Liegt der Sagenfigur Siegfried eine historische Gestalt zu Grunde?

Der Drachen ist ganz allgemein ein mythologisches Element, dass eine besonders grosse und kaum zu bewältigende Gefahr darstellt. Dafür muss nicht unbedingt der Varuszug herhalten, auch wenn der sicher so ähnlich ausgesehen hat, es ist ehr eine wenig bedeutende Nebensächlichkeit. Der Drache ist also eine sehr grosse Gefahr und wer ihn besiegt ergo ein sehr grosser Held. Nicht mehr und nicht weniger, es sei denn man glaubt wirklich an Drachen.

Das ist eine gute Erklärung Trajan,

nur welche historischen Belege haben wir darüber, dass für die germ. Stämme damals Drache = grosse Gefahr so verwendet wurde? Weiss man eigentlich genau, wie damals um die Zeit des Varus die Römer unter den Germanen selbst bezeichnet wurden? Ist eine germanische Eigenbezeichnung (Name) für die Römer da bekannt oder gibts da gar nichts drüber? Denn ich dachte daran, dass ein Richtsprecher des Varus als Schlange, die nun aufgehört hat zu zischen, so dargestellt wurde. Und ich frage mich dabei, ob die Germanenstämme nicht auch eine ganz eigene Bezeichnung für die Römer hatten? Weiss man da was drüber?

Lieben Gruss, Chrysal
 
Und so halten es auch viele Historiker, die sich ein wenig ernsthafter mit der Frage beschäftigt haben, das Vorbild für Siegfried muss halt z.B. deutlich vor Attila/Etzel gelebt haben und nicht danach ... Zu Arminius sagt er zum Schluss: "...Hier wird eine Vermutung zur Gewissheit: Siegfried ist Arminius".

Ich möchte es mit El Quijote halten, und mit Prof. J. Heinzle einen wirklich seriösen Wissenschaftler und Germanisten zu Wort kommen lassen. Heinzle schreibt unter anderem im rennomierten "Lexikon des Mittelalters" zur Figur des "Siegfried"

Die Überlieferung von seinen Taten und seinem Tod bildet zusammen mit der vom Untergang der Burgunder die Nibelungensage. Sie könnte auf Ereignisse der merowingisch-fränkischen Geschichte zurückgehen, doch hat keiner der Versuche, Siegfried mit einer historischen Gestalt (etwa dem 575 ermordeten ostfränkischen König Sigibert I.) zu identifizieren, allgemeine Anerkennung gefunden.

Spekulationen über mythische Ursprünge sind ebenso haltlos wie die Gleichsetzung Siegfrieds mit dem Varus-Bezwinger Arminius ...

(Lexikon des Mittelalters, Band VII, Stuttgart 1999, S. 1862 f.)

Ich möchte daher das noch einmal wiederholen, was ich bereits oben gesagt habe:

"Es mag aber auch ganz anders sein, indem es einen realen Siegfried zur Zeit des Wormser Burgunderreichs gab, der sich ebenso wie der legendäre König Artus unseren heutigen Nachforschungen entzieht. In ihm vermuten einige einen der vielen britischen Kleinkönige, dessen Vita sich sich zufälligerweise im Lauf der Jahrhunderte derart pomplös und heldenhaft aufgebläht hat.

Aber: Wer will das schon so genau sagen?"
 
Zuletzt bearbeitet:
Das älteste germanische Textzeugnis ist die gotische Bibel des Bischofs Ulfilas/Wulfila, es gibt ältere Schriftzeugnisse, die aber nur Einzelnamen nennen. Edit: Dieses Posting war an Chrysal gerichtet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und vielleicht noch ein paar Anmerkungen zu den Namen Thusnelda / Thumelicus: Das sind wiederum Namen, die uns ganz alleine von Tacitus für diese Personen genannt wurden. Ob es wirklich die originären germanischen Namen sind, ist reichlich fraglich. Auffällig ist der Tu-/Thu- Stamm der Namensbildung. Erstmals tauchen die Tulingi bei Caesar auf, als er im Alpenfeldzug bei Basel es mit diesem Stamm zu tun bekommt. Die Boier hatten ihre Nachbarn zum Widerstand ermuntert, die Tulingi kamen aus der Gegend Thüringens, wo wir diesen Wortstamm wieder finden. Die Thüringer sind die südlichen Nachbarn der Cherusker, man traf etwa am Südharz aufeinander.
Die Bedeutung der Namen Thusnelda/Thumelicus dürfte imho schlicht und despektierlich nur etwa „die Thüringerin“ und „der Thüringer“ gewesen sein, ähnlich wie die unschmeichelhaften Bezeichnungen „Flavus“ und „Italicus“, was schlicht der Blonde und der Italiener bedeutet. Die tatsächlichen germanischen Namen waren den Römern entweder zu kompliziert oder man war einfach nicht bereit, den Personen die nötige Ehre zu erweisen. So wie Arminius mit Sicherheit nicht Arminius hiess, sondern sein richtiger Name einigermassen sicher mit Sig-/Seg- anfing, so liegt es keineswegs fern, das Thusnelda etwa eine krim, brün oder sonstwie –hilde gewesen ist.

Es wä vielleichtre dazu interessant, ob es in der Angelegenheit "Ausgrabungen in der Villa dei Papiri" irgendetwas neues zu vermelden gibt? Denn manch für immer gedachte verschollene Berichte/Schriften über die Varusschlacht oder was mit Thusnelda oder Thumelicus später passierte, könnte in der lateinischen Bibliothek ja dort vorhanden sein. Auch möglicherweise die germanische Namesbezeichnung von Arminius, Flavus..... auftauchen und damit entweder Arminis = Siegfried untermauern oder entkräften.

Frage: Weiss hier wer, ob in "der Villa" der Vorstoss die lateinische Bibliothek endlich mal demnächst freizulegen nun gewagt wird, oder eher nicht?

Lieben Gruss, Chrysal
 
....
Frage: Weiss hier wer, ob in "der Villa" der Vorstoss die lateinische Bibliothek endlich mal demnächst freizulegen nun gewagt wird, oder eher nicht?....

Ave Chrysal,

ich hatte demletzt mit einem Freund gesprochen, der sich dort die Lage angeschaut hatte. Ist wohl ziemlich deprimierend.

Zwar könnte man die Sache längst angehen, so haben Institute inzwischen hochspezialisierte Verfahren entwickelt, die verkohlten Rollen zu entfalten.

Aber oben drauf sitzt wohl die Naopoletanische Mafia. Die haben die Häuser darüber aufgekauft und versuchen den Preis hochzutreiben. Derweil verrotten die Rollen da unten. Verschlimmert wird das wohl auch noch, da sich durch die teilweisen Ausgrabungen der Grundwasserspiegel verändert hat.

Auch sonst ist der Zustand der musealen Sammlungen teilweise traurig. Selbst in Museen vorrottet dort noch viel vor sich hin, eine saubere Katalogisierung, Restaurierung, und Archivierung ist wohl auch keine Selbstverständlichkeit.

Nun ja, vielleicht kann hier ja noch einer aus eigener Erfahrung berichten, würde mich auch sehr interessieren.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Mal eine Anregung aus anderer Richtung: Warum sollte es so unwahrscheinlich sein, dass die Figur des Siegfried in Teilen auf Arminius basiert, wenn doch auch andere historische Germanen-Helden Eingang in den deutschen Sagenschatz gefunden haben, und das mit ähnlich langer Kontionuität und Laufzeit. Ich sage nur Theoderich der Große, der als Dietrich von Bern bis heute bekannt ist, das sind immerhin 1500 Jahre. Gut, nun könnte der Einwurf kommen, dass wir heir ja auch schon in einer Epoche sind, in der solche Figuren auch schriftlich festzuhalten sind. Bleibt also der Diskussionsschwerpunkt: Inwiefern und wie lange lassen sich Mythen rein mündlich tradieren.
 
Zumindest ein antiker Historiker hatte ja behauptet, dass Arminius und Sigimer die Hauptverschwörer gewesen sind. Ob es sich dabei um Arminius' Vater gehandelt hat oder um eine andere Person gleichen Namens ist unklar, ich könnte mir aber vorstellen, dass Siegfried eine Gestalt ist, die quasi beide in sich vereint und so könnte der erste Teil von Siegfried sich auf jenen Sigimer beziehen und der zweite auf Arminus' germanischen Namen, falls dieser in etwa identisch wäre mit dem eines Germanenfürsten, der einige Jahrhunderte später gelebt hat: (H)Erminafried/Irminfried. Ein Thüringerkönig dieses Namens wurde ja auch selbst zur Sagengestalt. Ich weiß nicht, ob das nun eine wirklich neue Theorie ist.... :p In dem Fall hätten wir ja auch wieder diese Verbindung Arminius - Irmin - Herman, welche meiner Meinung nach von vielen sehr voreilig weggeschoben wird.
 
Fall hätten wir ja auch wieder diese Verbindung Arminius - Irmin - Herman, welche meiner Meinung nach von vielen sehr voreilig weggeschoben wird.

In der Tat sehr voreilig...da gibt es wahrlich kuriosere Theorien, die historische Personen mit Sagengestalten gleichsetzen.
 
....Ich sage nur Theoderich der Große, der als Dietrich von Bern bis heute bekannt ist, das sind immerhin 1500 Jahre. Gut, nun könnte der Einwurf kommen, dass wir heir ja auch schon in einer Epoche sind, in der solche Figuren auch schriftlich festzuhalten sind. Bleibt also der Diskussionsschwerpunkt: Inwiefern und wie lange lassen sich Mythen rein mündlich tradieren.

Ave Skald,

Wenn Du viel Zeit hast, kannst Du mal unseren Thread
http://www.geschichtsforum.de/f35/arminius-nach-16-a-16826/
lesen.
Wenn du wenig Zeit hast, nur den Beitrag
http://www.geschichtsforum.de/334369-post74.html

Was die Schriftlichkeit angeht: Die begann im germanischen Raum jenseits des Rheins eigentlich erst mit KdG so um 800, also sehr viel später.
Was die mündliche Überlieferung angeht: Soviel ist das auch wieder nicht.

Bis zum Nibelungenlied um 1200 reden wir also, je nach Interpretation von 800 oder 1200 Jahren. Das sind etwa 24 bis 36 Generationen, oder etwa 12 bis 18 Grossvätergenerationen. Soviel ist das denn auch wieder nicht.
Ein weiterer Effekt: Da die germanische Überlieferungen in lyrische Lieder und Verse gefasst wurden, haben diese eine gewisse Resistenz gegen Veränderungen im Vergleich zur losen prosaischen Erzählung.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Ave Skald,

Wenn Du viel Zeit hast, kannst Du mal unseren Thread
http://www.geschichtsforum.de/f35/arminius-nach-16-a-16826/
lesen.
Wenn du wenig Zeit hast, nur den Beitrag
http://www.geschichtsforum.de/334369-post74.html

Was die Schriftlichkeit angeht: Die begann im germanischen Raum jenseits des Rheins eigentlich erst mit KdG so um 800, also sehr viel später.
Was die mündliche Überlieferung angeht: Soviel ist das auch wieder nicht.

Bis zum Nibelungenlied um 1200 reden wir also, je nach Interpretation von 800 oder 1200 Jahren. Das sind etwa 24 bis 36 Generationen, oder etwa 12 bis 18 Grossvätergenerationen. Soviel ist das denn auch wieder nicht.
Ein weiterer Effekt: Da die germanische Überlieferungen in lyrische Lieder und Verse gefasst wurden, haben diese eine gewisse Resistenz gegen Veränderungen im Vergleich zur losen prosaischen Erzählung.

Beste Grüsse, Trajan.


Hallo Trajan,

Ich habe in der Tat wenig Zeit, deswegen danke ich dir recht herzlich für das Heraussuchen deines Beitrages. Du siehst also in Dietrich Marbod, wenn ich das richtig verstanden habe, oder?

Ich finde diese These so beim ersten Durchlesen garnicht unplausibel. Selbst entwickelt oder gibt es Literatur dazu?
 
...Ich finde diese These so beim ersten Durchlesen garnicht unplausibel. Selbst entwickelt oder gibt es Literatur dazu?

Ave Skald,

also entwickelt habe ich das hier im Geschichtsforum in fruchtbarer Diskussion. Auch bei intensiver Nachforschung habe ich noch nicht entdeckt, dass es schonmal literaturfest geworden wäre. Aber der Verdacht, dass der historische Theoderich nichts mit dem Dietrich der Sage zu tun hat, der findet sich sogar bei Heinzle. Und bei vielen anderen.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Mal eine Anregung aus anderer Richtung: Warum sollte es so unwahrscheinlich sein, dass die Figur des Siegfried in Teilen auf Arminius basiert ...

Wenn Arminius die legendäre Figur wäre, hätte er in der Heldensage auch Arminius geheißen und nicht Siegfried. So wie z.B. Dietrich von Bern unser Theoderich von Verona (= Bern) ist oder der Gunther der Nibelungensage der Burgunderkönig Gundahar

Mir fällt kein Argument ein, warum ein sagenhafter Arminius zu einem Siegfried mutieren sollte!
 
" Mir fällt kein Argument ein, warum ein sagenhafter Arminius zu einem Siegfried mutieren sollte"

Eine Möglichkeit wäre, er hat den legendären Namen erst nach seinen erfolgreichen Kriegszügen gegen die Römer erhalten.

Er siegte= Sieg
und er brachte dem Land Frieden(vor den Römern hi hi!) = Siegfried
Nur son Hirngespinst
Gruß
Hagedise
 
Weil Arminius nicht sein germanischer Name war.;-) Die Germanen kannten ihn sicher unter diesem und nicht unter seinem römischen Namen.
 
War Arminus germanischer Name nicht Ermanarich oder so ähnlich ?
Davon kam doch der Hermann vom Denkmal .

Wie der germanische Name des Arminius lautete, ist erstaunlicherweise unbekannt. Insofern ist auch "Hermann der Cherusker" lediglich eine eingedeutschte romantisch-verklärende Ableitung seines Römernamens.
 
Mir fällt kein Argument ein, warum ein sagenhafter Arminius zu einem Siegfried mutieren sollte!
Ebenso müsste man sich fragen, wie ein Attila zu einem Etzel mutieren konnte.

Wenn Arminius die legendäre Figur wäre, hätte er in der Heldensage auch Arminius geheißen und nicht Siegfried. !

Das spezifische Problem bei der Gestalt des Arminius ist, dass er in zwei Gesellschaften verkehrte und somit über zwei Identitäten verfügte. In römischen Kreisen nannte man ihn Arminius (die Herkunft des Namens bleibt umstritten), während er bei den Germanen wahrscheinlich weiterhin seinen (gemanischen) Geburtsnamen trug. Da sein Vater Segimer hieß, liegt die Vermutung nahe, auch Arminius´ Name könnte mit Seg- bzw. Sig-begonnen haben.
In der Edda heißt der Drachentöter bekanntlich "Sigurd". Vielleicht lautete so oder ähnlich der germanische Name des Arminius.

Gerade die oben angesprochenen "zwei Identitäten" ermöglichten es Arminius, den Verrat an den Römern durchzuführen.
Denn legte er die römische Ausrüstung an, so wurde aus dem germanischen Rebellen ein römischer Hilfstruppenführer.
Durch diese "Tarnkappe" war er für seine römsichen Feinde praktisch unsichtbar und konnte sich in beiden Lagern gefahrlos bewegen.

LG Nicole
 
Ebenso müsste man sich fragen, wie ein Attila zu einem Etzel mutieren konnte.

Attila mutierte keineswegs zu "Etzel" denn die mittelhochdeutsche Namensform Etzel entspricht lautgesetzlich genau der Vorform Attila.

Da sein Vater Segimer hieß, liegt die Vermutung nahe, auch Arminius´ Name könnte mit Seg- bzw. Sig-begonnen haben.

Diese Schluss liegt keineswegs nahe. Du heißt zwar Nicole, doch warum sollte deine Tochter Nicoletta heißen? :D

In der Edda heißt der Drachentöter bekanntlich "Sigurd". Vielleicht lautete so oder ähnlich der germanische Name des Arminius.

Das ist eine durch nichts gestützte Spekulation!
 
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