Kollaps der Wikinger-Besiedlung von Grönland?

So hemmend kann die kleine Eiszeit aber auch nicht gewesen sein, denn zu dieser Zeit begann die Hanse zu florieren. Eines ihrer Hauptgeschaefte fand im kalten Nowgorod statt.
 
So hemmend kann die kleine Eiszeit aber auch nicht gewesen sein, denn zu dieser Zeit begann die Hanse zu florieren. Eines ihrer Hauptgeschaefte fand im kalten Nowgorod statt.
Als die Hanse im 14. Jahrhunderts ihrem Höhepunkt entgegenstrebte, sah es in Europa lt. Spiegelartikel so aus:
1315 - 1322 der "Große Hunger" dezimiert die Bevölkerung.
Bereits 1315 mussten viele Leute Hunde und Pferde essen.
1346 und 1347 waren besonders kalte Jahre, der Wein erfror, das Getreide verfaulte.
1346 bis 1352 soll die Hälfte der Bevölkerung Europas an der Pest gestorben sein.

Möglicherweise trug sogar die Hanse zur Ausbreitung der Pest mit bei und profitierte vom Verfall lokaler Machtzentren. Im
isländischen Lögmanns-annáll wird für 1349 berichtet, dass eine Kogge von England nach Bergen gesegelt sei und die Pest dort eingeschleppt habe.
s. Pestepidemien in Norwegen

Von allgemeinem Wohlstand keine Spur. Wer dachte da wohl noch an Grönlandfahrten? Dort erfolgte um 1350 die Aufgabe des westlichen Stützpunktes.

Und man war erst am Beginn der kleinen Eiszeit, die bis ins 19. Jh. andauern sollte.
 
@Stephan, ich wollte die Hungerperioden in keiner Weise anzweifeln. Das war z.B. auch die Zeit, wo die Tanzwut (Veitstanz) grassierte. Für deren Ursachen gibt es auch verschiedene Theorien, wie Hunger. Die Leute drehten sozusagen durch.
Was ich meinte: Trotz Hunger, Pest und Kriege (Hundertjähriger) prosperierten gleichzeitig Handel und Wandel. Speziell Norwegen die Bergenfahrten (Tyske Bryggen). In Norddeutschland wurden kurz davor geradezu Städte aus dem Boden gestampft, wie z.B. Wismar, Rostock, Greifswald. Und diese entwickelten sich im 14. Jahrhundert (Friede von Stralsund) weiter.
Ich wurde die Katastrophen wie Missernten und Epidemien nicht unbedingt als ursächlich für das Vergessen Grönlands ansehen.
 
Die Waren aus Grönland waren nicht mehr gefragt. Die Kosten-Nutzen-Relation war negativ geworden, als Elfenbein aus dem Süden den Walrosszahn ablöste.
 
So hemmend kann die kleine Eiszeit aber auch nicht gewesen sein, denn zu dieser Zeit begann die Hanse zu florieren. Eines ihrer Hauptgeschaefte fand im kalten Nowgorod statt.

Nun ja,so kalt war Nowgorod im Vergleich zu Grönland nun auch nicht.
Die Haupthandelsrouten der Hanse erstreckten sich entlang der südlichen Nord- und Ostseeküsten und die waren seltenst durch Eis versperrt- der Seeweg nach Westgrönland hingegen lag in der kleinen Eiszeit im Eisgürtel und außerhalb des Golfstromeinflusses, da kam zeitweise über Jahre kein Schiff durch.
 
Ich glaube, das stimmt nicht ganz.
Nach Jared Diamond wurde praktisch keine Landwirtschaft betrieben. Bei einer Pollenanalyse hat man lediglich 2 (in Worten : zwei) Leinenpollen gefunden. In den drei Sommermonaten ging es darum, möglichst viel Heu zu machen und die Rinder wieder auf der Weide zu Kräften kommen zu lassen, damit sie die neun Monate im Stall überstanden. Dabei bewegte man sich am Limit, die Rinder waren am Ende der Stallperiode so schwach, dass sie nicht mehr laufen konnten. Eine kleine Absenkung der Temperatur konnte schon dazu führen, dass das Limit überschritten wurde.
 
Hallo,

aus allem bisher geschriebenen denke ich, dass die Mehrheit der Auffassung ist, dass ein Zusammenspiel mehrer Faktoren (Klima, Abreißen der Verbindung nach Europa, Überfälle durch Eskimos und ggf. Piraten ) das Ende der Wikingerbesiedlung besiegelt hat.
Mal als vorweihnachtliches Gedankenspiel :

Wenn es gelungen wäre in Grönland bzw. mit einer Expedition durch (theoretisch) das Schiff des Ivar Bardarson in Nordamerika Holz zu beschaffen und Schiffe zu bauen um selbst aktiv Handel zu treiben -
hätten die Siedlungen bestehen können ?

Ich denke ja, da durch den Handel ja Güter wie z.B. Eisen hätten beschafft werden können und sich die Kunde von klimatisch günstigern Ländern als Grönland (Vinland) in Europa weiter verbreitet hätte.

Was denkt Ihr ?

Gruß
Joß Fritz
 
Wenn es gelungen wäre in Grönland bzw. mit einer Expedition durch (theoretisch) das Schiff des Ivar Bardarson in Nordamerika Holz zu beschaffen und Schiffe zu bauen um selbst aktiv Handel zu treiben -
hätten die Siedlungen bestehen können ?

Also, wenn ich mal weiterspinne, eigentlich schon. Man hätte nur selbst aktiv werden müssen, also Nordamerika als Holzlieferanten nutzen usw.. Ich weiß jetzt gar nicht: Gab es dort auch Raseneisenstein?
Zu solchen Unternehmungen fehlte aber irgendwie die Kraft, der Wille oder vielleicht auch nur jemand, der es organisierte.
Mir drängt sich die Vermutung auf, Grönland war einfach kein Ort, wo man "glücklich" werden konnte. Die Leute wurden schwermütig, verloren ihren Mut, vegetierten schließlich nur noch vor sich her.
Heute hat Grönland ebenfalls erhebliche soziale Probleme, obwohl dort niemand hungern oder "frieren" muss. Die Selbstmordrate ist eine der höchsten der Welt, Alkoholismus ist die häufigste Krankheit und ein Drittel aller Mädchen unter 15 Jahren soll sexuell missbraucht worden sein. Da liegt keine gute Hand drauf, damals nicht, wie heute.
 
Einige sehr interessante Aufsätze zur Grönlandbesiedelung und deren Ende finden sich hier:

Norse Greenland Dietary Economy

Isotopic Analyses of the Domestic Animals of Norse Greenland

An Isotopic Analysis of the Diet of the Greenlandic Norse

Human Diet and Subsistence Patterns in Norse Greenland

Ich habe sie bisher nur kurz überflogen, aber mir scheint, dass sie zu der hier laufenden Diskussion neue Gesichtspunkte bringen. Allerdings ist eine eingehende Lektüre und Bewertung recht zeitaufwendig.
 
Nach Jared Diamond wurde praktisch keine Landwirtschaft betrieben. Bei einer Pollenanalyse hat man lediglich 2 (in Worten : zwei) Leinenpollen gefunden. In den drei Sommermonaten ging es darum, möglichst viel Heu zu machen und die Rinder wieder auf der Weide zu Kräften kommen zu lassen, damit sie die neun Monate im Stall überstanden. Dabei bewegte man sich am Limit, die Rinder waren am Ende der Stallperiode so schwach, dass sie nicht mehr laufen konnten. Eine kleine Absenkung der Temperatur konnte schon dazu führen, dass das Limit überschritten wurde.
Sorry, ich hab hier lange nicht rein geschaut, weil sich nichts getan hat.
Ich beziehe mich auch auf Diamond. Wenn ich mich richtig erinnere wurde wohl Getreide in geringen Mengen angebaut und vor allem Gemüse.
 
Hallo,

mit großem Interesse habe ich den Roman : "Die Grönlandsage" von Jane Smiley gelesen.
Gibt es weitere Romane, welche sich mit der nordischen Besiedlung Grönlands beschäftigen ?

Gruß
Joß Fritz
 
Zunehmende Trockenheit wirkt im ersten Moment erstaunlich: wenn es wärmer wird, schmilzt mehr Gletschereis (und davon hatte Grönland doch wohl mehr als genug) und man sollte ganz naiv meinen, dass eher Hochwasser als Trockenheit... aber die Sedimente in einem See bei einer spätmittelalterlichen Grönländersiedlung scheinen doch gravierende Trockenperioden nahezulegen - schade dass der Artikel so kurz ist.
 
Nur ein teil Grönlands eignet sich für Ackerbau und der Boden ist karg und bald ausgelaugt gewesen.Dazu viel zu viele Siedler die sich dann vom Land nicht ernähren konnten.
 
Nur ein teil Grönlands eignet sich für Ackerbau und der Boden ist karg und bald ausgelaugt gewesen.Dazu viel zu viele Siedler die sich dann vom Land nicht ernähren konnten.

Das allein ist aber keine Erklärung, denn in Island waren die Verhältnisse auch nicht viel anders. Ackerbau war auch dort mehr als schwierig, und auch Holz zum Heizen und für den Schiffsbau gab es nicht im Überfluss.
 
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