Im deutsch-Sowjetischen Freundschaftsvertrag vom 28. September steht folgendes:
"Die Deutsche Reichsregierung und die Regierung der UdSSR betrachten
es nach dem Auseinanderfallen[1] des bisherigen Polnischen Staates ausschließlich als ihre Aufgabe, in diesen Gebieten die Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und den dort lebenden Völkerschaften ein ihrer völkischen Eigenart entsprechendes friedliches Dasein zu sichern.²"
In einem Protokoll vom 15. Oktober findet sich zur deutschen Volksgruppe in Estland folgendes:
"Protokoll über die Umsiedlung der deutschen Volksgruppe Estlands
in das Deutsche Reich vom 15. Oktober 1939
Über die Umsiedlung der deutschen Volksgruppe Estlands in das Deutsche
Reich haben in der Zeit vom 9. bis 15. Oktober 1939 in Tallinn die von ihren
Regierungen zu diesem Zweck beauftragten Vertreter, nämlich:
für die Regierung des Deutschen Reichs:
der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Dr. Hans Frohwein,
für den Präsidenten des Estnischen Freistaats:
der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister Johannes Markus,
verhandelt und sich über die nachfolgenden Bestimmungen geeinigt.
Artikel I.
Entlassung aus der Staatsangehörigkeit und dem Militärdienst.
1. Zur Umsiedlung in das Deutsche Reich können in dem im vorliegenden
Protokoll vorgesehenen Verfahren aus der Staatsangehörigkeit Estlands Personen scheiden, die nach der in den estnischen Gesetzen vorgesehenen Ordnung in die Kataster der Kulturselbstverwaltung der deutschen völkischen Minderheit eingetragen sind oder die ein vom Innenministerium ausgestelltes Zeugnis über ihre Zugehörigkeit zum deutschen Volke besitzen, ebenso die Ehegatten, Kinder und Eltern der genannten Personen.
2. Im Beisein eines Vertreters des Innenministeriums werden in dem
Kollektivantrag die in der diesem Punkte beigefügten Form des Gesuches
vorgesehenen Angaben über die Personen eingetragen, die aus der Staatsangehörigkeit Estlands scheiden wollen.
3. Zum Scheiden aus der Staatsangehörigkeit Estlands stellen die in
Ziffer I dieses Artikels genannten über 18 Jahre alten Personen persönlich
einen Antrag. Zum Scheiden aus der Staatsangehörigkeit Estlands von unter 18 Jahre alten Personen stellen den Antrag ihre Eltern oder Vormunde. Der Antrag der Eltern zum Scheiden aus der Staatsangehörigkeit Estlands gilt zugleich für ihre unter 18 Jahre alten Kinder. Falls nur ein Ehegatte aus der Staatsangehörigkeit Estlands scheiden will, ist zum Scheiden der unter 18 Jahre alten Kinder das Einverständnis des anderen Ehegatten erforderlich. Für Schwach- und Irrsinnige stellt der Vormund oder der Kurator den Antrag oder - falls solche nicht ernannt sind - der Leiter der betreffenden Heilanstalt oder die Person oder die Anstalt, deren Fürsorge sie obliegen.
4. Die im Militärdienst stehenden Personen, die in dem in diesem Protokoll
vorgesehenen Verfahren aus der Staatsangehörigkeit Estlands scheiden
wollen, stellen den betreffenden Militärbehörden den Antrag zu ihrer Befreiung vom Militärdienst zur Umsiedlung in das Deutsche Reich und fügen
dem Antrag ein Zeugnis bei, daß sie in das Kataster der Kulturselbstverwaltung der deutschen völkischen Minderheit eingetragen sind, oder ein vom Innenministerium ausgegebenes Zeugnis über ihre Zugehörigkeit zum deutschen Volk.
5. Die in Gefängnissen befindlichen Personen stellen zum Scheiden aus
der Staatsangehörigkeit Estlands einen speziellen Antrag direkt durch das
Innenministerium.
6. Mit der Eintragung der Person, die aus der Staatsangehörigkeit Estlands
scheiden will, in das Gesuch, wird ihr ein vom Vertreter des Innenministeriums kontrolliertes und abgestempeltes Zeugnis gegeben. Dabei wird der Person, die aus der Staatsangehörigkeit Estlands scheidet, der Personalausweis und der Auslandspaß abgenommen, falls sie einen solchen besitzt. Dieses Zeugnis ist nur gültig zum Verlassen Estlands auf einem der deutschen Umsiedlerschiffe für die Person, die aus der Staatsangehörigkeit Estlands scheiden will.
7. Die in Ziffer 2 dieses Artikels vorgesehenen Kollektivanträge werden
von der Deutschen Gesandtschaft mit einem Vermerk versehen, daß die
Deutsche Regierung gewillt ist, die im Antrag genannten Personen in die
Staatsangehörigkeit des Deutschen Reichs aufzunehmen.
8. Personen, denen das in Ziffer 6 dieses Artikels genannte Zeugnis gegeben ist, sind verpflichtet, Estland zu verlassen. Personen, die zwecks ruhiger Abwicklung der mit der Umsiedlung verbundenen wirtschaftlichen Belange noch längere Zeit in Estland verbleiben müssen, genießen während drei Monaten die in diesem Protokoll vereinbarten Erleichterungen und Vorzüge. Eine Liste der betreffenden Personen wird zu gegebener Zeit eingereicht werden.
9. Die Deutsche Regierung ist bereit, aus Estland in das Deutsche Reich
zusammen mit anderen estnischen Staatsangehörigen deutscher Nationalität alle estnischen Staatsangehörigen deutscher Nationalität umzusiedeln, die der staatlichen, kommunalen oder privaten Fürsorge unterliegen, sowie alle estnischen Staatsangehörigen deutscher Nationalität, die sich als Kranke in Heilanstalten befinden oder in Strafanstalten ihre Strafe verbüßen. Eine Liste der betreffenden Personen wird zu gegebener Zeit der Deutschen Gesandtschaft
übermittelt werden."
Die Artikel II und III geben weitere Details preis, vor allem, was die Ausfuhr von Gütern betrifft.
"Vertrag über die Umsiedlung lettischer Bürger deutscher Volkszugehörigkeit in das Deutsche Reich vom 30. Oktober 1939
Die Deutsche Reichsregierung, geleitet von dem Wunsch, die deutschen Volkszugehörigen auf dem Gebiet des Reichs zu sammeln, und die Lettische Regierung, die ihre Zustimmung zu der Umsiedlung lettischer Bürger deutscher Volkszugehörigkeit gibt, haben beschlossen:
a) diese Umsiedlung als einen einmaligen Vorgang durchzuführen, womit
die deutsche Volksgruppe aus dem lettischen Staatsverband ausscheidet;
b) alle damit zusammenhängenden Fragen durch einen Vertrag endgültig
zu regeln, wobei eine möglichst reibungslose Abwicklung der in Lettland zurückgelassenen Vermögenswerte der Umsiedler zu gewährleisten und gleichzeitig eine Schädigung der lettischen Volks- und Staatswirtschaft tunlichst zu vermeiden ist, und haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt
die Deutsche Reichsregierung:
den außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Herrn Ulrich von Kotze,
die Lettische Regierung:
den Justizminister Herrn Hermanis Apsits, welche nach Vorlegung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgende Bestimmungen vereinbart haben:
Artikel I.
Die Lettische Regierung verpflichtet sich, diejenigen lettischen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit aus der lettischen Staatsangehörigkeit zu entlassen, welche bis zum 15. Dezember 1939 freiwillig ihren Entschluß bekunden, für alle Zeiten aus der lettischen Staatsangehörigkeit auszuscheiden und ihren ständigen Wohnsitz in Lettland zu verlassen.
Die Deutsche Reichsregierung verpflichtet sich, die vorgenannten Personen
nach ihrer Entlassung aus der lettischen Staatsangehörigkeit mit dem
Ziel der Einbürgerung in das Deutsche Reich aufzunehmen.
Artikel II.
Die Entlassung kann jeder deutsche Volkszugehörige beantragen, der
das 16. Lebensjahr vollendet hat. Eheleute entscheiden frei je für sich.
Für Kinder unter 16 Jahren und bevormundete Personen handelt deren
gesetzlicher Vertreter. Er kann für sie auch eine andere Staatsangehörigkeit wählen als für sich selbst. Der Antrag auf Entlassung kann nicht zurückgenommen werden.
Artikel III.
Die lettische Entlassungsbehörde stellt den Umsiedlern eine Entlassungsurkunde aus, welche gleichzeitig als Ausreiseausweis gilt. Mit der Aushändigung dieser Urkunde erlischt die lettische Staatsangehörigkeit und entsteht die in Artikel I Abs. 2 genannte Verpflichtung der Deutschen Reichsregierung hinsichtlich der in der Urkunde genannten Personen."
Auch dieser Vertrag geht im Einzelnen noch weiter.
[1]Das ist natürlich ein Euphemismus, vor allem wenn man bedenkt, dass zum Zeitpunkt dieser Formulierung der polnische Verteidigungskampf gegen die Sowjetunion und das Deutsche Reich noch nicht einmal abgeschlossen war.
² Das steht da tatsächlich so!
Alle Texte zitiert aus der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Bd. 9 (1939/40).