Nicht unbedingt, dass er die Trauer vorgetäuscht hat. Aber dass er seine Trauer so öffentlich gemacht hat = Showtrauern. Vielleicht hätte Alexander selbst viel lieber in sein Kopfkissengeheult, aber stattdessen hat er gefastet und Boten in alle Himmelsrichtungen geschickt etc. Dass die Geschichtsschreiber uns von einem Fasten berichten ist eine starker Hinweis darauf, dass sein Fasten öffentlich gemacht wurde.
Ich denke, dass diese Argumentation einleuchtend ist, zumal von anderen antiken Herrschern ähnliche Dinge berichtet werden.
Zunächst einmal bietet sich das Vorbild des Achilleus an, der Alexanders Lieblingsheld und mysthischer Urahne war. Achilleus und Patroklos das war ein Mythos, den Alexander bereits beschwor, als er über den Hellespont setzte und den angeblichen Schild des Achilleus dem Heer vorantragen ließ. Wenn Achilleus Patroklos mit Wagenrennen, Totenspenden, Opfergaben und sogar mit Menschenopfern feierte, konnte Alexander nicht gut Hephaistion ein Staatsbegräbnis 3. Klasse ausrichten, wie es Franz Joseph I. dem ermordeten Erzherzog Franz Ferdinand stiftete.
Von Augustus ist eine ähnliche Form des Trauerkultes überliefert, anlässlich des Untergangs der Rheinarmee des Quintilius Varus, dessen Jahrestag zum Volkstrauertag erklärt wurde.
"Ja, es heißt, seine Verzweiflung sei so groß gewesen, dass er monatelang Haar und Bart sich wachsen ließ (bei den Römern Zeichen der Trauer wie bei den Griechen das scheren der Haare) und oft seinen Kopf gegen die Tür stieß mit dem Ausruf: Quintilius Varus, gib mir meine Legionen zurück!"
(Sueton, Augustus kap 23)
Später ehrte der Kaiser Hadrian seinen Geliebten Antinous, der unter mysteriösen Umständen im Nil ertrunken war mit erlesener Totenverehrung und der Gründung einer Stadt die Antinous Namen trug.
In Rom errichtete ein dankbarer Freigelassener seinem Herrn Caestius die einzige Pyramide Europas.
Es war die öffentliche Bekundung der Trauer, nicht nur persönlicher Ausdruck eines Herrschers,sondern es wurde eine solche öffentliche Bekundung geradezu von einem Herrscher erwartet, und es hat sich z. B. Tiberius äußerst unbeliebt gemacht, als er den myteriösen Tod seines Neffen Germanicus recht gefasst aufnahm und den Trauerfeierlichkeiten fernblieb.