Wilhelm II., ein Antisemit?

iamNex

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Ich habe immer wieder Zitate von und über Wilhelm II. gelesen, in Bezug auf seinen Antisemitismus.
Dann aber wieder welche, die gegen einen Hass auf Juden sprechen.

So urteilte Volker Ullrich 2008:

„Mit seiner Geringschätzung alles Zivilen, seiner Verachtung der Slawen, seinem Hass auf die Juden, seinen ausufernden Weltmachtfantasien vertrat er Haltungen und Ideen, die von den Nationalsozialisten aufgegriffen, radikalisiert und in die Tat umgesetzt wurden. Insofern ist es durchaus berechtigt, ihn als einen Vorboten Hitlers zu bezeichnen.“


Andererseits hat er anlässlich der Dreyfuß-Affaire folgendes gesagt:

"Die Hydra des rohesten, scheußlichsten Antisemitismus erhebt überall ihr greuliches Haupt." (Quelle)

Andererseits gibt es dann wieder jenes berühmte Zitat Wilhelms, kurz vor seiner Abdankung:

Ich denke gar nicht daran, den Thron zu verlassen wegen ein paar hundert Juden, den paar tausend Arbeitern!

Nach der Reichskristallnacht 1938, war er jedoch empört..ich zitiere hier mal aus Wikipedia:

Als Wilhelm II. im November 1938 von dem antijüdischen Pogrom, der „Kristallnacht“, erfuhr, äußerte er sich entsetzt, bezeichnete es als Schande und forderte jeden Deutschen auf, dagegen zu protestieren.
(Wilhelm II. (Deutsches Reich) ? Wikipedia)

Wie schätzt ihr Wilhelms Antisemitismus ein?
Ideologisch? Oder nur pragmatisch?
Die widersprüchlichen Zitate würden natürlich auch zu seiner sprunghaften Persönlichkeit passen.

Hätte gerne Einschätzungen von euch.
 
Wie schätzt ihr Wilhelms Antisemitismus ein?
Ideologisch? Oder nur pragmatisch?
Die widersprüchlichen Zitate würden natürlich auch zu seiner sprunghaften Persönlichkeit passen.

In der Sprunghaftigkeit liegt meines Erachtens nach der Schlüssel. KW war nach meiner Einschätzung kein überzeugter Antisemit. Im Zuge seines Lebens gab es aber immer mal wieder Anlässe, bei denen er sich zu Ärgerausbrüchen hinreissen ließ. Bei seiner "Arbeit" (also als Repräsentant des Reiches und Herrscher) hielt er sich aber zurück und stellte sich auch mehrfach schützend vor deutsche Juden. Man könnte sagen, daß die vorliegenden Zitate persönliche Äusserungen im Affekt waren, deren Aussagen sein Handeln aber nicht beeinflusst haben. Jeder Mensch schimpft mal im Affekt über irgendjemanden, ohne es "so zu meinen". So auch die "berühmte" Röhlsche Postkarte, die als Vorbereiter der Hitlerschen "Endlösung" herhalten soll. Hier schrieb ein verbitterter und frustrierter alter Mann eine persönliche Nachricht an einen Bekannten.

Wenn ich mir vorstelle, daß jede eMail, jeder Chatbeitrag, jede Urlaubspostkarte von mir nach einem 80jährigen Leben einmal analysiert werden könnte, bekomme ich auch das Grausen, was da für ein Seelenbild von mir konstruiert werden könnte :S

"Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein."
(Johannes 8, 7)
 
Man muss verschiedene Formen des Antisemitismus, in die auch noch Elemente des ursprünglicheren Antijudaismus hineinspielen, unterscheiden. Selbst Adolf Stoecker, Gründer der antisemitischen Christsozialen Partei (die allerdings politische Bedeutung nur als Strömung der Deutschkonservativen erlangte), hat hin und wieder den rassistischen Antisemitismus kritisiert, sich selbst aber als Vater des Antisemitismus gesehen. Ähnlich mag es auch bei Wilhelm ausgesehen haben.
 
John C. G. Röhl geht in "Kaiser, Hof und Staat: Wilhelm II. und die deutsche Politik" in Kapitel 8 ("Kaiser Wilhelm II. und der deutsche Antisemitismus") detailliert auf die Diskussion über des Kaisers Antisemitismus ein und vertritt die Meinung, dass der "Antisemitismus [...] in der Weltanschauung des letzten deutschen Kaisers eine sehr bedeutende Stellung" eingenommen habe.

Kaiser, Hof und Staat: Wilhelm II ... - Google Bcher , S. 205
 
John C. G. Röhl geht in "Kaiser, Hof und Staat: Wilhelm II. und die deutsche Politik" in Kapitel 8 ("Kaiser Wilhelm II. und der deutsche Antisemitismus") detailliert auf die Diskussion über des Kaisers Antisemitismus ein und vertritt die Meinung, dass der "Antisemitismus [...] in der Weltanschauung des letzten deutschen Kaisers eine sehr bedeutende Stellung" eingenommen habe.

Kaiser, Hof und Staat: Wilhelm II ... - Google Bcher , S. 205
Nur kannst Du sowas Wilhelm-II-Fans so oft sagen wie Du willst. Sie werden es nicht glauben. Wir hatten da auch mal einen hier im Forum.:S:S:S
 
John C. G. Röhl (.....)..vertritt die Meinung, dass der "Antisemitismus [...] in der Weltanschauung des letzten deutschen Kaisers eine sehr bedeutende Stellung" eingenommen habe.

Stimmt... und mit dieser extremen Ansicht vollbrachte er unter den Biographen eine "Pionierleistung". :autsch:
 
Aus der Retrospektive mag einem das Weltbild der letzten 200 Jahre, seit der Befreiungskriege, insgesamt etwas merkwürdig erscheinen.

Man sollte sich jedoch genau diese Zeitspanne ansehen, um die Wurzeln des Antisemitismus zu verstehen. Noch im Neunzehnten Jahrhundert wurde eine intensive Debatte geführt, in welchem Umfang Juden im Staatsdienst akzeptiert werden können und, soweit ich mich erinere, eine Konvertierung zum Christentum als Voraussetzung für eine Übernahme vorausgesetzt.

Das Urteil von Wilhelm 2 sollte man deshalb in das allgemeine antisimitische "Grundrauschen" dieser Periode einorden und eher fragen, ob seine Äußerungen deutlich über die Intensität des allgemeinen Antisemitismus hinausgingen. Die Affäre Dreyfuss macht u.a. deutlich, dass es nicht nur ein typisch deutsches Problem war, sondern dass Antisemitus ein "typisches" europäisches Einstellungssyndrom war, zumindest in seinen ursprünglichen Ausprägungen.

Dass Wilhelms kulturelles Weltbild, dass sicherlich auch Facetten des Antisemitismus als Wertorientierung umfasste, Verhaltensmuster zuließ, die seiner plakativen Äußerung entgegenliefen, zeigt z.B. die Freundschaft zu Albert Ballin (Wikipedia gibt dazu ein paar interessante Infos.). An der Person von Ballin kann man die Ambivalenz der jüdischen Eliten sehr schön deutlich machen, erfolgreich und dennoch sozial relativ isoliert.

In diesem Sinne ist Wilhelm das "Kind seiner Zeit" gewesen und seine politische Sozialisation spiegelt den Mainstream der vorherrschende Werte, Normen und auch natürlich der Vorurteile wider.

Versucht man den Antisemitismus der damaligen Zeit politisch zu bewerten, dann richtete sich der politische Zorn bzw. das Feindbild der herrschenden Eliten sicherlich eher gegen die Sozialdemokraten & Kommunisten und man wäre bereit gewesen militärisch gegen diese Gruppe vorzugehen, aber es gab zu keiner Zeit, soweit ich weiss, systematische Bestrebungen gegen Juden als Gruppe ähnlich repressiv vorzugehen.

Auch diese Überlegung relativiert ein wenig die Bedeutung des Antisemitismus von Wilhelm 2. (OT an: Ansonsten reicht es ja auch völlig aus, dass er massgeblich am Ausbruch des WW1 beteiligt war, um ihn zur historischen "Unperson" zu verdammen. Ironie aus)
 
Würde auch sagen, dass die Zitate eher zum Ausdruck bringen, dass Wilhelm sich gern und häufig von Launen hinreißen ließ, hinter deren Fassade er ganz anders (wenn auch merkwürdig) tickte. Sein zwiegespaltenes Verhältnis zwischen laut polterndem Militarismus und verletzlicher Seele weist ja in die selbe Richtung. In erster Linie war er Zeit seines Lebens ein unsteter und angespannter Geist, der sich nach Tagesform und damit unberechenbar verhielt. Eine durchgehende politische oder persönliche Linie kann ich bei ihm nicht erkennen. Wie ich finde ein "Kind auf dem Kaiserthron."

Ein Versuch zum europäischen Antisemitismus: Der gibt natürlich eine Gemengelage wieder aus allen den Gräuelmärchen, die aus dem Mittelalter übertragen wurden zusammen mit dem inzwischen klischeehaft eingebrannten Bild von den Wucherern und Kesselflickern, die keiner ehrlichen Arbeit nachgehen. Dass die jüdischen Minderheiten im Mittelalter von ihren christlichen "Schutzherren" in diese Rolle hineingedrängt wurden - geschenkt. Umstände übrigens, die bei Zeiten auch von gutmenschenhaft aufgeklärten Landesherren gern und schamlos ausgenutzt wurden. Selbst der große Friederich, der für die Finanzierung des Siebenjährigens Krieges zum Geldfälscher (pardon - verantwortungsvoller Staatsmann, der sich weise einer expansiven Finanzpolitik bediente), schob einen jüdischen Bänker vor, um für ihn die Drecksarbeit (Münzverschlechterung) zu machen.
Veitel Heine Ephraim ? Wikipedia Wenn der dabei wilig mitspielte - um so besser.
Da, wie wir heute wissen, die Finanzmanager und Bänker durch ihr in der Tat dubioses Tun und ihre Geschäftstüchtigkeit im eigenen Interesse durchaus nicht an übermäßiger Popularität leiden, verband sich damals für viele in finanzielle Schwierigkeiten geratene "anständige Christen" der "Jude" mit dem fiesen Finanz- und Anlageberater, der ihn wohl beim letzten Abschluss über den Tisch gezogen hat. Selbst heute höre ich unter älteren Bevölkerungskreisen Oberschwabens ab und an noch "der isch en Jud" als Charakterisierung eines schon nicht mehr liebenswerten Schlitzohrs.

Zu Wilhelms Zeiten, um den Beitrag wieder ins On-Topic zu drehen, hießen die Ackermanns und Madoffs eben noch Rothschild und Salomon und solange sie Geld brachten, waren sie respektierte Geschäftsleute, und sobald sie Geld wollten, waren sie "Wucherer", "Beutelschneider" und "Pferdehändler".

Ich möchte dem ganzen noch einen weiteren gesellschaftlich-religiösen Zug mitgeben. Bis nach dem zweiten Weltkrieg war die Gesellschaft (oder die Gesellschaften) in Europa relativ gleichförmig, will heißen, kam man aus den Hafenstädten raus, begegnete man fast ausschließlich "weißen Europäern", die eben die "Normalgesellschaft" waren. Wie eng diese Welt war, sieht man schon daran, dass im Preußen Wilhelms schon Katholiken keine ganz richtigen Menschen mehr waren, da sie eben nicht nach dem Kaiser schielten, sondern über die Berge zum Papst - die Ultramontanen, die ebenfalls schon nicht mehr Zugang zu allen staatlichen Posten und Pöstchen hatten. Selbst deren Loyalität wurde wieder und wieder in Frage gestellt. Schon die Angehörigen der konkurrierenden Konfession wurden in den deutschen und auch den meisten übrigen europäischen Staaten (England, Frankreich) damals schon als Fremdkörper oder noch schlimmeres angesehen (Britische Marineoffiziere des 18. Jahrhunderts mussten treuen Kampf gegen die Papisten geloben). Für die Katholen galt das andersherum genauso, zitiere wieder "drüben überm Berg, in Willingen, das sind auch Evangelische und das sind doch ganz normale Leute" (Zitat von einem fortschrittlicheren Greis aus dem - zugegeben erzkonservativ-katholischen Sauerland aus der zweiten Hälfte der 90er-Jahre - wohlgemerkt des 20. Jahrhunderts!]

Wie viel fremdartiger mussten den "christlichen Europäern" nun diese verstockten Juden mir ihrer andersartigen Tracht, ihren anderen Riten, ihrem anderen Kalender, ihrer anderen Sprache, in ihren anderen Wohngebieten wirken, die sich auch noch stets vom Rest der Gesellschaft abschotteten. Hierfür gab es ja auch sowohl pull- als auch push-Faktoren. Man bedenke, dass in beider Augen ein Jude, der sich taufen ließ, eben nicht zum Christen verwandelt wurde, sondern lediglich ein getaufter Jude war, der nun von beiden Seiten mit Naserümpfen betrachtet wurde.
Dass wegen all dem im Extrem "die Juden" als ein "Fremdkörper" innerhalb der protestantischen bzw. katholischen Gesellschaften wahrgenommen werden konnten, darüber muss man sich nicht wundern, betrachtet man das ganze mit zeitgemäßen Augen.
Vielleicht lässt sich die damalige Rolle "der Juden" mit der vergleichen, in der heutzutage Sinti und Roma oder wahlweise auch die "Deutschen mit Migrationshintergrund" stecken - in meinen Augen tatsächlich ein ähnlich merkwürdiges Sprachkonstrukt wie der "getaufte Jude."

Noch extremer scheint das in anderen einigermaßen abgeschlosseneren Gesellschaften Europas gewesen zu sein - man denke nur an die erste norwegische Verfassung - da gab es vor etlichen Monaten mal in der ZEIT einen recht aufschlussreichen Artikel zu. Antisemitismus: Das verbotene Land | Zeitl?ufte | ZEIT ONLINE
Andernfalls gab es auch im 19. Jahrhundert schon aufgeklärte Geister, wie man zum Beispiel in Bayern [sic !] feststellen musste, als die Pläne, den Zugang für Juden zu Militär und Verwaltung massiv einzuschränken, auf breiten Widerstand in der Bevölkerung stießen und kassiert werden mussten.

In diesem Zusammenhang eine hochinteressante und zum Teil beklemmende Leseempfehlung ist der ausgezeichnete Katalog zur Ausstellung "Deutsche jüdische Soldaten" des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes.
Deutsche Jüdische Soldaten 1914 - 1945 - Von der Epoche der Emanzipation bis zum Zeitalter der Weltkriege - Ausstellungskatalog: Amazon.de: Militärgeschichtliches Forschungsamt Potsdam: Bücher


[Für eventuelle Kommentatoren: Die wiedergegebenen Zitate als solche entsprechen naturgemäß NICHT Neddys Gedankengut, sondern stellen eine nicht repräsentative Beobachtung unter ansonsten unbescholtenden und nicht des Rechtsradikalismus verdächtigen älteren Herrschaften dar.]
 
Über die Verbreitung, Verwendung und Versendung der oben angesprochenen Gemengelage unterschiedlicher Klischees gibt auch dieser Artikel von Tanja Kinzel interessante Aufschlüsse:


Abgestempelt: Judenfeindliche Postkarten. Genese und Entfaltung des modernen Antisemitismus gespiegelt auf Postkarten der Jahrhundertwende...

Nachrichten aus Deutschland
 
Wilhelm war kein Judenhasser. Unter anderm war er befreundet mit Ballin (Albert Ballin ? Wikipedia) einem jüdischen Reeder.

Trotzdem war er aufgrund seines Erfolges sehr einflussreich und pflegte unter anderem auch Kontakte mit Kaiser Wilhelm II., was ihm die Bezeichnung „der Reeder des Kaisers“ oder auch, im damals üblichen Schmäh, „des Kaisers Hofozeanjude“ einbrachte. Ballin und der Kaiser, obgleich von unterschiedlicher Herkunft, verstanden sich bestens und verkehrten auch privat miteinander.

Wilhelm war vielmehr ein fanatischer Chinesenhasser (Die gelbe Gefahr, Hunnenrede).
 
Dann frag ich dich ob du die Zitate oben gelesen hast?

Ich denke man kann nicht eindeutig sagen, dass er kein Anti-Semit war, viele Zitate widerlegen eine Freisprechung davon.

Für mich war er ein absoluter Pragmatiker in der Hinsicht.
Außerdem war es ein Merkmal seiner sprunghaften Persönlichkeit, was ihn jedoch meiner Meinung nach nicht entlastet.
 
Dann frag ich dich ob du die Zitate oben gelesen hast?

Ich denke man kann nicht eindeutig sagen, dass er kein Anti-Semit war, viele Zitate widerlegen eine Freisprechung davon.


Um zu widerlegen, daß jemand generell keinen Spinat mag, reicht es zu beweisen, daß er einmal Spinat mit guten Appettit gegessen hat.
 
Das Gleichnis greift in diesem und ähnlichen Fällen jedoch nicht. Wer seine Mitmenschen anhand von Stereotypen einordnet, kann durchaus soweit flexibel sein, die eine oder andere Ausnahme zuzulassen - wenn er zb einen XYZ kennenlernt, auf den die von ihm für wahr und den Fakten entsprechend gehaltenen Stereotypen gar nicht oder nur teilweise zutreffen. Dazu ist es auch nicht nötig, das eigene Weltbild zu überarbeiten oder gar zu korrigieren. Die erkannte Ausnahme wird sozusagen als "genetischer Defekt" aufgefaßt, damit das Weltbild ansonsten intakt bleibt. Wobei nun noch anzumerken ist, daß eine ausgeprägt antisemitische Einstellung im allgemeinen bereits über den Bereich des Stereotyps hinausgeht.
 
Ich halte dich für klug genug, ein Gleichnis zu verstehen :D
Ich bin mir bei dem Beitrag wirklich nicht sicher, ob Du betonen möchtest, dass eine Aussage gegen Antisemitismus den Vorwurf man sei einer entkräften könne oder es ein ironischer Einwurf sei, dass eine antisemitische Äußerung jeden zum Antisemiten macht.
Mein Eindruck der Zitate findet sich im Grünkohl. Wilhelm II war an den üblichen Antisemitismus seiner Zeit so gewohnt, dass er diesen Begriff vielleicht nur für radikale Auswüchse verwendete und nicht auf seine eigene Einstellung bezog. Etwa wie jemand, der gerne über Ausländer schimpft (seien kriminell und faul oder dergleichen), aber deutlich daraufhin weist kein Rassist zu sein, sondern auch gerne im Ausland Urlaub zu machen. (gibt es hierfür nicht das schöne Attribut "latent")
 
Wer seine Mitmenschen anhand von Stereotypen einordnet, kann durchaus soweit flexibel sein, die eine oder andere Ausnahme zuzulassen - wenn er zb einen XYZ kennenlernt, auf den die von ihm für wahr und den Fakten entsprechend gehaltenen Stereotypen gar nicht oder nur teilweise zutreffen.

Ja stimmt. führt jetzt hoffentlich nicht zu weit vom Thema weg, aber da fällt mir ein Bericht ein - in einer Fernseh-Doku oder irgendwo gelesen (ich weiß jetzt leider nicht die Quelle) - wo sich Hitler mal "Gnadengesuche" von NS-Funktionären für "ihren guten Juden" verboten hat. Es häuften sich wohl Fälle, in denen man sich für Einzelpersonen einsetzte, mit ganz ähnlichen Formulierungen, im Sinne von: "Generell hat die Partei ja Recht, aber da ist ein Jude, der ist anders".
Aber man muß gar nicht so weit in die Geschichte gehen, auch heute kann jemand, der von Vorurteilen durchdrungen ist, im persönlichen, positiven Kontakt zum Widerspruch zu seinem Gedankengebäude geraten, weil sich diese Person als nett herausstellt - obwohl er Jude/Neger/Moslem/Zigeuner/sonstwas ist.
 
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Ja stimmt. führt jetzt hoffentlich nicht zu weit vom Thema weg, aber da fällt mir ein Bericht ein - in einer Fernseh-Doku oder irgendwo gelesen (ich weiß jetzt leider nicht die Quelle) - wo sich Hitler mal "Gnadengesuche" von NS-Funktionären für "ihren guten Juden" verboten hat. Es häuften sich wohl Fälle, in denen man sich für Einzelpersonen einsetzte, mit ganz ähnlichen Formulierungen, im Sinne von: "Generell hat die Partei ja Recht, aber da ist ein Jude, der ist anders".
Aber man muß gar nicht so weit in die Geschichte gehen, auch heute kann jemand, der von Vorurteilen durchdrungen ist, im persönlichen, positiven Kontakt zum Widerspruch zu seinem Gedankengebäude geraten, weil sich diese Person als nett herausstellt - obwohl er Jude/Neger/Moslem/Zigeuner/sonstwas ist.

Wie ist diese Spielart des Rassismus, Antisemitismus einzuordnen, an der Wilhelm litt?

War der Antisemitismus noch latent vorhanden und hätte bei anderem Geschichtsverlauf von ihm bewußt korrigiert werden können?
Oder ging das mehr in Richtung des heutigen PC-Rassismus?
 
Ja stimmt. führt jetzt hoffentlich nicht zu weit vom Thema weg, aber da fällt mir ein Bericht ein - in einer Fernseh-Doku oder irgendwo gelesen (ich weiß jetzt leider nicht die Quelle) - wo sich Hitler mal "Gnadengesuche" von NS-Funktionären für "ihren guten Juden" verboten hat.

Zur Ergänzung ein Himmler-Zitat aus der "Posener Rede":
Ich meine jetzt die Judenevakuierung, die Ausrottung des jüdischen Volkes. Es gehört zu den Dingen, die man leicht ausspricht. - "Das jüdische Volk wird ausgerottet", sagt ein jeder Parteigenosse, "ganz klar, steht in unserem Programm, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir." Und dann kommen sie alle an, die braven 80 Millionen Deutschen, und jeder hat seinen anständigen Juden. Es ist ja klar, die anderen sind Schweine, aber dieser eine ist ein prima Jude.

Dokument: Himmler, Heinrich (NSDAP): "Posener Rede", 4.10.1943

Um mal ein wenig zum Thema zurückzukommen: Bei Wiki steht, leider ohne Beleg, folgendes:

Als Wilhelm II. im November 1938 von dem antijüdischen Pogrom, der „Kristallnacht“, erfuhr, äußerte er sich entsetzt, bezeichnete es als Schande und forderte jeden Deutschen auf, dagegen zu protestieren.

Gibt es hierzu nähere Belege? Eventuell kämen wir dann der Frage nach der

Spielart des Rassismus, Antisemitismus [...], an der Wilhelm litt
näher.

Eine Arbeitshypothese könnte darin bestehen, Wilhelm als "gemäßigten" Antisemiten zu bezeichnen, dessen Judenfeindlichkeit sich durch eine gewisse Ambivalenz ausgezeichnet hat und vom gewaltbereiten Judenhass der Nationalsozialisten doch recht weit entfernt war.
 
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