Hypothetische Verteilung augusteischer Römerlager in der Germania Magna

Das Zitat passt jetzt zu der Antwort nicht, aber danke, ich hatte in einem vorherigen Beitrag danach gefragt. Es ist unzweifelhaft, dass Grote das mit der Lagergröße und -form tatsächlich schreibt.

Tatsächlich wurde besonders nach der Entdeckung Hedemünden oft mit Rödgen verglichen. Auch Rödgen liegt auf einer kleinen Anhöhe über einem Fluss, jedoch ist die topografische Lage en Detail nicht vergleichbar. Der Burgberg in Hedemünden ist steiler, und die Werra führt viel mehr Wasser, so dass sich ein anderer Charakter ergibt - Hedemünden dürfte mehr einen Flußübergang überwacht haben. Die Wetter bei Rödgen ist ein kleines Flüsschen mit hoher Geschwindigkeit, wo sich im Frühjahr breitflächige Überschwemmungen ergeben können. Der Schutz davor dürfte die Lage in Rödgen bestimmt haben.

Die Ausführungen über Hedemünden bei Wikipedia bilden offensichtlich den neuesten Forschungsstand nach der Publikation der Ausgrabungen 2012 ab. Von den ohnehin sehr eigenständigen Lagertypen der Oberaden-Zeit ist Hedemünden für mich das eigentümlichste, aus folgenden Gründen: der sehr massive Ausbau der Wälle, die (auf eine untypische Art) vorgenommene Steingrundierung der Großgebäude, eine teilweise Unterkellerung der Gebäude, der Annex und die vielen, offenbar nicht als feste Lagerstruktur gedachten gleichzeitgen Nebenplätze. Auch ist die Fundmenge sehr hoch und deutet an, dass hier eine dauerhafte Stationierung vorgesehen war - im Gegensatz zu Rödgen.
Der Charakter als Versorgungsplatz in Rödgen ist ausgeprägter, für Hedemünden hat es sich hingegen nicht bestätigt, dass die Innenbebauung wie dort aus großen Getreidespeichern bestand.
 
Divico schrieb:
Hypothetische Verteilung augusteischer Römerlager in der Germania Magna
Hallo miteinander,

möglicherweise habe ich da etwas entdeckt, und ich möchte es hier exklusiv vorstellen.

Auf der Suche nach auffälligen Plätzen in 20-km-Marschentfernung bekannter Römerlager ergab sich ein verblüffendes Ergebnis:

Diese Karte (hochaufgelöst, bitte optimal vergrößern) sollte sich hoffentlich selbst erklären.

Alles Weitere erläutere ich gern in der hoffentlich lebhaften Diskussion.
Dein Ansatz - alle 20 km ein Römerlager zwischen zwei römerzeitlich bedeutsamen Orten - ist für mich nicht überzeugend. Zwei Gründe, weshalb ich hierzu skeptisch bin:

Römerlager waren nicht nur einfach eine Etappe zwischen A nach B. Beim Bau eines solchen Lagers dürften auch die Überlegungen

- strategische Lage
- Beherrschung von germanischen Zentralorten

eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Um es greifbarer zu machen. Irgendwo wird es einen Hauptort der Cherusker gegeben haben. Auch die Chatten dürften irgendwo ein Stammeszentrum gehabt haben. Und hier war der richtige Ort für ein römisches Kastell. Nehmen wir mal an, das Stammeszentrum des Germanenstammes XYZ war 90 Kilometer vom einem römischen Stützpunkt am Rhein entfernt. Wie hätten es die Römer Deiner Meinung nach gelöst? Eine Etappe mit 30 km und drei x 20 km? Oder hätten die das in vier Etappen mit rund 23 km aufgeteilt? Oder einfach die Ausgangsbasis am Rhein 10 km links vom Rheinufer verlegt, damit es wieder schön mit 20 km passt? O.K., man hätte auch eine Straße in Zickzackform bauen können, um eine Marschdistanz von 100 km zu erhalten.

Das zweite Argument ist noch schwerwiegender. Man kann schlecht Autobahn-Kilometer mit Serpentinen in den Bergen vergleichen. Auf der einen Strecke sind 20 km ein Klacks, bei der anderen Strecke fallen 20 km zeitlich deutlich mehr ins Gewicht. Bei den gut ausgebauten Römerstraßen und den Altwegen in der Germania Magna ist es genauso. Will heißen, die 20 km zwischen Rhein und Aliso werden deutlich schneller zurückzulegen gewesen sein, als 20 km im Rothaargebirge oder im Harz. Dann macht es aber keinen Sinn, immer sklavisch sich als Römer an eine 20-km-Distanz zu halten.
 
Willkür?

Ändert aber nichts an meiner Einstellung zur Theorie, dass man durch Projektion eines willkürlich gewählten römischen Lagergrundrisses über ein modernes Straßennetz kein römisches Lager sicher benennen kann.

Ausgangspunkt meiner Überlegungen war die Frage ob sich aus den ergrabenen augusteischen Lagern Konstruktionsregeln ableiten lassen, ähnlich denen, die von Polybios und Pseudo-Hygin für den römischen Legions-Lagerbau überliefert wurden. Zu meinem Erstaunen hat dies bis heute offenbar niemand versucht. Diesen Weg zur Klassifizierung der römischen Lager halte ich für wesentlich restriktiver, als aus dem alleinigen Vorhandensein von römischen Militaria auf ein Legionslager zu schliessen.
Das Regelwerk, daß sich daraus ergab und mit dem Du, wie Du geschrieben hast, kein Problem hast, passt auf die Lager in Oberaden und Nijmegen. Es erklärt darüberhinaus auch weniger gut ergrabene Lager (z.B. Engelhardtstetten). Daraus ergibt sich zwangsläufig für ein hypothetisches Nachfolgelager der Truppen in Oberaden oder Nijmegen, daß es mit einiger Wahrscheinlichkeit nach den selben Regeln konstruiert worden ist. Das Vorbild für das gesuchte Lager ist also nicht willkürlich gewählt, sondern ergab sich aus dem Nachweis des Regelwerkes.
Meines Wissens bin ich sogar der Einzige, der sich bezüglich Form und Konstruktion dieser hypothetischen Lager Fesseln in dieser Art und Weise angelegt hat. Den meisten genügt ein Spitzgraben oder ein Stück Wall um ein hypothetisches Lager zu postulieren. Das nenne ich "willkürlich".

Für Groningen käme als einzige ernstzunehmende Alternativerklärung für das regelmässige Stadtbild eine mittelalterliche Stadtplanung in Frage. Nur wie sah diese aus ? Ist dazu ein Regelwerk überliefert worden ? Gibt es dazu Vergleichsfunde ? Nein, denn alle ungefähr zeitgleichen mittelalterlichen Städte der Niederlanden weisen zwar hier und da rechte Winkel oder einigermassen gerade Strassenzüge auf, aber in Summe können sie sich mit der Orthogonalität des Stadtbildes in Groningen nicht messen. Die Annahme einer mittelalterlichen Stadtplanung ist daher eher willkürlich und kann nicht an einem ähnlich restriktiven Regelwerk überprüft werden.
Dagegen führt die unabhängige Konstruktion zweier Römerlager nach meiner These und dem Regelwerk zwangsläufig zu einer in grossen Teilen dem Stadtbild von Groningen ähnlichen Konstruktion.

Laut bisheriger Annahme ist Groningen aus zunächst zwei kleineren Dörfern hervorgegangen. Diese lokalisiert man in den eher unstrukturierten Bereichen. Seltsam nur, daß man dort keine der Kirchen findet. Entgegen zeitgleichen niederländischen Städten folgen die Kirchen, anscheinend auch die Vorgängerbauten, in Groningen dem orthogonalen Stadtbild (!). Also müsste man dort wahrscheinlich eine vorchristliche Stadtplanung in Betracht ziehen, oder nicht ?
Ebenfalls müsste man annehmen, daß die geplanten Bereiche um die beiden Dörfer herum ausgemessen wurden, denn die orthogonalen Stadtteile umschliessen die Unstrukturierten. Das wäre dann auch wohl ohne Vergleichsfund, denn die meisten geplanten mittelalterlichen Stadterweiterungen wurden an einer Seite der bestehenden Stadt angehängt. Man stelle sich den Aufwand vor, eine regelmässige Struktur um zwei Dörfer herum auszumessen, im Vergleich zu einem Neuanfang auf grüner Wiese. Kann man dieses Knowhow für das Mittelalter annehmen und warum sollte jemand so vorgegangen sein ?
Sicherlich wird man auch für diese Punkte Erklärungen konstruieren können, aber sie werden in keinem Fall einfacher, restriktiver und nachvollziehbarer sein, als die Annahme von zwei römischen Lagern nach dem Regelwerk, am Ausgang des Drususkanals.
Es ist nur so, daß diese These momentanen fundamentalen Ansichten der Archäologie und Historik widerspricht.
Mehr nicht :pfeif:

Gruss
jchatt
 
Auch die Chatten dürften irgendwo ein Stammeszentrum gehabt haben. Und hier war der richtige Ort für ein römisches Kastell.

Das verstehe ich nicht ganz. Die Römer bauten doch nicht unbedingt am Hauptort der Unterworfenen.
Als Beispiel liegt Autun 23 km von Bibracte entfernt.
Oder Waldgirmes 9 km vom Dünsberg, falls man den als Hauptort sehen will.

Nehmen wir mal an, das Stammeszentrum des Germanenstammes XYZ war 90 Kilometer vom einem römischen Stützpunkt am Rhein entfernt. Wie hätten es die Römer Deiner Meinung nach gelöst? Eine Etappe mit 30 km und drei x 20 km? Oder hätten die das in vier Etappen mit rund 23 km aufgeteilt?

Normalerweise richtet man sich wohl nach einer täglichen Marschleistung, nicht nach irgendeinem Ziel. Da klingt der Ansatz von 10 Leugen pro Tag nicht unplausibel. Auch wenn du recht hast, dass das Gelände sicherlich beachtet werden sollte.
 
Dagegen führt die unabhängige Konstruktion zweier Römerlager nach meiner These und dem Regelwerk zwangsläufig zu einer in grossen Teilen dem Stadtbild von Groningen ähnlichen Konstruktion.
Eben, ähnlich. Wenn also die eine odere andere Straße irgendwie ähnlich verläuft, wie in einem Römerlager, dann ist das ein Beleg für die These. Und die Straßen und Strukturen, die anders verlaufen, die fallen großzügig unter den Tisch, die stören nicht weiter.
 
Man muss auch berücksichtigen, dass die Entwicklung mittelalterlicher Städte, selbst wenn sie aus einem Römerlager hervorgegangen wären, doch nicht mehr von deren Tagesmarschleistung abhängig waren. Vielmehr wird die Tagesmarschleistung der Händler dafür maßgebend geworden sein, wo sich eine Stadt entwickelte oder nicht. Diese wird nur möglicherweise mit den Marschdistanzen der Legionen korreliert haben.

Diese hypothetische Distanz wird auch nur eingehalten worden sein, wenn der dann erreichte Lagerplatz genug Wasser und Brennholz zur Verfügung stellte, und die Legionen dort nicht unnötigen Gefahren ausgesetzt waren, wie z.B. unter einem vom Feind besetzbaren Abhang.


Gruß
jchatt
 
Eben, ähnlich. Wenn also die eine odere andere Straße irgendwie ähnlich verläuft, wie in einem Römerlager, dann ist das ein Beleg für die These. Und die Straßen und Strukturen, die anders verlaufen, die fallen großzügig unter den Tisch, die stören nicht weiter.

Wenn ich schreibe ähnlich, dann ist das im Bewusstsein daß auch ich nicht allwissend bin. Ich treibe diesen Aufwand aber sicherlich nicht, wenn ich mich nur auf zwei drei Strassenzüge stützen würde. Das ist eine Frage der Relevanz. Zwei senkrecht aufeinandertreffende Strassen wirst Du in jeder Stadt finden können.
Dagegen zwei exakt parallel verlaufende Strassen in einem vordefinierten Abstand mit vordefinierter Länge zu finden, hat schon eine Relevanz die mancher Mathematiker schon als Beweis ansehen würde.
Wie Du vielleicht gelesen hast, schreibt das Regelwerk diese Strassenabstände vor. Bei dieser simplen Regel fällt z.B. schon New York durch, weil der dortige Rasterabstand nicht zur römischen Konstruktion passt, und nur jede 4.-5. Parallele dann zufällig mit dem römischen Raster übereinstimmt.
Aber Du kannst mich ja mal testen. Ich glaube, daß ich mittlerweile zu jedem Bereich im Stadtgebiet etwas schreiben kann.

Gruss
jchatt
 
Dagegen zwei exakt parallel verlaufende Strassen in einem vordefinierten Abstand mit vordefinierter Länge zu finden, hat schon eine Relevanz die mancher Mathematiker schon als Beweis ansehen würde.

Wie exakt? Wenn ich mir deine Graphiken zu Groningen anschaue, dann hab ich nicht das Gefühl, dass es absolut exakt ist, sondern dass es nur so ungefähr passt, dass die Straßen manchmal auf deinen roten Lagerlinien verlaufen, manchmal daneben, manche sowohl darauf als auch daneben usw. Ich hatte es schon ausführlich in einem anderen thread dargelegt, wo alles Unterschiede zu sehen sind.
 
Wie exakt? Wenn ich mir deine Graphiken zu Groningen anschaue, dann hab ich nicht das Gefühl, dass es absolut exakt ist, sondern dass es nur so ungefähr passt, dass die Straßen manchmal auf deinen roten Lagerlinien verlaufen, manchmal daneben, manche sowohl darauf als auch daneben usw. Ich hatte es schon ausführlich in einem anderen thread dargelegt, wo alles Unterschiede zu sehen sind.

Der Vismarkt in Groningen hat heute eine asymetrische Form. Es ist aber archäologisch erwiesen, daß er früher eine rechteckige Form hatte, also genau wie sein römisches Pendant. In Zeiten der Platznot hinter den Stadtmauern wurde also hier etwas zur Besiedlung freigegeben. Mit deartigen Abweichungen ist also zu rechnen. Eine 2-5% Abweichung einer Strasse in Groningen gegenüber dem römischen Normlager verringert erst einmal die Wahrscheinlichkeit, daß sie aus einer römischen Konstruktion entstanden sein kann.
Aber wenn der Durchschnitt aus der Summe der Abweichungen aller potentiellen Übereinstimmungen nicht signifikant ansteigt, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit mit jeder weiteren potentiellen Übereinstimmung.
Weil sich die zufälligen Übereinstimmung sich nicht in Richtung des potentiellen Normlagers bewegen dürften.
Sprich, weicht eine Strasse im nördlichen Lagerbereich um 2-5% ab dann darf eine Strasse im Süden des Lagers nicht 10-20% abweichen, da eine Skalierung der Konstruktion laut Regelwerk nicht erlaubt ist. Mit jeder weiteren Übereinstimmung mit Durchschnittsabweichung erhöht sich also die Wahrscheinlichkeit für meine Theorie. Und ich habe viele davon.
Z.B. die beiden grossen Märkte "Vismarkt" und "Grote Markt". Sie sind nicht nur gleich gross wie die römischen Pendants, sondern auch in geleicher Art und Weise nicht nur zueinander sondern auch zur römischen Stadtmauer positioniert. Warum sollte ein mittelalterlicher Stadtplaner soetwas zufällig genau so konstruiert haben?

Hier einmal die Übereinstimmungen im südlichen Lagerbereich.
Der Römische Wall entspricht in dieser Abbildung noch dem Ideallager. Die genauere Rekonstruktion mit regelkonformen Eckenabschneidungen siehst Du in meinem Profilbild.
tela.jpg
Man sieht, daß alle römischen Strassen mit dem heutigen Strassenbild in Übereinstimmung zu bringen sind. Die Abweichungen von den Normstrassen bleiben über das Lager verteilt relativ homogen. Dies spricht gegen eine zufällige Übereinstimmung. Die nachträgliche Überbauung der überbreiten römischen Strassen erklärt sogar die heutigen Breitenabweichungen der Wohnviertel.
Dass es im nördlichen Bereich weniger Übereinstimmungen gibt, erklärt Tacitus. Sollte dieses Lager mit den bei Tacitus genannten Lagern bei den Chauken und Flevum identisch sein, dann wurden die beiden Asprenas-Legionen irgendwann (9n.Chr?) von hier abgezogen und sind durch "beachtliche"-Veteranenverbände dieser Legionen ersetzt worden. Diese werden sich an der klimatisch günstigeren dem Land zugewandten und schützenswerteren Südseite breitgemacht haben, so daß der nördliche Bereich kurzfristig eine eigenständige Entwicklung nahm. Interessanterweise verlaufen dort zwei Strassen entgegen dem Normlagerplan, aber von den noch übereinstimmenden Wallbereich direkt auf die Positionen von römischen Praetorium und Principia zu. Heutiges und frühestes Rathaus von Groningen steht exakt auf der Spiegelachse des römischen Lagers und nimmt den selben Platz wie die Basilika der Principia ein. Zeigt das mal jemanden für den das "Ziegenproblem" keines ist, also jemand der sich mit Wahrscheinlichkeiten beschäftigt. Der wird Dir bestätigen, daß es absolut unrealistisch ist, daß diese Übereinstimmungen zufällig entstanden sein könnten.

Gruß
jchatt
 
Zeigt das mal jemanden für den das "Ziegenproblem" keines ist, also jemand der sich mit Wahrscheinlichkeiten beschäftigt. Der wird Dir bestätigen, daß es absolut unrealistisch ist, daß diese Übereinstimmungen zufällig entstanden sein könnten.
Das behaupten die Leute auch, die irgendwelche Figuren in Stadtplänen entdecken wollen.

Wenn ich mir die Bilder auf deiner Homepage anschaue, dann sehe ich weiterhin viele Straßen, die absolut nich so laufen, wie im postulierten römischen Lager. Es gibt zugegeben einige, die ganz gut zusammen passen. Aber eben auch ähnlich viele, bei denen es nicht passt.

Mich überzeugt das nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das behaupten die Leute auch, die irgendwelche Figuren in Stadtplänen entdecken wollen.

Nur haben diese kein Regelwerk nach denen sie sich richten müssen. Das ist in der Tat willkürlich und weitestgehend ohne Belang.

Wenn ich mir die Bilder auf deiner Homepage anschaue, dann sehe ich weiterhin viele Straßen, die absolut nich so laufen, wie im postulierten römischen Lager. Es gibt zugegeben einige, die ganz gut zusammen passen.

Teilweise unstrukturiert sind die Bereiche im Norden. Das hatte ich oben erklärt. Der unstrukturierte Bereich im Westen scheint mir aus einem Hafen hervorgegangen zu sein, der aber ausserhalb des 2. Lagers gelegen haben muss. Wenn Du genau hinschaust, siehst Du daß dieser Bereich den ursprünglich geradlinigen Verlauf der Stoeldraaierstraat nach Osten gedrängt hat. Dieses Phänomen erklärt sich eigentlich nur dadurch, daß diese Straße schon vor dem unstrukturierten Bereich Bestand hatte. Interessant ist zudem, daß in diesem Bereich keine festen Bauten in Oberaden und Nijmegen ergraben wurden. Die Prägung durch ein potentielles Lager also nur minimal gewesen sein dürfte.

Wenn Du dieser Strasse weiter nach Süden folgts (Volkingestraat) dann siehst Du daß der einzelne Stadtteil westlich von dieser Strasse breiter ist als die drei östlichen Stadtteile, die immernoch die gleiche Breite der Korhortenlagerplätze bewahrt haben. Das erklärt sich leicht dadurch, daß der breitere Stadtteil auf Kosten der ursprünglichen römischen Lagerstrasse (heute Volkingestraat) gewachsen ist. Die Volkingestraat ist heute ca. 8-9m breit. Das römische Pendant war 22m(!) breit
Warum sollte ein mittelalterlicher Stadtplaner einen Stadtteil grösser machen als die anderen?

Zum mittelalterlichen Stadtwall gibt es im Abstand von ca 22m immer wieder weitere parallel verlaufende Strassen. Das ist für eine mittelalterliche Stadt absolut ungewöhnlich. Ein römisches Lager hatte aber bekanntlich eine via Sagularis. Wie breit meist Du war diese in Oberaden und Nijmegen ?

Gruß
jchatt
 
Das verstehe ich nicht ganz. Die Römer bauten doch nicht unbedingt am Hauptort der Unterworfenen.
Als Beispiel liegt Autun 23 km von Bibracte entfernt.
Oder Waldgirmes 9 km vom Dünsberg, falls man den als Hauptort sehen will.

Das ist richtig. Die Römer haben selten Lager innerhalb der vorgeschichtlichen Befestigungen gebaut, sondern zogen es vor, diese in der Nähe im Flachland zu bauen. Wichtiger war ihnen wohl eine bessere Verkehrslage. Eine der wenigen Ausnahmen ist Hod Hill in England:
Hod Hill - Wikipedia, the free encyclopedia

Allerdings können solche Lager auch näher an den Befestigungen liegen (z.B. Altenstadt/Glauberg 5 Kilometer).
 
Dein Ansatz - alle 20 km ein Römerlager zwischen zwei römerzeitlich bedeutsamen Orten - ist für mich nicht überzeugend. Zwei Gründe, weshalb ich hierzu skeptisch bin:

Römerlager waren nicht nur einfach eine Etappe zwischen A nach B. Beim Bau eines solchen Lagers dürften auch die Überlegungen

- strategische Lage
- Beherrschung von germanischen Zentralorten

eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Um es greifbarer zu machen. Irgendwo wird es einen Hauptort der Cherusker gegeben haben. Auch die Chatten dürften irgendwo ein Stammeszentrum gehabt haben. Und hier war der richtige Ort für ein römisches Kastell. Nehmen wir mal an, das Stammeszentrum des Germanenstammes XYZ war 90 Kilometer vom einem römischen Stützpunkt am Rhein entfernt. Wie hätten es die Römer Deiner Meinung nach gelöst? Eine Etappe mit 30 km und drei x 20 km? Oder hätten die das in vier Etappen mit rund 23 km aufgeteilt? Oder einfach die Ausgangsbasis am Rhein 10 km links vom Rheinufer verlegt, damit es wieder schön mit 20 km passt? O.K., man hätte auch eine Straße in Zickzackform bauen können, um eine Marschdistanz von 100 km zu erhalten.

Wie wissen aber leider nicht, wo sich genau die chattischen, cheruskischen und elbgermanischen Stammeszentren befunden haben. In der Nähe einiger möglicher Orte wie Marsberg, Dünsberg und Geismar hätten sich nach meiner hypothetischen Karte in der Tat römische Stützpunkte bzw. Marschlager befunden, jedoch nicht unmittelbar daneben, sondern meist in einigen Kilometern Entfernung.

Meiner derzeitigen Vermutung nach wurde die Regel "9 - 10 Leugen zwischen Marschlagern/Standlagern" vor allem in der Frühphase (Drusus, Tiberius) recht strikt angewendet. Auf gut ausgebauten Straßen in bekanntem Gebiet in späterer Zeit dürften die Etappen auch gern etwas länger sein.

Die angenomme Etappenlänge habe ich mir auch nicht aus den Fingern gesaugt. So ist z.B. im Itinerarium Antonini der Abstand zwischen Gelduba (Krefeld-Gellep) und Calo mit 9 Leugen (= 20 km) und von Calo nach Vetera (Xanten-Birten) ebenfalls mit 9 Leugen (= 20 km) angegeben. Auch zwischen den bekannten Lippelagern Haltern und Holsterhausen beträgt der Fußmarschabstand 9 Leugen.

Das zweite Argument ist noch schwerwiegender. Man kann schlecht Autobahn-Kilometer mit Serpentinen in den Bergen vergleichen. Auf der einen Strecke sind 20 km ein Klacks, bei der anderen Strecke fallen 20 km zeitlich deutlich mehr ins Gewicht. Bei den gut ausgebauten Römerstraßen und den Altwegen in der Germania Magna ist es genauso. Will heißen, die 20 km zwischen Rhein und Aliso werden deutlich schneller zurückzulegen gewesen sein, als 20 km im Rothaargebirge oder im Harz. Dann macht es aber keinen Sinn, immer sklavisch sich als Römer an eine 20-km-Distanz zu halten.

Nun, es macht dann sehr wohl Sinn, wenn man fremdes Territorium erstmals erschließen und vermessen möchte. Zumal 20 km am Tag für einen Legionär im Flachland ein Klacks war. Solang man nur Mulis als Lasttiere mitführte, waren 20 km auch bergauf leicht in wenigen Stunden zu bewältigen.

Nebenbei: wenn es sein musste, konnte ein Legionär auch einmal 70 km oder mehr am Tag zurücklegen. Sie werden heutigen Soldaten da kaum nachgestanden haben, eher im Gegenteil.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

laufe schon!!

Erbarme...

Die Streckenführung mitten in Hessen, kann ich so nicht nachvollziehen.
Müsste hier nicht das Wegenetz "Weinstrasse" als Grundlage dienen.
Römerstraßen im Limesbogen: Saalburgstraße, Lange Meile, Steinstraße, Grüner Weg, Pflasterweg
Hier ist auch die Weinstrasse zufinden.

Man muss aufpassen, dass man nicht die römische Infrastruktur der späteren Limeszeit mit den augusteischen Aktivitäten vermengt.

Allerdings folgt eine der Routen in der Karte (von der Lahn über Wetter nach Korbach) dem Verlauf der historischen Weinstraße (= Wagenstraße).
 
Das ist richtig. Die Römer haben selten Lager innerhalb der vorgeschichtlichen Befestigungen gebaut, sondern zogen es vor, diese in der Nähe im Flachland zu bauen. Wichtiger war ihnen wohl eine bessere Verkehrslage. Eine der wenigen Ausnahmen ist Hod Hill in England:
Hod Hill - Wikipedia, the free encyclopedia

Allerdings können solche Lager auch näher an den Befestigungen liegen (z.B. Altenstadt/Glauberg 5 Kilometer).

Hier einige Beispiele aus meiner Karte:

Marsberg - 6 km - hyp. Lager Westheim
Amöneburg - 9 km - hyp. Lager Stadtallendorf
Dünsberg - 9 km - Waldgirmes [hatte Stilicho schon genannt]

Hätte ich in Niedersachsen alle unerforschten Sachsen-, Schweden-, Karlsschanzen und Hünenburgen in Wegnähe mit hinein genommen, wäre die Karte leider völlig unlesbar.

Vermutlich haben auch die Römer zumindest auf den ersten Feldzügen in bergigen Gegenden gern ältere verlassene oder schwach besetzte Höhenburgen genutzt, anstatt für eine Nacht mehrere Hektar Holz zu fällen.
 
Vermutlich haben auch die Römer zumindest auf den ersten Feldzügen in bergigen Gegenden gern ältere verlassene oder schwach besetzte Höhenburgen genutzt, anstatt für eine Nacht mehrere Hektar Holz zu fällen.

Ein Marschlager bestand eigentlich nur aus Graben und Wall.
Warum hätten die Römer mehrere Hektar Wald fällen sollen?
 
Eroberungskriege werden in erster Linie wegen Bodenschätzen geführt. Dafür gibt es unzählige Beispiele. Vom gallischen Gold, das von Julius Caesar aus Barbarenhänden befreit als römische Goldmünzen wieder auftaucht, über lothringische Eisenvorkommen die nach 1870/71 zu Kruppstahl verarbeitet wurden, bis hin zu den Erdölkriegen des 20. und 21. Jhs.

Hier erlaube ich mir die Frage, wo genau hervorgeht, daß es sich beim Feldzug des Maximinus Thrax um einen Eroberungskrieg handelt, bzw. gehandelt haben soll.:confused:
 
Zurück
Oben