Kaiser wie Napoleon I. oder die russischen Zaren, aber sogar die österreichischen Kaiser, waren defintiv viel mächtiger als z. B. die Kaiser des Lateinischen Kaiserreiches oder von Thessalonike.
Es geht bei den Kaisern von Byzanz und denen des
Heiligen Römischen Reichs nicht so sehr darum, dass sie "definitiv mächtiger" waren. Kernpunkt der mittelalterlichen Kaiser ist ihre heilsgeschichtliche Bedeutung und der sakrale Charakter ihrer Herrschaft, der sich erst am Ausgang des Mittelalters allmählich - aber nicht gänzlich - verlor.
Somit war der mittelalterliche Reichsgedanke sowohl religiös als auch politisch bestimmt. Die religiöse Grundlegung ergab sich wesentlich aus dem Auftrag Jesu Christi, den Völkern der Erde das Evangelium zu predigen. Das Reich sollte nach mittelalterlicher Auffassung den Rahmen bilden, in dem sich die Erlösung der Menschheit durch Jesus Christus vollzog. Dem Kaiser fielen mithin als wichtige Aufgaben zu, den Frieden der Christenheit zu sichern und um dieses Friedens die "Heiden", die Feinde der Chrsitenheut, zu bekämpfen.
Damit hatte der Kaiser im MA eine völlig andere Position, die ihn in den Augen des Volks in eine himmlisch-übermenschliche Sphäre emporhob, egal, ob er nun über die Machtmittel eines späteren Napoleon, eines Wilhelm oder anderer neuzeitlicher Kaiser verfügte. Der Kaiser des Mittelalters war in diesem Sinne das weltliche Haupt der Christenheit. Die Goldene Bulle von 1356 nennt ihn "das weltliche Haupt der Welt und des christlichen Volkes" (c. II, 3).
Als der höchste Herr der Christenheit nahm der Kaiser in der abendländischen Welt eine Vorrangstellung ein, die zuweilen auch als Weltherrschaft (Oberherrschaft) gedeutet werden konnte. Diese Vorrangstellung bedeutete jedoch
nicht eine staatsrechtliche Oberherrschaft über die christlichen Staaten des Abendlandes. Vielmehr hatte der Kaiser nur eine Vorherrschaft in dem Sinne, dass ihm eine höhere Würde (
auctoritas imperialis) vor den übrigen Königen zukam, die dadurch aber nicht in ihrer staatlichen Selbstständigkeit beeinträchtigt wurden.
Aus all dem ergibt sich, dass Funktion und Selbstverständnis der mittelalterlichen Kaiser und ihr heilbringendes Ansehen im Volk überhaupt nicht mit dem neuzeitlicher Kaiser vergleichbar sind. Allerdings: Je näher die Neuzeit rückte, desto stärker schwächten sich diese Elemente des Kaisertums ab.