Kriminalgeschichte des Christentums - Geschichtsklitterung mit System?

(gibt es dergleichen glorifizierende "Arbeiten" nicht schon zuhauf?)

(Welche denn? Zumindest mir fallen da keine - chronologisch gesehen - mindestens neuzeitlichen Arbeiten ein, die sich durchgängig auf Quellen stützen und nur die "guten Seiten" der Kirche darstellen.
Außerdem zeigst Du ja damit, dass Du jene glorifizierenden Arbeiten in Anführungsstriche setzt, dass sie Dir nicht als "Arbeiten" im eigentlichen und vollwertigen Sinne gelten. Misst Du da nicht vielleicht bei Deschner doch mit einem großzügigeren Maß? :))
 
Zuletzt bearbeitet:
...wie beurteilst du den Umstand, dass es vorab selektive Arbeiten gibt, welche z.B. Titel tragen wie Sozialgeschichte der Musik oder auch Wirtschaftsgeschichte des römischen Reiches oder auch Mentalitätsgeschichte der Merowingerzeit, welche hochwissenschaftlich und seriös sind?

es ist völlig legitim, eine chronologisch auflistende Geschichte der Verbrechen und Verfehlungen der Kirche(n) zu verfassen und diesem Projekt einen eindeutig auf den Inhalt hinweisenden Titel wie "Kriminalgeschichte" zu geben ...

@dekumatland

Selbstverständlich sind Arbeiten in Teildisziplinen/Spezialia als soche auch zu benennen, Du führtest Beispiele an.

Nun gibt es aber Wörter mit negativer Konnotation wie "Kriminalität", "kriminell", "Mißbrauch" etc. Verwende ich selbige in einem Kontext, erhält der Kontext eben diese negative Konnotation. Entschuldige bitte die Überspritzung, die Kirchengeschichte ist kein Pitaval.

M. :winke:
 
@dekumatland

Selbstverständlich sind Arbeiten in Teildisziplinen/Spezialia als soche auch zu benennen, Du führtest Beispiele an.
Da sind wir uns völlig einig!
Und dass negative Konnotationen bzw. negativ konnotierte Begriffe impliziert sein können, ist auch völlig in der Ordnung, denn es gibt nicht nur und einzig positive Konnotationen bzw. (ich erspare uns, auf Begriffe wie Kriminalpsychologie etc. zu verweisen)

@buschhons
zu deiner skeptischen Frage, ob es zahlreiche glorifizierende oder abgeschwächt gesagt prinzipiell positive Darstellungen gäbe, wäre zu erwähnen, dass es eine Wissenschaft gibt, die a priori voraussetzt, dass ihr Gegenstand - Kirche und Chrsitentum - positiv konnotiert und heilsbringend seien: die Theologie. Über diese Wissenschaft freilich herrscht ein methodischer Zwist ob sie denn überhaupt eine sei, vgl. Theologie ? Wikipedia (dieser Wiki Artikel nicht als der Weisheit letzter Schluß, sondern als Anregung aufzufassen - es findet sich darin als Exempel ein sehr polemisch formuliertes Zitat aus einem schon im Titel bzgl. unseres Themas ulkigen Werk des Philosophen Friedrich Nietzsche)
 
@buschhons
zu deiner skeptischen Frage, ob es zahlreiche glorifizierende oder abgeschwächt gesagt prinzipiell positive Darstellungen gäbe, wäre zu erwähnen, dass es eine Wissenschaft gibt, die a priori voraussetzt, dass ihr Gegenstand - Kirche und Chrsitentum - positiv konnotiert und heilsbringend seien: die Theologie. Über diese Wissenschaft freilich herrscht ein methodischer Zwist ob sie denn überhaupt eine sei, vgl. Theologie ? Wikipedia (dieser Wiki Artikel nicht als der Weisheit letzter Schluß, sondern als Anregung aufzufassen - es findet sich darin als Exempel ein sehr polemisch formuliertes Zitat aus einem schon im Titel bzgl. unseres Themas ulkigen Werk des Philosophen Friedrich Nietzsche)

Ich befürchte, in diesem Punkte finden wir den gemeinsamen Nenner nicht. Ich sag nur mal, was meine bescheidende Logik verkraftet hätte:
Will man Deschners Arbeit mit den Produkten der Theologie vergleichen, so muss man sie mit den Produkten der theologischen Disziplin Kirchengeschichte vergleichen, denn diese arbeitet z. T. am gleichen Stoff und mit den gleichen Quellen wie Deschner. Alles andere hieße m. E. ja Äpfel mit Birnen vergleichen (wollte man also den Vergleich zwischen Deschner und bspw. der Moraltheologie oder der Religionsphilosophie vornehmen).
Aber die Kirchenhistoriker haben in aller Regel durchaus einen kritischen Blick auf die Geschichte ihrer Kirche. Wo sind die Werke, die diese Geschichte zuhauf glorifizieren? (Oder spür ich nur schon nix mehr? < als kleine Vorlage für Dich:)).
 
Aber die Kirchenhistoriker haben in aller Regel durchaus einen kritischen Blick auf die Geschichte ihrer Kirche.
Die Kirchengeschichte ist eine Teildisziplin der Theologie und der Geschichtswissenschaft. Sie befasst sich sowohl mit der Dogmengeschichte bzw. der Geschichte der christlichen Theologie, als auch mit der soziologischen und (kirchen-)politischen Entwicklung der Kirchen. Das schließt auch rechts-, wirtschafts-, siedlungs- und sozialgeschichtliche Aspekte ein, soweit sie mit der Entwicklung der Kirchen in Verbindung stehen.
Die Arbeitsweisen der Kirchenhistoriker sind denen der allgemeinen Geschichtswissenschaft vergleichbar und daher methodisch deckungsgleich. Die konfessionelle Zugehörigkeit des Forschers spielt heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Es gibt zahlreiche ökumenische kirchenhistorische Projekte. Dennoch ist die Kirchengeschichte institutionell an den Theologischen Fakultäten bzw. Instituten einer Universität angesiedelt. Kontroverstheologische Themenfelder innerhalb der Papstgeschichte, Konzilsgeschichte oder Geschichte der Reformation sind weithin in die Dogmatik ausgewandert, je nach Prägung der Fakultät bestehen auch komplementäre Forschungsbereiche in beiden Fachbereichen. Dennoch wird schon allein in der Fokussierung auf bestimmte Epochen und geographische Schwerpunkte eine konfessionelle Perspektive in der kirchenhistorischen Arbeit nicht zu vermeiden sein.
aus Kirchengeschichte ? Wikipedia

hm...:grübel::grübel:
 
weder noch -- mir gibt zu denken, dass Forschungen von konfessionellen Perspektiven abhängig sein können (das erwarte ich in anderen Forschungsdisziplinen für gewöhnlich nicht)
 
weder noch -- mir gibt zu denken, dass Forschungen von konfessionellen Perspektiven abhängig sein können (das erwarte ich in anderen Forschungsdisziplinen für gewöhnlich nicht)

Ja, das liegt in einigen Fällen tatsächlich nahe. Vgl. Konkordatslehrstuhl ? Wikipedia

Deschners Problem scheint mir aber nicht zu sein, dass er eine kritische Position zur Kirche einnimmt, sondern die Art und Weise, in der er das tut. Nämlich, wie oben von anderen schon ausgeführt, "in Feindschaft".

Und das tut der Wissenschaft bekanntlich nie gut.

Kennt ihr diesen Artikel eigentlich schon? Ein Vergleich des Wirkens Deschners und Benedikt XVI. Der Papst und sein schärfster Kritiker: Wir sind müde - taz.de
 
Und das tut der Wissenschaft bekanntlich nie gut.
steht der Mediziner einer Seuche wohlwollend gegenüber? (halt, das soll kein depperter Vergleich sein a la Kirche = Seuche - bitte nicht missverstehen)

Kennt ihr diesen Artikel eigentlich schon? Ein Vergleich des Wirkens Deschners und Benedikt XVI. Der Papst und sein schärfster Kritiker: Wir sind müde - taz.de
schöner Artikel, hat wenigstens mir gefallen :)
 
@ floxx78:
Danke für den Artikel. Kann man gut lesen.


@dekumatland:
weder noch -- mir gibt zu denken, dass Forschungen von konfessionellen Perspektiven abhängig sein können (das erwarte ich in anderen Forschungsdisziplinen für gewöhnlich nicht)

Auch wenn ich dieses Bedenken nicht teile, kann ich es doch nachvollziehen und muss es gelten lassen.
 
Kein Mensch kann sich von Ideologien völlig freisprechen. Wissenschaftler sind -zumindest noch - Menschen. Ergo können sich auch Wissenschaftler nicht von Ideologien freisprechen.
Ein guter Wissenschaftler ist sich aber dieser Ideologien bewusst und wirkt ihnen entgegen, indem er sie immer wieder auf Zirkel- und schlüsse, Werturteile, Euphemismen/Disphemismen etc. überprüft. Das gilt in besonderem Maße für die Geistes- und Kulturwissenschaften aber auch für Naturwissenschaften.
 
Ein guter Wissenschaftler ist sich aber dieser Ideologien bewusst und wirkt ihnen entgegen, indem er sie immer wieder auf Zirkel- und schlüsse, Werturteile, Euphemismen/Disphemismen etc. überprüft. Das gilt in besonderem Maße für die Geistes- und Kulturwissenschaften aber auch für Naturwissenschaften.
Das ist richtig, d.h. so sollte es sein (und ist es auch oft, aber nicht immer)

Wie aber wäre es, wenn eine Wissenschaft a priori auf einer Ideologie bzw. in diesem Fall auf einer religiösen Überzeugung basiert? Nüchtern betrachtet ergeben sich da grundsätzliche Unterschiede zwischen einer konfessionell orientierten, also aus theologischem Umfeld stammenden Kirchengeschichte und einer neutral religionswissenschaftlichen oder rein historischen Geschichte der Kirche.
 
Wie aber wäre es, wenn eine Wissenschaft a priori auf einer Ideologie bzw. in diesem Fall auf einer religiösen Überzeugung basiert? Nüchtern betrachtet ergeben sich da grundsätzliche Unterschiede zwischen einer konfessionell orientierten, also aus theologischem Umfeld stammenden Kirchengeschichte und einer neutral religionswissenschaftlichen oder rein historischen Geschichte der Kirche.

Dass wir uns nicht missverstehen: Dass man Deschner verwirft, bedeutet nicht, dass man den Kirchen das Wort redet. Das wäre ein Umkehrschluss.
 
Dass wir uns nicht missverstehen: Dass man Deschner verwirft, bedeutet nicht, dass man den Kirchen das Wort redet. Das wäre ein Umkehrschluss.
schon klar (mir ging es in den letzten Beiträgen lediglich darum, zu zeigen, dass das Thema bzw. der Gegenstand (Geschichte der Kirche) nicht grundsätzlich überall neutral betrachtet wird, und so ist auch die Kritik an Deschner nicht per se aus dem neutralen Lager) - anzumerken wäre, dass nicht alle Deschner verwerfen, sonst wäre es zu keinen zehn Bänden gekommen. Und die Gründe können recht verschieden ausfallen.
 
Nun, Menschen die wir sind, kommt es immer auf den Betrachtungswinkel an. Auch in der Wissenschaft, -reine Mathematik mal ausgenommen.

In einem Fall wie diesem werden ein muslimischer Wissenschafter, ein Atheist und ein überzeugter Katholik zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weil sie die Quellen eben unterschiedlich wichten.

Herr Deschner ist aber kein Wissenschafter, sondern ein Schriftsteller. Er erhebt keinen Anspruch auf Objektivität, ja er will ausdrüklich nicht objektiv sein.

Sein Thema sind die "Vergehen und Verbrechen" im Namen einer Glaubensgemeinschaft, -hier Christliche Kirchen-,die ihn durch einen höheren Amtsträger wegen eines in seinen Augen vergleichsweise geringen Vergehens teilweise ausgeschlossen hat.
Dies kam in einem rein katholischen Umfeld noch in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts einem "Sozialmord" gleich. (Familie und Freunde wendeten sich damals durchaus noch von einem Excommunizierten ab,berufliche Nachteile waren die Folge. Besonders, wenn diese öffentlich durch einen Bischof verkündet wurde).

So entsteht dann eine Feindschaft zwischen Glaubensgemeinschaft und ehemaligem Mitglied, was denn zu diesen 10 Bänden geführt hat ...
10 Bände einer persönlichen/sehr persönlichen Sicht "Kirchengeschichte" von einem Schriftsteller. Ich denke mal, will man Deschner "Geschichtsklitterung" vorwerfen, müsste und könnte man das dem "Objekt seiner Untersuchung" in deutlich mehr Fällen vorwerfen. Den chistlichen Geschichtsschreibern sieht man das nach als "Kindern ihrer Zeit". Und so sollte man das auch Deschner nachsehen, als "Kind seiner Zeit".
 
Ich denke mal, will man Deschner "Geschichtsklitterung" vorwerfen, müsste und könnte man das dem "Objekt seiner Untersuchung" in deutlich mehr Fällen vorwerfen. Den chistlichen Geschichtsschreibern sieht man das nach als "Kindern ihrer Zeit". Und so sollte man das auch Deschner nachsehen, als "Kind seiner Zeit".
das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag - und obendrein könnte man beides ja mit Interesse und Skepsis lesen (letzteres ist ja oftmals angebracht)
 
In einem Fall wie diesem werden ein muslimischer Wissenschafter, ein Atheist und ein überzeugter Katholik zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weil sie die Quellen eben unterschiedlich wichten.

Wenn sie sich um Intersubjektivität bemühen, dann dürften ihre Ergebnisse nicht sonderlich von einander abweichen.

Herr Deschner ist aber kein Wissenschafter, sondern ein Schriftsteller. Er erhebt keinen Anspruch auf Objektivität, ja er will ausdrüklich nicht objektiv sein.

Er will aber auch mehr als Literatur schaffen. Oder nicht?
 
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