt nicht, warum man bei manchen Kirchen mehrere Türme baute?

Ich kenne zumindest eine (barocke) Kirche, da baute man den zweiten Turm wegen der Symetrie. Mit einem Turm sah die Westfassade eigenartig aus und so baute man Ende 19. Jahrhundert einen zweiten.

Gruss Pelzer

.

Bei Corvey ? Wikipedia sieht man es mE gut.
Wenn man sich das Westwerk ohne die Turmspitzen vorstellt, erinnert der Bau an den Eingangsbereich von MA-Burgen.
Bei den späteren gotischen Kirchen mit 2 Türmen ging es auch um die Betonung des oft prächtigen, westlichen Portalbereichs.

Diese Pracht und mehrere Türme konnten sich aber nur die wichtigsten Städte und Bischofssitze leisten, daher vielleicht die Annahme, dass die Anzahl der Türme etwas mit Kirchenhierarchie zu tun hat.
 
M.E. gibt es bei der Frage keine tiefere Bedeutung.Das ganze war wohl eher von Mode,Geschmack und Finanzlage der Bauherrn abhängig.

Neben Einzelturm und Doppelturm gab es ja auch noch 3-5 türmige Bauten z,B, die romanischen Kaiserdome in Speyer,Worms,Mainz,Maria Laach,St,Paulus in Worms,etc)
Diese und die gotischen Einzeltürme in Freiburg ,Ulm und Frankfurt so wie die gotischen Doppeltürme in Regensburg,Köln und vielen französischen Städten zeigen m.E., daß es diesbezüglich gerade keine klare Einordnung und Bedeutung gibt.
 
M.E. gibt es bei der Frage keine tiefere Bedeutung.Das ganze war wohl eher von Mode,Geschmack und Finanzlage der Bauherrn abhängig.

Neben Einzelturm und Doppelturm gab es ja auch noch 3-5 türmige Bauten

Ganz so zufällig ist hier der architekt. Bezug auf Vorbilder wohl nicht.
Es kommt allerdings darauf an, welche Geschichts-und Stilepoche beobachtet wird. Die altchristl. Basilika kann , seit ihrer Bevorzugung durch Kaiser Konstantin auch als Abbreviatur der Stadt verstanden werden, als Abbildung des himml. Jerusalem mit den Grundelementen Stadttor, Via sacra und Königspalast in einem einheitlichen Bauwerk. Hier wäre der Kircheneingang als Stadttor zu verstehen, das Presbyterium entspräche der Königshalle, das Mittelschiff der Via sacra, was auch "Prozessionsstrasse" bedeutet.
In späteren Zeiten treten auf Münzen, Buchmalereien,Siegeln etc.. portraithafte und allegorische Abbildungen von Städten auf, die u.a. ein von Doppeltürmen flankiertes Stadttor zeigen, welches so allerdings schon in der Antike bekannt war.
Schwer ist -laut Gelehrtenmeinung-zu entscheiden, ob eher die Allegoriesierungstendenz des 12.Jahrhunderts -oder der Versinnlichungsdrang (z.B. Wehrhaftigkeit d. Bauwerks) weiter fortgeschritten ist, die den Typus der nordisch-mittelalterl. Bauform der doppeltürmigen Sakralbauten hervorbringt. Hier mag die häufige Identität von Kirchenfunktion und Stadtfunktion die symbolischen Nachahmung derselben begünstigt haben.
Die Dreiturmgruppierung wäre entsprechend die symbol. Abkürzung der vieltürmigkeit einer Stadt oder einer vieltürmigen mittelalterl. Torburg....
Mehr davon siehe z. B. in :

G. Bandmann : "Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger"
Gebr. Mann-Verlag Berlin
oder : J. Eberlein, Chr. Jacobi-Maiwald:
" Grundlagen der mitelalterlichen Kunst" Quellenkunde- Reimer-Verlag
 
Hier wurden je nach ideologischer Ausrichtung des Bauherren auch oft berühmte Bauten wie die Grabes- und Geburtskirche im Heiligen Land oder die Pfalzkapelle in Aachen kopiert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang das Auftreten der Sarazenentürme an Kirchen des 12.Jahrhunderts in Rheinhessen als Kopien der Geburtskirche...wobei hier sowohl Einzel-als auch Doppelturmfassaden ausgeführt wurden....in der selben Epoche und offenbar auch von der selben Bauhütte/Bauschule bzw. dem selben Baumeister/Architekten.
Und das spricht m.E. gegen eine tiefere Bedeutung der Turmanzahl in dieser Zeit.
 
Zurück
Oben