Mythos Gotenschlacht

BerndHH

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Guten Morgen,
Ich habe des öfteren an mehreren Stellen vom sogenannten Mythos der Gotenschlacht gehört. Der “allentscheidende Kampf” – Parallelen zur Schlacht bei den Thermopylen (Perserkriege, Leonidas, Sparta), ….zu 80 % Deutsche, seien zum Sterben angetreten wie in einer mythischen Gotenschlacht (Peter Scholl-Latour über die Fremdenlegion bei Dien Bien Phu – auch Artikel Finis Germaniae in der ZEIT), Görings (oder war es doch Himmler?) Vergleich von Stalingrad und der Gotenschlacht, etc.
Es soll sich um die Schlacht am Mons Lactarius (Milchberg, Monti Lattari ? Wikipedia) aus dem Jahr 552 n. Chr. handeln.
Die Oströmer unter Nares schlagen die Ostgoten unter Teja. Schauplatz war der Mons Lactarius, heute Monti Lattari in Kampanien/Italien, i.d. Nähe zu Vesuv, Neapel und Salerno. Nicht weit vom mondänen Positano entfernt.
Die Schlacht an einem Bergpass dauerte zwei Tage und endete mit dem Tod des Gotenkönigs Teja (seine Figur wurde im Roman von Felix Dahn: Ein Kampf um Rom dramatisiert).
Worin besteht darin die Dramatik, der Stoff aus dem eine Heldensaga wurde? Das erschließt sich mir zumindest aus den WP-Angaben nicht. Was aber macht diese Schlacht eigentlich aus, um später als “Endzeitkampf”, “germanischer Opfergang”, etc. hochstilisiert zu werden?
Gruss,
Bernd
 
Du sprichst doch die Parallele zu den Thermopylen selbst an: Ohne Aussicht auf das eigene Überleben stellt man sich einer erdrückenden Übermacht zum Kampf und versucht den gegnerischen Sieg so teuer wie möglich zu machen. Das ist der Stoff aus dem früher Heldenmärchen geboren wurden.
 
Die Schlacht an einem Bergpass dauerte zwei Tage und endete mit dem Tod des Gotenkönigs Teja (seine Figur wurde im Roman von Felix Dahn: Ein Kampf um Rom dramatisiert).
Worin besteht darin die Dramatik, der Stoff aus dem eine Heldensaga wurde? Das erschließt sich mir zumindest aus den WP-Angaben nicht. Was aber macht diese Schlacht eigentlich aus, um später als “Endzeitkampf”, “germanischer Opfergang”, etc. hochstilisiert zu werden?
Ich kann hier nur bezüglich der Darstellung Dahns schreiben, wohlgemerkt, eines Romans, der aber a) die vorherrschende Germantentümelei ihrer Zeit reflektiert und b) vermutlich (meine Vermutung!) in der Generation eines Peter Scholl-Latour zur Standardjugendliteratur gehörte. Würde mich nicht wundern, wenn diejenigen, die die Gotenschlacht so hoch stilisieren, sich dabei ebenfalls eher auf den Roman beziehen als auf die tatsächlichen und möglicherweise wenig ausführlich dokumentierten Vorgänge.

Im wesentlichen dürfte sich dieser Opfermythos weniger auf das gotische Volk beziehen, sondern vielmehr auf seinen Heerkönig Teja.

Im Abschlussgefechtsbild haben sich die verbliebenen Goten in einen Talkessel zurückgezogen, dessen Zugang nur einen Mann breit ist. Diesen deckte Teja persönlich. Narses schickte nun einen Helden nach dem anderen aus seinem Heer gegen Teja, die wiederum einer nach dem anderen von Teja erschlagen wurde. Teja wird erst gefällt, als er seinen unbrauchbar gewordenen Schild gegen einen intakten tauschen will.

Teja wird auch dann nicht im heroischen Zweikampf besiegt, sondern feige aus der Distanz erschossen (eine Parallele zu den Thermopylen). Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er zu dem Zeitpunkt noch am Leben war, aber ich meine, dieser "perfide und feige Mord" wurde noch von dem römischen ("welschen!") Ränkeschmied Cethegus initiiert, wogegen die üblichen "Griechlein" unter Führung des verkrüppelten Eunuchen Narses natürlich nur wenig einzuwenden hatten. Vergleiche diese Beschreibung des hinterhältigen, verweichlichten, versklavten, verschnittenen Feindes mit der der Perser vor den Thermopylen, verglichen mit den tapferen und tugendhaften Spartaner-Goten - die nächste Parallele.

Dazu kommt, dass in der Dahn'schen Darstellung Narses wie beim Laubrechen quer durch Italien zog mit dem erklärten Ziel, jeden einzelnen Goten zu erwischen und das Volk von der Erde zu tilgen. Teja und sein Volk kämpften also um ihr nacktes Überleben bzw. am Ende nur noch um ein ehrenvolles Ende im Angesicht der unbezwingbaren Übermacht - nächste Parallele.

Letzte Parallele am Rande: Wenn ich mich recht entsinne, hinterließ Teja auf dem Rückzug an jeder Engstelle eine kleine Truppe, die die Verfolger aufhalten sollte und dies natürlich bis zur letzten Patrone, bis zum letzten Fingernagel, zum letzten Zahnstummel und bis zum letzten Atemzug tat - viele kleine Thermopylae.

Die letzten überlebenden Goten werden nach Tejas Tod dann ja tatsächlich sprichwörtlich von der Erde getilgt. Und diese Einkesselung und tatsächliche "Vernichtung" (ist im Buch etwas anderes) meint dann ein entsprechend vorgeprägter Kriegsreporter wohl mit seinem Kommentar...
 
Worin besteht darin die Dramatik, der Stoff aus dem eine Heldensaga wurde?
in diesem Fall primär aus einer Quelle: Prokops Gotenkrieg - dort wird wörtlich das "Heldentum" im Kampf des letzten Ostgotenkönigs erwähnt, eines Königs, dessen Regierungszeit nicht einmal ein Jahr dauerte...

Diese reale Geschichte enthält - Ironie des Schicksals? - einige Topoi des klassischen Heldentums: heroischer Kampf gegen eine erdrückende Übermacht, aufsehenerregende Tapferkeit in der Schlacht, ausweglose Lage, früher Tod des Helden -- die unangenehmen Seiten wie das abschlachten zahlreicher Geiseln werden ausgeblendet bzw. beschönigt (bei Dahn)
 
Ich kann hier nur bezüglich der Darstellung Dahns schreiben, wohlgemerkt, eines Romans, der aber a) die vorherrschende Germantentümelei ihrer Zeit reflektiert und b) vermutlich (meine Vermutung!) in der Generation eines Peter Scholl-Latour zur Standardjugendliteratur gehörte. Würde mich nicht wundern, wenn diejenigen, die die Gotenschlacht so hoch stilisieren, sich dabei ebenfalls eher auf den Roman beziehen als auf die tatsächlichen und möglicherweise wenig ausführlich dokumentierten Vorgänge.

Im wesentlichen dürfte sich dieser Opfermythos weniger auf das gotische Volk beziehen, sondern vielmehr auf seinen Heerkönig Teja.

Im Abschlussgefechtsbild haben sich die verbliebenen Goten in einen Talkessel zurückgezogen, dessen Zugang nur einen Mann breit ist. Diesen deckte Teja persönlich. Narses schickte nun einen Helden nach dem anderen aus seinem Heer gegen Teja, die wiederum einer nach dem anderen von Teja erschlagen wurde. Teja wird erst gefällt, als er seinen unbrauchbar gewordenen Schild gegen einen intakten tauschen will.

Teja wird auch dann nicht im heroischen Zweikampf besiegt, sondern feige aus der Distanz erschossen (eine Parallele zu den Thermopylen). Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er zu dem Zeitpunkt noch am Leben war, aber ich meine, dieser "perfide und feige Mord" wurde noch von dem römischen ("welschen!") Ränkeschmied Cethegus initiiert, wogegen die üblichen "Griechlein" unter Führung des verkrüppelten Eunuchen Narses natürlich nur wenig einzuwenden hatten. Vergleiche diese Beschreibung des hinterhältigen, verweichlichten, versklavten, verschnittenen Feindes mit der der Perser vor den Thermopylen, verglichen mit den tapferen und tugendhaften Spartaner-Goten - die nächste Parallele.

Dazu kommt, dass in der Dahn'schen Darstellung Narses wie beim Laubrechen quer durch Italien zog mit dem erklärten Ziel, jeden einzelnen Goten zu erwischen und das Volk von der Erde zu tilgen. Teja und sein Volk kämpften also um ihr nacktes Überleben bzw. am Ende nur noch um ein ehrenvolles Ende im Angesicht der unbezwingbaren Übermacht - nächste Parallele.

Letzte Parallele am Rande: Wenn ich mich recht entsinne, hinterließ Teja auf dem Rückzug an jeder Engstelle eine kleine Truppe, die die Verfolger aufhalten sollte und dies natürlich bis zur letzten Patrone, bis zum letzten Fingernagel, zum letzten Zahnstummel und bis zum letzten Atemzug tat - viele kleine Thermopylae.

Die letzten überlebenden Goten werden nach Tejas Tod dann ja tatsächlich sprichwörtlich von der Erde getilgt. Und diese Einkesselung und tatsächliche "Vernichtung" (ist im Buch etwas anderes) meint dann ein entsprechend vorgeprägter Kriegsreporter wohl mit seinem Kommentar...


Guter Beitrag! Ist zwar schon einige Zeit her, dass ich Dahns Schmöker gelesen habe, aber wenn ich mich recht erinnere, fallen Cethegus und Teja im Nahkampf und töten sich gegenseitig.
 
Hallo,
Thermopylen, Stalingrad, Dien Bien Phu, das sind alles nur lose Schlaglichter, die ich beim googlen mit dem Suchwort “Gotenschlacht” indirekt gefunden habe.
Neddy beschreibt es ja schon auf den Punkt, anschaulich und plastisch, so wie man später die “Gotenschlacht” (eine von vielen während der Gotenkriege in Italien aber wohl eine entscheidende) später wahr nahm oder vielmehr wahrnehmen wollte. Enger Zugang, Schwertkampf Mann gegen Mann, Teja fällt, als er seinen mit Pfeilen bedeckten Schild wechseln will, Überlebenskampf der Goten in Italien… So ist es durchaus verständlich. Vielen Dank.
@dekumatland: Ich hab da sogar was gefunden: Prokops Gotenkrieg
D. Coste, Prokop: Gotenkrieg, Europäischer Geschichtsverlag (13. August 2011), ISBN-13: 978-3863822231

Wobei sich die Historiker wohl doch noch nicht auf den genauen Schauplatz einigen konnten, denn keiner der Pässe und Schluchten passten auf die Beschreibungen Prokops (Historiographie und historischer Roman, Prokop und die Quellenkritik, Jan-Arne Sohns von Gruyter: An der Kette der Ahnen: Geschichtsreflexion Im Deutschsprachigen Historischen Roman 1870-1880 (Quellen u. Forschungen zur Literatur- u. ... zur Literatur- und Kulturgeschichte), Gruyter; Auflage: 1 (26. Juli 2004), ISBN-13: 978-3110181333).
Hierzu auch das Gemälde von Alexander Zick: „Die Gotenschlacht am Vesuv“
Gruss,
Bernd
 
Guter Beitrag! Ist zwar schon einige Zeit her, dass ich Dahns Schmöker gelesen habe, aber wenn ich mich recht erinnere, fallen Cethegus und Teja im Nahkampf und töten sich gegenseitig.
Stimmt in etwa. Allerdings wirft Teja mit einem Beil nach Cethegus und Cethegus mit einem Speer nach Teja; beide treffen. Cethegus stirbt fast augenblicklich, Teja lebt noch kurze Zeit.

Ich kann hier nur bezüglich der Darstellung Dahns schreiben, wohlgemerkt, eines Romans, der aber a) die vorherrschende Germantentümelei ihrer Zeit reflektiert und b) vermutlich (meine Vermutung!) in der Generation eines Peter Scholl-Latour zur Standardjugendliteratur gehörte. Würde mich nicht wundern, wenn diejenigen, die die Gotenschlacht so hoch stilisieren, sich dabei ebenfalls eher auf den Roman beziehen als auf die tatsächlichen und möglicherweise wenig ausführlich dokumentierten Vorgänge.
Prokopios schilderte Tejas letzten Kampf ebenfalls sehr ausführlich und ausdrücklich anerkennend-rühmend. Er verglich Tejas Tapferkeit sogar mit der der mythischen Heroen der Vorzeit. Schon davor merkte Prokopios an, dass die Goten am Milchberg lieber im Kampf sterben als verhungern wollten. Teja stand an der Spitze der Seinen und fing mit seinem Schild zahlreiche Speere auf, streckte aber auch so manchen Angreifer nieder. Wenn der Schild durch die steckengebliebenen Speere allzu schwer war, tauschte er ihn gegen einen anderen. Als wieder einmal zwölf Speere in seinem Schild steckten und er ihn tauschte, wurde er von einem Speer getroffen und starb augenblicklich. Die Goten kämpften trotzdem noch bis in die Nacht und auch am nächsten Tag weiter, wobei Prokopios ausdrücklich schrieb, dass die Goten ganz bewusst ihren letzten Kampf kämpften. Erst im Laufe des Tages ergaben sie sich dann doch und erhielten die Erlaubnis, aus Italien abzuziehen.

Alles in allem nahm sich Dahn also einige literarische Freiheiten heraus (bei ihm werden die Überlebenden sogar von Wikingern abgeholt!), aber die ausführliche Schilderung des letzten Kampfes mitsamt dem heroisierenden Pathos war schon beim Kriegsgegner Prokopios zu finden.
 
Zitat: (Wobei sich die Historiker wohl doch noch nicht auf den genauen Schauplatz einigen konnten, denn keiner der Pässe und Schluchten passten auf die Beschreibungen Prokops)

Das Schlachtfeld "Busta Gallorum" lässt sich aber nach Prokops Beschreibung im Gotenkrieg relativ einfach und genau lokalisieren.
Siehe hierzu meinen alten Beitrag im Geschichtsforum unter: Sonstiges im
Altertum/Gotenkrieg 552 (Narses/Totila).
MfG
HZL FZ
 
@dekumatland: Ich hab da sogar was gefunden: Prokops Gotenkrieg
D. Coste, Prokop: Gotenkrieg, Europäischer Geschichtsverlag (13. August 2011), ISBN-13: 978-3863822231 978-3110181333).
anzufügen ist noch, dass Dahn in seinem Roman diese Quelle an der entsprechenden Stelle zitiert (nebenbei wird Prokop mehrmals in diesem Roman zitiert, ein erzählerisches Verfahren, welches Authentizität suggerieren will)
Dahn schrieb:
Bewunderungsvoll hat uns Prokop, nach der Augenzeugen Bericht, diesen letzten Kampf des Teja beschrieben. «Nun hab' ich das Gefecht zu schildern, das höchst denkwürdige, und eines Mannes Heldentum, das hinter keinem derer, die man Heroen nennt, zurücksteht –: des Teja. Er stand, allen sichtbar, mit dem Schilde gedeckt, den Speer zückend, vor der Schlachtreihe der Seinen. Alle tapfersten Römer, deren Zahl groß war, stürmten nur gegen ihn an, denn mit seinem Fall, meinten sie, sei der Kampf zu Ende. Alle schleuderten und stießen auf ihn die Lanzen: er aber fing die Lanzen sämtlich auf mit seinem Schild, und er tötete in plötzlichem Ansprung einen nach dem andern, Unzählige. Und wenn der Schild so schwer von Geschossen starrte, daß er ihn nicht mehr halten konnte, winkte er dem Schildträger, der ihm einen neuen reichte. So stand er, nicht sich wendend und etwa auf den Rücken den Schild werfend und weichend: sondern fest, wie in die Erde gemauert, stand er: dem Feinde mit der Rechten Tod bereitend, mit der Linken von sich den Tod abwehrend und immer dem Waffenträger nach neuen Schilden und neuen Speeren rufend.»
zitiert aus Projekt Gutenberg-DE - SPIEGEL ONLINE
 
Ich kann hier nur bezüglich der Darstellung Dahns schreiben, wohlgemerkt, eines Romans, der aber a) die vorherrschende Germantentümelei ihrer Zeit reflektiert
das ist irgendwie erstaunlich an Felix Dahn, der unzweifelhaft erzählerisches Talten hatte (spannende Handlungsverflechtungen, nietzscheanische Gedanken in historischem Kostüm usw.), dass er einerseits in seinen historischen Romanen diese Germanentümelei nicht etwa reflektiert, sondern sehr deutlich teilt (!) und gelegentlich gehörig geschichtsklittert, aber andererseits in seinen historischen Schfriften nichts (oder fast nichts) dergleichen "verbricht".

Im Abschlussgefechtsbild haben sich die verbliebenen Goten in einen Talkessel zurückgezogen, dessen Zugang nur einen Mann breit ist. Diesen deckte Teja persönlich. Narses schickte nun einen Helden nach dem anderen aus seinem Heer gegen Teja, die wiederum einer nach dem anderen von Teja erschlagen wurde. Teja wird erst gefällt, als er seinen unbrauchbar gewordenen Schild gegen einen intakten tauschen will.

Teja wird auch dann nicht im heroischen Zweikampf besiegt, sondern feige aus der Distanz erschossen (eine Parallele zu den Thermopylen). Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er zu dem Zeitpunkt noch am Leben war, aber ich meine, dieser "perfide und feige Mord" wurde noch von dem römischen ("welschen!") Ränkeschmied Cethegus initiiert, wogegen die üblichen "Griechlein" unter Führung des verkrüppelten Eunuchen Narses natürlich nur wenig einzuwenden hatten. Vergleiche diese Beschreibung des hinterhältigen, verweichlichten, versklavten, verschnittenen Feindes mit der der Perser vor den Thermopylen, verglichen mit den tapferen und tugendhaften Spartaner-Goten - die nächste Parallele.
da trügt dich wohl deine Leseerinnerung:
Dahn schrieb:
Da fuhr Cethegus aus seiner langen Betäubung auf. «Syphax, einen frischen Speer! Halt», rief er, «steht, ihr Römer! Roma, Roma eterna!» Und hoch sich aufrichtend schritt er gegen Teja heran.
Die Römer erkannten seine Stimme. ‹Roma! Roma eterna!› antworteten sie. und standen.
Aber auch Teja hatte diese Stimme erkannt.
Von zwölf Lanzen starrte sein Schild – er konnte ihn nicht mehr halten; aber da er den Heranschreitenden erkannte, dachte er nicht mehr des Schildwechsels.
«Keinen Schild! Mein Schlachtbeil! Rasch!» rief er. Und Wachis reichte ihm die Lieblingswaffe.
Da ließ König Teja den Schild fallen und sprang, das Schlachtbeil schwingend, aus dem Engpaß auf Cethegus. «Stirb, Römer!» rief er.
Scharf bohrten die beiden großen Feinde noch einmal Aug' in Auge. Dann sausten Speer und Beil durch die Luft – denn keiner dachte der Abwehr.
Und beide fielen. Tejas Beil drang mit der Speerspitze durch Schild und Harnisch in des Cethegus linke Brust. ‹Roma! Roma eterna!› rief er noch einmal. Dann sank er tot zurück. –
Sein Speer hatte den König in die rechte Brust getroffen: nicht tot, aber sterbenswund, trugen ihn Wachis und Adalgoth in den Paß. Und sie hatten Eile damit.
aus Projekt Gutenberg-DE - SPIEGEL ONLINE
merkwürdig ist die Figur des "letzten Römers" Cethegus, der sowohl das Klischee des verweichlichten feigen Welschen als auch das Klischee des heroischen Helden bedient - erstaunlich auch, dass er die eigentliche Hauptfigur des Romans ist (er ist von Anfang bis Ende anwesend)
 
Im wesentlichen dürfte sich dieser Opfermythos weniger auf das gotische Volk beziehen, sondern vielmehr auf seinen Heerkönig Teja.
vielleicht - vielleicht aber waren die integrierten "Gotengedichte" des sehr populären Romans nicht ganz wirkungslos. (ich war einmal sehr verblüfft, als ein damals schon längst emeritierter Professor (kein Germanist oder Historiker) in einem Gespräch etliche Passagen aus den Gedichten zitieren konnte)

wie auch immer, ein Heldengedicht wie speziell dieses:
Kampf um Rom schrieb:
«Gebt Raum, ihr Völker, unserm Schritt:
Wir sind die letzten Goten!
Wir tragen keine Krone mit –
Wir tragen einen Toten.
Mit Schild an Schild und Speer an Speer
Wir ziehn nach Nordlands Winden,
Bis wir im fernsten grauen Meer
Die Insel Thule finden.

Das soll der Treue Insel sein,
Dort gilt noch Eid und Ehre.
Dort senken wir den König ein
Im Sarg der Eichenspeere.
Wir kommen her – gebt Raum dem Schritt –
Aus Romas falschen Toren:
Wir tragen nur den König mit –
Die Krone ging verloren.»
passt nicht schlecht zu den gefälschten Adlerfibeln der Nazizeit...
 
Zuletzt bearbeitet:
das ist irgendwie erstaunlich an Felix Dahn, der unzweifelhaft erzählerisches Talten hatte (spannende Handlungsverflechtungen, nietzscheanische Gedanken in historischem Kostüm usw.), dass er einerseits in seinen historischen Romanen diese Germanentümelei nicht etwa reflektiert, sondern sehr deutlich teilt (!) und gelegentlich gehörig geschichtsklittert, aber andererseits in seinen historischen Schfriften nichts (oder fast nichts) dergleichen "verbricht".
Mit seinem Roman wollte er wohl die große Masse unterhalten, mit seinen historischen Schriften einen viel kleineren Kreis von Gelehrten.
Vielleicht erwartete man in dieser Zeit auch gar keine historische Korrektheit in erzählender Literatur sondern große Gefühle und Spannung. Schauen wir uns Klassiker wie Shakespeare oder Goethe und Schiller an ,die es mit historischer Genauigkeit auch nicht immer sehr genau nahmen und auch geschichtliche Ereignisse völlig umdichteten oder erfanden.
Mich hat Dahns Roman immer ausgezeichnet unterhalten obwohl ich wusste, dass er stark von der Historie abwich.
 
Mit seinem Roman wollte er wohl die große Masse unterhalten, mit seinen historischen Schriften einen viel kleineren Kreis von Gelehrten.
Vielleicht erwartete man in dieser Zeit auch gar keine historische Korrektheit in erzählender Literatur sondern große Gefühle und Spannung. Schauen wir uns Klassiker wie Shakespeare oder Goethe und Schiller an ,die es mit historischer Genauigkeit auch nicht immer sehr genau nahmen und auch geschichtliche Ereignisse völlig umdichteten oder erfanden.
Das ist schade, denn eigentlich boten auch die realen historischen Ereignisse genügend große Gefühle und Spannung. Ich habe oben schon demonstriert, dass z. B. Tejas realer Tod, wie ihn Prokopios schildert, in Sachen Dramatik und Heroismus in nichts der Schilderung bei Dahn nachsteht. Die Geschichte des Untergangs des Ostgotenreichs ist auch bei Prokopios packend genug, ihr fehlt lediglich die Figur des Cethegus als zentraler Bösewicht, der die Handlung immer wieder vorantreibt.
Oder, um ein anderes Beispiel zu nehmen: Appians ausführliche Schilderung von Caesars Ermordung und der Tage danach liest sich packend wie ein Thriller, auch wenn man schon weiß, was passiert. Da braucht es gar keinen Literaten.

Mich hat Dahns Roman immer ausgezeichnet unterhalten obwohl ich wusste, dass er stark von der Historie abwich.
Mich auch, ebenso wie die meisten anderen seiner Romane (soweit ich sie gelesen habe).

vielleicht - vielleicht aber waren die integrierten "Gotengedichte" des sehr populären Romans nicht ganz wirkungslos. (ich war einmal sehr verblüfft, als ein damals schon längst emeritierter Professor (kein Germanist oder Historiker) in einem Gespräch etliche Passagen aus den Gedichten zitieren konnte)
Mein erster Geschichtslehrer verstand es ganz vorzüglich, uns Geschichte in Form packender Erzählungen näher zu bringen. Erst Jahre später ist mir aufgefallen, dass seine Erzählung von Tejas Ende eine Mischung aus der Schilderung bei Prokopios und der freien Schilderung bei Dahn war.

das ist irgendwie erstaunlich an Felix Dahn, der unzweifelhaft erzählerisches Talten hatte (spannende Handlungsverflechtungen, nietzscheanische Gedanken in historischem Kostüm usw.)
Seine größte Stärke sehe ich in seinem Talent, Pläne und Verhängnisse zu schildern. In vielen seiner Romane entwickelt irgendwer irgendwelche Pläne, deren Umsetzung und oft letztlich verhängnisvolles Scheitern Dahn höchst mitreißend erzählt.

merkwürdig ist die Figur des "letzten Römers" Cethegus, der sowohl das Klischee des verweichlichten feigen Welschen als auch das Klischee des heroischen Helden bedient - erstaunlich auch, dass er die eigentliche Hauptfigur des Romans ist (er ist von Anfang bis Ende anwesend)
Derartige Figuren findet man in vielen seiner Romane. Oft gibt es zwiespältige Figuren wie Cethegus, die ohne Skrupel durchaus nachvollziehbare und achtbare Ziele (z. B. die Wiederherstellung der Größe Roms oder des Heidentums) zu verwirklichen suchen und dabei umfassende und weit vorausschauende Pläne schmieden, wie sie Menschen manipulieren und für ihre Zwecke nutzen oder verderben können. Auf diese Weise treiben diese Bösewichter die Handlung voran und richten viel Unheil an, scheitern aber letztlich selbst und gehen zugrunde, weil ihre Ziele einfach nicht mehr in die gegenwärtigen Zeiten und Realitäten passen. In "Julian der Abtrünnige" z. B. gibt es einen Kryptoheiden, der, als Christ getarnt, den Prinzen und späteren Kaiser Julian manipulieren und als Marionette für die Wiederherstellung des Heidentums nutzen möchte, und das anfangs mit Erfolg, bloß dass ihm Julian dann außer Kontrolle gerät und seine eigene Form von Heidentum kreiert, die nicht mehr in die gegenwärtige Zeit passt. Letztlich scheitern und sterben beide. Aber auch Figuren wie Cethegus, traditionell denkende Römer, die die verhassten und verabscheuten Germanen ausschalten und das Römertum wiederherstellen wollen, gibt es in mehreren von Dahns Völkerwanderungsromanen. Aber auch manche Germanen in seinen Romanen schildert er als ambivalente Charaktere, die mit mitunter fragwürdigen Mitteln ihre Ziele verwirklichen wollen - und scheitern, z. B. die Hauptfiguren in seinen Romanen "Stilicho" und "Ebroin". Diese Germanen haben anfangs Erfolg, scheitern aber dann, weil sie sich nicht so verhalten, wie das von einem edlen und aufrechten Germanen zu erwarten wäre. (Edle und aufrechte Germanen scheitern allerdings auch oft, weil sie in ihrer edlen Aufrichtigkeit leider oft auch ein bisschen naiv sind und intellektuell und an Skrupellosigkeit ihren finsteren Widersachern nicht das Wasser reichen können.)
 
Zuletzt bearbeitet:
(...) Diese Germanen haben anfangs Erfolg, scheitern aber dann, weil sie sich nicht so verhalten, wie das von einem edlen und aufrechten Germanen zu erwarten wäre. (Edle und aufrechte Germanen scheitern allerdings auch oft, weil sie in ihrer edlen Aufrichtigkeit leider oft auch ein bisschen naiv sind und intellektuell und an Skrupellosigkeit ihren finsteren Widersachern nicht das Wasser reichen können.)
gewiß: den Theodahad konnte Dahn in Kampf um Rom nicht schönreden :):) --- aber schönrednerisch und germanentümelnd wird aus Witichis die personifizierte blond-blauäugige Rechtschaffenheit, wird Totila zum siegfriedmäßigen Lichthelden, Hildebrand zum edlen germanischen Volksgewissen, Amalaswintha gar will sich "für ihr Volk" opfern usw. usw. und zugleich sammeln sich aber die von dir genannten Schlechtigkeiten in den Charakteristika aller derer, die in diesem (und in anderen) Romanen Dahns keine Germanen sind...

Wer die typischen Passagen in Kampf um Rom nachlesen will, dem sei einmal der lange Dialog Totilas mit Cethegus´ Adoptivsohn (mir fällt grad der Name nicht ein) und dann der erste Auftritt des "Wikingers" Harald empfohlen: da häufen sich die durchaus völkisch-nationalen Ansichten.

Überhaupt strotzt gerade Kampf um Rom geradezu vor glorifizierenden Volkscharakteren, wobei sich natürlich edle Einfalt stille Größe und Heldentum ohe Fehl und Falsch und Tadel bei den germanischen Völkern befinden.... ;):grübel:...
 
Überhaupt strotzt gerade Kampf um Rom geradezu vor glorifizierenden Volkscharakteren, wobei sich natürlich edle Einfalt stille Größe und Heldentum ohe Fehl und Falsch und Tadel bei den germanischen Völkern befinden.... ;):grübel:...
Und damit war Dahn ein Kind seiner Zeit. Er wollte schließlich auch seinen Roman verkaufen. Wenn damals die Germanentümelei angesagt war so hat er damit seine Leserschaft bedient.
Heute scheint ein historischer Roman nur noch verkäuflich zu sein wenn die Hauptperson eine Frau ist,(von der Wanderhure über die Päpstin bis zur Henkerstochter) da es offenbar momentan eine größere weibliche Leserschaft im historischen Sektor gibt. Auch hier folgt man nur einem Zeitgeist.
 
Und damit war Dahn ein Kind seiner Zeit. Er wollte schließlich auch seinen Roman verkaufen. Wenn damals die Germanentümelei angesagt war so hat er damit seine Leserschaft bedient.
...ich glaube jetzt nicht so sehr, dass einzig merkantile Überlegungen seine schriftstellerische Feder geführt hatten... :grübel:;):winke:
 
Überhaupt strotzt gerade Kampf um Rom geradezu vor glorifizierenden Volkscharakteren, wobei sich natürlich edle Einfalt stille Größe und Heldentum ohe Fehl und Falsch und Tadel bei den germanischen Völkern befinden.... ;):grübel:...
Allerdings nicht nur. In manchen seiner Romane sind durchaus auch Römer positiv geschilderte Charaktere, bei denen sich edle Einfalt, stille Größe und Heldentum ohne Fehl und Falsch und Tadel finden. Zu nennen wäre vor allem Kaiser Iulianus, dessen positive Charakterisierung wohl der auf dem Antiklerikalismus des 19. Jhdts. fußenden Begeisterung für den antichristlichen Heidentumserneuerer geschuldet ist. Interessanterweise gibt es in "Julian der Abtrünnige" einen Franken, der, zuerst Kriegsgefangener, dann Freund des Kaisers wird und dessen Pläne und Aktivitäten wesentlich nüchterner und realistisch-kritischer betrachtet und kommentiert als der römische Kaiser selbst. (Dabei ist er obendrein wesentlich intelligenter als der Römer Iovianus, des Kaisers naiv-gutmütiger zweiter bester Freund.) Er bleibt ihm zwar loyal, sieht aber sein Scheitern voraus. Herrrlich vor allem eine lange Passage, in der Julian seinen beiden Freunden sein kompliziertes heidnisch-theologisches Gedankengebäude erläutert, und ihm dann, nach ihrer Meinung befragt, Iovianus ehrlich sagt, dass er es nicht verstanden hätte, während der Franke ihm erklärt, warum es nicht zu einem Glauben für die Massen taugt.
 
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