Die "Lust" musste ja bei den Fürsten und anderen Herrschenden vorhanden sein. Relativ viele Reichsstände waren aber für dieses Unternehmen zu egoistisch,
Patriotismus gab es zumindest in den direkt von den Auswirkungen des Krieges betroffenen Gegenden durchaus.
Gerade die „innere“ Einstellung der Reichsfürsten zu „Volk und Vaterland“ - um es mit dem
eigentümlichen Pathos des 19. Jhdts. zu formulieren – war (mit modernen Worten ausgedrückt) sehr
grenzwertig.
Dies möchte ich mit einem etwas längeren Zitat belegen:
„Fast alle deutschen Fürsten hatten sich mit Frankreich verbündet, und als Napoleon Kaiser
geworden war, huldigten sie ihm untertänig. Das Feilschen um Geld, Land und Leute im
Zusammenhang mit dem Reichsdeputationshauptschluß zeigt eindeutig, daß die deutschen Fürsten
weder Volk noch Vaterland, sondern nur Einnahmequellen kannten. Napoleon schloß mit ihnen
Verträge und ließ sich von ihnen Heere zur Verfügung stellen, die er auf den Schlachtfeldern
Europas, vornehmlich in Rußland verheizte; aber er zeigte ihnen unmißverständlich seine
Verachtung. Zum Symbol dieser Einstellung wurde der 'Fürstentag zu Erfurt' vom 27. September bis
14. Oktober 1808. Napoleon …. suchte in dem Zaren Alexander einen Verbündeten. Er lud ihn nach
Erfurt zu Besprechungen ein und führte ihm die deutschen Fürsten wie aufgeputzte Pudelhunde vor.
Weit davon entfernt, sie als Majestäten oder wenigstens mit dem Titel 'Sire' anzureden, nannte er
nur ihre Amtsbezeichnung wie bei subalternen Offizieren. Einmal rief er unwirsch: 'König von
Bayern, halten Sie den Mund!' Die Fürsten aber scharwenzelten um Napoleon herum und buhlten
um sein Wohlwollen. Von Nationalstolz und deutscher Sendung war hier jedenfalls nichts zu
spüren.“ Ende des Zitats, s. Otto Kimminich, Dt. Verfassungsgeschichte, 1. Aufl., 1970, S. 295.
Trotz der etwas krassen Formulierungen, die der Autor gewählt, gehörte Kimminich nicht nur zu
den bekannteren Rechtshistorikern, sondern war vor allem geschätzter Völkerrechtler – bestimmt
kein tumber Nationalist.
Es war also weniger die militärische Macht Frankreichs zu Beginn des 19. Jhdts. ausschlaggebend
als die opportunistische Grundeinstellung der Fürsten.
Was sich – verkürzt gesagt – erst mit den sog. Befreiungskriegen, also deutlich nach 1806 als dem
faktischen Nieder-/Untergang des HRR, änderte.
Besonders cool finde ich die Stelle mit dem König von Bayern – kleiner Schlenker zur neueren
Zeitgeschichte: Einen solchen Spruch hätte sich mal ein Kanzler Schmidt oder Kohl ggü. dem
seligen Franz-Josef S. erlauben sollen. Götz zum Gruß.