Paradebeispiele: "Geschichte wird von den Siegern geschrieben"

Geschichte wird von den Siegern geschrieben.

Ein gutes, aber gesellschaftlich gefährliches Beispiel ist Hitler. Und die Tatsache, dass es kulturell grenzwertig ist ist bereits Beweis dafür, dass in diesem Fall die Sieger Geschichte geschrieben haben.

Keine Angst, ich will nicht den Holocaust leugnen, um Gottes Willen. Es geht nur um die Annahme, dass die Auffassung von Hitler und dem deutschen Reich heute, hätten "wir" gewonnen, komplett anders wäre. Hitler würde als großartiger Feldherr und fast schon messiasartig in die Annalen der Weltgeschichte eingehen und nicht als größter Tyrann der Moderne.

Ein gutes Beispiel dafür sind die USA. Während des Vietnamkrieges haben sie alleine über Laos 2 Millionen Tonnen Bomben abgeworfen und die zivilen Opfer übersteigen die der Nazis bei Weitem. Das bedeutet, dass im Schnitt über einen Zeitraum von 9 Jahren alle 7 Minuten ein Bomber der stärksten Klasse komplett vollgepackt seine Ladung über Laos abgeworfen hat.

Nur, da die USA die primären Kriegsgeschichtsschreiber und die selbsternannte Weltpolizei sind steht hier in keinem Lexikon etwas von Tyrannei geschrieben.

Das ist nur ein Beispiel. Es gibt unzählige. Aber Hitler ist in meinen Augen das Beste Beispiel, wie es aussieht, wenn man nicht auf der Siegerseite war, die Geschichte die geschrieben hat.

Wilde Behauptungen, jede Menge politische Wertungen, sinnlose bzw. auch falsche Analogien in Kombination mit absolut keiner Analyse. Geschweige denn den Hauch einer Beweisführung im Rahmen von Quellen oder Literatur. :mad:



Statt einer roten Bewertung, eine Kommentierung.
 
Ergänzend zu meinem Vorposter...

Zitat:
„Geschichte wird von den Siegern geschrieben.“

Ja, in Diktaturen.
 
Sofern ich Ralf M. interpretieren darf, hatte ich ihn so verstanden, dass nur in Diktaturen die Möglichkeit einer Gleichschaltung durch Zensur besteht. Indem der "roten Faden" der Geschichtsschreibung vorgeschrieben und repressiv durchgesetzt wird. Wie leider, auch für die betroffenen Forscher, viel zu lange im ehemaligen "Ostblock".

In pluralistischen Gesellschaften, mit einer erwünschten Vielfalt unerschiedlicher akademischer Meinungen, ist es dagegen nicht möglich, eine einheitliche Linie durch den Staat vorzugeben und noch viel weniger realistisch, sie auch durchzusetzen.

Unabhängig davon setzen sich bestimmte Forschungsrichtungen für eine bestimmte Zeit durch und bilden das überwiegende, mehrheitlich akzeptiertee Paradigma für die Forschung. Wie beispielsweise im Fall struktur-funktionalistischer Theorien oder auch Ansätze zu Totalitarismustheorien im Rahmen des "Kalten Krieges". Und dass sie in Frage gestellt worden sind und teilweise verworfen ist dann auch der Beweis für die vialität und die Pluralität der Forschungslandschaft.

Eine rudimentäre Kenntnis der heftigen Diskussionen nur in Nachkriegsdeutschland, bis hin zum "Historikerstreit", belegt diese Pluralität. Ein Popper oder Horkheimer hätte an diesem Diskurs seine Freude gehabt.

Und aus genau diesem Grund ist die These, dass Sieger die Geschrichtsschreibung schreiben würden, aus meiner Sicht, in der Regel politisch motiviert und zeigt, dass beispielsweise "Ephialtes" nicht den leisesten Schimmer hat wie wettbewerbsorientiert heute akademischen Positionen sind. :mad:
 
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Geschichte wird von den Siegern geschrieben.
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Ein gutes Beispiel dafür sind die USA. Während des Vietnamkrieges haben sie alleine über Laos 2 Millionen Tonnen Bomben abgeworfen und die zivilen Opfer übersteigen die der Nazis bei Weitem. Das bedeutet, dass im Schnitt über einen Zeitraum von 9 Jahren alle 7 Minuten ein Bomber der stärksten Klasse komplett vollgepackt seine Ladung über Laos abgeworfen hat....

Zum "Hitler-Vergleich" haben andere schon geschrieben.

Der Hinweis von Ephialtes ist schon deshalb unsinnig, weil hier bzgl. Hitler darüber spekuliert wird, wie ein anderer Ereignisablauf gewertet würde, und nicht eine andere "Geschichtsschreibung" (nämlich anders, als die angebliche "Sieger-Geschichtsschreibung").

Wenn man das nicht deutlich auseinander halten kann, sollte man die Finger von solchen Vergleichen lassen.

Zum Indochina-Krieg: Angesichts der tausenden Publikationen über die Kriegführung der USA, den diversen thematischen Kontroversen, den kritischen Darstellungen dazu in der Literatur, den analysierten Ursachen und Folgen des Indochina-Krieges, ist mir völlig schleierhaft, wie man hier auf aktuelle Lücken und Verdrehungen der herrschenden Meinung im Sinne einer "Siegergeschichtsschreibung" schließen kann.

Gerade die Literatur zu diesem Thema enthält ein außerordentlich breites Meinungsspektrum (wenn man sie denn mal zur Kenntnis nimmt), bei denen es an massiver Kritik nun gerade nicht fehlt.
 
Geschichte wird von den Siegern geschrieben.

Ein gutes, aber gesellschaftlich gefährliches Beispiel ist Hitler. Und die Tatsache, dass es kulturell grenzwertig ist ist bereits Beweis dafür, dass in diesem Fall die Sieger Geschichte geschrieben haben.

Keine Angst, ich will nicht den Holocaust leugnen, um Gottes Willen. Es geht nur um die Annahme, dass die Auffassung von Hitler und dem deutschen Reich heute, hätten "wir" gewonnen, komplett anders wäre. Hitler würde als großartiger Feldherr und fast schon messiasartig in die Annalen der Weltgeschichte eingehen und nicht als größter Tyrann der Moderne.

Ein gutes Beispiel dafür sind die USA. Während des Vietnamkrieges haben sie alleine über Laos 2 Millionen Tonnen Bomben abgeworfen und die zivilen Opfer übersteigen die der Nazis bei Weitem. Das bedeutet, dass im Schnitt über einen Zeitraum von 9 Jahren alle 7 Minuten ein Bomber der stärksten Klasse komplett vollgepackt seine Ladung über Laos abgeworfen hat.

Nur, da die USA die primären Kriegsgeschichtsschreiber und die selbsternannte Weltpolizei sind steht hier in keinem Lexikon etwas von Tyrannei geschrieben.

Das ist nur ein Beispiel. Es gibt unzählige. Aber Hitler ist in meinen Augen das Beste Beispiel, wie es aussieht, wenn man nicht auf der Siegerseite war, die Geschichte die geschrieben hat.


Der Sieger schreibt die Geschichte, der Verlierer aber die Wahrheit? Das ist doch totaler Quatsch. Du sagst, du willst den Holocaust nicht leugnen, wenn "wir" aber den Krieg gewonnen hätten, würde Hitler als genialer Staatsmann und Kriegsherr gefeiert. Damit kommst du einer Relativierung ziemlich nahe, was durch die Behauptung verstärkt wird, die zivilen Opfer des Vietnamkrieges überstiegen die Opferzahlen der Nazis.
Das würde bedeuten, dass der Zweck jedes Mittel heiligt und der Erfolg nicht nur alles rechtfertigt, sondern auch den Täter zum Heiligen und Helden macht.

Genozid, Euthanasie und der gesamte Terrorapparat des Systems wären dann nur Petitessen, eine Fußnote der Geschichte, die man mit Hilfe der Geschichtsschreibung ohnehin längst vergessen hätte.

Die USA haben den Vietnamkrieg verloren, und es hat auch kein "Geschichtsschreiber" oder Journalist geschafft, die Niederlage in einen Sieg umzulügen oder das Massaker von My Lai in eine Heldentat zu verwandeln. Im Gegenteil hatten Journalisten die Möglichkeit, Bilder vom Kriegsschauplatz zu senden, die beim Unternehmen Desert Storm undenkbar gewesen wären, denn sie wären der Zensur verfallen.

Viele Größen der Geschichte haben Blut in Strömen vergossen, etliche Parteigänger versuchten es zu rechtfertigen, doch hat die Nachwelt solche Gewalttaten nicht vergessen, selbst wenn es sich um tüchtige Herrscher handelte wie Augustus oder Alexander und Peter der Große.
 
Nur, da die USA die primären Kriegsgeschichtsschreiber und die selbsternannte Weltpolizei sind steht hier in keinem Lexikon etwas von Tyrannei geschrieben.
Demokratie befindet sich in einem ständigen Prozess. Sie ist nichts, was fertig wäre, denn sie muss und kann sich den Umständen ihrer Zeit anpassen. Das schließt Fehler und Verbrechen nicht aus. So gehört die Unterstützung des Putschisten Augusto Pinochet sicher nicht auf das Ruhmesblatt der USA. Zur Demokratie gehört dann eben auch, dass man dies offen sagen und publizieren darf, ohne dafür in sogenannte Schutzhaft oder gleich in den Gulag zu kommen.

Das ist nur ein Beispiel. Es gibt unzählige. Aber Hitler ist in meinen Augen das Beste Beispiel, wie es aussieht, wenn man nicht auf der Siegerseite war, die Geschichte die geschrieben hat.
Gegenbeispiel: Stalin war seinerzeit auf der Seite der Sieger, trotzdem gilt er heute als Unhold. Das Wort Stalinismus umschreibt jedenfalls keine paradisischen Zustände.
 
Demokratie befindet sich in einem ständigen Prozess. Sie ist nichts, was fertig wäre, denn sie muss und kann sich den Umständen ihrer Zeit anpassen. Das schließt Fehler und Verbrechen nicht aus. So gehört die Unterstützung des Putschisten Augusto Pinochet sicher nicht auf das Ruhmesblatt der USA. Zur Demokratie gehört dann eben auch, dass man dies offen sagen und publizieren darf, ohne dafür in sogenannte Schutzhaft oder gleich in den Gulag zu kommen.


Gegenbeispiel: Stalin war seinerzeit auf der Seite der Sieger, trotzdem gilt er heute als Unhold. Das Wort Stalinismus umschreibt jedenfalls keine paradisischen Zustände.

Mao Zedong ist heute noch auf Banknoten der VR China und am Tor des Himmlischen Friedens in Peking abgebildet, und die Pressefreiheit gilt bestenfalls für den Sportteil, weshalb eine kritische Betrachtung nicht über die Deng Formel hinausgehen darf (70% der Entscheidungen positiv, 30 % grenzwertig, was der Verfasser Mao Yushi 2011 erfuhr, als er einen online Artikel veröffentlichte, der Mao massive Vorwürfe machte und ihn persönlich attackierte. keine noch so scharfe Pressezensur konnte allerdings dafür sorgen, dass das Image des "Großen Vorsitzenden" nicht angekratzt wurde.
 
Irgendwie geht die Rechnung nicht auf

Hallo Ephialtes,

also irgendwo muss ein Fehler in Deinen Quellen sein. Du schreibst

...
Ein gutes Beispiel dafür sind die USA. Während des Vietnamkrieges haben sie alleine über Laos 2 Millionen Tonnen Bomben abgeworfen und die zivilen Opfer übersteigen die der Nazis bei Weitem. Das bedeutet, dass im Schnitt über einen Zeitraum von 9 Jahren alle 7 Minuten ein Bomber der stärksten Klasse komplett vollgepackt seine Ladung über Laos abgeworfen hat. ...

Also 9 Jahre lang, d. h. mindestens 9 x 365 + 2 = 3.287 Tage
x 24 x 60 = 4.733.280 Minuten
alle 7 Minuten ein Satz = 676.183 Einsätze

Nehmen wir, wie du schreibst den "Bomber der stärksten Klasse komplett vollgepackt", also die B52 mit 30 to Abwurflast = 20.285.485 to

Das ist aber das zehnfache der von Dir genannten 2 Millionen Tonnen Bomben. Passt irgendwie nicht zusammen!
 
Der Sieger schreibt die Geschichte, der Verlierer aber die Wahrheit? Das ist doch totaler Quatsch. Du sagst, du willst den Holocaust nicht leugnen, wenn "wir" aber den Krieg gewonnen hätten, würde Hitler als genialer Staatsmann und Kriegsherr gefeiert. Damit kommst du einer Relativierung ziemlich nahe, was durch die Behauptung verstärkt wird, die zivilen Opfer des Vietnamkrieges überstiegen die Opferzahlen der Nazis.
Das würde bedeuten, dass der Zweck jedes Mittel heiligt und der Erfolg nicht nur alles rechtfertigt, sondern auch den Täter zum Heiligen und Helden macht.

Genozid, Euthanasie und der gesamte Terrorapparat des Systems wären dann nur Petitessen, eine Fußnote der Geschichte, die man mit Hilfe der Geschichtsschreibung ohnehin längst vergessen hätte.

Die USA haben den Vietnamkrieg verloren, und es hat auch kein "Geschichtsschreiber" oder Journalist geschafft, die Niederlage in einen Sieg umzulügen oder das Massaker von My Lai in eine Heldentat zu verwandeln. Im Gegenteil hatten Journalisten die Möglichkeit, Bilder vom Kriegsschauplatz zu senden, die beim Unternehmen Desert Storm undenkbar gewesen wären, denn sie wären der Zensur verfallen
.

Viele Größen der Geschichte haben Blut in Strömen vergossen, etliche Parteigänger versuchten es zu rechtfertigen, doch hat die Nachwelt solche Gewalttaten nicht vergessen, selbst wenn es sich um tüchtige Herrscher handelte wie Augustus oder Alexander und Peter der Große.

Weder der Sieger, noch der Verlierer sagt die Wahrheit. Beide lügen. Der Sieger lügt, weil er dem Verlierer unrechtes Verhalten nachweisen will, gleichzeitig aber den Anspruch erheben muss, selbst sauber geblieben zu sein. Und der Verlierer lügt, weil er, um für seine Verbrechen nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden, die Verbrechen der Sieger als möglichst krass darstellen muss.

Die von Dir angesprochene Zensur verfolgt doch nur einen Zweck: Wie will der Sieger die Geschichte nach seinen Vorstellungen schreiben, wenn jeder an alle Informationen kommt? Zensur ist nur aus einem einzigen Grund notwendig: Wenn man NICHT die Wahrheit sagen will/kann, sondern nur die EIGENE VERSION DER WAHRHEIT. Also schreibt der Sieger doch die Geschichte. Peinlich für den Sieger (also in den letzten Jahrzehnten die USA): es tauchen immer wieder Videos im I-net auf, die das Bild des gerechten und sauberen Krieges ad absurdum führen. Und peinlich für uns alle: dass wir "geheime" Videos brauchen, die uns das vor Augen führen. Wenn 100.000 Menschen mit Waffen aufeinander losgehen, dann kann das nicht sauber abgehen, denn die 100.000 sind alle nicht Mutter Theresa. Und das sollte uns unser Verstand sagen, ohne dass wir uns Videos angucken müssen.

Und natürlich wurde und wird das allgemein so gesehen, dass der Zweck die Mittel heiligt. Das hat Hitler so gesehen, und Bomber-Harris auch, Churchill hat sich Harris' Ansichten gebeugt, und ich kann auch nicht erkennen, dass Stalin das anders gesehen hätte.
Ein jüngeres Beispiel: Die Fakten in der Präsentation von Colin Powell vor der UN, um einen Krieg gegen den Irak zu rechtfertigen, waren so dermaßen falsch, dass keiner mehr glauben will, dass die USA nicht selbst wussten, dass sie da einen Haufen Unsinn erzählen. Offenbar hat ein einziges Land die gesamte Welt belogen, um im Irak einmarschieren zu können. Wenn man das beweisen könnte, wäre klar, dass der "Weltpolizist" auch heute noch nach der Maxime "Der Zweck heiligt die Mittel" agiert.
 
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Ich bin mit dieser Formulierung nicht ganz einverstanden.

Ich sehe deinen Standpunkt, dass beide eingefärbte und vollkommen subjektive Meinungen zu einem Disput (z. B. Krieg) haben, aber lügen sie deshalb gleich? Ich denke, sie legen eher den jeweils ihrigen Standpunkt der Sache dar, benutzen dabei oft Übertreibungen und natürlich auch Untertreibungen. Vielleicht wird auch ein bisschen "geflunkert". Aber als lügen würde ich es nun wirklich nicht bezeichnen.

Was ich persönlich ganz interessant finde, ist die Definition von Wahrheit und Wirklichkeit.
Vom philosophischen Standpunkt aus betrachtet ist Wahrheit das persönliche Empfinden eines Geschehnisses, während die Wirklichkeit die reine Objektivität ist. Da aber kein Mensch objektiv ist – kann es da eine Wirklichkeit überhaupt geben?
Okay, aber genug davon.

Die Sache, auf die ich hinaus will, ist folgende: Egal wie ein Disput nun ausgegangen ist, man will doch eigentlich immer das Beste daraus machen. Die einen nutzen dies für ihre Propaganda, während die anderen vielleicht genau das Gleiche tun? Es sind eben alles eingefärbte und subjektive Meinungen. Und das wird sich auch nicht ändern.

Ich finde übrigens, dass Geschichte auch von den Verlierern geschrieben wird. Wenn man von einem Krieg ausgeht, so wird der Verlierer (es hat sich in den letzten, naja, 1500-2000 Jahren gezeigt) nicht eliminiert und für immer von der Bildfläche gekratzt. Die Armee wird geschlagen, der Staat vielleicht annektiert oder besetzt. Aber das Volk wird ja nicht ermordet (in Hinblick auf die letzten 100 Jahre zumindest nicht ganz). Und natürlich gibt es in jedem unterlegenen Volk auch Geschichtsschreiber.
Und gerade in der heutigen Zeit werden politische und militärische Auseinandersetzungen möglichst von beiden Seiten beleuchtet und kontrovers diskutiert, was im Zeitalter der neuen Medien und der fortschreitenden Globalisierung ganz einfach und schnell geht.
 
Zitat:
Ich sehe deinen Standpunkt, dass beide eingefärbte und vollkommen subjektive Meinungen zu einem Disput (z. B. Krieg) haben, aber lügen sie deshalb gleich? Ich denke, sie legen eher den jeweils ihrigen Standpunkt der Sache dar, benutzen dabei oft Übertreibungen und natürlich auch Untertreibungen. Vielleicht wird auch ein bisschen "geflunkert". Aber als lügen würde ich es nun wirklich nicht bezeichnen.


Die Sache, auf die ich hinaus will, ist folgende: Egal wie ein Disput nun ausgegangen ist, man will doch eigentlich immer das Beste daraus machen. Die einen nutzen dies für ihre Propaganda, während die anderen vielleicht genau das Gleiche tun? Es sind eben alles eingefärbte und subjektive Meinungen. Und das wird sich auch nicht ändern.

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Ich bin sehr erstaunt, dass jemand an das Gute im Menschen glaubt und erst von "einer anderen Sicht der Dinge" als von einer "Lüge" ausgeht. Das freut mich ehrlich! Aber ich kann mich auch nicht des Eindrucks erwehren, dass Du einen etwas naiven Blick auf die Wahrheitsliebe von Politikern in Kriegszeiten wirfst.

Ein Beispiel:
In Deutschland wird immer gern behauptet, die alliierten Flächenbombardements waren notwendig, um die deutsche Kriegswirtschaft lahmzulegen und die Moral der Bevölkerung zu brechen. Wer etwas anderes behauptet, wird hier von einigen (nicht von allen) sofort in die rechte Ecke gestellt, weil er die "Wahrheit" einiger nicht anerkennen will. Die Argumente, dass nämlich die deutsche Kriegswirtschaft sich kontinuierlich steigerte und im Februar 1944 den höchsten Ausstoß an Rüstungsgütern während des gesamten Krieges zu verzeichnen hatte, oder auch Äußerungen namhafter britischer Historiker, die die Flächenbombardements verurteilen, weil auf alliierter Seite diese Bombardierungen nicht eingestellt wurden obwohl man schnell erkannte, dass sie nicht zum Ziel führen, werden nicht berücksichtigt. Wer also um solche Fakten weiß und trotzdem, also wider besseres Wissen, seine falsche Meinung verbreitet, der kann nicht mehr von "seiner Sicht auf die Dinge" reden. "Seine Sicht" ist erwiesenermaßen falsch, und sie weiter als "richtig" zu verbreiten, heißt "lügen".
Die Frage ist aber: Warum verhält sich jemand so? Wie man es auch dreht und wendet, die einzige schlüssige Erklärung, die mir einfällt, ist folgende: solchen Menschen geht es nicht um die korrekte Darstellung der Geschichte, sondern darum, die Geschichte in einer bestimmten Art und Weise darzustellen. Wenn wir die Geschichte aber nicht korrekt darstellen, wie wollen wir daraus lernen?
 
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Lieber Jones,

Ich weiß leider nicht, wie du darauf kommst, dass ich an das "Gute im Menschen" glaube und dass ich naiv bin (vielleicht bin ich das ja – wer weiß?). Ich wäre dir aber sehr dankbar, wenn man eine persönliche Note einfach aus der Diskussion lassen könnte, da du mich nicht kennst und ich es mir schwer vorstelle, aufgrund eines Beitrags gleich meine ganze Persönlichkeit zu erkennen.

Außerdem besteht hier ein Missverständnis: Ich habe von Propaganda bereits gesprochen, was ich als Demokrat in einem freien Land mit den Grundrechten in der Verfassung als nicht allzu angenehm empfinde.
Damit meine ich freilich keine Parteiwerbung im Wahlkampf, sondern die Verbreitung einer Ideologie, die eventuell antidemokratisch, antijudaistisch, antisemitisch, rassistisch, rechtsradikal, extremistisch oder sonstwas ist.

Anscheinend hast du weder meinen Beitrag aufmerksam gelesen, noch meinen Standpunkt erkannt. Ich denke, auf so einer Basis kann man nicht seriös diskutieren :)
 
Lieber Decurion,

ich habe nicht gesagt, dass Du naiv bist. Ich habe meinen Eindruck geschildert, der mich Deine Sicht auf die Wahrheitsliebe von Politikern als naiv empfinden ließ. Nun ist es doch aber so, und da wirst Du mir bestimmt zustimmen, dass man immer nur den Eindruck gewinnen kann, der einem vermittelt wird. Wenn ich also einen bestimmten Aspekt Deiner Argumentation als naiv empfinde, will ich damit nicht sagen, dass Du in Deiner Persönlichkeit als naiv anzusehen bist. Eine solche umfassende Aussage über Dich kann ich doch gar nicht treffen. Ich kenne Dich doch überhaupt nicht. Sollte Deine - zugegebenermaßen sehr leise und höflich formulierte - Zurechtweisung tatsächlich Gültigkeit in dem Maße erlangen, wie Du sie vorträgst, müssten wir das Wort "naiv" (und wahrscheinlich nicht nur dieses) aus diesem Forum ja komplett streichen.
Ich hingegen möchte nun zu Deinem letzten Beitrag folgendes vorbringen:
Ich bitte Dich höflich, von Vorwürfen wie "... weder meinen Beitrag aufmerksam gelesen, noch meinen Standpunkt erkannt..." Abstand nehmen! DAS, lieber Decurion, ist persönlich!
Ich habe Deinen Beitrag sehr sehr aufmerksam, und eben gerade noch einmal, gelesen. Es ist nicht so, dass ich Deinen Beitrag nicht im Stande bin, zu begreifen! Ich bin lediglich nicht Deiner Meinung, das ist alles. Und um einen weiteren meiner Eindrücke kurz grob anzudeuten: Was ist von jemandem zu halten, der einem Andersdenkenden pauschal vorwirft, er hätte nicht richtig oder nicht vollständig oder nicht aufmerksam gelesen oder das Anliegen des anderen nicht begriffen. Ich wiederhole vorsorglich: ich habe Deinen Beitrag mehrere Male gelesen. Ich habe Deinen Beitrag vom ersten bis zum letzten Wort verstanden. Und schlussendlich: ich bin trotzdem anderer Meinung als Du.
Und ich finde es sehr befremdlich, wie sehr jemand hier ein Problem mit einer anderen Meinung hat.
 
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...
Ein Beispiel:
In Deutschland wird immer gern behauptet, die alliierten Flächenbombardements waren notwendig, um die deutsche Kriegswirtschaft lahmzulegen und die Moral der Bevölkerung zu brechen. Wer etwas anderes behauptet, wird hier von einigen (nicht von allen) sofort in die rechte Ecke gestellt, weil er die "Wahrheit" einiger nicht anerkennen will. Die Argumente, dass nämlich die deutsche Kriegswirtschaft sich kontinuierlich steigerte und im Februar 1944 den höchsten Ausstoß an Rüstungsgütern während des gesamten Krieges zu verzeichnen hatte, oder auch Äußerungen namhafter britischer Historiker, die die Flächenbombardements verurteilen, weil auf alliierter Seite diese Bombardierungen nicht eingestellt wurden obwohl man schnell erkannte, dass sie nicht zum Ziel führen, werden nicht berücksichtigt. Wer also um solche Fakten weiß und trotzdem, also wider besseres Wissen, seine falsche Meinung verbreitet, der kann nicht mehr von "seiner Sicht auf die Dinge" reden. "Seine Sicht" ist erwiesenermaßen falsch, und sie weiter als "richtig" zu verbreiten, heißt "lügen".
Die Frage ist aber: Warum verhält sich jemand so? Wie man es auch dreht und wendet, die einzige schlüssige Erklärung, die mir einfällt, ist folgende: solchen Menschen geht es nicht um die korrekte Darstellung der Geschichte, sondern darum, die Geschichte in einer bestimmten Art und Weise darzustellen. Wenn wir die Geschichte aber nicht korrekt darstellen, wie wollen wir daraus lernen?

Du erbringst ein schönes Beispiel, jedoch leider anders als Du selbst beabsichtigst.

Deine Behauptung "In Deutschland wird immer gern behauptet, die alliierten Flächenbombardements waren notwendig, um die deutsche Kriegswirtschaft lahmzulegen und die Moral der Bevölkerung zu brechen..." ist ein Scheinargument.
Es ist nichts als eine Behauptung. Es gibt genügend Historiker von denen die Flächenbombardements kritisch betrachtet werden und die Angriffe gegen die Zivilbevölkerung sogar als Kriegsverbrechen bezeichnet werden. Dass sie notwendig waren, wird kaum ein Historiker behaupten, aber vielleicht analysieren, wie es zu der Britischen Entscheidung kam, diese Art der Kriegsführung zu bevorzugen.

Etwas völlig Anderes ist es natürlich, daraus eine Relativierung deutscher Kriegsverbrechen herzuleiten oder es sogar mit den Opfern des Holocausts gegenzurechnen wie es gerne von Neonazis getan wird und dieses Argument beginnt oft mit einer anscheinden harmlosen kritik an der "offiziellen" Geschichtsschreibung.

Es ist auch eine falsche Behauptung dass "...weil auf alliierter Seite diese Bombardierungen nicht eingestellt wurden obwohl man schnell erkannte, dass sie nicht zum Ziel führen...".

Hier wäre ein konkreter Beleg deinerseits von Nutzen, um zu beweisen dass dich nicht nur billige Polemik bewegt.

Dieses Thema wird z.B. bei Overy behandelt ("die Wurzeln des Sieges"). Es wurde zwar auf alliierter Seite darüber lebhaft diskutiert und es gab scharfe Kritiker von Bomber-Harris und Curtis LeMay (wer wagte es dagegen im DR offen Goering zu kritisieren?), dass man jedoch schnell zu einem negativen Urteil kam, ist eindeutig falsch, vor allen weil a) die Briten lange keine Alternativen zu dieser Kriegsführung hatten und b) im Falle Italiens und Japans es tatsächlich und eindeutig zu einem Zusammenbruch der Produktion führte da man erfolgreich die Arbeiter entweder aus den Produktionszentren vertrieb oder vernichtete. (Ob es im Falle Deutschlands etwas fruchtete ist diskutabel, da man ja nicht weiss wie hoch die Produktion ohne die Angriffe gewesen wäre).

Menschlich wohl verwerflich, militärisch jedoch sinnvoll.
 
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@ Jones: Tut mir leid. Ich wolte dich nicht so "anherrschen".

Ich will dir meinen Standpunkt einfach noch mal in kurzer und prägnanter Form darlegen.

Politiker können lügen, tun dies auch (und nicht nur in Krisenzeiten, wie mich dünkt). Was ich aber meinte, waren internationale und unabhängige Nachrichtenagenturen und Experten für bestimmte Krisen/Kriege/Nationen/Gebiete.
In der Vergangenheit hab es so etwas natürlich nicht. Aber es gab unabhängige Geschichtsschreiber, Historiker. Und wie schon der ehrwürdige Wilhelm von Tyrus sagte: Man kann als Historiker entweder sienen Herren schmeicheln, indem man die Geschichte so zurechtrückt, wie es besonders glanzvoll für denn Herrn ist ODER man schreibt die Wahrheit darnieder und ist ein richtiger Historiker.

Historiker und Nachrichtenagenturen (so sie nicht gekauft und korrupiert sind) legen also die wirklichen Begebenheiten dar, auch in einem besonders kritischen Maße (was ja vor allem in den letzten 20 Jahren sehr populär wurde).
Vielleicht erfassen sie nicht alle Aspekte eines Krieges oder einer Krise, eines Völkermordes oder sonstiger negativer Ereignisse. Dann sind es eben unvollständige Schilderungen, aber lügen tun sie nicht. Und genau das war mein Punkt.

Wenn "Geschichte geschrieben wird", dann von Historikern, die einen Sachverhalt von allen möglichen Seiten beleuchten und sich kritisch damit auseinandersetzen (natürlich keine beauftragten oder ideologisch eingefärbte Werke). Hätte Kim Jong-Il ein Buch über seine Herrschaft und die Geschichte seines Landes unter seiner Herrschaft veröffentlicht und darin geschildert, welchen Wohlstand und Frieden und Freude er seinem Volk gebracht hat, dann kann man davon ausgehen, dass er gelogen hat.

Nachtrag: Um das noch an einem Beispiel zu verdeutlichen führe ich mal den Zweiten Weltkrieg als Beispiel an. Würde Geschichte wirklich nur von den Siegern geschrieben wären, dann hätten die Alliierten ein blütenweißes Hemd an. Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass sich die Soldaten im Krieg immer korrekt verhalten haben und alles hundertprozentig nach Kriegsrecht abgelaufen ist, keine Fehler passiert sind und die Soldaten auch nur die Befehle ihrer Kommandanten befolgt haben. Würde also die Geschichte von den Siegern geschrieben worden sein, dann wäre dies aber wahrscheinlich so der Fall.
Aber nicht die Politiker sind die maßgebende Macht, sondern die Historiker, die auch die Verbrechen auf der Seite der "Guten" aufgedeckt haben.

Die Geschichte umfasst aber immer beide Seiten: Den Gewinner (Rom, Wallenstein, die Alliierten) und die Verlierer (Karthago, Schweden, Nazi-Deutschland), da man beide Seiten kritisch begutachtet. In der Antike war das wahrscheinlich noch nicht so ausgereift, aber seit der Neuzeit gab es bestimmt immer mindestens einen, der den Finger gehoben hat.

Natürlich sind meine Ausführungen sehr praktisch und nehmen den Threadtitel nicht mehr als Metapher (als welche sie gedacht war?). Aber ich denke, dass auch gerade dieser Aspekt ein sehr wichtiger ist.
 
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Ein Beispiel:
In Deutschland wird immer gern behauptet, die alliierten Flächenbombardements waren notwendig, um die deutsche Kriegswirtschaft lahmzulegen und die Moral der Bevölkerung zu brechen. Wer etwas anderes behauptet, wird hier von einigen (nicht von allen) sofort in die rechte Ecke gestellt, weil er die "Wahrheit" einiger nicht anerkennen will. Die Argumente, dass nämlich die deutsche Kriegswirtschaft sich kontinuierlich steigerte und im Februar 1944 den höchsten Ausstoß an Rüstungsgütern während des gesamten Krieges zu verzeichnen hatte, oder auch Äußerungen namhafter britischer Historiker, die die Flächenbombardements verurteilen, weil auf alliierter Seite diese Bombardierungen nicht eingestellt wurden obwohl man schnell erkannte, dass sie nicht zum Ziel führen, werden nicht berücksichtigt. Wer also um solche Fakten weiß und trotzdem, also wider besseres Wissen, seine falsche Meinung verbreitet, der kann nicht mehr von "seiner Sicht auf die Dinge" reden. "Seine Sicht" ist erwiesenermaßen falsch, und sie weiter als "richtig" zu verbreiten, heißt "lügen".

Das ist eine Vermischung von Fakten mit Halbwahrheiten, Fehlern und kontrafaktischen Behauptungen.

1. Der Output in 1944 sank in wesentlichen Bereichen erst ab, nachdem die alliierten Luftwaffen die Schlüsselindustrien effektiv bombardieren konnten. Die Pleiten 1943 (Schweinfurt) wendeten sich erst nach der "Big Week" Anfang 1944, nachdem die Jägerindustrie und die Treibstoffindustrie getroffen und die deutsche Luftabwehr hierdurch, durch die Überstrapazierung im Mehrfrontenkrieg und durch Fehlentscheidungen entscheidend geschwächt war. Der Aspekt der amerikanischen Angriffe gegen die Rüstungsindustrie wird außerdem mit dem der englischen Nachtangriffe im Flächenbombardement vermischt.

2. Die Auswirkungen der Luftangriffe (sowohl der nächtlichen Flächenbombardements der RAF als auch der Tagangriffe der USAAF) auf die deutsche Rüstungsindustrie bis hin zu deren drastischen Rückgang zur Jahreswende 1944/45 in fast allen Sektoren sind historisch Fakt, und können nicht ernsthaft bestritten werden.

3. Die Kritik von Historikern an der militärischen "Notwendigkeit", von populärwissenschaftlichen Darstellungen wie etwa bei Friedrich abgesehen, richtete sich schon durchgängig seit 60 Jahren gegen die Bombardements der letzten Phase 1945. Friedrich gelang es 2002, das Thema durch selektive Darstellungen zu "hypen".

4. Die rüstungswirtschaftlichen Effekte des Bombenkrieges wurden während des Krieges nicht ausreichend erkannt, zum Teil wurde die Wirkung überschätzt, zum Teil unterschätzt. Die Aussage, dass "schnell erkannt wurde, dass sie nicht zum Ziel führen", ist völliger Blödsinn. Zu diesem Thema zusammenfassend:
Targeting the Third Reich: air intelligence and the Allied bombing campaigns - Robert S. Ehlers - Google Books
oder die breite ältere Standardliteratur zum Thema.

5. In der Fachliteratur zum Thema werden außerdem die "indirekten" Wirkungen des Bombenkrieges behandelt, insbesondere die Bindungswirkung und der deutsche Ressourcenverbrauch. Das betrifft ua. die Nachtangriffe der RAF 1943/44.

6. Die "namhaften" Historiker sind sich über die völkerrechtliche Beurteilung des Bombenkrieges seit 60 Jahren uneinig. Hier gibt es Fachpublikationen, die von einem Kriegsrechtsverstoss ausgehen, ebenso wie Publikationen, die auf die Zulässigkeit hinweisen. Zusammenfassend:
Addison/Crang: Firestorm - The Bombing of Dresden 1945 (internationale Publikation)
Hanke, Luftkrieg und Zivilbevölkerung

Das Thema Luftkrieg ist bzgl. der rüstungswirtschaftlichen Auswirkungen und der völkerrechtlichen Diskussion komplex. Hier ist allerdings keine relevante Lücke in den Fachpublikationen zur Entstehungsgeschichte, kriegsvölkerrechtlicher Zulässigkeit, Umfang, Durchführung und Auswirkungen erkennbar. Vielmehr ist in den Publikationen der letzten Jahre eine beachtliche emotionale Aufladung feststellbar. Dazu wird der "Markt" mit unqualifizierten Publikationen wie zB derjenigen von Czesany überschwemmt. Insbesondere Verlage, die für ihre rechtsextremen Publikationen bekannt sind, sind hier engagiert.

Zum Thema "Geschichte wird von den Siegern geschrieben" ist auf die erschöpfenden deutschen Publikationen zu den Schäden des Bombenkrieges und die Verluste an Zivilbevölkerung hinzuweisen, die zT schon in den 1950ern und 1960ern herausgegeben wurden. Da die deutschen Verluste und Opfer des Bombenkrieges schon in den ersten 20 Jahren nach Kriegsende untersucht wurden, wie im Fall Dresden sogar in überzeichneter Weise, ist das ein ungeeignetes Beispiel für "Siegergeschichtsschreibung". Das Argument wird aber gerne benutzt, um es mit der Zulässigkeitsdiskussion zu vermischen. Um das Argument zu erledigen, hier eine frühe kritische Publikation zum Bombenkrieg:
Spetzler, Eberhard, Luftkrieg und Menschlichkeit, aus 1956. Wenn behauptet wird, dass diese Problematik jahrzehntelang durch "Siegergeschichtsschreibung" ausgeblendet wurde, ist das schlicht eine Verdrehung von Fakten.
 
Ich finde, wir haben uns ein wenig von der Eingangsfrage entfernt:

[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Veröffentlicht wird doch auf Siegerseite immer nur, was opportun ist, damit deren Gutmenschen-Mythos weiterlebt.[/FONT][/FONT]
Ja, leider wird Geschichte idR von Siegern geschrieben. Ich finde, das könnte man allmählich mal ändern, da wir ja alle die Möglichkeit haben, Informationen zu sammeln, zu bewerten und aufzuschreiben. Ungewöhnlich im vorliegenden Fall ist, dass die Besiegten danach die Propaganda der Sieger brav übernommen haben. Das macht es noch schwieriger, zwischen gefärbten und neutralen Informationen zu unterscheiden. Allerdings könnte man schon meinen, die Amerikaner und Engländer haben ein wenig die Quittung dafür bekommen, als sich die Umerziehung der Deutschen in der Ablehnung von Kriegen gegen den Irak auswirkte. Da dürften nämlich die Deutschen ein Stück Zivilisation von ihren Bezwingern gelernt haben, ein Stück Zivilisation, das diese sich zwar für die Deutschen aber durchaus nicht für sich selbst so vorgestellt hatten. Was man den Deutschen als allgemeingültige Regel der Humanität verkauft hat, stand nun plötzlich den Interessen dieser Staaten entgegen. Es ist schon beachtlich, dass in Deutschland eine Wahl mit einem Nein zu einem Krieg gewonnen wurde.

Insofern möchte ich hier auch mal eins sagen, um Missverständnissen zu meiner Denke vorzubeugen, wenn moralische Aspekte in die historischen Betrachtungen zu den Kriegen des 20 Jh. hineinkommen: Mir geht es darum, die Latte für alle höher zu legen, also mehr Humanität, mehr Respekt vor den Menschen und ihrem Leben, ihrer Unversehrtheit, ihrem Glück. Weniger Unterordnung des Glücks der Einzelnen unter ein abstraktes Staatsinteresse.

Im obigen Zitat taucht das Wort "Gutmenschen" erstmals im Thread auf, allerdings nicht im Sinne einer Herabsetzung von Menschen, die ihr Handeln moralischen Grenzen unterwerfen sondern im Sinne von Heuchlern, die zwar so tun, als ob sie sich moralischen Grenzen unterwürfen, das aber eben immer nur von den anderen verlangen und damit für inhumane Zwecke instrumentalisieren: "deren Gutmenschen-Mythos". Das ist so ziemlich das Gegenteil.
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]
[/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Über den 1. WK habe ich in der sehr guten Autobiographie des Chirurgen Sauerbruch ("Mein Leben") beispielsweise folgendes gelesen: [/FONT][FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]England und Frankreich zwangen unter Kriegsandrohung neutrale Länder wie die Schweiz zu einem totalen Handelsverbot mit dem Deutschen Reich. (Hervorhebung von mir)[/FONT]
[FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]

Das hatte ich bisher etwas falsch gelesen, und vielleicht andere Diskutanten auch: Es geht hier eigentlich gar nicht um die Schweiz. Sie ist nur ob ihrer plakativ bekannten Neutralität als Beispiel benannt worden. Es geht hier um neutrale Länder im Allgemeinen und darum, ob sie unter Kriegsandrohung zum Embargo genötigt wurden.
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Grausamkeiten mit dem Ziel, die Deutschen auszuhungern, erfährst du sonst nirgends. Grausamkeiten, denen die Deutschen nichts entgegensetzen konnten.
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Für mich leiten sich hier drei Fragen ab:
1. Haben GB und F neutrale Staaten zum Embargo gegen Deutschland genötigt - wenn ja, Welche Staaten? Wie wurden sie genötigt?
2. Falls ja: Wie erheblich waren die Folgen für die deutsche Zivilbevölkerung*?
3. War das in der Epoche allgemein üblich (Trat das bei fast allen Kriegen auf, oder war es eher selten)?

Es ist ja nun nicht das Gleiche, ob man
a) Schiffe neutraler Staaten davon abhält ein Embargo zu brechen,
b) solche Schiffe kapert und in Besitzt nimmt,
c) dem entsprechenden Staat mit Krieg zu überziehen droht.

* Ich würde vermuten, dass die Versorgung des Militärs Vorrang hatte und deshalb immer zuerst die Zivilbevölkerung Mangel leidet. Die genannten 800.000 Toten sind ja schon eine sehr große Zahl. Dass es zuerst Kranke, Schwangere und kleine Kinder trifft, erscheint mir unzweifelhaft. Wenn diese Größenordnung stimmt, hatten die Deuschen dem offenbar nichts entgegenzusetzen, solange man den Primat der Versorgung des Militärs unterstellt. Ob die Embaros, insbesondere erzwungene Embargos dritter Staaten, so wirkungsvoll waren, ist Teil der Eingangsfrage des Threads.
 
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