Quinotaurus

424.
Die Merowinger


Die Merowinger hießen die Borstigen 1), weil der Sage nach allen Königen aus diesem Geschlecht Borsten, wie den Schweinen, mitten auf dem Rücken wachsen. - Chlodio, Faramunds Sohn, saß eines Tages mit der Königin am Meergestade, sich von der Sommerhitze zu kühlen, da stieg ein Ungeheuer (Meermann), einem Stiere gleich, aus den Wogen, ergriff die badende Königin und überwältigte sie. Sie gebar darauf einen Sohn von seltsamem, wunderbarem Ansehen, weshalb er Merowig, das heißt Merefech geheißen wurde, und von ihm entspringen die Frankenkönige, Merowinger ( Merofingi, Mereiangelingi) genannt.

Das ist die Stelle, die Boiorix des öfteren benutzte.
Ich habe durch Zufall mal wieder nach längerer Zeit reingeschaut und Muspilis Nachricht gelesen.
Ich schrieb irgendwann mal: Das erste Problem ist bei dieser Geschichte die christliche Verfremdung/Verballhornung der Merowingischen Origo, Das zweite Problem ist die zeitliche Entfernung zwischen dieser Origo aus dem 5.Jahd (spätestens) und der Kenntnis germanischer Mythologie durch nordische Skaldendichtung, die doch zum Teil schon christlich beeinflußt ist. Ich war daher immer von einem Stiergott ausgegangen, den ich aber schon früh intuitiv mit Ing in Verbindung brachte. Erst als mir klar wurde, daß similis eher ähnlich als gleich bedeutet und mir dann noch Boiorix mit seinen Borsten auf die Nerven ging kam die Erleuchtung.

Wir haben einen Minotaurus, ich halte Quinotaurus für eine Verschreibung, sonst nichts. Das einige versuchen Quinotaurus zu deuten, liegt einzig daran, daß sie überhaupt keine Idee haben, wie diese Stelle zu lesen ist und stattdessen sich dazu hinreißen lassen ins Blaue zu raten.
Neben Minotaurus steht similis. Dies wird idR als gleich übersetzt. Die Stelle lautete dann, eine Bestie des Neptun, dem Minotaurus gleich .......
Nun gut, ich denke mal, das zumindest die Mehrheit hier an eine fränkisch-merowingische Tradition glaubt, eine origo, die uns von Fredegar übermittelt wird. Es ist für uns also nichts einfacher, die germanische Mythologie nach einem Stiergott abzusuchen. Das fällt schwer.
Wir könnten es natürlich auch über das Attribut einer Meeresgestalt versuchen. Einen wirklichen Meeresgott kennt die germanische Mythologie nicht. Aus der nordische Mythologie kennen wir Freyr, mit seinem Schiff Skidbladni und einem Eber gullinborsti. Er gilt als Sohn Njörds, dem Herren Noatuns.
Ein stierköpfiger Gott läßt sich also nicht erschließen.
Übersetzen wie die Stelle als: eine Bestie des neptun, dem Minotaurus ähnlich, ergibt sich dieses Problem nicht.
Wir suchen nun also nach einer tiergestaltigen Gottheit. Hier greift die Nachricht von oben (424. Die Merowinger). Die Merowinger gelten als die Borstigen. Freyrs Attribut war der Eber und er ist Sohn des "Meeresgottes" Njörd und selbst nicht ohne Beziehung zum Meer. Fredegar übersetzt also die Gottheit als eberköpfiges Geschöpf und Kreatur/Sohn des "Meeresgottes". Da ihm ein eberköpfiges Geschöpf wohl fremd war, nahm er das Motiv des MInotaurus zu Hilfe.
Daher sehe ich Fro/Freyr/Ing als Ahnherr der Merowinger. Dies scheint auch deshalb nicht unwahrscheinlich, da die Salier durchaus eher zum seegermanischen Kreis gehören und auch die Bezeichnung Hugas für Franken, könnte diese seegermanische Tradition stützen.
 
Gehen wir also davon aus, dass der Quinotaurus kein Verschreiber und ein Hybridname mit der Bedeutung 'Stier der Frau' ist, dann macht ihn das noch immer nicht, wie Wenskus glaubt, zum alter ego des Chlodio.

Stimmt hierüber gibt es verschiedene Ansichten. Ich würde aber dem alter ego zuneigen, da Verwandlungen in Tiere, am bekanntesten sind die Berserker, oft in der Religion und dem Kult eine große Rolle spielten. Auch in Iconologia sacra nachzulesen, dass auf dem Childerichring eine Maske an der Lanze Childerichs erkennbar ist.

Das mit den Borsten stammt aus der byzantinischen Chronik des Theophanes Confessor, also eine weit entfernte und späte Überlieferung. :winke:
 
Weiß ich nicht. Bei der Keule des Minotaurus in der Hrabanus-HS muss ich immer an Herkules denken. Der Text passt auch nicht so gut zum Bild: "Apis war bei den Ägyptern der dem Serapis geweihte Stier."
Der Herkules-Gedanke kam mir auch schon, aber die Hörner war doch arg untypisch.
Zu beachten ist, wie viele Gesichter Serapis hat!
Serapis führte allerdings auch mal die Keule, wie hier gegen das böse Krokodil. (Warum muss ich jetzt an den Kasper denken?)
Apis taucht bei Isidor als geweihte Stier auf. In älteren, wohl nicht hellenistisch oder romanischen (aber wohl absolut anachronistischen) Darstellungen taucht gibt es Apis auch mal in Minotauren-Gestalt. Dem hellenisierten Serapis schmeicheln ja ein gelockter Bart und ein Weizen-Silo als Hut. Daneben scheint aber ein Stier-häuptiger wie in dieser Janus-köpfigen Serapis auch noch nach der Hellenisierung/Romanisierung gelegentlich aufzutauchen.

Daher sehe ich Fro/Freyr/Ing als Ahnherr der Merowinger. Dies scheint auch deshalb nicht unwahrscheinlich, da die Salier durchaus eher zum seegermanischen Kreis gehören und auch die Bezeichnung Hugas für Franken, könnte diese seegermanische Tradition stützen.
Warum nicht gleich den Friga beim Namen denen.:nono:
Ansonsten würde ich die seegermanische Traditionen nicht all zu hoch bewerten. (Immerhin ist diese seegermanische Tradition nahezu unbekannt.) Bekannt hingegen ist der Hercules Magusanus der Bataver, der Nehalennia- und Matronenkult in den germanischen Provinzen des Imperiums. Klare Unterschiede zu gallischen und romanischen Kulten sind nicht immer erkennbar, die Ähnlichkeiten mit der Nordischen Mythologie sind hingegen ausgesprochen spärlich und eher konstruiert.
Die Behauptung einer seegermanischen Tradition kann nur Behauptung bleiben, so lange diese nicht bekannt ist. Vergleiche mit den Angelsachsen sind ja durchaus noch möglich. Die angelsächsische Ing-Nennung ist einzigartig und bezieht sich auch noch auf die "Ost-Dänen".

Beachtenswert scheint mir immer noch, dass sich die späteren Beschreibungen trotz der Betonung der schweinischen Borstigkeit der Merowinger auch die aquatische Abkunft berufen, also auf einen Wassermann oder ein männliches Meerwunder, also gewissermaßen noch immer eine Bestie Neptun. Endet konsequenterweise in der etymologischen Umdeutung des Namens Merofech als Meeresvieh.
 
Zuletzt bearbeitet:
Endet konsequenterweise in der etymologischen Umdeutung des Namens Merofech als Meeresvieh.
ja auch unter dem Aspekt, dass im Gegensatz zu Chlodio und Childerich Merowech nicht wirklich in der Geschichte ersichtlich ist. Könnte das wing bei Merowinger auch auf quino-Frau, Königin, Göttin oder wig - Kampf zurückzuführen sein?
 
Ohne deine Zitierweise wäre mir die implizite Behauptung von Maglor gar nicht aufgefallen: die Übersetzung der Wurzel mero- dürfte weniger mit Meer zutun haben, als vielmehr mit dem anderweitig aus einer älteren Stufen der germanischen Sprachen bekannt gewordenen Suffix -mer, was mit "berühmt" übersetzt wird.

Warum nicht gleich den Friga beim Namen denen.
Ansonsten würde ich die seegermanische Traditionen nicht all zu hoch bewerten. (Immerhin ist diese seegermanische Tradition nahezu unbekannt.) Bekannt hingegen ist der Hercules Magusanus der Bataver, der Nehalennia- und Matronenkult in den germanischen Provinzen des Imperiums. Klare Unterschiede zu gallischen und romanischen Kulten sind nicht immer erkennbar, die Ähnlichkeiten mit der Nordischen Mythologie sind hingegen ausgesprochen spärlich und eher konstruiert.
Die Behauptung einer seegermanischen Tradition kann nur Behauptung bleiben, so lange diese nicht bekannt ist.

Vielleicht wird die seegermanische Tradition aber auch unterschätzt durch die gegenwärtigen Betonung einer Kontinuität in der Frankenforschung: Das Paradigma das Frankenreich als einen Erben des römischen Reiches zu betrachten, das das forschungsgeschichtlich ältere Paradigma eines völkerwanderungszeitlichen Bruches ersetzt hat. Im übrigen ist eine Standardannahme in der Interpretation von Gregor von Tours' Überlieferung der fränkischen Geschichte, daß er aufgrund seiner religiösen Überzeugung ihm durchaus bekannte Traditionen unterdrückte, was als Erklärung dafür dienen kann, daß erst Fredegar und Fortsetzer die Merowech-Mythe überlieferten, eine dynastische Tradition allerdings in symbolischer Form. Freilich heißt dieses zu bedenken dann auch: Friga beim Namen nennen:


Friga ist sicher eine südgermanische Entsprechung Freyr. Adam von Bremen schrieb Jahrhunderte später, die Schweden würden neben "Wodan" noch ein phallischen Gott "Fricco" in Uppsala verehren. Adam benutzte hier offenbar deutsche und keine schwedischen Bezeichnungen für die Götter. Mit Fricco ist Freyr gemeint, der in Schweden, die gleiche Rolle spielte wie bei den Franken, als Stammvater der Könige. Ebenso ist die Verbindung mit dem Wasser und der Schifffahrt nicht zu leugnen und durch das Runengedicht um "Ing" früh belegt.
Der König Francio der Fredegar-Chronik verweist wie auch Ingwe Freyr auch germanische Abstammungsmythen. Einen Franco, als Sohn des Hisicon und Enkel des Mannus und Stammvater der Franken, kennt auch die angelsächsische Nestorchronik. Siehe hierzu meinen Beitrag mit Mannus-Thread.
Die Frage ist nun, hat dieser fränkische Freyr etwas mit dem Minotaurus-ähnlichen Geschöpfen zu tun? In der Fredegar-Chronik sind sie offenbar nicht als identisch betrachtet.
Laut Gregor von Tours verehrten die heidnischen Franken Mars, Merkur, Jupiter und Saturn. Den Neptun nennt er nicht. Während Mars, Merkur und Jupiter nach den Wochentagsnamen Thingsus, Wodan und Donar entsprechen, findet sich für den Saturn keine Übersetzung sondern nur der Saterdag. Möglich das dieser fränkische Saturn einen den Minotaurus optisch ähnlichen Abkömmling hatte. Ein solchen kennt die klassische Mythologie nicht. Stattdessen kennt sie ein Goldenes Zeitalter des Saturn, dass dem nordisches Frodi-Frieden der Ynglinga-Saga schon sehr stark ähnelt.

Du brachtest dort zwar andere Argumente, bist aber eigentlich von Beornas Idee, "daß hinter dieser bistea niemand anderes steckt als eine wahrscheinlich doch eher frühe Form Fro/Ings." oder besser:
Damit erschließt sich für die Merowinger der Gott Ing/Fro als Spitzenahn.

Aber vielleicht interpretiere ich auch zu viel in deine Überlegungen, Maglor, über-de[h]ne sie gewissermaßen!
Angesichts dessen, daß du dezidiert einen möglichen Wodanismus bei den Franken ablehnst, ist interessant, daß du in der Aufzählung belegter Götterkulte bei den Germanen die ebenso gut belegte Verehrung von Merkur ausläßt, dessen Identifizierung mit Wodan du zugesprochenermaßen - wenn auch an anderer Stelle - akzeptiert hast. Ich komme drauf zurück, weil ich gerade bei Simeks Götter und Kulte der Germanen lese, daß sowohl Paulus Diakonus und der Autor der späteren skandinavischen Mythologie wahrscheinlich "klassische Bildung besaßen" (München: Beck, 2004, S.19) und ihre Darstellungen von Gordan & Frea respektive Wodan/Odin & Frigg "an die antiken Beschreibungen von Jupiter und Hera anlehnten." (S.66)
 
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@Muspilli, ich argumentiere zugegebenermaßen in mehrere Richtungen.:yes:
Dass "die Germanen" der Völkerwanderungs einen Wodan kannten, ist mir schon klar, ich zweifel nur an einem besonderen Wodanismus der Franken. Dafür sehe ich einfach keine Anhaltspunkt.

Im Grunde gibt neben der Interpreatio romana nur noch zwei Möglichkeiten die heidnischen Götter christlichen umzudeuten.:
Zum einen ist da der Euhemerismus. Der alte Gott wird zu einem altvorderen König, trojanischen Zauberer, sprich zu einem Menschen, der vor Urzeiten lebte. Diese Sicht auf die Götter, ist bei den Franken ausgesprochen selten. Friga ist hier meines Wissens das einzige Beispiel. Aus den Götzen von einst werden so historische Figuren. Diese Methode verwandte Fredegar bei Friga, machte wohl den nunmehr abgelegten fränkischen Gott zu einem urzeitlichen König. Auf die gleiche Weise gingen auch Jordanes, Saxo Grammaticus, Snorri Sturleson u.a. vor; sie griffen nur öfters darauf zurück. Ein schöner Vergleich ist etwa Snorris Euhemerismus, Odin sei ein aus Troja nach Skandinavien geflohener Zauber oder Frodi wäre zur Zeit des Kaiser Augustus König der Dänen gewesen. Genauso ist es mit Friga, dem König der spätrojanichen und frühfränkischen Frigier/Phrygier.
Die andere Möglichkeit ist die Dämonisierung. Der Gott wie zu einem Unhold, Dämon, Teufel etc. erklärt wie in den Taufgelöbnissen. So etwas stellt auch der "Quinotaurus" dar. Es handelt sich um eine aquatische Bestie, die Königinnen schändet und mit diesen offenbar borstige Halb-Monster zeugt. Die Bestie handelt wie ein Incubus, Dusius, schlicht wie ein Ungeheuer. Ein ehemaliger Gott wurde hier zum Monster!
Wenn hier Fredegar gleich zwei Umdeutungen des gleichen Gottes liefert, wäre das natürlich schon phänomenal. Auf der anderen Seite kann das selbe Königshaus auch von mehreren Göttern abstammen, durchaus mehrfach Verbindungen mit Göttern eingehen. Eine andere Möglichkeit wäre auch, dass es sich bei Friga nur um einen Ursprungsmythos der Franken, beim Quinotaurus um den Ursprungsmythos der Merowinger handelt.

Weitere geht es auf der Suche nach dem stierköpfigen Seemonster innerhalb der germanischen Mythologie:
Auf dem angelsächsischen Kreuz von Gosforth angelt wohl Thor die Midgardschlange mit einem Stierkopf als Köder. Simek merkt hierzu an, dass dies auch eine Anspielung auf die apogryphe Geschichte der christliche Gott würde den Leviathan mit dem Kopf des Behemoth ködern. Der Leviathan ist das biblische Seeungeheuer, der Meerdrache. Das Behemoth erscheint auch in Stiergestalt, ist aber das Wüstermonster.
Naja, das erklärt also die Sache auch nicht. Zumindest ist der Stierkopf schonmal im Meer gelandet.

Vielleicht noch mal ein plumper Versuch der Deutung des eheren Kultbildes in Form eines Stieres, welches die Kimbern laut antiker Überlieferung während des Kimbern- und Teutonenzuges verehrten. Jahrhunderte später tauchte in Heidelberg ein Merkur der Kimbern mehrfach auf lateinisch Weihesteinen auf.
Zusammenhang ist ja nicht zwingend. Die Kimbern waren bestimmt Polytheisten, auch mag sich ihre Religion in den Jahrhunderten verändert haben. Der Stiergott der Kimbern muss nicht der kimbrische Merkur sein, wobei hier die Frage zu stellen ist, ob es sich um einen Haupt- oder Stammesgott der Kimbern gehandelt hat. (Vielleicht kann man das auch als Gegenspiel zu den eher auf Hecules Magusanus eingestellten Bataver sehen.)
Ein direkter Zusammenhang zwischen den Heidelberger Weihesteinen und den Franken besteht erstmal nicht.
 
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Ohne deine Zitierweise wäre mir die implizite Behauptung von Maglor gar nicht aufgefallen: die Übersetzung der Wurzel mero- dürfte weniger mit Meer zutun haben, als vielmehr mit dem anderweitig aus einer älteren Stufen der germanischen Sprachen bekannt gewordenen Suffix -mer, was mit "berühmt" übersetzt wird.
ja ist auch möglich. Mir scheinen auch gewisse keltische Einflüsse bei den Franken wahrscheinlich. Erinnert sei an die Göttin Morrigan.

Dass "die Germanen" der Völkerwanderungs einen Wodan kannten, ist mir schon klar, ich zweifel nur an einem besonderen Wodanismus der Franken. Dafür sehe ich einfach keine Anhaltspunkt.
Ja scheint mir auch so. Ing und Fro sehe ich aber auch nicht wirklich eher Holle (Nehalennia) und Bal. Ob die von Tacitus und auf den Inschriften erwähnten lateinischen Götter wie Merkur und Herkules wirklich einfach den bekannten germanischen Göttern zuordenbar sind, halte ich für fraglich.
 
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Also erst einmal: die Franken, Merovech spater;
Vor der französischen Revolution sah sich der Adel als Nachkommenschaft der erobernden Franken, und das Volk, den dritten Stand, als Nachkommen der Gallier, selbst wenn der eigene Adelstitel noch keine Alterspatina angesetzt hatte. Die Franken aber, das wusste man einfach, stammten aus « Troia ».
Derartige Herkunftsagen sind immer im Interesse einer herrschenden Schicht oder Gruppe (Dynastie), die durch solch exquisite Herkunft sich vom gemeinen Mann absetzt und ihre Ansprüche auf die Herrschaft, ihr « Gottesgnadentum » untermauert. (Bekanntlich gehen alle griechischen Stämme auf Göttersöhne zurück, Romulus und Remus sind Söhne des Mars und die Germanen alle Abkömmlinge des Gottes Tuisto. Abkömmlinge, nicht Schöpfungen).
Christlich gewordene Gesellschaften konnten derartige Thesen nicht mehr vertreten und mussten sich mit langen und illustren Stammbäumen begnügen.
Dazu gibt es , über die Quellen (Fredegar und die Gesta Francorum) hinaus, verschiedene Elemente, die alle zu dieser fränkischen Abstammungstheorie beigetragen haben können:
In ganz Nord- und Osteuropa gibt es ptähistorische labyrinthische Steinsetzungen kultischen Ursprungs, die aus bisher ungeklärten Gründen « Troiaburgen » heissen
Eine Sippe, die an solch einem Ort haust, womöglich sich dunkel an dort gepflegte Rituale erinnert, kann sich leicht selbst als « Trojaburger, Troyaner » sehen . Kommt sie zu Macht und Würden, so findet sich immer ein klerikaler Schreiber, der das weiter ausspinnt und von der Herrschaft auf das « Volk im Allgemeinen » erweitert.Interesse der »Nivelonen von Autun » geschrieben, Nachkommen des Childebrant, Bruder und Heerführer Karl Martels. Dessen Familie versuchte mehrere Generationen lang die Merowinger zu ersetzen, schliesslich mit Erfolg. Dazu mussten sie aber eine respzktable Vorgeschichte haben, die ihren Vorfahren, Arnulfingern und Pippiniden mangelte. Also eine Geschichte für alle Franken – ausser den Merowingern, denn für diese erfand man die Geschchte von der Frankenkönigin ,gie auf einem Spaziergang von einem Ungeheuer vergewaltigt wurde, « bistea Neptuni Quinotauri similis » also von einem « Meeresungeheuer, einm Kentauren ähnlich » (Frdg.II,9), so dass sie den Merovech gebar.
« Fredegar » spielt hier auf einen bekannten anderen Bericht an (Jordanes Getica §121), der schildert, wie heilsmächtige Frauen in der Einöde sich mit « unreinen Geistern » verbanden und so zu Stammfrauen der Hunnen wurden.
Kurz, Fredegar behauptet, die Merowinger seien eigentlich Hunnen, und macht sie auch sonst verschiedentlich subtil herunter (Fr.III,12, Childerichs Traum). Die wahren « edlen Trojaner » sind also die anderen grossen « Gentes », in erster Linie natürlich die Karolinger.
Diese Tradition des Merowinger-Verkloppens nimmt auf die Dauer noch zu: Diese trugen bekanntlich die Haare lang, den Rücken herunter, wie der gotische und vandalische Adel und das wurde umgedeutet:
Theophanes Homologetes (ca 815) « Die Merovinger heissen « die Borstigen », denn sie haben Borsten auf dem Rücken wie die Wildsäue » und das bairische Rolanslied stösst ins selbe Horn: « Mere, diu habent Borsten sam die Swin... »
Es sind aber nicht nur die langen Haare der Merowinger, die an eine östliche Herkunft des fränkischen Adels denken lässt. Gregor von Tours kennt eine Tradition, wonach die Franken einst « « aus Pannonien » gekommen seien, und die Grab -Beigaben des Königs Childerich in Tournay lassen keinen Zweifel: Das ist ein ostgermanischer Fürst, der hier nach der Sitte der Reiternomaden begraben wurde
(siehe den Katalog der Ausstellung « Das Gold der Barbarenfürsten, vom Kaukasus bis Gallien » Reiss-Museum, Mannheim 2001).
Ein Abkömmling der Gepiden odzr Westgoten vielleicht? Die sassen östlich der Donaumündung bis fast zum Dnjepr in der Walachei und Podolien, und hatten von ihren thrakisch-getischen Vorgängern Gebräuche und Traditionen übernommen, darunter die Sagen von ihren Königen Telephos und Eurypylus, Schwager und Neffe des Priamos von Troja .(Jordanes § 58-60)
Der Pruth, alias « Tyras » floss mitten dutch ihr Gebiet unf dort lagen auch die griechischen Kolonien Tyras und Ophioussa, , deren Einwohner sich « Tyranoi » nannten, nach dem Fluss. Sie dürften für dir troianischen Erinnerungsbruchstücke bei Thrakern, Moesiern, Geten, Goten und « Franken » verantwortlich sein.
Und Fredegar (III,2) : « Die andere Gruppe (= der Trojaner) liess sich am Ufer der Donau und des Meeres nieder, wovon ein Teil unter dem König Francion nach Europa einfiel und das Rheinufer besetzte.....der andere Teil , am Ufer der Donau gab sich Torcoth zum König und heisst nach ihm Turchi, wie die anderen Franci nach Francion. »
Das macht durchaus Sinn, abgesehen davon, dass es sich da wohl einerseits nicht um ein « Volk » handelte, sondern um eine Schar von adligen Abenteurern gemischter Herkunft, zum anderen Teil nicht um « Türken » sondern vermutlich um Turcilingen.
Diese « Fränkischen Reiter » fanden am Ostufer des Rheines eine Reihe von Kleinstämmen vor, deren Jungmänner seit geraumer Zeit gewohnt waren, in römische Dienste zu treten, als « Franken mit Salär » (Salii),
« ...och, leve Herre, dat is nu mal so, nu ja, de Tünnes unne de Schäl sin en Colonia Agrippina, nä, von wejen de Carnevale, unn en annere Jong en Confluentes, nä, det Kovelenzer Schängelsche.... »
Und da kamen nun die Fremden, mit Manieren wie später der alte Fritz (« Hunde, wollt ihr denn ewig leben? »), und siehe da, diese Rheinländer « rissen sich zusammen », wurden « Sygambrer » (laut St Remigius), und Eroberer , so wie sie später getreue « Rheinpreussen » wurden .
Die « Gesta Francorum » griff die Geschichte von der « Trojanischen Herkunft » auf, die Chruniken Aimons; Gislemars vun Saint-Germain des- Prés, die Chronik von St Denis, das Chanson de Roland, und die « Grandes Chroniques de France ».
Was bei Fredegar noch schlaue versteckte Polemik im Dienste der Karolinger war (Haupt- wie Nebenlinie), aber auf der Basis echter Erinnerungs-Bruchstücke, das wurde offizielle Wahrheit, « Dynastische Wahrheit ». Und so bandelte Ludwig XIV noch ein Jahrtausend später mit den « türkischen Vettern » an, gegen die österreichischen Habsburger.
Erst eine neue Wissenschaft, die Archäologie, hat damit aufgeräumt, weil sie « Kulturen » nachgeht, nicht « Dynastien », aber eine wirkliche Geschichtsschreibung muss beiden Blickwinkeln gerecht werden.


Schone Grusse
BOIORIX
 
«Fredegar» spielt hier auf einen bekannten anderen Bericht an (Jordanes Getica §121), der schildert, wie heilsmächtige Frauen in der Einöde sich mit «unreinen Geistern» verbanden und so zu Stammfrauen der Hunnen wurden.
Kurz, Fredegar behauptet, die Merowinger seien eigentlich Hunnen, und macht sie auch sonst verschiedentlich subtil herunter (Fr.III,12, Childerichs Traum).

Ich bin zwar mit dir, in der Deutung, dass "Fredegar" die Geschichte funktionell einsetzt, um die Merowinger "runterzumachen", zu bastardisieren, aber die Deutung, dass er Jordanes im Hinterkopf gehabt habe und die Merowinger zu Hunnen habe machen wollen, scheint mir doch ein wenig zu weit hergeholt.
 
Hallo Quijote
Da hab ich mch wohl falsch ausgedrückt

Also, hoffentlich besser:


  1. Kentauros und Quintaurus sind lautlich praktisch gleich. M ist nicht Q und nicht K.
  2. Neptun/Poseidon ist nicht nur Gott des Meeres, sondern auch « Herr der b Pferde »
  3. Ein Kentaur ist einem Pferd ahnlich, einer « Neptunis bestia similis ».
  4. Dje Konigin ist eine « persona sacra » ihre Beziehung iu demKentaur ist eine Hierogamie.
    Deswegen wird der Bankert auch nicht weggeschmissen-ausgesetzt, sondern Konig.
  5. Das geschah am Ufer des Meeres, bei der Stadt Sygambria, fern im Osten.
  6. Gotisch marei ist das Meer, auch die sumpige Uferlagune, aber got.mereis, ahd.maris ist « berühmt ».
  7. Merovech ist das Gleiche wie Meroving , also -vech = -v)ing = -vitch (slav.), ein deutlicher Hinweis auf den Osten, wo Goten, Gepiden , Sarmaten , Sauromaten und slavische Anten nahe bei einander lebten
  8. Merovexh ist also «Beruhmter Sohn », « *wunderbarer Sohn » oder aber « Meeres-Sohn ».
  9. Die Hunnen sind, laut Cassiodor/Jordanes, Sohne gotischer « Maga mulieres » , also Magierinnen oder « Haliurunnas », das sind « Heilige Runnas », die sich mt « Umherschweifenden Geistern in der Wildnis » verbinden (naturlich bösen) , eine Hierogamie – en Masse ».Nach Procop gab es bei den Hunnen auch Kriegerinnen.
  10. Die Gegend ist die der Sauromaten, bei denen auch die Frauen kampfen, ( Pomponius Mela und Justinus). Laut Herodot sind diese Nachkommen von Amazonen, die sich mit jungen Skythen zu Massznhochzeiten in der Wildnis treffen.
  11. Das mittelhochdeutsche « Eckenlied » erzahlt : Der junge Riese Ecke sucht Dietrich von Bern, um sich mit ihm zu schlagen. Aber noch ehe er ihn trifft, wird er von einem « Meer-Wunder » mit Wurfspiess und Schwert angegriffen (Str.52-54) und kann sich nur mit Muhe erwehren. « ...das war halp ros und halbes man: er trug hurnin gewafen... », also einen sarmatischen Hornschuppen-Panzer.
  12. Der Beuwulf spielt zwischen « Danen » und « Goten » am Rande von Sumpfen in denen ein Ungeheuer haust, dessen Mutter eine machtige Hexe ist. Nur ser Gote Beowulf wird mit beiden fertig. Das ist die letzte « abgenutzte Form' eines Motivs, das ursprunglich vom Asowschen Meer stzmmte.
Es liesse sich noch einiged an Details hinzufugen, aber um die Natur des « Quinotaurus » zu bestimmen sollte das Vorstehende rigentlich genugen.
Gruss
Boio
 
und mir wird vorgeworfen, ich springe durch die Zeiten und Mythen.)) aber zwischen der fränkischen Abstammung aus Troja und den Labyrinthen (Trojaburgen) könnte schon ein Zusammenhang bestehen.
 
Kentauros und Quintaurus sind lautlich praktisch gleich. M ist nicht Q und nicht K.
Schon klar, stellt sich allerdings die Frage, ob der Zentaur im Latein des 8. Jahrhunderts noch etymologisch korrekt mit dem stimmlosen velaren Plosiv /k/ ausgesprochen wurde, oder schon mit der interdentalen Affrikate /ts/. Dann würde sich nämlich eine Verwechslung mit dem <Q> nicht recht erklären lassen. Desweiteren fehlt ein Phon, nämlich das /o/, welches aus dem einsilbigen /Ken/Quin/ ein zweisilbiges /'Ki-no/ macht, weshalb man eben eher an den Minotaurus, als an den Zentaur denkt.

Neptun/Poseidon ist nicht nur Gott des Meeres, sondern auch « Herr der b Pferde »

Und mit dem Minotaurus-Mythos verbunden.

Die Konigin ist eine «persona sacra» ihre Beziehung zu dem Kentaur ist eine Hierogamie. Deswegen wird der Bankert auch nicht weggeschmissen-ausgesetzt, sondern König.
Kann sein, kann aber auch nicht sein. Mir klingt das adpetisset dafür etwas zu aggressiv und die Erklärung, dass man nicht wisse, ob Mann oder Bestie der Vater seien, scheint mir einer Heiligen Hochzeit zu widersprechen. Und wenn man davon ausgeht, dass diese Geschichte vor Fredegar niemand kannte, und sie eben nicht merowingischer Familienmythos war, dann bedarf es auch keiner Erklärung, warum der Bastard nicht getötet oder ausgesetzt wurde, da er erst in dieser späten antimerowingischen Erzählung zum Bastard wird.


Das geschah am Ufer des Meeres, bei der Stadt Sygambria, fern im Osten.

Das steht dort nicht. Dort steht: "...Richemeris, qui in hoc prilio, co supra memini, a Romanis interfectus est. Substituetur filius eius Chlodeo in regno, utilissimus vir in gente sua, qui apud Esbargium castrum resedebat, quod est in termino Thoringorum. [...] Chlodeo, missis exploratoribus ad urbem Camaracum, perlustrans omnia, ipse sequitur, Romanus proterit, civitatem capit, usque Suminam fluvium occupavit. Haec generacio fanaticis usibus culta est. Fertur, super litore...

...Richimer, welcher in dieser Schlacht, derer wir oben gedachten, von den Römern erschlagen wurde. Ihn ersetze im Königreich sein Sohn Chlodio, der brauchbarste Mann unter seinen Leute, der bei der Burg Esbarg, welche an der Grenze zu den Thüringern ist, residierte. Chlodio schickte Kundschafter in die Stadt Cambrai, die alles beobachteten, er selbst folgte, besiegte die Römer, eroberte die Stadt und besetzte alles bis an den Fluss Somme.

Also hier nichts mit Osten. Mir ist natürlich bekannt, dass in verschiedenen Stammessagen aus den Franken Trojaner gemacht werden, welche durch die maiotischen Sümpfe in Pannonien an ihre Sitze am Rhein gekommen sein sollen. Die Sicamber oder Sucamber kennen aber schon die römischen Schriftsteller um die Zeitenwende, ihre Ersterwähnung erfolgt meines Wissens bei Caesar (De Bello Gallico, VI).

Merovech ist das Gleiche wie Meroving , also -vech = -v)ing = -vitch (slav.), ein deutlicher Hinweis auf den Osten, wo Goten, Gepiden , Sarmaten , Sauromaten und slavische Anten nahe bei einander lebten Merovech ist also «Berühmter Sohn », « *wunderbarer Sohn » oder aber « Meeres-Sohn ».

Nein, während das -ić (das v/w ist nur eine Fuge) ein Patryonm ist, ist das germanische -ing genauso wenig wie das germanische -vech/-wig eben kein Patronym. Somit ist Merowech wohl am ehesten als "berühmter Krieger" zu deuten.


Die Hunnen sind, laut Cassiodor/Jordanes, Sohne gotischer « Maga mulieres », also Magierinnen oder « Haliurunnas », das sind « Heilige Runnas », die sich mt « Umherschweifenden Geistern in der Wildnis » verbinden (naturlich bösen) , eine Hierogamie – en Masse ».Nach Procop gab es bei den Hunnen auch Kriegerinnen.

Nach wie vor kann ich hier keinen Zusammenhang mit unserem Thema erkennen, bzw. ein gemeinsames Mythem bei "Fredgar" und Jordanes


Das mittelhochdeutsche « Eckenlied » erzählt : Der junge Riese Ecke sucht Dietrich von Bern, um sich mit ihm zu schlagen. Aber noch ehe er ihn trifft, wird er von einem « Meer-Wunder » mit Wurfspiess und Schwert angegriffen (Str.52-54) und kann sich nur mit Mühe erwehren. « ...das war halp ros und halbes man: er trug hurnin gewafen... », also einen sarmatischen Hornschuppen-Panzer.
Vielleicht bist du mit diesem Zitat viel näher am Quinotaurus, als du glaubst: Statt deiner ewigen Sarmatian Connection hurnin gewafen einfach Mal als Hörner auf dem Haupt übersetzen.

Der Beowulf spielt zwischen « Danen » und « Goten » am Rande von Sümpfen in denen ein Ungeheuer haust, dessen Mutter eine mächtige Hexe ist. Nur der Gote Beowulf wird mit beiden fertig. Das ist die letzte « abgenutzte Form eines Motivs, das ursprünglich vom Asowschen Meer stammte.

Ob die Geaten des Bowulf nicht eher mit den Gauten als mit den Goten zusammenhängen? Das würde auch weit besser zu den Dänen passen. Weshalb bei dir immer alles aus der sarmatisch-germanischen Kontaktzone stammen muss, bleibt mir schleierhaft. Sümpfe haben nun mal etwas gruseliges und alle Wesen haben Mütter. Insofern nimmt es nicht Wunder, wenn ein bösartiges Wesen aus dem Sumpf kommt, wo auch dessen genauso bösartige Mutter sitzt. Dazu braucht man keine Sarmatian Connection und keine Motivfiliation.
 
und mir wird vorgeworfen, ich springe durch die Zeiten und Mythen.))

Naja, auch wenn ich von Boiorix' Sarmatian Connection nicht so viel halte, immerhin beschränkt er sich auf zwei sich berührende bzw. überlappende Kulturkreise, nämlich den iranisch-sarmatischen und den germanischen Kulturkreis während der VWZ bzw. deren mögliche Einflüsse auf spätere kulturelle Phänomene.
 
Kentauros und Quintaurus sind lautlich praktisch gleich. M ist nicht Q und nicht K.
Schon klar, stellt sich allerdings die Frage, ob der Zentaur im Latein des 8. Jahrhunderts noch etymologisch korrekt mit dem stimmlosen velaren Plosiv /k/ ausgesprochen wurde, oder schon mit der interdentalen Affrikate /ts/. Dann würde sich nämlich eine Verwechslung mit dem <Q> nicht recht erklären lassen.

Laut Kiesler (Einführung in die Problematik des Vulgärlateins, Kapitel Konsonantismus) müsste sich der Wandel von /k/ nach /tʃ/ bzw. /ts/ schon vollzogen haben. Ausnahme: Das Sardische, wo sich das /k/ bis heute erhalten hat.
 
An El Quijote: Dank für Deine Einwände...Aaber

Zitat:
BOIORIX
Kentauros und Quintaurus sind lautlich praktisch gleich. M ist nicht Q und nicht K.

Schon klar, stellt sich allerdings die Frage, ob der Zentaur im Latein des 8. Jahrhunderts noch etymologisch korrekt mit dem stimmlosen velaren Plosiv /k/ ausgesprochen wurde, oder schon mit der interdentalen Affrikate /ts/. Dann würde sich nämlich eine Verwechslung mit dem <Q> nicht recht erklären lassen. Desweiteren fehlt ein Phon, nämlich das /o/, welches aus dem einsilbigen /Ken/Quin/ ein zweisilbiges /'Ki-no/ macht, weshalb man eben eher an den Minotaurus, als an den Zentaur denkt. //Ende des Zitats

Alles schon und recht, aber die wichtigere, die entscheidende Frage ist doch:
Wie wurde aus Minotaurus = Quinotaurus---M==> Q ?

Wie wae das doch?
Poseidon schickte einen Alles verwüstenden Stier nach Kreta, der mit der Königin Pasiphaë einen Knaben mit Stierkopf zeugte, auf ihre Initiative hin, den Minotaurus.
König Minos lässt ihn zwar ins Labyrinth sperren, aber er erhält alle neun Jahre Menschenopfer, bis er endlich von Theseus getötet wurde.
Der Minotaurus ist also gar kein "bestia Neptunis" sondern blos der Sohn eines solchen.Brüllend durchs Labyrinth zu laufen und gelegentlich Menschenblut zu trinken ist scheinbar alles was ze tut.
Das Meerwunder" im "Eckenlied" ist kein Mann mit Hörnern, sondern "...halp ros und halbes Man...."
Ein Centaur also.
Genug für heute, gute Nacht
Boio
 
Alles schon und recht, aber die wichtigere, die entscheidende Frage ist doch:
Wie wurde aus Minotaurus = Quinotaurus---M==> Q?

Dazu habe ich schon relativ zu Anfang des Threads eine These aufgestellt, die natürlich - das ist der dicke Haken daran - nicht beweisbar ist:

Wie kommt aber nun das Quinotaurus zustande, vorausgesetzt, es handelt sich nicht um einen Hybridnamen? Die Fredegarchronik ist vor der karolingischen Schriftreform geschrieben worden, sie ist also zunächst in der Unzialen oder Halbunzialen überliefert. Das <M> der Unziale ist häufig sehr bauchig geschrieben und könnte, z.B. durch die Verderbung eines Schriftstücks u.U. auch als <Q> interpretiert werden. Ob nun unser Anonymus "Fredegar" oder einer seiner Abschreiber so eine verderbte HS als Vorlage hatte? Dies könnte jedenfalls die Form Quinotaurus erklären.

Hier noch mal die leider etwas stilisierten Grapheme der Unzialen:
unziales m.JPG unziales q.JPG


Der Minotaurus ist also gar kein "bestia Neptunis" sondern bloß der Sohn eines solchen.

Wir drehen uns im Kreis, denn Wenskus argumentiert genauso, ich habe es im ersten Beitrag paraphrasiert und auch gleich eine Einschätzung dazu gegeben:

Unterschied zwischen Minotaurus und Quinotaurus?
Wenskus sieht zwischen dem Minotaurus und dem Quinotaurus einen bedeutsamen Unterschied: der Quinotaurus sei die bistea Neptuni (also die 'Bestie des Neptun') selbst, während der Minotaurus "nur" durch den Stier des Poseidon gezeugt wurde (S. 201). Das Datenmaterial scheint doch ein wenig dünn, um solche Unterschiede zu machen. Ist nicht der Minotaurus, dadurch, dass er durch den von Poseidon/Neptun gesandten Stier gezeugt wird, nicht schlicht eine bestia Neptuni?


Brüllend durchs Labyrinth zu laufen und gelegentlich Menschenblut zu trinken ist scheinbar alles was ze tut.
Das Meerwunder" im "Eckenlied" ist kein Mann mit Hörnern, sondern "...halp ros und halbes Man...."
Ein Centaur also.

Du hast Recht: "Her Egge [...] Daz swert fuort er mit der hant, er schriet [sic!, vermutlich ist aber schniet korrekt] im durch sin hürnin gewant eine starke wunden, daz daz mer wunder tot viel nider an den stunden..."

Wobei Meerwunder wohl nicht ein Meeresungeheuer meint, behauptet zumindest Kay Malcher (S. 78, FN 102). Damit ist wiederum die Vergleichbarkeit des Meeresungeheuers der "Fredegar"-Chronik und des Monsters aus dem Eckenlied in Frage gestellt.
 
Quino könnte auch auf König (engl. king) hindeuten. Also der König als Stier, sein alter ego. Ich verweise auch auf Harlequin, Arlecchino. :winke:
 
Dem entgegen ist mit "Fredegar" festzuhalten, dass Chlodio mit seiner Frau am Strand war, als sie ans Wasser ging. Dann habe der Quinotaurus sie angegriffen und jetzt wisse man nicht, wessen Sohn Merowech sei, des Mannes oder des Monsters bzw. wörtlich von dem er empfangen wurde: aut a bistea aut a viro fuisset concepta. Das lässt für alter ego-Thesen einfach keinen Raum. Es sei denn, man will schizophrene Verwandlungen á la Dr. Jekyll and Mr. Hyde zugrunde legen.
 
« Fredegar » spielt hier auf einen bekannten anderen Bericht an (Jordanes Getica §121), der schildert, wie heilsmächtige Frauen in der Einöde sich mit « unreinen Geistern » verbanden und so zu Stammfrauen der Hunnen wurden.
Der Vergleich mit den Hunnenursprung finde ich gar nicht so verkehrt. Möglich das es ein gemein-germanischer Topos ist, dass sich Ungeheuer mit menschlchen Frauen verbinden und daraus ein Geschlecht brutaler Monster-Menschen entsteht. (Zu beachten ist hier auch Jordanes Beschreibung der Hunnen. Von Borsten ist da nicht die Rede, wohl aber von Bartlosigkeit.)
Jordanes schreibt da ganz wortwörtlich von Incubi, die sich mit den gotischen Hexen einlassen. Damit nimmt Jordanes nicht nur das gängige Hexenbild späterer Epochen vorweg, nämlich dass Hexen mit Teufeln und Dämonen den Beischlaf vollziehen, nein er verweist damit erneut in das Reich der Unholde, Geister und Monster.
Die Geschichte funktioniert im Grunde genauso, nur das keine Königin sondern eben die verstoßenen gotischen Hexen nicht mit einem Meeresungeheuer sondern mit Steppengeister kein Königsgeschlecht sondern ein ganzes Volk hervorbringen. Schlechte Presse für Hunnen wie Merowinger!
Interessanterweise nennt Geoffrey's Historia Regum Britanniae den Zauberer Merlin der Artus-Sage den Sohn eines Incubus und einer menschlichen Frau.

Du hast Recht: "Her Egge [...] Daz swert fuort er mit der hant, er schriet [sic!, vermutlich ist aber schniet korrekt] im durch sin hürnin gewant eine starke wunden, daz daz mer wunder tot viel nider an den stunden...
Da erhebe ich aber Einspruch! Das Horn weist mit dichten aus Horn gefertige Schuppenrüstung der Sarmaten hin. Mit dem Horn ist vielmehr auf die Hornhaut des Ungeheuers. Ich denke da auch an die Hornhaut Siegfrieds im Nibeungen. Dietrich durchschnitt die Hornhaut des Meerwunders.

Vielleicht ist ja noch dieser leicht anachronistische Stich von Albrecht Dürer interessant. Der zeigt das männliche Meerwunder mit einem Schildkrötenpanzer am Schild und einem Weibe als Gespielin.
Im Grunde war es völlig egal, ob das Meerwunder Fledermausflügel, ein Mintaurenhaupt, einen Pferdeleib einen Fischschwanz etc. hat. Die Sache scheint früher keinen so recht interessiert gestört zu haben. Ebensowenig wie das Märchen, dass den Abkömmlingen von Wassermännern Wildschweinborsten wachsen. Biologisch macht das keinen Sinn! Warum auch?
Hat nicht der Zeus nicht auch Stiergestalt den kretischen König Minos gezeugt und dieser hatte kein Stierhaupt. (Minos Kuckuckskind, der Minotaurus entstand aus der Verbiindung der der kretischen Königin Pasiphae und einem von Poseidon geschicktem Stier. Der Minotaurus ist darum auch eigentlich nur das Kalb der Bestie Neptuns und nicht selbst die Bestie Neptun.) Zu allem Überfluß erscheint der Zeus in hellenistischer Zeit mit den Widderhörnern des Amon. Oder um die Sache ägyptisch aufs Korn zu nehmen: Der tote Osiris schwängert die vogelgestaltige Isis, die daraufhin in Kuhgestalt den falkenköpfigen Horus in die Welt setzt. Der totale Wahnsinn ist natürlich die germanische Mythologie: Da neben Zwerge die Gestalten von Hechten und Ottern an um einander zu verspeisen. Ein gewisser Loki, seinerseits männlich, verwandelt sich eine, wird von dem Hengst eines Riesen gedeckt und gebärt schließlich das achtbeinige Ross Sleipnir. Einfach der totale Wahnsinn.
Daher halte ich dafür, dass die Gestalt der Meerwunders eher Nebensache ist und offensichtlich variabel. Wichtig erscheint mir da die Stringenz der bösen Absicht und der Verbindung zum Wasser.
Und um zur eigentlichen Bestie Neptuns zurückzukommen. Triton, der Sohn Poseidons, hat in der Regel ein oder zwei Fischschwänze, gelegentlich die Vorderläufe eines Pferde und manchmal sogar Hörner! Leider habe ich noch keinen Triton mit Wildschweinmähne und Fledermausflügeln gefunden. :-(
 
Zuletzt bearbeitet:
Dem entgegen ist mit "Fredegar" festzuhalten, dass Chlodio mit seiner Frau am Strand war, als sie ans Wasser ging. Dann habe der Quinotaurus sie angegriffen und jetzt wisse man nicht, wessen Sohn Merowech sei, des Mannes oder des Monsters bzw. wörtlich von dem er empfangen wurde: aut a bistea aut a viro fuisset concepta. Das lässt für alter ego-Thesen einfach keinen Raum. Es sei denn, man will schizophrene Verwandlungen á la Dr. Jekyll and Mr. Hyde zugrunde legen.

Natürlich gerade, denn wo war denn der König, als das Monster kam?))
 
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